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Das Spiel bereitete große Schmerzen beim Zusehen. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)
Das Spiel bereitete große Schmerzen beim Zusehen. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Das Motto zum gestrigen Spiel wurde von Seiten der Mannschaft vorgegeben. Aber, so hart muss man das sagen, wenn IHR als Mannschaft so anpackt, ist das als wenn fünf Leute loslassen. Die Enttäuschung sitzt tief, tief wie in meiner VfL-Zeit nur wenige Male, vielleicht beim letzten Abstieg, beim Aus gegen das Team aus Belgien und nur wenig über der Zeit 2000/01, die mich als Fan des VfL Bochum fast verloren hat.

Mir fällt es sehr schwer, noch irgendeine Form von Mut oder „trotzdem“ in meinen Text zu bringen. Würde mich jemand vor die Wahl stellen, Montag nach Düsseldorf zu fahren oder die Saison sofort zu beenden und einen Blick auf den (Zweitliga-)Kader der kommenden Saison zu bekommen, der es hoffentlich besser macht, wieder mehr Herz zeigt, ich würde vermutlich zu letzterem tendieren und ich würde mich dabei schlecht fühlen. Dennoch geht es am Montag nach Düsseldorf und ein letztes Mal in dieser Saison wird der VfL angefeuert.

Niederlage ein Verdienst des Kollektivs

Bereits die Aufstellung war überraschend. Toto Losilla auf der Bank, dafür Patrick Osterhage neben Matus Bero. Hätte ich im Laufe der Saison gerne mal häufiger so gesehen, weil Losilla inzwischen leider den einen Schritt langsamer geworden und nicht mehr so ganz präsent im Spiel ist. DEN Spieler mit VfL-DNA aber im alles entscheidenden Spiel dann draußen zu lassen und Osterhage, künftig locker fluffig weiter Bundesliga-Spieler, nach seinen zumeist beschissenen Auftritten in den letzten Wochen drinnen zu lassen, ist halt auch eine Entscheidung, an der man sich messen lassen muss.

Das soll jetzt keineswegs heißen, dass Osterhage der Sündenbock und schuld an der Misere ist, das wäre zum Einen unfair und zum Anderen würde es völlig am Thema vorbei gehen. Die Mannschaft war immer stark, wenn sie als Kollektiv funktionierte. Im Spiel gegen Düsseldorf war weder ein Kollektiv erkennbar noch gab es gallig auftretende Spieler, die dem Gegner zeigen, dass das Ruhrstadion unsere Festung ist. Statt der benötigten 110% und so heiß, dass sie in Flammen stehen könnten, waren es gefühlt am Ende vielleicht nur 80% und alle Worte vor dem Spiel waren für die Katz.

Gertjan Verbeek sagte einmal, dem Gegner müsse es „dünn durch die Hose laufen“. Der VfL hatte zu Anfang die Hosen gestrichen voll, fand dann besser ins Spiel, ohne dominant aufzutreten und außer in der ersten Phase nach dem Gegentor inklusive unglücklichem Pfostentreffer war auch nicht unbedingt das extreme Aufbäumen erkennbar. Man hatte Ballbesitz ohne Chancen, man spielte in der Rückwärtsbewegung viele Pässe, aber es gab kaum überraschende Läufe, niemand forderte den Ball und es ging auch quasi nie bis in den Strafraum.

Es war von vorne bis hinten eine ganz traurige Geschichte, aber der Fakt, dass der VfL die meisten Abwehrspieler-Tore aller Bundesligisten erzielt hat, zeigt halt auch die Kehrseite. Diese ist schon lange offensichtlich, der VfL ist maximal ungefährlich in der Offensive. Hofmann braucht Bälle, Asano ist super abschlussschwach und trotzdem eher eigensinnig und Wittek ein Verteidiger. Über das Mittelfeld braucht man auch nicht sprechen.

Natürlich hatte man sich von Daschner und Kwarteng viel mehr versprochen, hier ist ein großes Versagen auf dem Transfermarkt erkennbar und selbst im Winter wurde nicht noch einmal nachjustiert. Ja, wir hatten selbst in dieser Saison geile Siege, aber die waren für mich auch eher ein Produkt des Willens, der guten Arbeit gegen den Ball und sind nicht aus einem erkennbaren Offensivspiel entstanden, wobei das Taktikexperten besser beurteilen können als ich.

„befreiend“

Die Hoffnung, dass die Mannschaft aus den Querelen um Manuel Riemann befreit auftreten könnte, ist jedenfalls komplett zunichte gemacht worden. Es ist auch nur eine Vermutung, aber Riemann hätte Bernardo vermutlich auswechseln lassen, bevor er nach 15 Minuten darum betteln endlich die zehnte Gelbe gesehen hat. Und um das klar zu machen, es geht da nur um sportliche Dinge, ich glaube nicht einmal ein kleines Stück, dass er diese Karte haben wollte.

Teil der Lösung oder Teil des Problems, ich weiß es bei Riemann nicht und mir ist es ehrlich gesagt auch nicht so wichtig. Wenn man sich allerdings die Frage stellt, ob Mitspieler aufgeweckt oder gehemmt hat – gehemmt waren sie auch ohne ihn. Nichts gegen Andi Luthe, aber von der reinen Torwartqualität war es zumindest eine Schwächung.

Heiko Butscher scheint auch nicht Teil der Lösung zu sein, nachdem in Bremen die Außenbahnspieler schon frei gewähren konnten, ließ man den überragenden Christos Tzolis zumeist auch einfach alleine und wunderte sich dann, dass er nach ruhiger Ballmitnahme nicht mehr einzuholen war. Hätte er auch nur einen guten und keinen mittelmäßigen Tag gehabt, es wäre ein richtiges Desaster geworden. Butscher wirkt im Ganzen der Situation nicht gewachsen und macht eine ähnlich unglückliche Figur wie damals Dariusz Wosz im entscheidenden Moment. Seltsam, wenn man diese Aussage gar nicht so lange nach den aufeinanderfolgenden Siegen gegen Hoffenheim und in Berlin trifft, die den Klassenerhalt schon beinahe eingetütet haben.

Wat nu?

Ich hatte lange die Hoffnung, dass wir angesichts der unglaublich schwachen Bundesliga-Konkurrenz die Klasse halten, aber ein Teil der Wahrheit ist eben, dass wir auch so unglaublich schwach waren. Und während wir uns im Winter einen Nachwuchsspieler und einen Ersatztorwart „verstärkt“ haben, hat sich beispielsweise Mainz mit Nadiem Amiri einen absoluten Fixpunkt in ihrem Spiel in der Rückrunde dazugeholt.

Egal wie es ausgeht, die nächste Mannschaft wird nicht annähernd mit der aktuellen Mannschaft vergleichbar sein. Ich selbst würde von der aktuellen Startelf vielleicht nur ein bis zwei Spieler unbedingt halten wollen, möglicherweise auch wieder durch den negativen Eindruck zuletzt. Bei einem Klassenerhalt würde es eine Mammutaufgabe werden, aber man hätte wenigstens etwas Geld zur Verfügung. Wobei sich dann die Frage stellen würde, wem ich diesen Umbau zutrauen würde. Sollte es aber die realistische Variante werden, muss man erst recht ganz schnell sein, um zur Einheit zu werden und in der gut besetzten Liga nicht gleich hinten dran zu sein.

Aber jetzt schnell weg mit diesen Gedanken, über das Wochenende Kraft sammeln und Montag geht es nach Düsseldorf getreu dem Motto „Seien wir realistisch, fordern wir das Unmögliche.“ Es gibt nur noch ein Spiel für diese Gruppe an Spielern, um ihre eigene Geschichte neu zu schreiben. Alles wie aus dem Phrasenschwein, aber für einen Plan oder überzeugende Worte reicht es heute noch nicht.

Der VfL aus Bochum wird niemals untergeh’n.

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Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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