Wer spielt schon im Camp Nou? Das Ruhrstadion in „EA Sports FC 24“

Das Ruhrstadion ist ab sofort im EA Sports Ableger EA FC integriert. Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)
Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)

Am Nachmittag des achten Septembers erreichte mich ein simpler Screenshot in einer meiner WhatsApp-Gruppen. Demzufolge gaben die e-Sports-Abteilung unseres VfL und der Videospielentwickler „EA Sports“ bekannt, dass der kommende Ableger der bis dato als „FIFA“ bekannten Spielreihe das original eingescannte Ruhrstadion enthalten wird. Vermutlich für viele Interessierte eine semi-bedeutungsvolle Randnotiz – für mich hingegen der Auslöser eines euphorisch angenehm warmen Brennens im Brustbereich und das Ende einer langen Wartezeit.

Ein Gastbeitrag von Lennart Markmann

Im Alter von neun Jahren sprang ich im Milleniumjahr 2000, seinerzeit begeisterter „Bravo Sport“-Leser, auf den jährlich neu abfahrenden Zug der 1993 gegründeten „FIFA“-Reihe auf. Anfangs mit stockendem Windows am PC – im Laufe der Folgejahre an verschiedenen Konsolen. Die geschenkte Karte eines Bekannten ermöglichte mir am 19.02.2005, das Geschehen im Ruhrstadion erstmals, in der Ostkurve stehend, live erleben zu dürfen. Drei herausragend erspielte Tore von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten für eine punktlose Rückreise des Sportclubs aus Freiburg und eine präsente, sich langfristig etablierende Platzierung des VfL aus Bochum in meinem Herzen und Freizeitalltag.

Spielmacher Zvjezdan Misimovic. Foto: Степиньш Ольга [CC BY-SA 3.0GFDL, CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Dass das seit 2005 existierende Fan-Dasein eine emotional hochanspruchsvolle Herausforderung darstellt, erschließt sich wohl allen VfL-Anhängern selbstredend. Der Abstieg in die zweite Bundesliga (2010), der beinahe weiterreichende Abgang in Liga drei (2014) und der nach so manch grau-trister Saison lang ersehnte Wiederaufstieg in das Oberhaus (2021) nahmen einigen Haarwurzeln den Farbton.

Daheim ist es doch am Schönsten!

Aller Anstrengung und Geduld zum Trotz blieb für mich in der Summe stets ein gutes Gefühl. Das Treffen altbekannt loyaler Gesichter am Hauptbahnhof oder Lohring, der Fußweg entlang der Castroper Straße in Richtung Kirmesplatz und das permanent auftretende Bauchkribbeln beim Erblicken des frisch gemähten Grüns nach dem Erklimmen der letzten Treppenstufen des Blockaufgangs – diese Aspekte  vermittelten mir zu jedem Zeitpunkt: Du bist Zuhause! An keinem anderen Platz auf der Erde stellen schlicht symmetrisch angeordnete Betondachträger für mich einen ähnlich ästhetisch behafteten Baustil dar. An keinem anderen Ausschank warte ich gerne acht Minuten auf ein Bier, was den Eichstrich manchmal nur in Wembley-Tor-Manier erreicht.

Im Wohnzimmer ist es doch am schönsten. Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)

Die Vorstellung, die mit dem Ruhrstadion assoziierten Emotionen ab dem 22.09. auch nach einem langen Arbeitstag in Jogginghose mit Controller auf der Couch fühlen zu dürfen, erfüllt mich. Zwar uriniere ich zuhause in der Halbzeit des Spiels nicht stehend an eine Fliesenwand und gegebenenfalls freue ich mich weniger laut über eine gelungen aggressive Grätsche, die dem hohen Gegenpressing der neu formierten Spielidee unseres Trainers entspringt  – dennoch erhoffe ich mir eine prächtige Heimspielatmosphäre in den eigenen vier Wänden.

Digitale Lust auf den VfL

Ergänzend habe ich große Lust, dank des im letzten Jahres integrierten „Powerschusses“ mit der linken Granate von Kevin Stögers original eingescannter Spielfigur einen Roberto Carlos nahekommenden Gewalthammer halbhoch im rechten Knick zu versenken.

Solche Choreographien gibt es aber weiterhin nur am Spieltag live im Stadion!

Alternativ macht mir auch die Vorstellung Spaß, eine präzise getretene Ecke mit einem wuchtigen Kopfball von Ivan Ordets in das lange Eck zu verlängern, anschließend per Controllersteuerung in Richtung Block A zu laufen und dort im Stile Cristiano Ronaldos ein inbrünstiges „Suuuiii“ ins Rund zu schreien. Vielleicht singe ich leise mit, sobald Herbert Grönemeyer vor Anpfiff des für mich relevanten Saisonaufstiegsspiels die tief im Westen verstaubende Sonne mittels epischen Gesangs durch mein südlich ausgerichtetes Fenster scheinen lässt und ganz sicher wird die erste auf dem Transfermarkt erscheinende „In-Form-Karte“ eines Bochumer Jungen einen Platz in meinem „Ultimate Team“ finden.

Unser Schmuckkästchen im digitalen Kosmos

Für mich ist klar: „EA Sports“ hat nicht einfach nur irgendein weiteres Stadion integriert – hier wurde ein historisch emotionaler Meilenstein gesetzt und eine neue Dimension von atmosphärischem Mehrwert geschaffen. Während der große FC Barcelona seine Heimspiele auf der Konsole weiterhin in einer nicht originalgetreuen Nachbildung austragen muss, kann der VfL seine Fußstapfen von nun an auch im virtuellen Kontext detailgetreu an der Castroper Straße 145 in 44791 Bochum hinterlassen.

Ich habe zwar weder einen Schrebergarten, noch eine Laube – allerdings habe ich mein emotionales Wohnzimmer bald auch in meinem tatsächlichen Wohnzimmer.

Glück auf!

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Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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