DER Aufstieg wird erwachsen… Krimi in Aachen am 05.05.2002

Manche VfL-Fans gingen in Vorleistung. Foto: T. Hartung

Heute vor genau 18 Jahren fand ein Aufstiegskrimi statt, der zumindest für den VfL unübertroffen war und der eine Aufholjagd krönte, mit der noch kurz zuvor niemand ernsthaft gerechnet hatte. Ich möchte heute auf diesen Tag zurückgucken, auf das Spiel und auf die Ereignisse, die überhaupt zu der Konstellation am letzten Spieltag führten.

Bereits die Bahnhofshalle war sehr gut gefüllt – Foto: T. Hartung

Zu Beginn der Saison 2001/02 übernahm Bernard Dietz das Traineramt, der eigentlich kein großes Interesse an einem Trainerjob im bezahlten Fußball hatte. Nach seiner äußerst erfolgreichen Arbeit im Nachwuchs und bereits zuvor schon mal als Interimstrainer wurde er aber vom Vorstand überredet, den Job zu übernehmen und den Wiederaufbau nach dem Abstieg einzuleiten. Unter Dietz lief es wechselhaft, er soll insbesondere nicht gut mit Rückkehrer Wosz und den erfahrenen Spielern klar gekommen sein. Letztlich endete seine Trainerzeit schon im Dezember wieder und es kam Peter Neururer.

Man kann nicht sagen, dass die Verpflichtung des als Lautsprecher, Feuerwehrmann und wer weiß was noch verschrienen Neururer besonders positiv aufgenommen wurde. Und die Kritiker schienen bestätigt zu werden, auch unter ihm lief es erst wechselhaft. Nach einem katastrophalen 1:6 in Oberhausen lag man dann acht Punkte hinter dem dritten Platz zurück.

Ansturm – Foto: T. Hartung

Anschließend startete man aber durch und am 33. Spieltag erhielt man sich mit einem Sieg gegen Union bei gleichzeitigen Unentschieden der beiden Aufstiegskonkurrenten Bielefeld und Mainz die kleine Chance, doch noch aufzusteigen. Man benötigte entweder ein Unentschieden bei einer Niederlage der Arminia oder einen Sieg, um so bei einer Mainzer Niederlage oder einem maximalen Unentschieden der Bielefelder an einem der Konkurrenten vorbei zu ziehen. Da es noch deutlich vor der Verbreitung von Smartphones war, sah man nicht wenige Radios im Auswärtsblock, um irgendwie dem Geschehen auf den anderen Plätzen folgen zu können.

Sturm auf die Bas… äh den Tivoli

Da der Ansturm auf die Tickets aus Bochum extrem groß war, Aachen aber durch die Konstellation so eben gerettet war, erhielt der VfL nach Anfrage viel mehr Tickets aus dem ausgewiesenen Kontingent. Gefühlt war man in der klaren Überzahl und bekam neben dem Gästeblock noch einen großen Stehplatzblock auf der Heimtribüne. Das Stadion strahlte in blau und weiß. Auf der Anreise vorsichtig optimistisch, im Stadion die grausamen Toiletten besucht und dann ging es los… immer mit einem Ohr auf den anderen Plätzen.

Der Moment vor dem ersten großen Jubel, Christiansen verlädt den Keeper. – Foto: T. Hartung

Zunächst hieß es aber einmal, seine eigenen Aufgaben zu lösen, was in der 23. Minute nicht leichter wurde, als unser heutiger Sportvorstand nach wiederholtem Foulspiel vom Platz flog. Nicht erst dadurch entfachte sich ein leidenschaftlicher Kampf. Zwischendurch stand das Spiel aufgrund des wiederholten Einsatzes von Pyrotechnik kurz vor dem Abbruch, selbst nach erster Warnung und vor allem nach dem Führungstor durch Thomas Christiansen per Elfmeter in der 28. Minute. In der 38. Minute verletzte sich dann Toptorjäger Christiansen, kurz darauf legte Paul Freier das 2:0 nach. Vor der Halbzeit flog erst noch der Aachener Bediako vom Platz und die beiden Trainer Neururer und Berger mussten auf die Tribüne.

Rauch im Hintergrund, ich am Radio – Foto: T. Hartung

Während des Spiels gab es im Block immer wieder Gerüchte, Mainz würde bereits führen, die Radios halfen bei der Lautstärke im Block und schlechtem Empfang nur sehr bedingt. Im Aufstiegsrennen führte Bielefeld bereits früh, zur Halbzeit stand es 2:1 und damit wären sie aufgrund des deutlich besseren Torverhältnisses sicher aufgestiegen. In Berlin stand es hingegen noch unentschieden, aber auch das hätte dem VfL nicht geholfen, neben den eigenen Hausaufgaben musste also noch mindestens ein Ergebnis anders ausfallen.

Bochum unter Dauerdruck…

Zu Beginn der zweiten Halbzeit schaffte Aachen schnell den Anschlusstreffer, danach stand der VfL sehr tief und Aachen bekam Oberwasser. Bielefeld schaffte kurz nach Wiederanpfiff das 3:1 und war somit erstmal außer Reichweite. Es dauerte bis knapp zur 60. Minute, als Cristian Fiél in Berlin zum 1:0 für Union traf (böse Zungen würden behaupten, dass er sich damit seinen späteren Wechsel zum VfL verdient hat, seine Zeit beim VfL verlief eher enttäuschend). Der Aufstieg war nun plötzlich in Reichweite.

Rein van Duijnhoven stand in der zweiten Halbzeit oft im Mittelpunkt. – Foto: T. Hartung

Doch diese Hoffnung blieb zunächst nur für wenige Minuten, das große Auf und Ab ging durch den Mainzer Ausgleich weiter. Zittern in Aachen, Hoffen auf Union. Die Schlussphase versprach dramatisch zu werden und zumindest aus Bochumer Sicht wurde man nicht enttäuscht. In der 82. Minute ging Union erneut in Führung, kurz drauf erlöste Freier den VfL und ganz am Ende traf Union ebenfalls zum 3:1 und der VfL war doch noch aufgestiegen. Mainz scheiterte in der ersten Saison unter Jürgen Klopp denkbar knapp, etwas, was sich im kommenden Jahr dann noch einmal wiederholen sollte, bevor dessen Erfolgsgeschichte endgültig begann.

 

Nur der Vollständigkeit halber: Da es in Bielefeld beim 3:1 blieb, stieg man hinter den Arminen letztlich als Dritter auf, aber das interessierte niemanden mehr auf Bochumer Seite.

…die Erlösung, aus dem Feuerwehrmann wird Peter der Große

Der Rasen war nicht mehr sicher – Foto: T. Hartung

Nach dem Spiel brachen alle Dämme, die Fans stürmten den Rasen, alle lagen sich in den Armen, die Spieler wurden gefeiert und es gab doch noch den erneuten Wiederaufstieg. Der Schachzug, den erfahrenen Peter Neururer zu holen, zahlte sich aus und das, wie sich zeigen sollte, nicht nur in dieser Saison.

Foto: T. Hartung

Selten war eine Rückfahrt von einem Auswärtsspiel schöner. Man spricht viel zu oft in Superlativen, im Bezug auf den VfL zu oft negativ. Aber das war definitiv eins der absoluten Highlights, das ich je mit dem VfL erleben konnte. Ein paar Jahre später zeigte sich noch einmal, dass Aachen ein wirklich gutes Pflaster für Aufstiege ist und auch wenn dieser ebenfalls fantastisch war, dieser war viel emotionaler und für mich persönlich der beste Wiederaufstieg, zumindest vor dem hoffentlich irgendwann nächsten…

Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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