Robert Zulj ist Geschichte beim VfL Bochum. Der österreichische Spielmacher war das Herz und die Seele unserer Offensive in der abgelaufenen Saison. In 31 Ligaspielen war er an 30 Toren direkt beteiligt, bei vielen weiteren lieferte er den vorletzten Pass. Wie also schafft der VfL diesen Verlust im Angriff personell zu ersetzen? Wir von einsachtvieracht präsentieren euch einige Kandidaten, die in der kommenden Saison in seine Rolle schlüpfen könnten.
Robert Zulj war in der abgelaufenen Saison omnipräsent in unserer Offensive. An nahezu allen offensiven Aktionen war er entweder direkt oder indirekt beteiligt. Er allein hat mehr Tore geschossen und vorbereitet als alle offensiven Flügelspieler gemeinsam. Da der VfL keine große Ablöse kassiert hat und auch sonst finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, wird es schwer einen 1:1 Ersatz auf den Markt zu finden. Vielmehr muss man seine Fähigkeiten als Mannschaft kompensieren. In unserem vorangegangenen Artikel haben wir beleuchtet, wie man taktisch den Abgang kompensieren könnte. Diesmal wollten wir uns personellen Alternativen widmen. Ziel muss es sein, sowohl die Torgefahr als auch seine Qualitäten als Vorlagengeber zu ersetzen. Um mehr Torgefahr auf den Rasen zu bekommen, wurde jüngst mit Takuma Asano ein Spieler verpflichtet, der bei Partizan Belgrad in der Saison 20/21 in 40 Spielen 21 Treffer zu erzielen. Der Japaner galt als einer meiner Wunschkandidaten im letzten Scouting Bericht, hier wurden meine persönlichen Wünsche von Sebastian Schindzielorz bereits erhört. Mit Asano, Blum, Holtmann und Antwi-Adjei haben wir jetzt genug PS auf dem Rasen, die es mit klugen Pässen in Szene zu setzen gilt. Dies könnte entweder mit zwei Achtern oder einem klassischen Zehner erfolgen. Wir präsentieren euch daher geeignete Spieler für beide Positionen.
Ein System mit zwei Achtern
Jens Hartenstein: Einer der naheliegendsten Spieler wäre sicherlich Kevin Stöger. Aufgrund seiner Zeit beim VfL muss man hier nur wenige Worte verlieren. Er hat mit Sicherheit die Qualität unserer Spiel in der 1. Bundesliga zu lenken. In der abgelaufenen Saison hat er erst relativ spät bei Mainz 05 einen Zweijahresvertrag unterschrieben. Wirklich in der Stammelf konnte er sich aber zu keinem Zeitpunkt festspielen. In den letzten 8 Spielen kam er lediglich 21 Minuten zum Zug – sicherlich zu wenig für den ambitionierten Österreicher. Falls Mainz nicht mehr mit ihm plant und er wieder mehr Verantwortung übernehmen möchte, sollten wir hier immer ein Ohr offen haben. Ob er allerdings bereit ist auf relativ viel Gehalt zu verzichten und Mainz gleichzeitig bereit ist ihn für eine Summe weit unterhalb des Marktwertes ziehen zu lassen, ist zum jetzigen Zeitpunkt eher nicht zu vermuten. In der Tendenz ist ein Wechsel zum VfL daher wohl leider eher unwahrscheinlich.
Generell ist der Spielermarkt für spielstarke „Achter“ in Deutschland für einen Verein wie den VfL eher begrenzt, will man nicht auf Talente wie Osterhage oder der vor uns bereits vorgeschlagene Tobias Raschl setzen. Abhängig von der Entwicklung in anderen Vereinen, könnten sich vielleicht gegen Ende der Transferperiode noch Chancen auf eine Leihe ergeben. Spieler wie Lázlo Bénes oder auch Rodrigo Zalazar kommen beispielsweise nach Leihen zu ihrem Stammverein zurück und treffen dort auf neue Trainer. Eine Prognose wie letztendlich mit den Spielern geplant wird, ist zum jetzigen Stand nicht möglich. Vermutlich wird sich der VfL auf einer der wichtigsten Positionen jedoch nicht auf unvorhersehbare Entwicklungen gegen Ende der Transferperiode verlassen. Somit könnte der Blick auch über die Landesgrenze hinaus gerichtet werden.
Ein weiterer spielstarker Mann fürs zentrale Mittelfeld wurde uns deshalb vom Transfermarkt.de-User „G_Verbeek“ vorgestellt, der die Eredivise leidenschaftlich verfolgt. Deroy Duarte ist ein 21-jähriger niederländischer Mittelfeldspieler, der in der letzten Saison seinen Durchbruch in der ersten Liga hatte. Sein Vertrag bei Sparta Rotterdam ist ausgelaufen und der Spieler will den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen. Ein größerer holländischer Verein oder die 1. Bundesliga sollten sicherlich für den Spieler verlockend sein. „G_Verbeek“ beschreibt den Spieler wie folgt: Duarte ist ein Spieler mit Potenzial, der vor allem über sein Tempo und Dynamik kommt. Er ist flexibel im Mittelfeld einsetzbar, allerdings kein klassischer Spielmacher und würde vermutlich auf einer Achter-Position in einem 433 am besten zur Geltung kommen. Neben seinem Tempo hat er auch noch eine ordentliche Schusstechnik, müsste aber an seinem Positionsspiel und dem Zweikampfverhalten arbeiten. Er wäre sicherlich kein direkter Ersatz für Zulj und müsste sich erst an das Niveau der Bundesliga gewöhnen. Aufgrund des Alters ist ihm aber eine entsprechende Entwicklung in den kommenden Jahren zuzutrauen.
Auch die Daten in Rotterdam zeigen, dass Duarte noch nicht zu den stärksten Spielern der Eredivise gehört hat. Aufgrund des Alters ist dort allerdings noch ordentlich Steigerungspotenzial vorhanden. Ablösefrei ist Duarde jedenfalls sicherlich eine Überlegung wert.
Ein klassischer Zehner wird gesucht
Jens Hartenstein: Will man das Spielsystem nicht umstellen, braucht es einen spielstarken Zehner, der weiß unsere Außen in Szene zu setzen. Auch wenn mit Takuma Asano ein Spieler gekommen ist, der die Rolle des ZOM übernehmen könnte, ist er kein klassischer Spielmacher. Bei einem Z(D)M besetzt mit Löwen, Tesche und Losilla würde uns somit diese Komponente komplett abgehen. Ganz anders würde es mit Vladlen Yurchenko aussehen, der in seiner Karriere überwiegend auf der Zehn beheimatet war und dort zuletzt in der Ukraine zu überzeugen wusste. Nachdem er in Leverkusen als junger Spieler gescheitert ist, zog es Yurchenko über eine Zwischenstation in Dänemark zurück in sein Heimatland zu Zorya Lugansk. Dort entwickelte er sich zum absoluten Leistungsträger und steuerte in der abgelaufenen Saison in 33 Spielen jeweils 8 Tore und 8 Vorlagen zum 3. Platz seiner Mannschaft bei. Durch jetzt drei erfolgreiche Saisons in Folge konnte er seinen Marktwert auf 2,5 Millionen steigern (Quelle: Transfermarkt.de) und wäre durch den auslaufenden Vertrag ablösefrei verfügbar. Bereits bei seiner Zeit in Leverkusen ließ er sein feines Füßchen aufblitzen, konnte sich jedoch nicht gegen die starke Konkurrenz durchsetzen.
Yurchenko hat das Potenzial ähnliche Schnittstellenpässe wie Zulj zu spielen, hat eine sehr gute Schusstechnik und ist ein dynamischer Spieler. Er hätte dabei durchaus das Potential unser Offensivspiel auch in der Bundesliga zu lenken. Durch seine Zeit in Leverkusen kennt er Land und Leute und könnte jetzt im besten Fußballalter erneut den Schritt nach Deutschland wagen. In Bochum hätte er vermutlich einen relativ sicheren Stammplatz und könnte seine sportlichen Ambitionen in einer großen Liga unterstreichen.
Ein Blick auf die Daten spiegeln unsere Einschätzungen zu Yurchenko wider. Spielaufbau und Passspiel waren auch in der vorangegangenen Saison seine größte Stärke.
Bei gestandenen Spielern dieser Güteklasse könnten jedoch auch andere Vereine auf den Spieler aufmerksam werden und der VfL das Nachsehen haben. Ein Regal darunter und mit mehr Risiko behaftet wäre ein Talent, dass noch in die Rolle hineinwachsen soll. Da wir uns im zentralen Mittelfeld mit Löwen verstärkt haben und mit Asano bereits einen Offensivallrounder verpflichtet haben, hat man bereits Qualität und Bundesligaerfahrung hinzugewonnen, sodass man hier auch etwas mehr Risiko in Kauf nehmen könnte. Mit Lazar Samardzic ist ein deutscher U20 Nationalspieler auf dem Markt, dem eine große Karriere vorhergesagt wird. Bei RB Leipzig konnte der 19-jährige Mittelfeldspieler in 9 Kurzeinsätzen erste Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln. In der kommenden Saison soll er verliehen werden, um Spielpraxis zu erlangen. Auch wenn ich persönlich nicht der größte Freund von Leihen ohne Kaufoption bin, wäre ein Spieler mit solchen Anlagen auch eine Chance für den VfL – auch gerade, weil wir keinen großen finanziellen Spielraum haben. Vielleicht könnte man sogar sich auf eine (erfolgsabhängige) zweijährige Leihe einigen. Samardzic hat im Junioren Bereich mit einer exzellenten Ballbehandlung in seiner Altersklasse auf sich aufmerksam gemacht. Für Deutschlands U-Nationalmannschaften stand er insgesamt 21-mal auf dem Platz und erzielte dabei 6 Tore. Aktuell ist er laut Medien bei Holstein Kiel im Gespräch, aufgrund der Ligazugehörigkeit könnte der VfL bei entsprechendem Interesse womöglich den Vorzug erhalten.
Aufgrund der wenigen Einsätze in der Saison 2020/21 beziehen sich die Daten bei Samardzic noch auf den Jugendbereich. Auch wenn er dort exzellente Werte aufzeigen konnte, ist in der Jugend ein größeres Leistungsgefälle als im Profibereich zu berücksichtigen. Die Daten sollten demnach nur mit Vorsicht auf den Profibereich übertragen werden, auch wenn es die herausragende Stellung des Spielers in der Jugend abermals unterstreicht.
Ein weiteres Talent der für den deutschen beziehungsweise mittlerweile englischen Nachwuchs spielt, ist mittlerweile vereinslos. Bei Felix Nmecha wurde der Vertrag in Manchester City nicht verlängert. Ob er seine Zukunft weiter in England sieht oder sich eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen kann, ist nicht bekannt. Da er ablösefrei ist, könnte die Konkurrenz jedoch wieder größer sein. Vielleicht kann man ihm aber mit der Aussicht auf mehr Spielpraxis den VfL schmackhaft machen? Da ich persönlich Manchester City nicht verfolge, kann ich wenig über sein aktuelles Leistungsvermögen sagen. Für die Profis kam er ohnehin nur zu zwei Kurzeinsätzen (1 Assist). Bei der U23 gelangen ihm in der abgelaufenen Saison immerhin 9 Tore und 2 Vorlagen in 19 Ligaeinsätzen.
Claudio Gentile: In der Bundesliga mit Sicherheit nicht „der“ Zehner, der die Lücke, die Robert Zulj hinterlässt, schließt, aber trotzdem als Sparversion eine interessante Alternative ist für mich weiterhin Sarpreet Singh von Bayern II. Ja, ich bin seit 3,5 Jahren, als Singh noch in Wellington spielte, Fanboy und ja, ich bin es immer noch, obwohl er in der vergangenen Saison alles andere als gute Leistungen gezeigt hat. Die Leihe nach Nürnberg war ein Reinfall und auch nach seiner vorzeitigen Rückkehr zur zweiten Mannschaft des deutschen Rekordmeisters waren die Leistungen eher durchschnittlich. Doch warum will ich Singh denn nun trotzdem bei uns sehen? Weil er die hybride Rolle zwischen 8er und 10er, die wir vermutlich in der neuen Spielzeit im zentralen Mittfeld des öfteren sehen werden, gut bekleiden kann. Die Außenverteidiger aus der Tiefe einsetzen oder gefährliche Pässe aus dem vorletzten Drittel spielen – Dinge, die er in Wellington hervorragend gemacht hat und wegen denen der FCB auf ihn aufmerksam geworden ist.
Er ist aktuell sicherlich kein Spieler für die erste Elf, aber wenn man die Chance hat ihn günstig zu verpflichten, wäre er für mich weiterhin eine spannende Option – eben die Wundertüte mit ganz viel Luft nach oben. Denn hätte er in der letzten Saison nahtlos da weitergemacht, wo er nach der ersten Saison in München aufgehört hat, wäre er jetzt wohl auch eher für uns nicht mehr erreichbar und auf dem Level von Vereinen wie Hoffenheim unterwegs.
Update 10:20 Uhr: Sarpreet Singh ist mittlerweile per Leihe nach Regensburg gewechselt. Wir wünschen ihm dort alles gute und werden ihn weiter im Auge behalten.
Vorschläge von Global Soccer Network
Parallel zu unseren Vorschlägen hat sich GSN bemüht potenzielle Kandidaten für einen Zulj Ersatz zu bieten. Bei der Scoutinganalyse wurde darauf geachtet, dass möglichst wenig in der Spielanlage verändert werden muss und der Spielstil von Robert Zulj vom Neuzugang ersetzt wird. Herausgekommen sind bei der Suche Haris Hajradinovic, Sergio Pena und Juan Serrano.
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