Der VfL braucht eine neue Identität

Bild vom Spiel Eintracht Frankfurt - VfL Bochum mit der Anzeige, die das Ergebnis von 7:2 zeigt
Es war so schlimm wie das Ergebnis aussagt - Foto: Einsachtvieracht
Es war so schlimm wie das Ergebnis aussagt - Foto: Einsachtvieracht

Der VfL Bochum trat am Samstag bei der Eintracht aus Frankfurt an. Viele Bochumer reisten mit und wurden am Ende wieder einmal richtig enttäuscht. Der VfL ist nach neun Spieltagen der schlechteste Bundesligaverein seit Gründung. Was nun?

Wenigstens keine Sieben. So oder so ähnlich wurde leicht ironisch das Spiel gegen die Bayern bewertet. Dies zum Teil auch verbunden damit, dass insbesondere die Organisation innerhalb des Teams bis zum Standard zum 0:1 eigentlich recht gut war. Jetzt, ein Spiel später, gab es die angesprochenen sieben Gegentore in Frankfurt. Wie steht es um Möglichkeiten, sich dieses wieder schön zu reden? Ich glaube, trotz zwei geschossener Tore sind alle Möglichkeiten erschöpft, noch irgendetwas Gutes aus diesem Spiel mitzunehmen. Es verbleibt einfach nur eine Leere. Die Mannschaft funktioniert nicht im Geringsten.

Die Hoffnung stirbt zuletzt – aber sie stirbt

So wurde es glaub ich mal von Nico Semsrott in einem seiner Programme formuliert. Ja, es ist noch eine lange Saison, niemand ist jemals am neunten Spieltag abgestiegen. Aber ich habe meine Hoffnung verloren und die Stimmung der VfL-Fans ist in Frankfurt deutlich gekippt. Mir fehlt es an Kreativität, dass diese Mannschaft zu einer Einheit werden kann, die sich mit aller Kraft gegen die Wahrscheinlichkeit stemmt. Mir fehlt der Glaube, dass wir ein Konstrukt mit Leitwölfen bilden können, welche die Mitläufer so mitziehen können, dass wir es noch packen.

Dies ist am Ende auch eine Aneinanderreihung von Dingen, die nicht hilfreich sind. Der Kader spricht weder fußballerisch noch rein kommunikativ eine Sprache, wie es auch Philipp Rentsch hier bereits gut zusammenfasste. Es gibt neben den angesprochen Mitläufern sicher auch Spieler, die nur Opfer der Situation sind. Spieler, die in einem funktionierenden System ohne Querelen Leistungsträger sein könnten. Aber am Ende haben wir einen zu großen Kader, der weder in der Spitze noch in der Breite überzeugen kann. Ja, auch das hatten wir schon. Nur war es da eine Einheit, es wurde sich rein gebissen. Ich bin müde, wieder darauf zu warten. Ich glaube nicht, dass das im aktuellen Kader drin steckt.

Tabula rasa – am Besten ohne sich zu blamieren

Doch was macht man dann? Zunächst einmal die sportlichen Verantwortlichen sorgfältig aussuchen. Vor dieser vernichtenden Klatsche hätte ich nichts gegen einen Trainer gehabt, der erst einmal Ruhe und vielleicht eine sichere Defensive verspricht, so dass man dann mal schauen kann, wohin es sich entwickelt. Aber man muss sich auch eingestehen, wenn es ganz offensichtlich nicht reicht.

Aus diesem Grund muss man meiner Meinung nach noch weiter in die Zukunft schauen. Man sollte einen Trainer holen, der eine neue Idee, ein neues Denken in Bochum implementieren soll. Einen Verantwortlichen, der vielleicht einen kompletten Neuaufbau nach der Saison vorantreiben kann und die Spieler sowohl taktisch als auch menschlich davon überzeugen kann. Es kann dann auch ein junger Trainer sein, es darf aber nicht wieder interne Querelen und Uneinigkeiten geben, die sich mit Sicherheit auch auf das Team ausgewirkt haben.

Und ja, die Gefahr bestünde immer, dass ein Trainer, der in etwa 25 Spielen kaum Siege holt, bei einem Abstieg schon verbrannt wäre. Aber das muss dann auch mit entsprechendem Nachdruck vom Vorstand moderiert werden. Jeder muss wissen, dass es nur weitergeht, wenn man sich mit der Idee des VfL Bochum zu 100% identifiziert. Und das selbst im Angesicht eines Abstiegs.

Abgänge nicht ausgeschlossen

Das hieße für mich auch, dass bereits im Winter die Weichen gestellt werden müssten. Priorität eins wäre eine langfristige Verlängerung mit Mats Pannewig. Er und einige der anderen jungen Spieler wie Niklas Jahn, Agon Elezi, Lennart Koerdt und Samuel Bamba sollten ein wichtiger Teil der zukünftigen Planung sein. Ihnen sollte auch die Chance gegeben werden, wichtige Praxis zu sammeln. Auch Tim Oermann wäre ein extrem wichtiger Mann, dazu müsste man allerdings seinen Vertrag vorher verlängern, so dass er nicht nach einer guten nächsten Saison vertragslos die freie Wahl hat.

Von den jungen Spielern ab würde ich jedem einzelnen Spieler klar machen, dass der Verein ihn bezahlt und die Regeln vorgibt. Wenn der Trainer sagt, es wird gefrühstückt, dann wird darüber nicht diskutiert (als blödes Beispiel der Themen der letzten Wochen). Dafür werden sie bezahlt. Wem das nicht passt, oder wer den Weg des VfL nicht mitgehen will, darf sich gerne bereits im Winter einen neuen Verein suchen. Will jemand weg, ist man gesprächsbereit.

Sollten sich einige Spieler dazu entscheiden, den Verein frühzeitig zu verlassen, sollte man bereits ein paar Charakterspieler im Kopf haben vom Elvis Rexhbecaj oder Keven Schlotterbeck, selbst wie Sebastian Polter.

Nach dem Spiel vor dem mitgereisten Anhang – Foto: einsachtvieracht

Was macht das mit uns als Fans?

Würde mich eine Abschiedstour aus der Bundesliga auch nur im Geringsten erfreuen? Definitiv nein. Aber was ich auf keinen Fall kann, ist eine nicht harmonische Truppe mit Spielern auf dem Platz zu sehen, die halbwegs motiviert jedes Spiel verliert. Hatte ich bei vergangen Abstiegen schon zur Genüge. Es braucht einen „Bochumer Weg“. Spätestens ab dem Winter braucht es ein Team, welches Herz zeigt und das zudem dann noch Toto Losilla und Cristian Gamboa einen halbwegs versöhnlichen Abschied bereiten kann.

Und nicht zuletzt möchte ich nicht weiterhin auswärts fahren und Mitleid geschenkt bekommen. Ich weiß nicht, wie oft ich dasselbe Gespräch führen musste in der Zeit vom Abpfiff bis zur Abfahrt des Zuges. Alles in der Richtung von: Es tut ihnen leid, auch wenn es verdient war. Sie wünschten, wir bleiben in der Bundesliga. Aber es sieht nicht danach aus.

Als aller letzte Anmerkung noch eins, wie gerne würde ich mich irren mit meiner Einschätzung und am Ende der Saison vor dem Ruhrstadion bei der Mannschaft Abbitte leisten gehen.

Ergänzung

Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass der VfL seinen neuen Trainer gefunden hat. Philipp Rentsch berichtet, dass Dieter Hecking den VfL sofort übernehmen soll. Ändert nichts an meiner grundsätzlichen Meinung aus den Abschnitten zuvor, ich wollte aber zumindest noch eine kurze Einschätzung / Meinung über Hecking hinzufügen.

Bezüglich Taktik, Spielidee oder Philosophie möchte ich gar nicht viel sagen, das können gerne andere beurteilen. Es dürfte eher klassisch/konservativ sein als die letzten Trainer aus der Brause-Schule. Generell finde ich Hecking aber eine ordentliche Wahl. Kommt aus der Region, spricht die Sprache der Spieler, ist ein sehr umgänglicher, aber auch selbstbewusster Trainer. Ihm dürften die Spieler eher nicht auf der Nase rumtanzen. Zudem hat er Erfahrungen als Sportvorstand, falls die Suche für diesen Posten noch länger andauern, kann er Ilja Kaenzig anfangs auch hier noch mit Rat und Tat zur Seite stehen.

 

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Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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