Bochumer Festung zerdrückt Berliner Union

Ein bockstarker Abschied aus dem Heimspieljahr 2023

Was hat der VfL Bochum Real Madrid voraus? Die Fähigkeit, bei drei geschossenen Toren gegen Union Berlin die Null zu halten. Nach 94 gespielten Minuten flimmerte ein prachtvoll fettes Ergebnis auf der Videotafel: 3:0. Dieser Heimsieg macht Bock auf mehr und lässt uns mit breiter Brust nach Leverkusen fahren.

Samstagabend, 17:30, Castroper Straße 145 in 44791 Bochum. „Sieg!“. „Oh, wie is dat schön!“. „Zweite Liga – nie mehr, nie mehr, nie mehr!“. Es brauchte keine große Auffassungsgabe, um zu begreifen, dass der VfL im letzten Heimspiel der Hinrunde einen saftigen Auftritt hingelegt hat

Vor Anpfiff war ich skeptisch. Eigentlich kann man die Heimspiele in Bochum mental meist mit Optimismus angehen. Dennoch musste ich an unsere nicht allzu erfreuliche Leistung in Hoffenheim und die starken letzten Auftritte von Union Berlin denken. Unter Regie des neuen Coachs Nenad Bjelica erspielten die Eisernen gute Ergebnisse. In der Bundesliga einen souveränen 3:1 Sieg gegen Borussia Mönchengladbach, international ein respektables 2:3 gegen Real Madrid. Ein ansehnlicher Anstieg der Formkurve nach der bis dahin verkorksten Saison. Der sein Ende ‚anne Castroper‘ finden sollte. Denn: gegen Bochum kann man mal verlieren!

Stabile Zahlen – stabiles Ergbenis

22:9 Schüsse, 7:2 Torschüsse, 3:0 Tore – soweit die relevante Statistik. Thomas Letsch schickte ein ‚4-3-3‘ auf den Platz. Dabei ersetzte Tim Oermann den verletzten Erhan Masovic in der Innenverteidigung. Bernardo verdrängte Maximilian Wittek als Linksverteidiger und Keven Schlotterbeck kehrte nach abgesessener Gelbsperre zurück. Patrick Osterhage bespielte das defensive Mittelfeld, Anthony Losilla als ‚Achter‘ die Zentrale und Kevin Stöger die ‚Zehn‘ im offensiven Mittelfeld. Takuma Asano besetzte den rechten Flügel, Christopher ‚Jimmy‘ Antwi-Adjei die linke Außenbahn und Goncalo Paciencia die Sturmspitze.

In der ersten Halbzeit erfolgte das Bochumer Angriffsspiel überwiegend über die linke Seite. Ein hochmotivierter Antwi-Adjei lief wieder und wieder an. Mit aggressiven Sprints, Übersteigern und Flanken versuchte er sein Glück. Trotz des Übergewichts der linken Seite verdübelte Kevin Stöger die erste Großchance jedoch nach einer Flanke von rechts, die er aus kürzester Distanz am Kasten vorbei köpfte.

Gab auf der linken Seite unermüdlich Vollgas – Christopher Antwi-Adjei. Foto: VfL Bochum

Es brauchte 49 Minuten bis unsere Jungs in der ersten Halbzeit die Führung erzielten. Takuma Asano knallte die Kugel aus kurzer Distanz unhaltbar ins Netz, nachdem ihm Bernardos abgeblockter Kopfball vor die Füße fiel. Dabei kam ihm sicherlich die getankte Energie zugute, die er durch ein Stück Schokolade zu sich nahm, welches die Fans aus Köpenick im Zuge des Protests gegen die DFL-Investoren-Abstimmung auf den Platz warfen. Neun Minuten nach der Halbzeitpause erzielte Paciencia sein drittes Saisontor. Der erneut auf dem linken Flügel durchstartende Antwi-Adjei legte den Ball quer in den Sechzehner. Von dort vollstreckte unser Neuner ins linke Toreck. In der 77. Minute zogen die Finger von Schiedsrichter Sven Jablonski das umstrittene virtuelle Rechteck durch die Luft und zeigten dann auf den Elfmeterpunkt. Zuvor checkte er eine Angriffssituation auf seinem VAR-Bildschirm. Unions Verteidiger Diogo Leite räumte Matus Bero im Strafraum einen Schnuff zu aggressiv ab. Den folgerichtigen Elfmeter verwandelte Stöger lässig. Weitere (Groß-)Chancen von Moritz Broschinski und Asano blieben ungenutzt, sodass gut und gerne mehr als drei Buden hätten fallen können. Die wenigen gefährlichen Offensivaktionen der Unioner wurden von einer solide reagierenden Defensivkette verteidigt. Insgesamt war der Sieg zu keinem Zeitpunkt in realistischer Gefahr.

Kollektiv und individuell stark

Für mich persönlich waren Schlotterbeck, Antwi-Adjei, Stöger und Paciencia die Gesichter des Erfolgs. Mehrmals bin ich, vor aggressiver Begeisterung brüllend, aufgesprungen als Schlotterbeck die Angriffsversuche der Berliner mit brachialen Grätschen im Keim erstickte. Dafür dass ‚Jimmy‘ sich trotz gelegentlich unglücklicher Entscheidungen in seinen Spielsituationen nicht hängen ließ, konnte er sich selbst durch seinen Assist zum 2:0 belohnen. Stöger zeigte sich mit starken Pässen als treibende Kraft in der Zentrale und krönte seinen Auftritt mit seinem Elfmetertor. Auch wenn der Ball ihm bei seinem Tor vielleicht glücklich schräg vom Schlappen sprang, erspielte Paciencia 208 Punkte bei ‚Kickbase‘ und bot einen kernigen Auftritt auf dem Pinn – der meiner Meinung nach mit weiteren Startelfeinsätzen gewürdigt werden sollte. Alles in allem war es aber die heute gut funktionierende Mannschaft, die den Erfolg einbrachte.

Führte seine gut aufeinander abgestimmte Mannschaft als Kapitän zum Sieg -Toto Losilla. Foto: VfL Bochum 1848

Thomas Letsch bringt es auf den Punkt. „Dass wir kicken können, hat jeder gesehen“. Unions Trainer Bjelica gesteht sich und seinem Verein die Bochumer Überlegenheit ein. „Sie waren einfach schneller, aggressiver, sie waren immer schneller am Ball und zweikampfstark“.

Das sind geil zu lesende Zeilen. Balsam für die oft verunsicherte Bochumer Seele. Und das aus dem Mund eines Trainers, dessen Truppe vergangene Woche noch guten Fußball in der Champions League spielte. Endlich ist es dem VfL gelungen, ein Heimspiel in einer Höhe zu gewinnen, die Spaß macht. Dass im Ruhrstadion schon ab der 85. Minute in voller Lautstärke siegessichere Lieder und Sprechchöre rausgehauen wurden spricht dafür, dass ich nicht der einzige bin, dem dieser Heimsieg verdammt gut tut.

Was ist in Leverkusen drin?

Am Mittwochabend steht das letzte Spiel im Kalenderjahr 2023 an. Auswärts bei Bayer Leverkusen. Der Mannschaft der Stunde. Wenn nicht sogar der Mannschaft der bisherigen Saison. Wettbewerbsübergreifend haben Xabi Alonso und sein spielstarker Trupp bisher noch keine einzige Niederlage schlucken müssen.

Aber: Ist Leverkusens Serie eine Wurst? Nein. Also muss auch sie ein Ende haben. Warum nicht am kommenden Mittwoch? Einige tausend Fußballbegeisterte werden sich im Zug oder über die A1 aus Bochum auf den Weg machen, um den VfL nach vorne zu peitschen. Flutlicht, eine kurze Anreise, ein euphorisierter Auswärtsmob – beste Voraussetzungen für einen erkämpften Überraschungssieg als Underdog.

Zamma her die Sensation!

 

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Written by Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 32 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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