Die Stimmung war am Tiefpunkt. Am 34. Spieltag, nach Abpfiff des Spiels von Union Berlin, war klar: Wir sind vom 14. noch auf den 16. Tabellenplatz gerutscht. War ich noch vor dem Relegationshinspiel gegen Düsseldorf optimistisch, dass der VfL zumindest das Heimspiel erfolgreich bestreitet, wich die Stimmung auch da nach den 90 Minuten einer gewissen Sprachlosigkeit. Emotionaler Rückblick Nummero 2.
Machen wir es kurz. Während man Philipp Hofmann’s Eigentor noch unter der Marke „Kacktor des Monats“ verbuchen konnte, konnte mit Christos Tzolis, der beste Düsseldorfer, schalten und walten wie er wollte. Der VfL war mit dem 3:0 noch gut bedient. Wie also sollte unser Verein bei der Fortuna aus Düsseldorf, die seit Februar kein Spiel mehr verloren hatte, gewinnen? Noch dazu mit drei Toren Unterschied? Nicht nur die Experten setzten keinen Pfifferling auf den VfL, auch viele VfL-Fans selbst hatten wenig bis gar keine Hoffnung mehr. Keven Schlotterbecks Aussage nach dem Hinspiel wurde belächelt. Auch unser Beitrag am Spieltag sollte etwas Optimismus verbreiten – Zweckoptimismus. An ein erfolgreiches Spiel plus Klassenerhalt habe ich ehrlich gesagt auch nicht glauben wollen.
Es wäre auch typisch VfL gewesen, den letzten Strohhalm, das letzte bisschen Resthoffnung, durch ein frühes Gegentor direkt zunichte zu machen. Falsch Gedacht. Nach Hofmann’s 1:0 schoss mir erstmal nur ein „immerhin für´s Rückspiel gut präsentiert“ durch den Kopf. Aber in der 66. Minute klingelte es dann ein zweites Mal im Gehäuse der Fortuna. Von da an merkte man vor dem Fernseher: Die Spieler von Düsseldorf hatten plötzlich Schiss und realisierten, dass das Ganze hier doch kein Selbstläufer wird. Vier Minuten später gab es den Handelfmeter durch den für mich sehr gut leitenden Referee Deniz Aytekin. Nicht ohne Grund wird Aytekin bei der Frage nach Deutschlands bestem Schiri an erster Stelle genannt. Klar, hier und da waren ein paar Entscheidungen sicherlich diskussionswürdig, aber allein die Ruhe, die er während des ganzen Spiels austrahlte, übertrug sich auch auf den VfL.
Nach dem 3:0 durch den Elfmeter von Stöger war es zwei Minuten später Takuma Asano, der beinahe kompletten Dammbruch einleitete. Aus meiner Sicht war klar spürbar, wie geschockt und lethargisch die Düsseldorfer Mannschaft war. Man sagte sich wohl unterbewusst ständig „nur nicht den 3:0-Vorsprung verspielen“ – am Ende passierte genau das. Man war wie gelähmt. Im Grunde kam Düsseldorf auch die restliche reguläre Spielzeit nicht mehr zu einer wirklichenTorchance. Auch in der Verlängerung wurde es erst in Spielminute 118 wieder richtig gefährlich – dann brannte es aber lichterloh. Dass ausgerechnet Noah Loosli, den manche ja schon bei der Verpflichtung abgeschrieben hatten, den entscheidenden Block macht, ist auch eine besondere Geschichte, die so nur der Fußball schreibt.
Von der geschlossen, tollen Mannschaftsleistung fiel meiner Meinung nach eigentlich nur Goncalo Paciencia etwas ab, der vielleicht auch die Erwartungen, den engagierten Auftritt Hofmanns adäquat zu ersetzen, dann nicht voll erfüllen konnte. Die Bindung zum Spiel fehlte augenscheinlich etwas. Dass er den ersten Elfmeter dann aber so humorlos versenkte – Respekt. Auch die Neuzugänge Felix Passlack und Maxi Wittek, die mancher im Laufe der Saison schon abgeschrieben hatten avancierten am Ende zu wahren Stützen des Klassenerhalts. Passlack bekam in den socialen Medien vom ein oder anderen Fan schon dispektierliche Spitznamen. Mittlerweile ist der Junge auf dem Weg zum Fanliebling.
Für dieses Spiel findet sich keine Superlative. Jeder hat damit gerechnet, dass es wieder in die zweite Liga geht. Nach Elversberg, nach Münster, nach Ulm. Von den Schalkern wieder geärgert zu werden – ganz besondere Grüße gehen raus an einen Streamer aus Herne. Kevin Stöger sagte nach dem Spiel: „Heute sind wir alle Helden“. Da braucht man keinen rausnehmen. Respekt an jeden einzelnen Spieler, an das Trainerteam – und vor allem an unsere positiv verrückten Fans. Wir haben es gemeinsam geschafft. Genau so ist es.
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