Bundesliga-Relegation: Wer wohnt schon in Düsseldorf?

Wer wohnt schon in Düsseldorf?
Foto: Sebastian Felsen

Der VfL Bochum schließt die Bundesliga auf dem 16. Tabellenplatz ab und begrüßt damit seine Fans zu zwei Bonus-Spielen in der Relegation. Mit Fortuna Düsseldorf wartet ein nicht sonderlich beliebter Gegner aus der Landeshauptstadt auf uns. Die Düsseldorfer durften sich zudem gedanklich bereits länger mit der Relegation beschäftigen. Was kann unser Gegner? Worauf gilt es zu Achten? Wie könnte der VfL die Fortuna knacken?


Dankbar darf man in diesem Jahr anne Castroper sein, dass seit nun mehr 16 Jahren der Drittletzte der Bundesliga eine Chance erhält, um gegen den Dritten der zweiten Bundesliga die Relegation zu bestreiten. Dass der VfL eine riesige Möglichkeit am letzten Spieltag vergeben hat, die Klasse direkt zu halten, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Keine tote Hose, eher volle Hose

Wir legen stattdessen das Augenmerk auf die kommenden zwei Spiele, die gegen einen unangenehmen Gegner über das (finanzielle) Wohl oder (emotionale) Übel der kommenden Spielzeit entscheiden. Bei einem Abstieg dürfte man nicht unbedingt als Favorit für einen Wiederaufstieg in Frage kommen. Dadurch gehen auch die Spieler mit der Bürde in die Relegation, etwas Verlieren zu können. Angst kann zum Problem werden. Unsere Mannschaft schien gegen Bremen gehemmt zu sein, ließ jedoch gegen Hoffenheim und bei Union Kampfkraft durchblitzen. Nur mit diesem Willen wird es gehen. Wenn gleich man diese Floskel nicht überstrapazieren sollte.

Manuel Riemann zeigt es an: Auf die rot-weißen müssen wir Acht geben! Der Torwart wird in der Relegation nicht mit dabei sein. Foto: Tim Kramer (VfL Bochum 1848)

Klare Struktur, fußballerische Qualität

Daniel Thioune hat in den vergangenen Jahren beim VfL Osnabrück, beim Hamburger SV und bei Fortuna Düsseldorf seine Handschrift konkretisiert. Eine im Zentrum variable Grundordnung mit doppelter Flügelbelegung. Die Grundformation steht grundsätzlich bei einem 4-2-3-1, verschiebt sich im Ballbesitz jedoch gerne zu einem 4-1-4-1, je nachdem, welcher Spielertyp auf der zweiten Position im zentralen Mittelfeld als Achter aufläuft.

Plan „V“: Eine mögliche Grundordnung bei Ballbesitz der Fortuna. Der blau markierte Raum wird die „heiße“ Zone, in der Tzolis, Klaus und die Mittelfeldspieler der Düsseldorfer enorm gefährlich sind. Entweder durch den eigenen Abschluss, vor allem wenn Johannesson oder Appelkamp auf dem Feld stehen auch außerhalb des Sechzehners. Oder durch Schüsse aus einem Dribbling beziehungsweise Steckpässe auf die Sturmspitze Vermeij. Der VfL reagiert mit jeweils vier möglichen Gegenspielern auf jeder Seite dieser Zone. Antwi-Adjei orientiert sich enger, um Passwege in den Halbraum von Tzolis abzuschneiden. Asano hält die Mitte für Umschaltsituationen.

Die Neuerung in dieser Saison liegt bei Düsseldorf in der offensiven Interpretation des linken Verteidigers. Seit Herbst nimmt mit Emmanuel Iyoha ein gelernter Stürmer diese Position ein und schiebt hoch an. Das liegt daran, dass die Fortuna mit Christos Tzolis einen der Topspieler der zweiten Liga auf dem linken, offensiven Flügel aufbieten. Der 22-jährige Grieche ist Leihspieler von Norwich City und verbuchte in 30 Liga-Spielen 22 Tore und 7 Vorlagen. Auf ihm ruhen bei der Fortuna nicht alle, aber viele, Offensivhoffnungen. Auf der rechten Seite agiert mit Felix Klaus ein erfahrener Mann, der für 6 Tore und 2 Vorlagen verantwortlich ist und mit seiner Kreativität den zielstrebigen Tzolis und den Sturm in Szene setzt.

Uns bekannte Asymmetrie in rot und weiß

Ähnlich wie der VfL unter Gertjan Verbeek agierte, nimmt Fortuna unter Thioune demnach die linke Seite in den Fokus, kann jedoch im Zentrum und über rechts variabel agieren und das Spiel aufziehen. Matthias Zimmermann ist nicht ganz der Spielertyp Stefano Celozzi, jedoch erfahren genug, um Spielsituationen richtig bewerten zu können. Die sehr gute Innenverteidigung, in welcher der gute Jamil Siebert verletzt ausfällt, wird von Yannik Engelhardt unterstützt, der eine herausragende Saison spielt und für die Balance zuständig ist. Neben ihm agiert zumeist mit Ao Tanaka der Spielgestalter aus der Tiefe. Vorne stand zuletzt mit Vincent Vermeij wieder ein Stoßstürmer, der innerhalb der Saison teilweise auf der Bank saß, als Thioune mit einer falschen Neun experimentierte.

Seine Schnelligkeit könnte jetzt gefragt sein: Christopher Antwi-Adjei. Foto: VfL Bochum 1848

Je nach Gegner und Interesse, lässt Thioune neben Engelhardt mit den talentierten und offensivstarken Shinta Appelkamp oder Isak Johannesson spielen; oder aber er setzt auf defensive Stabilität mit Fortuna-Urgestein Marcel Sobottka. Hier wird es spannend sein, ob Thioune in Bochum zunächst stabiler agieren lässt und auf Sobottka setzt oder die Schwächen des VfL aktiv und mutig attackieren lassen möchte. Ich gehe auswärts von Ersterem aus und sehe Appelkamp trotz sehr guter Leistungen in den letzten Spielen erst einmal auf der Bank.

Der Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld ist entscheidend

Heiko Butscher und sein Trainerteam haben zwei Optionen: Hoffen, dass unsere Jungs sich in der aktuellen Grundformation wohlfühlen und ein Spiel wie gegen die TSG Hoffenheim an den Tag legen. Oder er agiert und passt an. Sinn ergeben würde eine Spiegelung, um die inversen Flügel der Fortuna aufzunehmen und im Mittelfeld mit zwei Sechsern die Halbräume zu schließen, um die inversen Läufe zu unterbinden.

Demnach wäre die Rückkehr zu einer fluiden Grundordnung im 4-2-3-1 bzw. 4-3-3 möglicherweise sinnvoll, um Tzolis und Klaus die Luft zum Atmen zu nehmen. Darüber hinaus dämmt man die Abschlussstärke der Fortuna aus der zweiten Reihe ein, die mit Tzolis, Klaus, Tanaka sowie Appelkamp oder Johannesson jederzeit „abziehen“ können. Kontrolliertes und koordiniertes Herauslaufen und Abdecken des öffnenden Raumes ist ein Schlüssel, um Steckpässe auf Vermeij zu unterbinden.

Welches Personal macht für den VfL Sinn?

Die Nachricht, dass Manuel Riemann in der Relegation nicht berücksichtigt wird, schlug ein wie eine Bombe. Sein Vertreter wird Andreas Luthe sein, welcher der zuletzt arg verunsicherten Defensive hoffentlich Stabilität und Ruhe vermittelt. Die Viererkette bilden Bernardo, Keven Schlotterbeck, Ivan Ordets und Cristian Gamboa. Gerade Gamboa kann den wuchtigen Tzolis aufnehmen und den Halbraum gut verteidigen. Deswegen sehe ich ihn auch vor Felix Passlack, der vor seiner roten Karten dort gesetzt war.

Plan „f“: Der VfL wird im Ballbesitz beweglich. Vor allem aber ist man auf Ballgewinne und Umschaltsituationen aus. Durch die Linkslastigkeit der Düsseldorfer, bedingt durch den Offensivdrang von Iyoha, könnten hier Räume entstehen. Die Notwendigkeit diese zu schließen, bringt hoffentlich Bewegung in den Düsseldorfer Abwehrverbund und damit Räume für die schnellen und beweglichen Bochumer Spitzen. Bero spult ein enormes Laufpensum ab und zeigt erstmalig seine Tiefenläufe. Stöger übernimmt den Spielaufbau und sichert diese Tiefenläufe ab.

Neben Anthony Losilla spielt mit Matus Bero ein beweglicher Mann, der den rechten Halbraum verteidigt. Kevin Stöger bewegt sich entweder im Zehnerraum oder unterstützt im Halbraum. Wenn er sich rechts wohler fühlt, um lange Bälle zu schlagen, rückt Bero nach links. Auf den Außen agieren mit Maximilian Wittek und Christopher Antwi-Adjei unsere beiden schnellsten Flügel, um die Räume ausnutzen zu können. Gerade wenn Iyoha aufrückt, sollte dieser Raum bearbeitet werden. Im Angriff gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens Philipp Hofmann, wenn man davon ausgeht, oft den Ball zu haben.

Egal wie: Hauptsache rein. Takuma Asano als pressender Mittelstürmer. Foto: VfL Bochum 1848

Bevorzugen würde ich jedoch eine Überraschung für Thioune und würde als zweite Möglichkeit mit Takuma Asano einen schnellen Mann bringen. Laufen, beißen, aggressiv sein. Hier könnte die Fortuna in einem Entscheidungsspiel vor aufgeheizter Atmosphäre in Bochum ihre Probleme bekommen. Wir erwischen den Gegner so hoffentlich auf dem falschen Fuß und fahren mit einem Vorsprung an den Rhein.

Die taktische Marschroute

Der VfL agiert demnach so, wie man es von einem Underdog erwarten würde und nicht so, wie es der Bundesligist tun müsste. Damit holt man das Spiel auf ein Niveau, bei dem die Fortuna ihre Kreativität anstrengen und Überzahlsituationen schaffen muss. Hoffentlich so, dass der gelernte Stürmer Iyoha zu hochschiebt und sich zu große Lücken ergeben, die von Engelhardt geschlossen werden müssen.

Plan „L“: Die wahrscheinlichste Variante. Die Grundordnung wird minimal angepasst und verschiebt sich zu einer Viererkette. Vor der Abwehr hält Losilla die Stellung und wird als Kapitän, in Abwesenheit von Riemann, den Ton angeben. Bero schiebt hoch, kann durch sein Laufpensum jedoch Gamboa unterstützen, der vor allem defensiv den Raum hält und Asano sich möglichst offensiv entfalten lässt. Wittek und Asano bieten sich breit an, um die Abwehr auseinander zu ziehen. Zielspieler Hofmann wird aus dem Spiel vor allem von der linken Seite bedient. Je nach Spielverlauf kann Passlack mehr Offensivstärke auf die rechte Seite bringen.

Rund um den Sechzehner entsteht Raum für Kevin Stöger, der vermutlich ein hartes Spiel mit seinem Gegenüber Marcel Sobottka haben dürfte. Der FC Schalke 04 agierte taktisch ähnlich und konnte mit seiner Mittelfeldraute die behäbige Fortuna durchaus vor große Probleme stellen. Holstein Kiel erwartete den Gegner im 3-4-3, ähnlich unserer aktuellen Grundordnung, und konnte das Mittelfeld schließen. Beide Mannschaften sind nicht stärker als wir und haben, vor allem Schalke, dieselben Probleme. Wichtig ist am Ende schlussendlich die Bereitschaft jeden Zweikampf anzunehmen und die Konzentration über 90 Minuten hoch zu halten, um Fehler möglichst zu vermeiden oder seinen Nebenmann zu unterstützen, diese notfalls zu bereinigen.

Dreh- und Angelpunkt im Bochumer Spiel: Kevin Stöger. Foto: VfL Bochum 1848

Die Chance ist da. Greift sie!

Demnach wird es ein Relegationsspiel auf einem ähnlichen Niveau werden, bei dem es darum gehen wird, defensiv in den richtigen Abständen und koordiniert zu agieren. Demnach die Grundtugenden leben und mit Leben füllen. Nach vorne gilt es, die Breite des Platzes zu nutzen und die Fortuna mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Breit aufstellen, Einlaufen, Doppelpässe und in die Schnittstellen kommen. Das erhöht auch unsere Chancenverwertung vor dem Tor. Standards sind der zweite Weg, um zu Toren zu kommen. Die Fortuna ist nicht groß, wir haben durchaus gefährliche Spieler in den eigenen Reihen. Glück Auf!

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Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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