Der VfL zeigt zwei Gesichter in Berlin

Unser VfL holt in Berlin bei der Hertha einen Punkt. Der Big City Club, der vor der Spielzeit mit großen Ambitionen in die Saison gestartet war, kann somit auf Distanz gehalten werden. 

Verzichten musste der VfL auf Dauerbrenner Toto Losilla. Ein positiver Coronatest am letzten Wochenende verhinderte den Einsatz. Ihn ersetzte sein kongenialer Partner aus der Aufstiegssaison und eine Säule des Aufstiegs – Robert Tesche. Neben dem Franzosen fehlten ebenfalls noch Erhan Masovic und Eduard Löwen mit Corona. Letzterer wurde erst kurz vor dem Abschlusstraining positiv getestet. Insgesamt zeigte sich der VfL in leicht veränderter Grundformation – anstatt des bisher gespielten 4-3-3 ordnete sich unsere Elf eher in einem 4-2-3-1 mit einer Doppel-6 aus Elvis und Tesche und Asano auf der 10 an.

Foto: VfL Bochum 1848

Hertha BSC nicht so abwartend wie erwartet

Der VfL hatte nicht nur wegen des hohen Pressings der Hertha enorme Probleme ins Spiel zu kommen. Das Fehlen von Kapitän Losilla und das damit neuformierte „Herzstück“ machten sich deutlich bemerkbar: Vor der Viererkette passten die Abstände nicht, die Räume wurden unglücklich besetzt und die Zweikämpfe nicht angenommen. Asano wirkte in in der Spielmacher-Position oft verloren, Tesche spielte wie gewohnt aufbauende, gute Pässe, konnte aber durch seine fehlende Dynamik die unauffällige Präsenz von Losilla nicht ersetzen. Die Folge waren immer wieder große Lücken und Zuordnungsprobleme im zentralen Mittelfeld. Auch wenn einige von uns wahnsinnige Tesche-Fan-Boys sind, die Leistung gestern war schwach und wahrlich kein Bewerbungsschreiben. Auch das Genie aus Ostwestfalen wird älter.

Die Hertha war wahnsinnig dominant, auch mit einigen Aktionen im letzten Drittel, zwingende Torabschlüsse fehlten aber. So brauchte es für die Berliner einen Freistoß aus dem Halbfeld, den Belfodil in der 23. Minute ins Bochumer Tor für die Hertha verlängerte. Auch hier gab es bei der Zuordnung und den Abständen Steigerungsbedarf.

Neben der schwachen Leistung des VfL konnte man sich zur Halbzeit auch über die Leistung der Kommentatoren von DAZN aufregen. Sorgte der Streaming-Dienst schon unter der Woche für massiv negative Schlagzeilen mit der angekündigten Preiserhöhung auf 30 Euro, wunderte man sich gestern Abend schon das ein oder andere mal über die Lobhudelei über die Berliner. Ja, Hertha spielte ok – aber man bekam förmlich das Gefühl als würde da ein Barcelona von 2010 auf dem Platz stehen. Aber wir wissen ja alle – am Ende knallt die Peitsche. 

In Halbzeit zwei ändert sich nicht nur die Aufstellung

In der zweiten Halbzeit zeigte der VfL ein gänzlich anderes Gesicht. Nach einer Kabinenansprache, in der Trainer Thomas Reis anscheinend seiner Unzufriedenheit mit dem Gezeigten deutlich Ausdruck verlieh, und einem Doppelwechsel kam unsere Elf anders aus der Kabine. Polter kam für Asano ins Spiel, Osterhage ersetze Tesche im zentralen Mittelfeld. Damit änderte sich auch die Grundformation.

So formierte sich der VfL eher in einem 4-4-2 mit einer Doppelspitze aus Locadia und Polter, Pantovic und Holtmann auf den Flügeln. Der Zugriff war sofort ein anderer. So dauerte es auch nur drei Minuten bis Locadia und Polter in schöner Zusammenarbeit für den Ausgleich sorgten: schneller Abschlag von Manuel Riemann, rustikaler Einsatz von Polter, direkter Torabschluss Locadia, Polter mit dem Abstauber: 1:1! In der Folge stand der VfL stabiler, die Hertha hatte immer mehr Respekt vor einer Niederlage. Im weiteren Verlauf der zweiten Halbzeit zeigt sich der VfL dominant und ließ keine Druckphasen der Hertha zu. 

Foto: VfL Bochum 1848

Nicht nur der VfL ist diese Saison eine positive Überraschung

Eine der positiven Überraschungen ist immer mehr Patrick Osterhage. Bei einem Jugendspieler, der nach langer Verletzungspause von einer Zweitvertretung kommt, ist die Erwartungshaltung eine andere als bei anderen Verpflichtungen. Trotzdem weiß Osterhage immer mehr seine Qualitäten einzubringen. So sorgte seine Einwechslung maßgeblich dafür, dass wir mehr Stabilität ins zentrale Mittelfeld bekamen. Das Fehlen von Losilla und seine Omnipräsenz auf dem Platz konnten besser kompensiert werden als noch in der ersten Hälfte. Ein unscheinbarer, zurückhaltender Spieler, der uns noch viel Freude machen kann. 

Wir spielen eine tolle Saison, entwickeln immer mehr Stabilität und sind erfolgreicher als es sicherlich so mancher vor der Spielzeit erwartet hätte. Auf eine erste Halbzeit wie Freitagabend in Berlin findet man jetzt immer mehr Möglichkeiten um zu reagieren. 

Ein Blick auf die Tabelle verrät aber auch, wie verdammt wichtig jeder einzelne Punkt ist. Zwischen Rang 11 und Rang 17 liegen im Moment sieben Punkte. Zwei Spieltage können einen ganz nach unten drücken. Gerade mit Blick auf das kommende Wochenende, an dem man sicherlich nicht unbedingt Punkte gegen die Bayern einplanen sollte, ist auch ein Unentschieden gegen einen direkten Konkurrenten wertvoll, um sie auf Abstand zu halten. 

Stabiler Abend für unseren VfL – zufriedenstellend Ergebnis – mit  zwei Gesichtern unseres VfLs und einigen Erkenntnissen, die man für die weiteren Saisonverlauf mitnehmen kann. Weitermachen. 

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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