Der einsachtvieracht-Scouting-Bericht #3

T-Shirt Zeit für neue Helden
Zeit für Neuzugänge! Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)
Alt bekannt beim VfL: Spieler kommen, neue Helden entstehen. Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)

Wir haben bereits im ersten Teil unseres Scoutingberichts sowie im zweiten Teil unseres Scoutingberichts einige, in unseren Augen, interessante Spieler vorgeschlagen. Nach den Verpflichtungen von Sebastian Maier und Milos Pantovic, den festen Verpflichtungen der vorherigen Leihspieler Robert Tesche und Vitaly Janelt sowie der Rückkehr von Tom Weilandt, sind einige Personalien bereits früh finalisiert worden. Im Gespräch mit Sportvorstand Sebastian Schindzielorz wurde deutlich, dass der VfL Bochum weiterhin die Augen offen hält und sich nach Möglichkeiten in der Innenverteidigung und im Sturm verstärken möchte. Grund genug für den dritten Teil unseres Scoutingberichts!

Auch ein Mann für den ruhenden Ball: Havard Nielsen (hier rechts im Bild). Foto: Werner100359 (Wikimedia Commons)

Sebastian Hettmann: Die Neuigkeit, dass Havard Nielsen bei Fortuna Düsseldorf auf der internen Transferliste steht, lassen die Glocken läuten. Nielsen ist nicht der typische Mittelstürmer, da er gerne gemeinsam mit einem weiteren Stürmer auf dem Feld steht und dann sein Gefühl für die Räume besser ausleben kann. Durch seine Technik am Ball kann er vor allem im letzten Drittel für Gefahr sorgen: Sowohl im Abschluss als auch als Passgeber. Seine körperlichen Attribute lassen ihn sogar wie einen klassischen, großgewachsenen Mittelstürmer wirken, wodurch das Gesamtpaket abgerundet wird. Mit 24 Jahren ist Nielsen im besten Fußballalter und durfte in den vergangenen Jahren bereits einige Erfahrung sammeln. In Deutschland bleibt sicherlich seine Zeit bei Eintracht Braunschweig in der Saison 2014/2015 in Erinnerung, als der Norweger in der ersten Liga und im Anschluss in der Zweitligasaison zu den besten Spielern der Eintracht gehörte und fleißig Scorerpunkte sammelte. Nach seinem Transfer zum SC Freiburg im Anschluss an die Zeit in Braunschweig sowie der Transfer zu Fortuna Düsseldorf, im Vorfeld der letzten Saison, konnte Nielsen seine Qualitäten nicht mehr als uneingeschränkter Stammspieler zeigen. Dass der Mann Qualität hat, steht außer Frage. Dass wir einen weiteren Angreifer suchen, der notfalls auch hinter oder um einen weiteren Stürmer agieren kann, ist nicht unwahrscheinlich, da Lukas Hinterseer in der Sturmmitte gesetzt sein dürfte und Johannes Wurtz diese Position ebenso bekleiden kann. Die Ablöseforderung der Fortunen dürfte die 400.000 € vermutlich unterschreiten, die sie für Nielsen an Freiburg zahlten, damit sie schnell Platz im Kader schaffen, um sich weiter für die Bundesligasaison zu verstärken und Spielraum bei den Gehältern zu schaffen. Der Spielertyp und die Umstände würden für einen Transfer zum VfL Bochum sprechen.

Spielt Thy bald wieder in der 2. Bundesliga? Foto: Northside (wikimedia commons)

Jens Hartenstein: Ohne jeden Zweifel ist die Besetzung der vakanten Position in der Sturmzentrale, die wohl wichtigste, noch verbleibende Aufgabe für Sebastian Schindzielorz. Nachdem mit der Verpflichtung von Sebastian Maier schon ein echter Coup gelungen ist, könnte mit Lennart Thy ein ehemaliger Weggefährte unseres neuen Mittelfeldregisseurs folgen und die Lücke im Sturm schließen. Gemeinsam mit Maier kann Thy dabei auf drei erfolgreiche Jahre beim FC St. Pauli zurückblicken, mit dem die beiden in der Saison 2015/16 nur knapp den Aufstieg in die 1. Bundesliga verpassten. Thy wechselte im Anschluss zu seinem Jugendverein SV Werder Bremen, konnte dort allerdings niemals richtig Fuß fassen (6 Spiele, 1 Tor).  Folgerichtig wurde er zunächst wieder an Pauli und in der letzten Saison an VVV-Venlo in die Eredivisie verliehen, wo er hinter Clint Leemans mit 7 Toren und 6 Assists immerhin der zweiterfolgreichste Scorer war. Wie die Statistik in Venlo abermals verdeutlicht, ist Thy eher der mitspielende Stürmer anstatt der reine Knipser, der aber durch seine Schnelligkeit gerne auch über Außen in den Strafraum zieht und mit nur wenigen Kontakten dort den Abschluss sucht. Durch seine Variabilität in der Offensive, kann Thy nicht nur Hinterseer ersetzen, sondern könnte auch hervorragend an dessen Seite zur Geltung kommen. Werder Bremen plant jedenfalls künftig nicht mehr mit dem Stürmer und hat bereits angekündigt eine einvernehmliche Lösung zu finden – somit stünde einem kostengünstigen Wechsel nichts mehr im Wege. Mit einer ähnlichen Vita wie Lukas Hinterseer vor seinem Wechsel könnte Thy in Bochum zu alter Stärke finden und darf gerne analog zu seinem österreichischen Pendant hier beweisen, dass er durchaus auch echte Knipser-Qualitäten aufweisen kann.

Bald Mitspieler? Aosman und Kruse.
Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Matthias Rauh: Zwar haben wir mit Sebastian Maier einen hervorragenden 10er verpflichtet, sollte man allerdings Eisfeld in Zukunft eine Position weiter hinten sehen, käme unter Umständen Aias Aosman von Dynamo Dresden ins Spiel. Der 23-jährige dürfte uns allen noch in Erinnerung geblieben sein, so erzielte er beim letzten Dynamo-Gastspiel den zwischenzeitlichen 2:2-Ausgleich. Aosman hat sich von der Bezirksliga in die zweite Liga hochgearbeitet und wurde zuletzt nur noch als Joker eingesetzt. Auch Gerüchte über eine Vertragsverhandlung mit einem anderen Zweitligisten machten zuletzt an der Elbe die Runde, weshalb Aosman einen schlechten Stand in Dresden hat. Angeblich hatte der VfL sogar schon einmal im Sommer 2014 Interesse, als Aosman noch in Regensburg kickte, der VfL aber keine Ablöse stemmen konnte. Aosman ist ein sehr dribbelstarker Spieler, der wie Stöger exzellente lange Bälle spielen kann. Außerdem hat Aosman einen guten Schuss. Bereits in Regensburg und Dresden erzielte er einige schöne Tore aus der zweiten Reihe. Lediglich die Defensivarbeit ist nicht Aosmans Paradedisziplin. In Dresden wird er gerne als „zweikampffaul“ bezeichnet und auch im Kopfballduell gibt es stärkere Spieler als den 1,75-Meter-Mann. Zwar wäre hier eine kleine Ablösezahlung nötig, Aosman hat noch bis 2019 Vertrag, eine Verstärkung für die 10 oder für Linksaußen wäre der junge Syrer aber allemal.

Claudio Gentile: Ähnlich wie Matthias möchte ich auch noch einen Mann für die offensive Dreierreihe vorschlagen, wo ich quantitativ allerdings nur Bedarf sehe, sollte uns einer der bisher im Kader stehenden Spieler noch verlassen. Der australische WM-Fahrer Dimitri Petratos wäre in meinen Augen eine ideale Ergänzung zu unseren bisherigen Spielertypen. Spielte er bisher hauptsächlich auf der 10, würde ich ihn in unserem System eher auf den Flügel sehen. Im Hinterkopf habe ich dort beispielsweise unsere Aufteilung der linken Seite unter Verbeek mit Perthel und Terrazzino. Petratos ist ein sehr ähnlicher Spielertyp und würde durch seine Spielweise, häufig in die Mitte einzurücken, wieder interessante Asymmetrien zulassen und Räume für Läufe bis Grundlinie für Perthel oder Soares schaffen.

Dimitri Petratos hier noch am Ball für Sydney FC Foto: Camw (Wikimedia Commons)

Petratos besticht in der A-League vor allem durch eine sehr gute Entscheidungsfindung in der Offensive sowie durch seine Schnelligkeit. Was auffällig ist: Sein aktueller Club, die Newcastele Jets, haben in der abgelaufenen Saison versucht, durch Ballbesitz das eigenen Spiel gezielt von hinten aufzubauen. Im letzten Drittel fehlten allerdings oft die entscheidenden Ideen und Bälle wurden hin und hergeschoben. Petratos war der Spieler, der diese Situationen häufig durch Dribblings, überraschende Abschlüsse und gezielte Pässe auflösen konnte und Angriffsdynamiken entstehen ließ. Dazu hat Petrato sein feines Füßchen bei Standards.  Er hatte mit 10 Toren und 9 Vorlagen maßgebliche Anteil am erfolgreichen Abschluss auf Platz 2 der Spielzeit 2017/18.

Der 25-jährige Australier mit griechischen Wurzeln hat vor allem in den letzten zwei Jahren einen extremen Schritt nach vorne gemacht und dürfte deswegen den Sprung nach Europa, vor allem in die zweite Bundesliga, gut packen. Wer weiß, vielleicht hätten wir ja mit ihm und Robbie Kruse bald eine Flügelzange aus Down Under?

Koray Günter in den Farben von Galatasaray Istanbul. Foto: Ultraslansi (Wikimedia Commons)

Janik Aschenbrenner: In Höxter geboren und beim ungeliebten Reviernachbarn ausgebildet, sucht ein hochveranlagtes Talent noch immer seinen Durchbruch. Koray Günter zählte zu den größten Talenten des BVB und stand unter Trainer Jürgen Klopp regelmäßig im Spieltagskader, doch eine Einsatzchance blieb ihm verwehrt. So zog es den Deutsch-Türken im Januar 2014 zu Galatasaray Istanbul. In seinen ersten 2 1/2 Jahren hat Koray Günter 25 Spiele in der Süper Lig bestritten, bis er die dritte Saison, aufrund eines Kreuzbandrisses, komplett aussetzen musste. Es folgte das letzte Vertragsjahr ohne weitere Berücksichtigung, woraufhin der gerade einmal 23-Jährige in diesem Sommer einen neuen Verein sucht. Wird Koray Günter also der neue Strippenzieher hinten beim VfL?

Der Ex-Borusse passt zumindest perfekt ins Beuteschema – noch jung, talentiert, unbeachtet und strebt nach dem großen Durchbruch als Profi. Warum er schon zu Jugendzeiten als hochtalentiert galt, ist leicht zu erkennen. Günter ist ein exzellenter Stratege auf dem Platz, eine immer noch seltene Fähigkeit. Er behält jederzeit die Kontrolle, indem er den Ball nicht einfach in irgendeinen Raum spielt, sondern den weiteren Verlauf des Angriffs vorausplant. Der Mitspieler erhält erst dann den Ball, wenn das Team in den Folgeaktionen auch optimal weiterspielen kann. Zu dieser herausragenden Fähigkeiten gesellt sich seine Gelassenheit am Ball sowie eine runde Passtechnik hinzu. Alles in Allem ist Koray Günter einfach ein genialer Aufbauspieler in der Verteidigung, der in der 2. Liga wohl seinesgleichen suchen würde. Als Innenverteidiger muss allerdings die Defensivarbeit ebenso stimmen und trotz seiner Größe von 1.85 Meter, was zwar nicht klein ist, aber auch nicht zum Gardemaß dieser Position gehört, besitzt er einen sauberen Defensivkopfball, wodurch er auch hohe Bälle zu klären weiß und ein absolut sauberes Tackling.

„Wir halten die Augen offen, sicher sind Positionen im Angriff und in der Abwehr denkbar. Aber wir sind da sehr flexibel. Toto Losilla kann zum Beispiel auch in der Innenverteidigung spielen, Thomas Eisfeld dafür dann im defensiven Mittelfeld. Thomas kann außerdem auf dem Flügel spielen, Basti Maier ebenso. Da kann man im Laufe der Saison sicher einiges ausprobieren und schauen, ob man im 4-2-3-1 oder im 4-4-2 spielt. Zum Thema Innenverteidigung: Hier darf man auch Tom Baack und Maxim Leitsch nicht vergessen.“ – Sebastian Schindzielorz

Im Interview mit uns verwies Sportvorstand Sebastian Schindzielorz zwar auf die Variabilität in der Defensive, sowie die beiden Talente Maxim Leitsch und Tom Baack, doch eine Möglichkeit auf einen Spieler mit der Qualität von Koray Günter bietet sich nicht alle Tage.

Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

Schreibe einen Kommentar

Laden...

0

Der VfL zu Gast bei…

Die Einführung des Talentwerks & die Abschaffung der U23 – genialer Coup oder doch eine schwerwiegende Fehlentscheidung?