Matus Bero – das fehlende Puzzlestück im Mittelfeld?

Hat Bochum doch bereits den Losilla-Ersatz gefunden?

Foto: VfL Bochum 1848 e.V.

Ende Juni stellte der VfL einen Neuzugang vor, den Thomas Letsch bestens kennt: Matus Bero kommt von Letsch‘ Ex-Verein Vitesse Arnheim ablösefrei an die Castroper. Er hat schon über 300 Spiele für seine Vereine und 26 Nationalspiele für die Slowakei vorzuweisen. Wir stellen euch den zweiten Slowaken der Vereinsgeschichte nach Stanislav Sestak vor.

Werdegang (von Matthias Rauh)

Matus Bero wurde am 6. September 1995 in Ilava, einer Kleinstadt im Nordwesten der Slowakei, geboren. Beim Verein AS Trencin, bei dem er seine ersten fußballerischen Schritte unternahm, kam er auch zu seinem Profidebüt – im Alter von 17 Jahren am 21. Juli 2013 beim Auswärtsspiel bei Spartak Trnava. Bero eroberte sich schnell einen Stammplatz auf der Doppelsechs und feierte am Ende der Saison die Vizemeisterschaft. Auch für die Jugendnationalmannschaften der Slowakei war Bero regelmäßiger Auswahlspieler. Ein bekannter Mannschaftskollege war übrigens der heutige PSG-Verteidiger Milan Skriniar.

Erfolge in der Slowakei

In der Folgesaison feierte Bero das Double aus Meisterschaft und Pokal. Die Tatsache, dass Trencin eine exzelltente Jugendarbeit hat – mit Stanislav Lobotka stammt ein weiter starker Mittelfeldspieler aus ihrer Akademie – der Verein dem ehemaligen niederländischen Nationalspielers Tscheu La Ling seit 2007 gehört sowie immer wieder niederländische Spieler im Kader stehen brachte dem Club den Spitznamen „slowakisches Ajax“ ein.

Auch in der darauf folgenden Saison verteidigte Bero mit Trencin das Double. Bero hatte daran mit 15 Treffern und acht Vorlagen einen gewichtigen Anteil. Nur Teamkollege Gino van Kessel mit 17 Toren und acht Vorlagen war noch erfolgreicher. Im Winter verkaufte Trencin mit Wesley das größte Sturmtalent aus der Mannschaft für 4,2 Millionen an den FC Brügge – ein paar Jahre später verfünffachte Wesley seine Transfersumme, als er für 25 Millionen Euro von Brügge zu Aston Villa ging.

Nationalmannschaft und Zeit in der Türkei

Beros Leistungen für den slowakischen Spitzenclub blieben dem Nationaltrainer Jan Kozak nicht verborgen. Am 27. Mai 2016 nominierte er Bero erstmals für die A-Nationalmannschaft gegen Georgien. Nach fünf Minuten trug sich Bero gleich in die Scorerliste ein als er das frühe 1:0 für Kollege Adam Nemec auflegte (Endstand 3:1). Beim Test zwei Tage später gegen Deutschland kam Bero nicht zum Einsatz und wurde aus dem vorläufigen Kader von Jan Kozak gestrichen. Sicher im Alter von 21 Jahren für Bero noch verschmerzbar, auch wenn das ein frühes Highlight für ihn gewesen wäre. Ohne Bero überstand die Slowakei die Gruppenphase bei der Euro 2016, ehe sie im Achtelfinale an Deutschland scheiterte.

Von der Slowakei ging es für Bero in die Türkei. Trabzonspor holte den jungen Slowaken für rund 2,5 Millionen Euro. Dort wurde er auch offensiv auf der linken und rechten Außenbahn eingesetzt. Seine Bilanz nach 23 Spielen: Zwei Tore, zwei Vorlagen. Für die U21-Nationalmannschaft kam Bero zum Einsatz. Bei der Europameisterschaft in Polen gewann Bero mit der slowakischen Juniorennationalmannschaft gegen Gastgeber Polen und Schweden, verlor allerdings gegen England. Da sich damals nur der Gruppensieger qualifizierte, war nach der Vorrunde Schluss. Europameister wurde am Ende übrigens Deutschland mit einem 1:0 gegen Spanien.

In der Folgesaison kam Bero auch verletzungsbedingt nur auf 15 Einsätze für Trabzonspor. Da gleichzeitig der Ex-Verein Trencin gegen Trabzonspor klagte, da diese die vereinbarte Transfersumme nicht überwiesen haben, wurden die Türken mit einer Transfersperre belegt. Bero wechselte darauf für rund 1,7 Millionen Euro in die Niederlande zu Vitesse Arnheim.

Arnheim und das erste Aufeinandertreffen mit Thomas Letsch

In seiner Premierensaison in den Niederlanden erzielte Bero neun Treffer und drei Vorlagen und landete mit Vitesse auf dem 5. Tabellenplatz. In der darauffolgenden Saison kam Bero auf 22 Einsätze, bei denen er drei Treffer erzielte, eher die Saison aufgrund der Corona-Pandemie Mitte März abgebrochen wurde.

Zu Beginn der neuen Saison wurde Thomas Letsch als Trainer von Vitesse vorgestellt. Bero nahm nun den defensiveren Part im Mittelfeld zusammen mit Trondstad ein und erreichte mit Vitesse am Ende der Saison einen sensationellen vierten Platz. „Schuld“ daran war auch die Treffsicherheit zweier Stürmer: Louis Openda, damals Leihspieler von Brügge und heute Neu-Leipziger sowie Chelsea-Leihgabe Armando Broja, die je auf 10 Treffer kamen. Außerdem erreichte Letsch mit Vitesse ins Pokalfinale und verlor dort gegen Ajax (1:2) – wie schon zwei Tage zuvor beim letzten Ligaspiel. Für die darauffolgende Europameisterschaft wurde Bero allerdings, wie schon 2016, nicht nominiert. Mit Hamsik, Lobotka, Kucka, Hromada und jetzt-Hamburger Benes sah der slowakische Nationaltrainer das Zentrum qualitativ auch ohne Bero als gut besetzt an.

In der Saison 2021/22 sorgte Vitesse auch international für Aufsehen. Bero kam mit dem niederländischen Club bis ins Conference-League-Achtelfinale, nachdem zuvor in der Gruppenphase Tottenham und in der Zwischenrunde Rapid Wien ausgeschaltet wurden. Lediglich gegen den späteren Sieger AS Rom schied Vitesse extrem unglücklich durch ein Tor in der Nachspielzeit aus.  In der Liga landete Vitesse auf Platz 6 und konnte sich nicht erneut für Europa qualifizieren.

In der darauffolgenden Saison wurde Bero zum Kapitän von Vitesse gewählt. Auch für die Nationalmannschaft erzielte Bero seinen ersten Treffer – bei der 2:1-Niederlage in Kasachstan. Nach einem schleppenden Start und dem Trainerwechsel von Letsch zu Philipp Cocu landete Vitesse am Ende der Saison auf Platz 10. Bero war mit fünf Treffern zweitbester Torschütze.

Den auslaufenden Vertrag bei Vitesse verlängerte Bero nicht. Er unterschrieb beim VfL aus Bochum einen Vertrag bis 2026. Unser Verein setzte sich dabei gegen andere Mitbewerber wie Birmingham City durch.

Individualtaktische Analyse – Balance statt Offensivdrang (von Tobias Wagner)

Die Highlight-Videos auf Youtube und die Spieleranalyse der WAZ betonen insbesondere den Offensivdrang und das starke hohe Pressing unseres Slowaken. Auch durch die Einordnung seines Weggefährten Thomas Letsch wurde diese Erwartungshaltung bestätigt.

„Einen zweiten Toto gibt es nicht. Wir haben deshalb den Gedanken verworfen, einen klassischen Sechser und eine Art Ersatz für ihn zu verpflichten. Den Spieler, den wir gesucht haben, den haben wir entweder nicht gefunden oder nicht bekommen.“
Thomas Letsch gegenüber Tief im Westen – Das VfL-Magazin

Um so mehr war ich in den Testspielen überrascht, ihn häufig in einer sehr balancierenden Rolle zu sehen. Beim Test gegen den SC Verl verteidigte er in der ersten Hälfte neben Stöger, der wie gewohnt sehr weiträumig anlief. Bero hielt das Zentrum und konnte durch seine Positionierung stets die gefährlichen Räume abdecken. Offensiv trat er erst in den letzten 5 Minuten in Erscheinung, wo er jedoch sehr gutes Timing bei seinen Läufen bewies.

Gegen Fortuna Düsseldorf spielte er in der ersten Hälfte auf der Doppelsechs neben Losilla. Zu Beginn konnte er direkt mit einem hohen Ballgewinn auf sich aufmerksam machen. Insgesamt jedoch war er erneut eher diszipliniert mit dem Fokus auf das defensive Zentrum. Im Ballbesitz trat er erneut wenig in Erscheinung und half eher Passwege für die Halbverteidiger zu öffnen, um Pässe direkt in die nächste Linie auf Daschner und Tutu zu spielen, die versuchten, diese ins letzte Drittel zu transportieren.

Im Test gegen Spezia Calcia spielte er wieder auf der Doppelsechs neben Losilla. Da Stöger neben ihm spielte und sich wie gewohnt sehr umtriebig zeigte, fokussierte sich Bero erneut eher auf die Sicherung der Konterräume. So erlaubte er Gamboa und selbst Toto mehr offensive Freiräume.

Nur gegen Parma Calcio verlor Bero zeitweise die Kontrolle über den Raum vor der Abwehr. Er spielte als rechter Sechser neben Losilla, mit Daschner als sehr mobilem Zehner davor. Da Passlack im Ballbesitz häufig im Zehnerraum einrückte, waren die Räume vor Bero sehr voll, während neben ihm viel Raum war. Er hielt trotzdem das Zentrum, so dass bei Verlagerungen Gamboa, Daschner, Passlack und Ordets alle gleichzeitig in diesen Raum stießen. Hier hätte Bero eher Ordets‘ Herausrücken absichern können.

Das Pokalspiel gegen Bielefeld zeigte dann die ganze Bandbreite und den Wert unseres Neuzugangs. Nach seiner Einwechslung für Daschner spielte er Zehner und erhöhte sofort den Druck unseres Pressings und bot zwei extrem gute Läufe an die Strafraumkanten an. Als er später neben Stöger zurückgerufen wurde, hielt er den Laden erneut zusammen.

Zusammenfassend nahm Matus Bero bisher oft eine erstaunlich konservative und defensive Rolle ein. Neben Losilla spielte er nicht deutlich offensiver als der Franzose, neben Stöger ist er klar der Anker im Zentrum. Der Spielaufbau geht noch weitgehend an ihm vorbei, doch sein Stellungsspiel weist bereits große Ähnlichkeit zu Totos Auslegung der defensiven Sechserrolle auf. Auch in der offensiven Rolle gegen Bielefeld überzeugte er sehr. Da Stöger und Losilla erstmal gesetzt sind, wäre dies auch die Möglichkeit, sich sofort in die Stammformation zu spielen. Da er in dieser Rolle mit sehr guten Timing und präzisen Tacklings beim Herausrücken im Pressing sowie seinen nachstoßenden Läufen viele Facetten des Achters bzw. des „jungen“ Losillas zeigt, kann man ihn durchaus als „Nachfolger“ des Franzosen sehen. Offensiv ist er voraussichtlich sogar noch stärker.

Die Tatsache, dass er in Arnheim zeitweise Kapitän wär und somit auch Führungsverantwortung übernimmt passt in dieses Bild. Hat Letsch uns etwa angeflunkert, als er sagte dass man es aufgegeben habe, eine Art Ersatz für Toto zu finden?

Einordnung aus Datensicht – von Daniel Zeuthen

Matus Bero im Vergleich – Daten: Wyscout

Aus Datensicht überzeugte Matus Bero bei Vitesse Arnheim vor allem im Offensivspiel. Dort kann er sowohl gut mit kreativen Pässen Szenen seine Mitspieler einleiten, den Ball über raumgewinnende Läufe und Dribblings durch das Zentrum voran treiben, als auch mit einer hohen Präsenz in der gegnerischen Box selbst Torgefahr erzeugen. Dieses Spielerprofil fehlte dem VfL Bochum bis hierhin, und ermöglicht somit eine weitere taktische Facette.

Mit seiner hohen Laufbereitschaft von laut Thomas Letsch gut 12km pro Spiel trägt er auch defensiv stark bei. Die obenstehenden eher durchschnittlichen Defensivdaten hat er überwiegend auf der Zehnerposition erzielt, wo er im reinen Vergleich mit anderen Zehnern sogar sehr starke Werte aufweisen konnte.

Als Rechtsfuß passt dieses Profil perfekt als zweiter Achter zu den wohl gesetzten Anthony Losilla auf der Sechs und Kevin Stöger auf der linken Acht, der mehr Bälle in tieferen Positionen an sich zieht und Matus Beros Offensivläufe bedienen kann. Somit scheint Bero im Zentrum alle Rollen einnehmen zu können. Als Achter, Zehner, oder balancierender Sechser.

Das macht ihn nicht nur für Claudio Gentile, sondern auch für mich zu einem sehr spannenden Spieler, der eine sehr wichtige Rolle für den VfL Bochum im Verlauf dieser Saison einnehmen könnte.

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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