Glaubt man in Darmstadt noch an den Klassenerhalt?

Foto: Can Kilic

Heute steht für unseren VfL am Ostersonntag das fast schon richtungsweisende Spiel gegen den SV Darmstadt an. Holt man drei Punkte, macht man einen ganz großen Schritt Richtung Klassenerhalt. Verliert man, dürfte es im Abstiegskampf für uns nochmal deutlich spannender werden, als wir alle gehofft haben. Im Gespräch mit Stephan Köhnlein vom „Lilienblog

Wie ist zurzeit die Stimmung in Darmstadt?

Angesichts des Tabellenplatzes und der ’20-Spiele-sieglos-Serie‘ ziemlich ruhig und friedlich. Um das Augsburg-Spiel gab es Misstöne mit den Fans, das scheint aber zumindest vorerst ausgeräumt.

Glaubt man in Darmstadt noch an den Nicht-Abstieg?

Wenn man Spieler und Trainer fragt: ja. Im Umfeld und bei den Fans ist die Stimmung skeptischer. Es ist mit den Spielen gegen die direkte Konkurrenz im Tabellenkeller noch einiges möglich. Man müsste halt mal wieder gewinnen.

Wäre der SV Darmstadt auch mit Phillip Tietz auf Platz 18?

Die Mannschaft stünde wohl besser da, denn Tietz wurde nicht angemessen ersetzt. Von der Spielanlage hätte Fraser Hornby die Lücke füllen sollen. Der ist aber ständig verletzt und wird diese Saison voraussichtlich auch nicht mehr zum Einsatz kommen. Vor allem fehlt der Mannschaft aber ein Leader-Typ wie Tietz. Marcel Schuhen kann diese Rolle als Keeper allein nicht ausfüllen.

Im Angesicht des drohenden direkten Wiederabstiegs: Lieber so oder lieber eine Zweitligasaison im oberen Drittel mit vielen Siegen und gutem Spiel?

Eine zweite Liga mit Spielen gegen Schalke, Hertha, Hannover, Nürnberg, Kaiserslautern und wahrscheinlich auch wieder den Hamburger SV ist sicher nicht weniger reizvoll als Bundesliga-Spiele gegen Hoffenheim, Heidenheim, Wolfsburg, Augsburg oder – sorry – Bochum. Lieber wieder eine ordentliche Zweitliga-Spielzeit als noch einmal so eine Saison wie diese in der Bundesliga.

Ist man finanziell und mental in der Lage, direkt um den Wiederaufstieg mitzuspielen?

Schwer zu sagen. Der Verein hat über Jahre solide gewirtschaftet, ist aber sicher nicht reich. Die Frage ist, wie gut ein nötiger Neuaufbau im Kader gelingt. Das Mentale ist eine Wundertüte. Wie schnell es möglicherweise noch weiter nach unten gehen kann, sieht man gerade an Bielefeld.

Bleibt Torsten Lieberknecht auf dem Trainerstuhl oder ist ein frischer Impuls als Neuanfang sinnvoll?

Solange Lieberknecht die Mannschaft zusammenhält und es keine weiteren Zerfallsprozesse wie beim 0:6-Heimdebakel gegen Augsburg gibt, sitzt er fest im Sattel. Sein Vertrag hat ohnehin eine ziemlich aberwitzige Laufzeit bis 2027. Präsident Rüdiger Fritsch hat im Lilienblog-Interview im Winter explizit gesagt, dass er mit dem Trainer in die 2. Liga gehen würde. Eine Entlassung würde die Glaubwürdigkeit des Präsidiums zutiefst erschüttern.

Welche Spieler wagen im Sommer den nächsten Schritt und wechseln den Verein?

Marvin Mehlem ist der erste Kandidat. Er hat gezeigt, dass er Bundesliga kann. Zwar hat er noch einen Vertrag bis 2025, angeblich aber auch eine Ausstiegsklausel. Der Verein könnte so im Sommer noch eine Ablösesumme kassieren. Von den derzeit sieben Leihspielern im Kader haben sich vor allem Tim Skarke und Julian Justvan für die Bundesliga empfohlen.

Um welche Spieler baut man die Mannschaft für die kommende Saison auf?

Trotz der vielen auslaufenden Verträge gibt es ein Gerüst mit Spielern, die ihre Fähigkeiten bereits bewiesen haben. Dazu zählen Routiniers wie Marcel Schuhen, Fabian Holland, Christoph Zimmermann oder Tobias Kempe, dazu Spieler wie Christoph Klarer, Matej Maglica und Fabian Nürnberger, aber auch junge Hoffnungsträger wie Clemens Riedel, Fabio Torsiello und Oscar Vilhelmsson.

Auf welchen Spieler sollte die VfL Verteidigung ihre Konzentration richten?

Skarke ist der beste Torschütze und spielt eine starke Saison. Auch Justvan hat seine Offensivstärke ebenfalls bereits demonstriert.

Gibt es Spieler, die in der Saison positiv überraschen konnten?

Skarke, Justvan und Mehlem.

In welcher Verfassung ist Gerrit Holtmann aktuell? Konnte er sich bereits in der neuen, alten Heimat akklimatisieren?

Holtmann hat ein gutes Debüt gegen Leverkusen gegeben, sich dabei aber eine Oberschenkelverletzung zugezogen, die ihn mehrere Wochen außer Gefecht setzte. Danach mit Licht und Schatten. Wirklich angekommen ist er noch nicht.

Wie haben sich die anderen zwei Winterneuzugänge, Sebastian Polter und Julian Justvan, bisher präsentiert?

Polter ist der große und kopfballstarke Spieler, der den Lilien die gesamte Hinrunde nach dem Tietz-Abgang und dem Hornby-Ausfall gefehlt hat. Er war aber nach seiner Leistenoperation im Dezember zunächst nicht komplett fit, kam die vergangenen zwei Partien nur von der Bank, bislang nur ein Assist. Justvan gefällt dagegen ist aggressiv, spielstark und hat schon zwei Tore erzielt.

Was sind deine Erwartungen für das Duell gegen den VfL?

Ein Kampfspiel, die Nerven spielen womöglich auch eine Rolle. Der höhere Druck liegt bei Darmstadt, das unbedingt gewinnen muss, um seine Chancen zumindest auf die Relegation zu wahren.

Dein Tipp fürs Spiel?

Ein parteiischer Hausfrauen-Tipp: 2:1 für Darmstadt durch Tore von Holtmann und Polter.

Zum Lilienblog und meiner Person

Der „Lilienblog“ ist ein unabhängiges, journalistisches Medium zum SV Darmstadt 98, das seit Herbst 2018 online ist. Ich bin einer der Gründer und habe davor viele Jahre als Redakteur, Ressortleiter und Auslandskorrespondent vor allem für Nachrichtenagenturen gearbeitet.

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Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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