Ein neuer Aufstieg ist wie ein neues Leben

Meine Aufstiege mit dem VfL

Es war der beste Aufstieg, es war der schlechteste Aufstieg. So oder so ähnlich sind meine Gefühle zum inzwischen siebten Aufstieg meiner Bochumer, dem sechsten, den ich als Fan miterlebe. Hierbei geht es für mich nicht einmal um die rein sportliche Leistung, sondern um mein persönliches Erleben. So lasse ich auch den allerersten Aufstieg aus, auch wenn dieser den VfL natürlich erst zu dem gemacht hat, der er dann über viele Jahre war – „unabsteigbar“. 

Der erste Wiederaufstieg – Reparatur eines Betriebsunfalls

Als man 1993 abgestiegen war, war ich Zwölf und habe die Tragweite des Verlustes der „Unabsteigbarkeit“ gar nicht so recht mitbekommen. Es mag ein Rückschaufehler sein, aber für mich war der Abstieg gar nicht so präsent wie das „Jetzt erst recht“. Im Mittelpunkt standen die Reparatur des Betriebsunfalls und, als der Spielplan dann rauskam, die „Kultfahrt nach Meppen“. Der VfL hielt einen großen Teil des Kaders und stieg dann auch recht souverän am drittletzten Spieltag wieder auf. Bereits am vierten Spieltag wurde Platz eins erklommen und diesen hat sich der VfL dann auch nicht mehr nehmen lassen. Alles ging scheinbar seine geregelten Bahnen.

Aufstieg, die Zweite – vielleicht die souveränste Saison

Ein Aufstieg schon nach dem 30. Spieltag, auch hier war man sehr lange auf dem Platz an der Sonne und das trotz eines Radikalumbruchs. Und es war die Geburt des geilsten Teams, das Bochum je hatte (meine Meinung). Aber über dieses wurde und wird immer wieder gesprochen werden und es soll hier kein Thema sein. Erwähnt werden muss aber natürlich, dass unser heutiger Trainer Thomas Reis ein wichtiger Teil dieses Teams war.

Aller guten Dinge sind drei

Eine Saison geprägt von letztlich drei verschiedenen Trainern. Es fing an mit Power-Ernst, über den ich nichts sagen möchte. Wenn man nichts Nettes sagen kann, soll man ja bekanntlich schweigen. Nach einem 2:6 zuhause gegen TeBe am neunten Spieltag war seine Amtszeit auch schon wieder vorbei und es übernahm vorerst Ennatz Dietz. Nachdem man sich zuvor in düsteren Tabellenbereichen befand, stabilisierte Dietz das Team deutlich und bis Jahresende kam man in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen. Dennoch übernahm danach Ralf Zumdick, unter dem die Saison erfolgreich zu Ende gespielt wurde, mit dem recht problemlosen Aufstieg am 33. Spieltag. Der VfL wurde Zweiter hinter dem 1.FC Köln.

Herzschlagfinale am Tivoli

Tivoli-Aufstiege sind schön – Foto: T. Hartung

Eine wechselhafte Saison, in der man sich immer zwischen dem dritten und neunten Platz befand. Am letzten Spieltag kam es dann so, dass der VfL, inzwischen von Peter Neururer trainiert, noch die Chance hatte, aufzusteigen. Mainz spielte in Berlin bei Union, Bielefeld spielte gegen Ahlen und der VfL musste in Aachen ran.

Für den VfL gab es zwei mögliche Szenarien, um den Aufstieg zu sichern. Entweder müssten mehr Punkte als Bielefeld am letzten Spieltag geholt werden oder man müsste einen Sieg einfahren und Mainz maximal Remis spielen. So hatten viele Bochumer das Spiel über ein Ohr am Radio. Am Ende verlor Mainz unter Jürgen Klopp in Berlin, Bielefeld stieg nach einem Sieg punktgleich als Zweiter mit besserer Tordifferenz als Bochum auf. Zum Glück konnten wir uns damals noch die Relegation als Dritter ersparen. Wer noch mehr zu diesem Aufstieg lesen möchte, der sei nochmal an diesen Artikel erinnert.

Aachener Zweierlei

Zweierlei, auch hier – Foto: Einsachtvieracht

Und wieder ein Aufstieg am 30. Spieltag, dieses Mal in der Saison 2005/06 – fünfter direkter Wiederaufstieg. Das zweite Mal in Folge in Aachen, die zu dem Zeitpunkt ebenfalls grad aufgestiegen waren und zum Saisonende mit einem Punkt weniger auf Platz zwei standen. Es gab tolle Szenen nach dem Spiel mit den alten Recken Willi Landgraf und Dariusz Wosz Arm in Arm. Beide saßen, mit jeweils einer Flasche Sekt, auf dem Boden und genossen den Aufstieg. Es war eine souveräne Saison mit nur sechs Niederlagen, unter Trainer Marcel Koller.

Der VfL schien einfach „Unnnichtwiederaufsteigbar“. So oder so ähnlich wurde es mal konstruiert genannt – ein paar Jahre später sollten wir eines Besseren belehrt werden.

FINALLY – kein direkter Wiederaufstieg, sondern einer mit langem Anlauf

Relegationsrückspiel 2011 – Zum Spielbeginn noch optimistisch – Foto: Einsachtvieracht

Nach dem letzten Abstieg war man eigentlich auf ganz gutem Weg, war Dritter nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz hinter dem FC Augsburg. Auch in der Relegation in Gladbach spielte der richtige VfL lange gut mit und in der verdammten 93. Minute kassiert der VfL das 0:1 – Im Rückspiel war der Stecker nach dem 1:1 Ausgleich so nahezu gezogen. Im Anschluss an die verlorene Relegation musste sich der VfL dann finanziell etwas anders aufstellen. Ein weiterer Kraftakt schien nicht möglich und das, obwohl noch niemand wusste, wie lange es am Ende wirklich dauern würde.

Aber genug der Vergangenheit, in der ersten vollständigen „Corona-Saison“ konnten sich Verein und Fans endlich wieder über einen Aufstieg freuen. Der „Corona-Meister“ der Vorsaison ging als Meister über die Ziellinie und bekam das erste Mal die Radkappe überreicht. Oh, wie wär das schön… wenn wir das nur im Stadion hätten live miterleben können.

Und? Wie soll man diesen Aufstieg nun einordnen?

Um den Bogen zum Anfang zu spannen, es war der schönste Aufstieg. Es war alles andere als „selbstverständlich“, dass wir so lange oben mitspielen und am Ende sogar verdient Meister werden. Finanziell im Mittelmaß, anfangs wusste niemand, ob und wie die Saison unter den erschwerten Bedingungen zu Ende gespielt werden könnte. Es gab keine klaren Aha-Transfers,  die ein Ziel schon automatisch ein Ziel vorgeben, sondern nur Ergänzungen des Teams (was keine Kritik sein soll). Die Verlängerung mit Danilo Soares, mit der kaum jemand gerechnet hatte, setzte allerdings zumindest ein kleines Ausrufezeichen.

Und es war auch der schlimmste Aufstieg. Wenn ich an mein Mitfiebern beide Male in Aachen denke, beim ersten Mal natürlich noch deutlich mehr, wenn ich daran denke, wie alle Dämme brachen, als das Spiel abgepfiffen wurde. Und wenn ich dann im nächsten Moment daran denke, wie ich vor dem Fernseher aufgestiegen bin, trotz Spiel im Ruhrstadion, trotz Dauerkarte seit vielen Jahren. Der Aufstieg hinterlässt dann neben den ungläubigen Freudentränchen in der hintersten Ecke des Auges auch eine Träne, die nicht so viel mit Freude zu tun hat. Ich fühle mich ein klein wenig meiner Ausgelassenheit über die geile Saison beraubt.

Und das ersetzt leider auch nicht annähernd ein Autocorso, ein Feiern vor dem Ruhrstadion, das zwar mehr als nur ein Betonbau für uns ist, aber auch nicht annähernd ein vollständiger Ersatz für die Anwesenheit im Stadion. Mir fehlt es, näher an den Spielern und einfach mittendrin statt nur dabei zu sein und das generell und nicht nur im bestmöglichen Falle des Aufstiegs. Die Hoffnung bleibt, wenigstens in der Bundesliga der Mannschaft die Lobpreisung zukommen zu lassen, die sie sich redlich verdient hat.

Mein Fazit

Ein Jubel, wie ich ihn mir in der Bundesliga wünsche: Vor Fans! Foto: David Matthaeus Foto

Müsste ich mich entscheiden, ich würde den Aufstieg vermutlich dennoch direkt nach dem von 2002 einordnen. Dies zum Einen, weil man in der Vorsaison noch bangen musste, überhaupt die Klasse zu erhalten und zum Anderen aufgrund einer Art Gangmentalität, die die Mannschaft rüber gebracht hat und die man selbst ohne eigene Anwesenheit spüren konnte. Da stand auf und neben dem Platz ein Team, das allen Widrigkeiten zum Trotz aufsteigen wollte und nicht ein einziges Mal zwei Ligaspiele in Folge verlor. Nicht zu vergessen, ein früherer Aufstiegsheld war ihr Trainer.

Das Team macht Lust auf mehr und ich kann kaum ausdrücken, wie sehr ich mich auf die neue Saison freue. Bundesliga ist dann doch schon besser, da können sich alle abgestiegenen Traditionsvereine die zweite Liga noch so schön reden, wie wir es auch oft mussten. Zweite Liga, tut schon weh, scheißegal – oh, zum Glück falsches Lied.

Und ganz zum Abschluss gibt es doch noch ein Schmankerl vom ersten Bundesliga-Aufstieg. Hier das Tor des Monats vom Juni 1971 aus dem Aufstiegsrunden-Spiel gegen Tasmania.

Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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