Die Kölner würden ihre Ziege schlachten…

Der VfL verliert sang- und klanglos mit 1-4 in Bremen und rutscht durch die Ergebnisse bei den anderen Spielen auf Rang 16 ab. Damit müssen wir in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf um den Verbleib in der Bundesliga kämpfen. Wut. Ärger. Leere. Eine emotionale Achterbahnfahrt. Der Versuch einer emotionalen Einordnung der Lage.

Ich bin froh, dass nicht gestern schon meine Gedanken zum Spiel in Bremen zusammengeschrieben habe. Hätte ich versucht, diese Emotionen zu kanalisieren, dabei wäre ein Text rausgekommen, bei dem mich viele danach gefragt hätte, ob denn bei mir so weit alles in Ordnung sei. Teil der aktiven Verarbeitung unserer Gruppe gestern lag darin, laut „Last Christmas“ trällernd mit musikalischer Begleitung über die Bluetooth-Lautsprecher durch den Bremer Hbf zu rennen. Anders als mit einer gewissen Prise Humor erträgt man diesen Verein nicht. Das Grinsen vieler Bremer war schon was fast verständnisvoll. Jetzt mit einem Tag Abstand ist die Gefühlslage nicht viel besser, zumindest kann ich aber deutlich besser die Gesamtlage für mich einordnen.

Es gab auf die Fresse. Ordentlich. Nicht nur, dass die Leistung der eigenen Mannschaft in Bremen unterirdisch war und niemand das ausstrahlte, was man bei einem All-in Spiel erwarten würde. Auch das, was auf den anderen Plätzen passierte, kostete wieder reichlich Lebensjahre vom Nervenkostüm. Hatte man irgendwann das „Interesse“ am eigenen Spiel verloren, spätestens nach dem 0-3, ging der gebannte Blick auf den Ticker und die manchmal funktionierenden Streams auf den Handys. Heiß. Kalt. Heiß. Kalt.  Allen voran beim Parallelspiel in Berlin wusste ich nicht wirklich wohin mit den Emotionen. Berlin geht in Führung. Kalt. Freiburg gleich aus. Heiß. Elfmeter Berlin. Kalt. Elfer gehalten. Heiß. Nachschuss drin. Kalt. Völlige Leere.

Das Resultat vieler Fehler

Das wir in die Relegation müssen, ist nun das Ergebnis einer Saison, in der am Ende doch mehr schief lief, als man es sich als kleiner Verein erlauben kann. Faktisch stehen wir mit Platz 16 genau da, was das Ranking in der Etat-Tabelle erwarten ließ. Warum man am Ende doch so enttäuscht ist? Weil deutlich mehr drin war. Hatte man zwischenzeitlich 10 Punkte Vorsprung zur Klippe, verspielte man diesen Puffer mit grandiosen Nicht-Leistungen nach dem famosen Sieg gegen die Bayern. Die Gründe hierfür? Vielfältig.

Die gescheiterte Idee der Dreierkette inklusive eines Kaders, der genau auf diese Idee zugeschnitten war. Folgend daraus Lücken im Spielmaterial, vor allem auf den Außen. Einem Trainer Thomas Letsch, der trotzdem viel aus dem Kader holte, aber in den entscheidenden Momenten eine gewisse Kritikresistenz zeigte. Einer Führung, die es im Winter verpasste, selbst für Laien offensichtliche Lücken im Kader zu schließen. Ob da nun ein Patrick Fabian und Marc Lettau daran Schuld sind oder am Ende sogar vielleicht der Aufsichtsrat, der nicht bereit war, ins Risiko zu gehen, sei mal dahingestellt und will ich als Außenstehender auch gar nicht beurteilen.

Die Fakten sprechen für sich. Wir sind mit das schwächste Team bei Ballbesitzzeiten in der gegnerischen Hälfte. Wir haben die zweitschlechteste Defensive der Liga. Wir gehören zu den schwächsten Teams beim Verteidigen von Standards. Wir kriegen massig Elfmeter gegen uns. Und das alles schon saisonübergreifend.

Auf und ab – hoch und runter

Wir erleben eine Saison der Ausschläge in alle Richtungen, in der vielleicht die eigene Position gefühlt zwischenzeitlich durch die extremen Ausschläge nach unten von anderen (Darmstadt, Köln, Mainz) besser schien, als sie in Wirklichkeit war. Doch langfristig gibt es eben eine Regression zur Mitte. Ich weiß, will keiner hören, aber generell haben wir als VfL Bochum in den letzten Jahren eine starke Überperformance erlebt. Der Aufstieg und zwei Mal die Klasse zu halten wären rein vom Budget her nicht drin gewesen. Geklappt hat es trotzdem.

Nach der Saison sollte es eine Analyse geben, was hier in diesem Jahr dafür gesorgt hat, dass die Saison so verlaufen ist wie sie eben verlaufen ist. Von einem möglichen Klassenerhalt sollte man sich dabei nicht blenden lassen, sondern im Sinne der Weiterentwicklung kritisch hinterfragen, was man besser machen kann. Kritik tut weh. Vor allem wenn man sich ggfs. selbst Fehler eingestehen muss. Aber – bitte frühstens in 8 Tagen damit starten.

Reißt euch zusammen

Wir haben zwei unfassbar wichtige Spiele vor uns. Wir sind immer noch der Erstligist und Favorit in diesen Spielen. Düsseldorf muss zu uns kommen. Ins Ruhrstadion. Und ich erwarte nicht weniger als das eine Stimmung erzeugt wird, in der es den Jungs vom Rhein „dünn durch die Hose laufen wird“ wie ein weiser Mann aus Holland mal meinte. In der Woche vor Hoffenheim war gefühlt auch Land unter anne Castroper. Das Ergebnis kennen wir alle. Irgendwie schafft es die Mannschaft in gewisser Regelmäßigkeit mit dem Messer am Hals einen rauszuhauen. Darauf hoffe ich diesmal wieder. Gestern schrieb jemand „Die Kölner würden ihre Ziege schlachten, um in der Situation zu sein, in der wir nun sind“ – und irgendwie hat er ja recht. Mir ist egal, wie scheiße, die Stimmung gerade ist. Am Donnerstag will ich die Castroper brennen sehen. Wir sind ein Faktor. Das haben genug Spieler der gegnerischen Mannschaften in Interviews nach den Spielen gesagt. Wer sein Maul nicht aufbekommt, soll einfach direkt zu Hause bleiben. Forza VfL.

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Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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