Vom Skandalprofi zum Hoffnungsträger – bleibt Janelt oder ist er bald Geschichte?

Bleibt er oder bleibt er nicht? Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)
Suchte sein Glück woanders: Vitaly Janelt. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Wegen Eskapaden in der deutschen U-Nationalmannschaft und in Leipzig aussortiert, wechselte Vitaly Janelt im Januar 2017 überraschend zum VfL Bochum und avancierte in kürzester Zeit zum neuen Hoffnungsträger im Mittelfeld des VfL Bochum. Zum Ende der Saison läuft der Leihvertrag in Bochum aus, durch eine Kaufoption in bislang unbekannter Höhe hat der VfL jedoch die Möglichkeit den Spieler auch über den Sommer hinaus an den Verein zu binden. Doch ist die Kaufoption überhaupt für uns zu stemmen und ist ein Verbleib des Nachwuchsprofis realistisch? Wir von Einsachtvieracht möchten euch den Spieler näher vorstellen und versuchen diese Frage zu beantworten.

Bargfelder SV und der SSC Hagen Ahrensburg – die ersten Vereine für die Vitaly Janelt gegen den Ball trat, sind wohl den wenigsten Fußballfans ein Begriff. Lange sollte das allerdings nicht so bleiben, denn rasch entdeckten Scouts das vielversprechende Talent und folgerichtig kam mit 11 Jahren der Wechsel zum HSV. 3 Jahre später folgte erstmals die Berufung in die deutsche U15 Nationalmannschaft (2 Einsätze/1 Tor). In einem ähnlichen Tempo ging seine Karriere weiter, 2014 folgte der Wechsel nach Leipzig und die Entwicklung zu einer festen Größe in der U17 Nationalmannschaft (16 Einsätze/4 Tore). Deutscher Jugendnationalspieler und schon früh die ersten Schritte im Herrenbereich, während andere Talente vornehmlich noch für die U19 auflaufen, die Bühne schien angerichtet für eines der größten Talente in seiner Altersklasse.

Ist Vitaly Janelt ein „Skandalprofi“?

2016 kam schließlich der große Bruch in seiner noch jungen Karriere. Medien berichteten von einem Brand in einem Hotelzimmer. Gemeinsam mit Idrissa Touré soll der damals 18-jährige Nachwuchskicker während eines Trainingslager bei der DFB Auswahl das Feuer verursacht haben. In kürzester Zeit wurde er medial zum Skandalprofi abgestempelt, der bereits davor angeblich immer wieder über die Stränge schlug. Bei genauerem Hinsehen wird dabei schnell klar, vieles wurde heißer gekocht als es wirklich war. Beim „Brand“ im Hotelzimmer handelte es sich lediglich um ein Brandloch im Teppich, verursacht beim Shisha rauchen – etwas das vielen Shisha Besitzern sicherlich bekannt vorkommen könnte. Eine Pizza wurde aufs Internat bestellt, ein Zapfenstreich wurde missachtet oder aber der Jungprofi erschien nicht in der korrekten Teambekleidung, all das sind wohl völlig normale Szenen für einen Jugendlichen in Deutschland. Die Strafen hingegen drakonisch: In Leipzig wurde er bis zu seinem Wechsel zu Bochum suspendiert, beim DFB sogar bis einschließlich heute aussortiert. Gleichzeitig wurde er medial gebrandmarkt und bekam zusätzlich vom Verein insgesamt 400 (!) Sozialstunden verdonnert.

Janelt im Dress des VfL Bochum

Janelt gemeinsam mit Saglam im Dress des VfL. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

All dies zeigt wie verrückt sich der Fußball und die Erwartungen mancher Verantwortlicher entwickelt haben. Es wird immer mehr eine eigene Welt mit eigenen Regeln erschaffen, in der Fußballer nach dem Gusto der Verantwortlichen „gezüchtet“ werden. Was auf der menschlichen Seite mehr als fraglich ist, bedeutete in diesem Fall großes Glück für den VfL. Im Januar 2017 wechselte der in Leipzig aussortierte Mittelfeldspieler mit gerade einmal 18 Jahren als Leihspieler nach Bochum. Im Vertrag enthalten: Eine Kaufoption in bislang unbekannter Höhe. Und genau diese Option ist es, die unter normalen Umständen kaum möglich gewesen wäre. Viel zu umkämpft ist der Markt bei talentierten Spielern dieser Güteklasse und ein Verein wie der VfL hat letztlich wenig Argumente einen Spieler aus einem verhältnismäßig hochdotiertem Vertrag von Leipzig nach Bochum zu locken. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase innerhalb einer stark aufspielenden A-Jugend wirkte er bereits nach wenigen Wochen in Bochum maßgeblich dabei mit, auch die Profimannschaft im zentralen Mittelfeld zu stabilisieren und somit dem gefährlichen Abstiegsstrudel in Richtung 3. Liga zu entkommen. Sicherlich profitierte der Youngster dabei auch von den vielen Verletzungen innerhalb der Mannschaft, aufgrund der gezeigten Leistungen sprach davon allerdings einige Wochen später kaum mehr jemand. Vitaly Janelt hier, Vitaly Janelt dort – nach nur wenigen Spielen war sein Name in aller Munde – und was noch wichtiger ist – in den Herzen der Fans.

Auf dem Hype folgte eine Zeit des Leidens, denn Verletzungen warfen den Spieler immer wieder zurück und der Saisonstart wurde fast gänzlich verpasst. Unter Rasijewski dann das Comeback: Starke Leistungen spülten das Mittelfeldtalent wieder in die Startelf, welches er direkt mit 2 Torvorlagen aus den ersten beiden Einsätzen in der ersten Elf zurückzahlte. Leider konnte weder er, noch die Mannschaft diesen Aufwind halten. Es folgte eine Niederlagenserie, die vor allem die jungen Spieler zum Opfer hatte. Auch unter dem kongenialen Duo Dutt und Butscher spielte Janelt, genau wie seine jungen Teamkollegen, seither eine untergeordnete Rolle. Es wird auf Erfahrung und Routine gesetzt, schlechte Zeiten für ein begnadetes Talent, welches noch den nötigen Feinschliff und Abgeklärtheit benötigt. Der aktuelle Erfolg gibt den Trainern recht und Janelt hat sicherlich noch mehr als genügend Zeit, um nachhaltig sein Talent unter Beweis zu stellen. Man sollte sich bei der Bewertung seiner Einsätze auch vor Augen führen, dass Leistungsschwankungen in diesem Alter keinesfalls ungewöhnlich sind. Diese Tatsache verdeutlicht auch ein Blick auf andere Spieler in dieser Altersklasse. Lediglich 2 Spieler (Patrick Sontheimer – Greuther Fürth; Markus Schubert – Dynamo Dresden) sind nicht älter als das Bochumer Talent und sammelten gleichzeitig (marginal) mehr Einsatzzeiten in der 2. Bundesliga. Die Suche nach U-20 Stammspielern in dieser Liga bleibt vergeblich, es findet sich schlicht niemand. Ausnahmetalente à la Goretzka wachsen nicht auf den Bäumen und Spieler wie Fechner, Sontheimer oder in diesem Fall Janelt, verdeutlichen, dass es Geduld braucht, will man Talente erfolgreich und vor allem nachhaltig auf konstantem Niveau in das Profiteam integrieren.

Spielt Janelt kommende Saison noch für den VfL?

Droht der endgültige Abgang von Vitaly Janelt? Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Was bleibt ist die Frage nach der Zukunft des Spielers. Wird der einstige „Skandalprofi“ über die Saison hinaus als Hoffnungsträger an den Verein gebunden? Die Spatzen pfeifen seit Wochen leider ein anderes Lied von den Dächern. Das Gesamtpaket aus Ablöse und Gehalt soll nicht in der gewünschten Relation zu der gezeigten Leistung stehen. Schwer nachvollziehbar, konnte doch Janelt schon deutlich andeuten, welches Potential in ihm steckt. Insbesondere bei dem aktuell vorherrschenden, inflationären Transfermarkt ist ein Investment in junge, aufstrebende Talente definitiv nicht das Dümmste, was ein Verein machen kann. Auf der anderen Seite ist hingegen nichts über die speziellen Modalitäten der Kaufoption bekannt. Wie hoch ist das ausgehandelte Gehalt für den Anschlussvertrag? Wie hoch die festgeschriebene Ablösesumme? Keiner außer den direkt Beteiligten kann das genau sagen und so bleibt eine Bewertung der Sachlage für Außenstehende schwierig.

Gerüchte sind allerdings das Eine, eine öffentliche Entscheidung hingegen das Wesentliche. Noch scheint nichts definitiv entschieden und will man den Spieler binden und gleichzeitig sieht der Spieler seine Zukunft beim VfL, kann selbst ohne dem Ziehen der Kaufoption eventuell noch eine kostengünstigere Einigung erzielt werden. Die Hoffnung bleibt und das Transferfenster wird in nicht allzu ferner Zukunft geöffnet. Bleibt Janelt oder ist er bald Geschichte beim VfL? – bald werden wir alle mehr wissen.

Autor: Jens Hartenstein

In Bayern geboren, führte mein Weg zum Fußball über den FC Bayern München erst über Umwege zum geliebten VfL. Hierbei hat mich insbesondere die Phase Mitte der 90 geprägt, als man unter anderm in den UEFA Cup einzog. Nach einer jugendlichen Trotzphase, in der ich mich fast gänzlich dem Fußball, aber vor allem der Kommerzialisierung von selbigem abgewandt hatte, fand ich dann Anfang des neuen Jahrtausends wieder zurück zum Fußball. Ein echter Fußballfan kann eben doch nicht ohne seine Leidenschaft. Spätestens als ich dann beim Abschiedsspiel von Darius Wosz dessen letztes Bundesligator, den Abstieg Gladbachs und unseren beinahe Einzug in den UI-Cup live im Gladbacher Stadion feiern durfte, wars um mich dann komplett geschehen. Seitdem sind mäßige Spiele, Niederlagen, Abstiege und sämtliches Leid aller VfL Fans mein ständiger Wegbegleiter.

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