Ticketvergabe in Zeiten von COVID-19

Foto: David Matthäus Photografie

Der VfL hat am Dienstagnachmittag veröffentlicht, wie die Tickets für das Spiel gegen den FC Bayern München am kommenden Samstag verkauft werden. Das angestrebte Verfahren trieb aufgrund seiner Komplexität vielen Anhängern die Fragezeichen ins Gesicht und sorgte für viel Frust. Ein Kommentar.
Eigentlich – so dachte man zumindest – hat man langsam nach reichlich Diskussionen einen Modus gefunden, wie man mit der Kartenvergabe in der Corona-Situation umgeht. Erlaubte Zuschauerzahl abzüglich der benötigten Karten (Sponsoren, VIP, Mitarbeiter, Rollstuhl-Fahrer, Familien-Kontingent, etc.) – der Zahl wird im „First Come, First Serve“-Prinzip an die Dauerkarteninhaber verkauft. Ganz wichtig: Pro Nase gibt es eine Karte. Sicherlich auch eine Lösung mit Schwächen, aber am Ende des Tages die, mit der größten Akzeptanz und wenigsten Angriffsfläche in der Anhängerschaft.

„Häää?“ – nicht nur einmal hörte man also diese Reaktion im Lager der VfL-Fans, nachdem am Dienstagnachmittag seitens des Vereins die Info verschickt wurde, wie man bzgl. des Kartenverkaufs für das Spiel am Samstag gegen den FC Bayern vorgehen will. Überraschenderweise blieb man nicht beim bisher erprobten Verfahren. Drei verschiedene Tranchen – Stehplatz-Dauerkarteninhaber, Sitzplatz-Dauerkarteninhaber und Mitglieder ohne Dauerkarte – dazu nur 8.500 Zuschauer insgesamt, obwohl auf Bundesebene 10.000 Zuschauer zugelassen sind. Und zur Krönung: es können, nach Rücksprache mit dem Fan-Gremium, zwei Tickets pro Dauerkarteninhaber gekauft werden. Bietet man nun eine unnötige Angriffsfläche und befeuert erneut Diskussionen?

Fragen über Fragen

Es ist legitim, dass der Verein das Ticketvergabe-Verfahren so fair wie möglich gestalten möchte. Nur würde man sich als Fan wünschen, dass es eben deutlich mehr Erklärung von Vereinsseite gibt, wenn man von der bisherigen Best-Practice so weit abrückt. So schafft man keine Akzeptanz, sondern erhöht den Frust und das Unverständnis enorm. Fragen, die einem sofort in den Sinn kommen und die der Verein mit Veröffentlichung des Prozederes sofort hätte beantworten können:

  1. Warum rückt man vom bisherigen Verfahren der Vergabe der freien Tickets unter allen Dauerkarteninhabern im First Come – First Serve – Verfahren ab?
  2. Warum haben Mitglieder ohne Dauerkarte plötzlich wieder ein Vorkaufsrecht, bevor alle Dauerkarteninhaber versorgt sind?
  3. Warum sind wieder zwei Tickets pro Person möglich? Schafft man sich hier gerade zum Spiel gegen den FC Bayern kein Einfallstor für einen florierenden Schwarzmarkt mit abstrusen Preisen?

Die letzte Frage muss sich, versteht man die Mitteilung des VfL richtig, gerade das Fan-Gremium gefallen lassen. Für mich eine der unsinnigsten Entscheidungen seit langem. Den Gedanken dahinter kann man nachvollziehen, in der aktuellen Situation ist dieser jedoch schlicht und einfach nicht umsetzbar. Hart gesagt: Wenn ich ein Problem damit habe allein ins Stadion zu gehen, dann muss ich halt momentan zu Hause bleiben. In der aktuellen Situation erhöht die Vergabe von zwei Tickets pro Person nur das Frustrationslevel und erhöht das Risiko eines florierenden Schwarzmarkts.

Wir wollen hier keine Schuldzuweisung betreiben. Irgendjemand wird unter den aktuellen Umständen an jeder Vergabe etwas zu Meckern haben. Es gibt momentan sicher leichtere Jobs als die Vergabe von Tickets. Von allen Seiten wird aber auch an uns herangetragen, wie unzufrieden ein großer Teil der Anhängerschaft mit der gewählten Lösung für das kommende Spiel ist. Das wollen wir durch diesen Kommentar weitergeben und versuchen, eine möglichst große Transparenz und auch Akzeptanz für die Entscheidung zu schaffen. Wir haben daher beim VfL sowie im Fan-Gremium um Stellungnahmen zu den oben genannten Fragen gebeten.

Die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen leidet

Ein Punkt, für den der VfL nichts kann, den man aber genauso ansprechen muss, ist die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen. Nicht nur, dass man am Wochenende regelmäßig auf DAZN und Sky die vollen Stadien in unseren Nachbarländern sieht. Nein, man muss noch nicht einmal in die Ferne schauen: Warum beispielweise Rot-Weiß Essen in seinem deutlich kleineren Stadion am Wochenende vor den erlaubten 10.000 Zuschauern spielen darf, ist unverständlich. Jedes Gesundheitsamt auf lokaler Ebene entscheidet derzeit nach bestem Gewissen, so ist man in Bochum ein „Leidtragender“.

Man hätte durch eine rationale Erklärung eine größere Akzeptanz schaffen können, aus welchen Gründen Anne Castroper nur 8.500 Zuschauer erlaubt sind. Der Satz „Schachbrettmuster für Zweier-Pärchen“ ist hierfür nicht aussagekräftig genug. Warum dürfen nur genau 1.500 Leute auf die Ost?

Viel Gemecker – viel Frust – aber eigentlich der Wunsch nach deutlich offenerer und ausführlicher Erklärung und Kommunikation.

 

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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