Der einsachtvieracht-Scouting-Bericht #11

Wer könnte uns beim Kampf um den Klassenerhalt helfen? Welche Spieler füllen die benötigten Positionsprofile aus? Unser einsachtvieracht Scouting-Bericht #11. Foto: VfL Bochum & einsachtiveracht VfL Bochum

Nach 11 Jahren des Wartens ist es endlich wieder so weit, der VfL Bochum betritt die Bühne der 1. Bundesliga! Obwohl die Freude des Aufstiegs im Moment noch überwiegt, muss der Blick schon jetzt wieder nach vorne gerichtet werden. Der Aufstiegskader bietet dem VfL ein gutes Grundgerüst und dennoch werden einige personelle Veränderungen von Nöten sein, um in der 1. Bundesliga zu bestehen. Welche Spieler könnten die Mannschaft des VfL im Sommer verstärken? Dieser Frage widmen wir uns in unserem langersehnten einsachtvieracht-Scouting Bericht #11.

Stolz blicken wir alle auf die abgelaufene Saison des VfL Bochum. Die Saison 2020/21 hat neue (Aufstiegs-) Helden beim VfL zum Vorschein gebracht. Wenn keine großen Überraschungen kommen, kann der VfL mit fast allen tragenden Säulen auch zur neuen Saison planen. Eine Ausnahme könnte Robert Zulj darstellen, der dem Vernehmen nach kurz vor einem Wechsel in die Vereinigte Arabischen Emirate steht. Wie die Verantwortlichen bereits in Interviews durchklingen haben lassen, soll dieses Grundgerüst nun klug und halbwegs kostenneutral mit Leihen und ablösefreien Transfers verstärkt werden. Der Spieleretat soll dabei um insgesamt 80 % aufgestockt werden, um sich gezielt zu verstärken. Bereits 40 % davon sollen dem Vernehmen nach bereits für die Anpassung der Gehälter des aktuellen Kaders verplant sein. Dennoch bleibt dem VfL genug Spielraum für neue Transfers.

Mit Christopher Antwi-Adjei steht bereits ein Neuzugang in den Startlöchern, um den VfL mit seinem Tempo auf den Flügeln zu helfen. Abhängig von potenziellen Abgängen sind noch Zugänge auf nahezu allen Positionen im Kader denkbar. Im zentralen Mittelfeld herrscht offenkundig akuter Bedarf, doch auch auf allen offensiven Positionen könnte sich noch etwas tun. Hinter Robert Zulj fehlt eine Alternative für das offensive Mittelfeld. Im Sturm bleibt fraglich, ob Silvère Ganvoula und Soma Novothny dem VfL erhalten bleiben und auf den offensiven Flügeln stimmt zwar die Quantität, aber es bleibt ein Fragezeichen dahinter, wie stabil der Körper von Danny Blum ist oder ob Milos Pantovic und Gerrit Holtmann auch in der 1. Bundesliga bestehen können. Auch ist noch unklar, wer unseren Kasten hinter Manuel Riemann als neue Nummer 2 sauber hält und ob weitere Alternativen zu unser defensiven Abwehrreihe verpflichtet werden. Wir starten in den Sommer und stellen euch heute die ersten Kandidaten für unseren VfL vor! VfL1848Stats versorgt uns dazu mit den wichtigsten Statistiken aus den Scouting-Datenbanken.

Der Abwehrverbund sollte in der Breite gestärkt werden

Sebastian Hettmann: Die aufgekommenen Gerüchte um den demnächst vertragslosen Anthony Jung sind folgerichtig und der ehemalige Spieler von RB Leipzig würde dem Kader mehr Optionen bieten. Bei Bröndby IF konnte Jung in den vergangenen Jahren seinen Platz in der ersten Elf stets behaupten. Trainer Niels Frederiksen ließ in der Saison 2019/2020 mit einer Viererkette agieren, in der Jung den Part des Linksverteidigers übernahm. Zur Mitte der Saison stellte der Trainer von Bröndby um und lässt seine Mannschaft seither in einer 3-5-2 Grundordnung spielen. In der vergangenen Saison wechselte Jung daher im Anschluss an den Systemwechsel zwischen der Position des linken Schienenspielers und dem des Innenverteidigers. In den meisten Spielen ist Jung der linke der drei Innenverteidiger und kann situativ nach vorne mit anschieben und den Spielaufbau treiben.

Foto: Christian Bier, wikimedia commons

Danilo Soares wird weiterhin gesetzt sein. Je nachdem wie Thomas Reis das Spielsystem besetzen möchte, könnte Anthony Jung sowohl den Backup für Soares geben als auch einen Ersatz für Maxim Leitsch darstellen. Darüber hinaus können alle drei Spieler sogar gemeinsam auf dem Feld stehen, sollte Reis variantenreicher werden und eine Grundordnung mit einem dritten Innenverteidiger neben Maxim Leitsch und Armel Bella-Kotchap planen. Jung wäre somit die Lösung für mehrere Positionen und genau der Spieler, der uns in der Breite hilft und dennoch Qualität als möglicher Stammspieler mitbringt. Dazu bringt Jung mit Dynamik, Sicherheit im Passspiel und Erfahrung weitere Attribute mit, die Vasilios Lampropoulos teilweise abgehen.

Quelle: SmarterScout

Er ist nicht besonders kopfballstark, kann jedoch am Boden viele Duelle durch abgefangene Bälle oder im direkten Zweikampf für sich entscheiden. Dabei kommt er meist ohne Fouls aus. Insbesondere seine Läufe mit Ball am Fuß helfen die Mannschschaftsteile zu verbinden. Sein Passspiel ist sicher und vorwärtsgericht, dabei jedoch nicht so weiträumig. Das passt gut zum VfL, wo die erste Aufgabe der Innenverteidiger ist, die Bälle sicher zu den Sechsern oder Außenverteidigern zu bringen.

Quelle: WyScout

Im Mittelfeld besteht Handlungsbedarf!

Jens Hartenstein: Das Mittelfeld ist sicherlich der Bereich der Mannschaft, der augenscheinlich am dringendsten eine personelle Auffrischung benötigt. Mit Anthony Losilla und Robert Tesche sind neue Helden am VfL Himmel geboren, doch beide gehören mittlerweile zum alten Eisen. Den Spielern dahinter wurde bereits in der abgelaufenen Saison wenig Vertrauen geschenkt und somit müssen neue Spieler her. Mindestens ein Neuzugang sollte für unsere Verhältnisse ein Königstransfer darstellen, Erfahrung mit auf dem Platz mitbringen aber gleichzeitig noch einige Jahre vor sich haben. Zeit für einen neuen Zulj! Nein, die Rede ist nicht von Robert Zulj sondern von seinen Bruder Peter. Wie sein Bruder ist Peter Zulj im zentralen Mittelfeld zuhause, doch lenkt er das Spiel von einer Position weiter hinten. Bei Sturm Graz konnte er in 65 Spielen seine Torgefahr mit 15 Treffern und 23 Assists unter Beweis stellen. Gerüchten zufolge stand er damals auch bei finanzstärkeren deutschen Vereinen wie Bayer Leverkusen oder dem VfL Wolfsburg auf dem Zettel. Gelandet ist er schlussendlich beim RSC Anderlecht, wo er sich zunächst als Stammspieler etablierte. Durch einen Trainerwechsel im Sommer 2020 geriet er dort allerdings auf das Abstellgleis und wurde in der Rückrunde in die Türkei verliehen. Der Vertrag läuft bei Anderlecht noch bis 2022 und doch kann sich Peter Zulj höchstwahrscheinlich einen neuen Verein suchen und selbst ein ablösefreier Transfer erscheint zumindest denkbar. Beim VfL könnte er mit seinem Bruder ein kongeniales Duo im Mittelfeld abgeben, um die Kreativität zu beleben. Durch seine Spielübersicht, Torgefahr und Erfahrung auf hohem Niveau könnte er sein fehlendes Tempo wettmachen und für den VfL ein wichtiger Puzzlestein werden! Leider sieht es jedoch so aus, als ob die Brüder Zulj woanders in der Welt vereint werden.

Foto: Werner100359, wikimedia commons

Sebastian Hettmann: Unser zentrales Mittelfeld teilt sich in zwei Spielertypen auf: Einen tiefen Spielmacher, der im Spielaufbau ordnet und defensiv sich öffnende Räume schließt sowie einen ballerobernden Achter, der situativ Räume für Überladungen besetzt. Ebenfalls demnächst vereinslos und eigentlich seit Jahren Stammspieler ist Lasse Vigen Christensen. Der 26 Jährige Däne ist bei Bröndby IF in dieser Saison nicht mehr über den Platz des Rotationsspielers hinaus gekommen. Die Jahre zuvor war er stets Stammspieler und absolut vielversprechend. So vielversprechend, dass der FC Fulham den spiel- und laufstarken Vigen Christensen aus der Jugend des FC Midtjylland nach England holte. Dort konnte er sich in der ersten Mannschaft von Fulham durchsetzen und war immer wieder Stammspieler in der Championship.

Foto: Nick, wikimedia commons

Vigen Christensen bringt die notwendige Mischung aus Erfahrung, Spiel- und Lauffreude sowie Ideenreichtum auf engem Raum mit. Die Anpassung an die schnellere Spielweise in der Bundesliga, sollte er durch seine Passsicherheit und Dynamik schnell bewerkstelligen. Besonders auffällig ist, wie Vigen Christensen das gesamte Spielfeld stets im Blick behält und damit die Räume für Außenbahnspieler öffnet – gerne auch per Seitenwechsel. Ein Stilmittel, welches uns in der ersten Liga immens helfen würde.

Quelle: WyScout

Vigen Christensen ist kein direkter Ersatz für Anthony Losilla, kann jedoch ebenso dynamisch mit dem Ball agieren. Der Däne hat dabei mehr Kreativität am Ball als unser Kapitän und vergisst bei seinem Potential in der Offensive nicht die Defensive. Ein Vorteil der teilweisen Ausbildung in England. Lasse Vigen Christensen wäre eine sinnvolle und spannende Facette mehr für unser Mittelfeld.

Jens Hartenstein: Neben einem erfahrenen Neuzugang im besten Fußballalter, würde sich im Mittelfeldzentrum ein Perspektivspieler anbieten. Erhan Masovic konnte diese Rolle in der abgelaufenen Saison leider nicht einnehmen und der Sprung in die 1. Bundesliga scheint aktuell zu groß. Neben dem bereits im letzten Scoutingbericht vorgeschlagenen Tobias Raschl bieten sich für diese Position vor allem ablösefreie Spieler an.

Quelle: WyScout

Ein erstes Gerücht tauchte diesbezüglich bereits zu Aurélien Nguiamba auf, der mehrere französische U-Nationalmannschaften durchlaufen hat und in der abgelaufenen Saison den Durchbruch beim AS Nancy in der Ligue 2 schaffte.

Quelle: SmarterScout

Seine Statistiken sind noch nicht so beeindruckend. Durch seine hohe Quote bei Dribblings und Flanken könnte er eventuell sogar als Außenverteidiger aushelfen.

Quelle: WyScout

Auch in Deutschland gäbe es potentielle Kandidaten im Zentrum, die aktuell einen Verein suchen. Ein Beispiel hierfür wäre Maximilian Zaiser, der zuletzt für die 2. Manschaft von Bayern München aktiv war und bereits einige Kadernominierungen (noch kein Einsatz) bei den Profis nachweisen kann. Beide genannten Spieler könnten aufgrund auslaufender Verträge für einen Verein wie den VfL von Interesse sein, dienen an dieser Stelle jedoch nur als Beispiele, bei denen wir uns einer fundierten Einschätzung mangels ausreichender Sichtung der Spieler zurückhalten.

Die Offensive braucht mehr Durchschlagskraft – neben ZZ Top!

Jens Hartenstein: Auch wenn unsere Offensive im abgelaufenen Jahr bestens funktioniert hat, waren wir zu sehr abhängig von Simon Zoller und Robert Zulj. Danny Blum konnte aufgrund seiner häufigen Verletzungen nicht immer helfen und bei Gerrit Holtmann ging über weite Strecken der Saison die Torgefahr abhanden. Mit Antwi-Adjei hat sich der VfL noch mehr Flexibilität und vor allem Tempo auf den Flügeln geholt, allerdings geht auch ihm häufig die Torgefahr etwas ab. Was der VfL braucht sind also weitere torgefährliche Spieler.

Foto: Jeollo, wikimedia commons

Ich schlage hierfür für den VfL eine neue „Japan Connection“ vor, mit zwei Spielern die bereits unterschiedliche Erfahrungen in der Fußball Bundesliga sammeln konnten. Takuma Asano könnte mit seiner enormen Schnelligkeit exzellent in unser Flügelspiel passen. Bei Hannover und Stuttgart hat es jeweils noch nicht ganz gereicht für die 1. Bundesliga, doch könnte er hervorragend zur Strategie von Sebastian Schindzielorz passen. Er ist ablösefrei, hat bereits Erfahrungen im Oberhaus gesammelt und ist zudem mit 26 Jahren im besten Fußballalter. Bei Partizan Belgrad scheint er sich sehr gut entwickelt zu haben und konnte im zweiten Jahr seine Effektivität enorm steigern. Insgesamt stehen dort für ihn bei 77 Spielen 45 Torbeteiligungen zu Buche. Auch seine übrigen Statistiken können sich mehr als sehen lassen. Ein perfektes Bewerbungsschreiben, um einen weiteren Anlauf in der Bundesliga zu starten. Aufgrund seiner gescheiterten Vorversuche könnte der VfL mit einem Stammplatz in der 1. Bundesliga durchaus interessant für den Spieler sein – ein Versuch wäre eine Anfrage beim Spieler demnach mit Sicherheit wert.

Quelle: WyScout

Der zweite Japaner im Bunde könnte Yoshinori Muto sein. Richtig, dass ist der Muto, der noch vor ein paar Jahren bei Mainz in der Bundesliga zu überzeugen wusste und für eine zweistellige Transfersumme auf die Insel zu Newcastle United wechselte. Seitdem sind mittlerweile drei Jahre vergangen, in denen er in Newcastle (28 Spiele, 2 Tore) nie den Durchbruch schaffte.

Foto: Светлана Бекетова, wikimedia commons

In der abgelaufenen Saison stand er per Leihe für den SD Eibar in der LaLiga auf dem Platz. Dort war er zunächst Stammspieler, konnte allerdings auch nicht nachhaltig überzeugen, obwohl er seinen Output im Angriffsspiel sowie seine defensive Qualität laut SmarterScout steigern konnte. Eibar ist mittlerweile abgestiegen und Muto wird vorerst wieder zu Newcastle zurückkehren.

Quelle: SmarterScout

Dort bezieht Muto aller Wahrscheinlichkeit ein hohes Gehalt, sodass der Verein ihn vermutlich auch ablösefrei ziehen lassen würde – sollte Muto einen Verein finden und die deutlichen Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. Nach nun drei erfolglosen Jahren könnte sich Muto an seine Zeit in Deutschland zurückerinnern. Größere Vereine als der VfL werden vermutlich kein Interesse mehr haben. Muto verkörpert dabei einen sogenannten „Dellenspieler“, wie Schindzielorz sie laut eigener Aussage häufig in der Vergangenheit gesucht hat. Ein Spieler, der sich auf höherem Niveau bereits in der Vergangenheit bewiesen hat und wenn er wieder zu alter Stärke findet einen Verein wie Bochum mit Sicherheit gut zu Gesicht stehen würde. Als mitspielender Stürmer, der sogar in der sehr stark besetzten La Liga überdurchschnittliche Dribblingwerte sammeln konnte, sollte Muto dabei auch exzellent in das System von Thomas Reis passen und könnte durch seine Flexibilität auch auf anderen Positionen gegebenfalls aushelfen.

Quelle: WyScout

VfL 1848 Stats: Wir sind nicht allein. Auch unser Kollege von VfL 1848 Stats, der alle Statistiken zu diesem Bericht beigesteuert hat, hat sich Gedanken gemacht. Hier sind seine Vorschläge:

Autor: Jens Hartenstein

In Bayern geboren, führte mein Weg zum Fußball über den FC Bayern München erst über Umwege zum geliebten VfL. Hierbei hat mich insbesondere die Phase Mitte der 90 geprägt, als man unter anderm in den UEFA Cup einzog. Nach einer jugendlichen Trotzphase, in der ich mich fast gänzlich dem Fußball, aber vor allem der Kommerzialisierung von selbigem abgewandt hatte, fand ich dann Anfang des neuen Jahrtausends wieder zurück zum Fußball. Ein echter Fußballfan kann eben doch nicht ohne seine Leidenschaft. Spätestens als ich dann beim Abschiedsspiel von Darius Wosz dessen letztes Bundesligator, den Abstieg Gladbachs und unseren beinahe Einzug in den UI-Cup live im Gladbacher Stadion feiern durfte, wars um mich dann komplett geschehen. Seitdem sind mäßige Spiele, Niederlagen, Abstiege und sämtliches Leid aller VfL Fans mein ständiger Wegbegleiter.

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