Spielerportrait Thomas Eisfeld

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)
Thomas Eisfeld Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)

Am 7. Februar 2015 feierte Thomas Eisfeld sein Pflichtspiel-Debüt im Trikot des VfL Bochums. Seitdem entwickelte er sich zur absoluten Stammkraft und zum Vizekapitän in Bochum. Bei den Fans hingegen hat der Mittelfeldregisseur nicht immer einen leichten Stand. Während einige ihn als den Schlüsselspieler und Kreativmotor in unserem Mittelfeld bezeichnen, sehen andere in ihm nicht mehr als einen Mitläufer. Höchste Zeit also, einen näheren Blick auf unsere Nummer 10 zu werfen.

 

Thomas Eisfeld erblickte am 18. Januar 1993 in Finsterwalde zum ersten Mal das Licht der Welt. Damals ahnte wohl noch niemand, dass er 19 Jahre später einen Profivertrag bei einem Titelaspiranten der UEFA Champions League unterschreibt. Doch seine ersten Schritte im Fußball sollten deutlich bescheidener sein. Zunächst schnürrte er für die Jugendabteilungen des SV Quitt Ankum und des VfL Osnabrück seine Fußballschuhe. Erst mit dem Wechsel zu Borussia Dortmund im Jahr 2005, folgte dann der Aufstieg in einer der höchsten deutschen Spielklassen seiner Altersklasse – die B-Junioren Bundesliga West. In Dortmund angekommen, entwickelte sich der Spielgestalter schnell zu einem Leistungsträger (36 Spiele für die B-Junioren/18 Tore). So wurde Eisfeld trotz eines Kreuzbandrisses im Herbst 2009, bereits im Frühjahr 2010 frühzeitig bei den A-Junioren eingesetzt und schaffte es dort in den folgenden knapp zwei Jahren auf 43 Spiele (13 Tore/3 Assists).

 

Der frühe Wechsel nach England

 „He is young but has proven to us that he can play, that he has the attitude and technical ability to be a valuable addition to our squad.“

„Er ist jung, aber er hat uns gezeigt, dass er spielen kann, dass er die Einstellung und technischen Fähigkeiten dazu hat, eine wertvolle Ergänzung für unser Team zu sein.“

– Arsène Wenger, im Januar 2012 über Thomas Eisfeld

Foto: Kieran Clarke (wikimedia commons)

Im Januar 2012 kam dann der Wechsel für ca. 500.000 Euro zum FC Arsenal London, samt verbalen Ritterschlag von Arsène Wenger. Gerade 19 Jahre alt geworden, schien dem Jungprofi die Fußballwelt zu Füßen zu liegen. Rückwirkend betrachtet war die Zeit in London allerdings nicht mehr als eine Lernphase auf allerhöchstem Niveau. In zweieinhalb Jahren beim FC Arsenal schaffte es Eisfeld gerade einmal auf zwei Profieinsätze (1 Tor) im EFL-Cup (Ligapokal). Für die U-21 hingegen war er, meist als Rechtsaußen oder im offensiven Mittelfeld, absoluter Leistungsträger. Nicht zuletzt wegen den starken Leistungen in der englischen Nachwuchsliga (40 Spiele/14 Tore/9 Assists), feierte Eisfeld im März 2014 sein Debüt für eine deutsche Jugendauswahl (U-20). Allerdings blieb es bis heute bei diesem einen Einsatz für das DFB Team und auch die Zeit in Arsenal war im Sommer 2014 endgültig vorüber.

 

Von Wenger über Magath zu Verbeek

Was aus der Zeit unter Arsène Wenger blieb, war eine exzellente Schulung und der Gewinn des FA-Pokals 2014, allerdings ohne dass Eisfeld dabei auch nur einmal in den Kader für den Wettbewerb nominiert wurde. Auf Wenger folgte Magath, auf Arsenal folgte Fulham. Auf dem Papier war es sicherlich ein Abstieg, in die zweite englische Liga zu wechseln, doch Eisfeld wollte endlich seinen Durchbruch im Profifußball feiern. Alles schien perfekt für dieses Ziel, mit Felix Magath war ein Trainer vor Ort, welcher ihm die nötige Spielzeit versprach und ihn unbedingt im Team haben wollte. Immerhin überwies Fulham stolze 1,5 Millionen Euro für das 21 Jahre alte Talent. Doch zu seinem großen Pech holte Fulham lediglich einen Punkt aus den ersten sieben Spielen und mit Felix Magath, wurde sein Förderer frühzeitig beurlaubt. Im Anschluss wurde Eisfeld nach eigenen Aussagen gar in die dritte Trainingsgruppe verbannt und spielte danach kaum mehr eine Rolle im Profiteam. Zu Buche standen nach dem 28. Spieltag somit lediglich sieben Spiele für das Profiteam (208 Spielminuten) und vier weitere für die U-21 (2 Tore). Für alle Beteiligten war die Situation unbefriedigend und so wechselte der Mittelfeldspieler im Februar 2015 per Leihe für ein halbes Jahr zum VfL Bochum. Die Vita der Trainer, unter der Eisfeld spielte, las sich damals schon beeindruckend. Gentleman und Taktikexperte Wenger, harter Hund und Trainingsweltmeister Magath – und nun sollte mit Gertjan Verbeek ein weiterer, sehr eigener und absolut akribischer Trainer folgen.

 

Aufstieg zu einer wahren Nummer 10

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Passend zu der Persönlichkeit des knurrigen Holländers, fand der Wechsel damals nur unter einem Murren statt, denn eigentlich hatte sich Verbeek einen neuen Sechser für sein Team gewünscht. Doch Eisfeld zeigte schnell, dass mit ihm in Bochum zu rechnen ist. Bereits im ersten Spiel nach seiner Ankunft wurde er auf dem linken Flügel für 20 Minuten eingesetzt. Die weitere Entwicklung dürfte allen Bochum Anhängern bestens bekannt sein. Eisfeld konnte sich direkt als Stammspieler etablieren und wanderte in das von ihm geliebte, offensive Mittelfeld. Nach der erfolgreichen Leihe war für beide Seiten klar, dieses perfekte Beziehung muss fortgesetzt werden. So legte sich Eisfeld schnell fest, indem er ausdrücklich nur zum VfL Bochum wechseln wollte und das trotz eines vermutlich finanziell besseren Angebots aus Paderborn. Schlussendlich konnte man sich laut Aussage Hochstätters in einem „bezahlbaren“ Rahmen mit Fulham einigen, Eisfeld unterschrieb einen Vertrag bis 2018 und bekam ein Jahr später endlich seine geliebte Rückennumer 10. In den zweieinhalb Jahren unter Verbeek schaffte es unsere Nummer 10 auf insgesamt 55 Ligaeinsätze (7 Tore/6 Assits), wobei sich die verpassten Spiele fast ausschließlich auf Verletzungen zurückzuführen lassen. Die Zahlen belegen, Eisfeld wurde zum unverzichtbaren Stammspieler in Bochum. Dabei dirigierte er zumeist das Spiel aus dem zentralen (offensiven) Mittelfeld, wurde aber auch teilweise auf der linken Außenbahn eingesetzt, vor allem wenn dort Not am Mann war. Auf dem Flügel konnte er bislang jedoch nur bedingt überzeugen, fehlen ihm für diese Position wichtige Attribute wie Tempo und Abschlussstärke.

Seit dem Sommer ist Verbeek in Bochum Geschichte und mit ihm vermutlich auch ein Thomas Eisfeld auf den Flügeln. Der neue Mann an der Seitenlinie heißt nun Ismail Atalan und dieser setzt bekanntlich vor allem auf schnelles Umschaltspiel, mit schnellen Spielern über den Außenpositionen. Wie sein Vorgänger, scheint auch Atalan von Beginn an von den fußballerischen Qualitäten des 1,77 Meter großen Mittelfeldspielers überzeugt zu sein. Mit der Ernennung von Eisfeld zum Vizekapitän setzte er jedenfalls ein deutliches Zeichen. Das „Warum“ sollte eigentlich offensichtlich sein, denn Eisfeld versteht es wie kaum ein anderer im Team den Takt für das Spiel vorzugeben. Selbst unter starken Pressing des Gegners schafft er es, wenn nötig Ruhe in das Spiel zu bringen oder im Gegenzug mit öffnenden Pässen das Spiel schnell zu machen und Chancen zu kreieren. Dies lässt sich sehr schnell mit einem Blick auf die Statistik belegen: In der abgelaufenen Saison lag er beispielsweise mit durchschnittlich 2,28 Torschussvorlagen (ligaweit Platz 14, Quelle: ligainsider.de) und 0,39 kreierten Großchancen (ligaweit Platz 7, Quelle: ligainsider.de) pro Spiel unter den absoluten Topspielern der Liga und mit Abstand vor allen Teamkollegen. Leider machten die Abnehmer häufig zu wenig daraus, sehr zum Leidwesen der Fans und der Verantwortlichen. Dennoch konnte man die Präsenz unseres Spielmachers auch an den Ergebnissen des Teams ablesen. Gelangen dem Team mit ihm immerhin sechs Siege aus 17 Partien (25 Tore), konnten in seiner Abwesenheit nur vier Siege bei gleicher Anzahl von Spielen gewonnen werden (17 Tore).

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Zahlen lügen nur selten, schon gar nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Eisfeld hat sich in Bochum zu einer wahren Nummer 10 entwickelt. Er verkörpert die Spielintelligenz und die Kreativität, welche uns während seiner langen Verletzungsphase in der abgelaufenen Saison abhanden gegangen ist. Doch erst einmal bleibt abzuwarten, wie er die neue Rolle des Vizekapitäns in einem geänderten System unter Atalan annimmt. Bewältigt er erfolgreich diese Herausforderung, könnte er letzten Endes der Schlüssel sein, um den eigens auferlegten Aufstiegsambitionen gerecht zu werden. Dabei sollte die Erwartung der Fans nicht nur auf Eisfeld ruhen, denn dass einzelne Spieler nicht ausreichen um als Kollektiv erfolgreich zu sein, sah man in Bochum schon zur Genüge. Auch andere Mittelfeldstrategen vor ihm, wie einst Danny Latza, wurde in Bochum schon belächelt. Die Verantwortlichen haben mit neuen, potentiellen Abnehmern für die Vorlagen mit Hinterseer, Diamantakos und Kruse das Problem jedenfalls erkannt und versucht in der Transferperiode zu reagieren. Auch wir Fans müssen lernen zu verstehen, dass ohne die richtigen Abnehmer und Kombinationspartner ein Zehner nur selten gut aussehen kann. Hoffen wir also, dass dieses Jahr beides passt – die Leistung unserer Nummer 10 und die seiner Mitspieler.

Autor: Jens Hartenstein

In Bayern geboren, führte mein Weg zum Fußball über den FC Bayern München erst über Umwege zum geliebten VfL. Hierbei hat mich insbesondere die Phase Mitte der 90 geprägt, als man unter anderm in den UEFA Cup einzog. Nach einer jugendlichen Trotzphase, in der ich mich fast gänzlich dem Fußball, aber vor allem der Kommerzialisierung von selbigem abgewandt hatte, fand ich dann Anfang des neuen Jahrtausends wieder zurück zum Fußball. Ein echter Fußballfan kann eben doch nicht ohne seine Leidenschaft. Spätestens als ich dann beim Abschiedsspiel von Darius Wosz dessen letztes Bundesligator, den Abstieg Gladbachs und unseren beinahe Einzug in den UI-Cup live im Gladbacher Stadion feiern durfte, wars um mich dann komplett geschehen. Seitdem sind mäßige Spiele, Niederlagen, Abstiege und sämtliches Leid aller VfL Fans mein ständiger Wegbegleiter.

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