Zulj und Zoller arbeiten an ihren Denkmälern

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Von einer unnötig hektischen Schlussphase abgesehen, dominierte der VfL Bochum das Topspiel gegen Holstein Kiel. Die zwei enorm wichtigen Punkte für den möglichen Bundesliga-Aufstieg besorgten zwei Spieler mit ihrer individuellen Qualität. Dabei kompensierte der VfL auch seine Ausfälle beinahe unbemerkt.

Den gelb-gesperrten Linksverteidiger Danilo Soares ersetzte Herbert Bockhorn. Trainer Thomas Reis verzichtete damit auf größere Experimente oder gar eine Veränderung der Grundordnung. Den freien Platz auf der offensiven Außenbahn – Danny Blum fehlte aufgrund seiner Roten Karte gegen den Hamburger SV ebenfalls – nahm Milos Pantovic ein.

Reis schob also jeglichen umfassenderen Änderungen einen Riegel vor. Bockhorn und Pantovic sind gemeinsam mit Silvère Ganvoula die Akteure außerhalb der Stammelf mit den meisten Einsatzminuten in der laufenden Saison. Außerdem musste er so keine weiteren Spieler verschieben.

Die Entscheidung für Bockhorn traf Reis nicht alleine. Der Mannschaftsrat wurde ebenfalls befragt. Unser Herbie zahlte diesen Vertrauensvorschuss zurück, begann stark, zeigte gute Ballgewinne und starke Lösungen unter Druck.

Reis hatte im Vorfeld der Partie zu einer interessanten, für ihn aber keineswegs ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen. Weil Bochums Trainer mit Danilo Soares und Danny Blum gleich zwei Leistungsträger ersetzen musste, holte er sich Hilfe vom Mannschaftsrat und besprach mit seinen Führungsspielern die Aufstellung.
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Das gewohnte 4-2-3-1 blieb also bestehen, wobei Gamboa durch Pantovics Einrücken mehr offensive Szenen bekam. Kiel legte sein 4-3-3 dagegen sehr asymmetrisch aus. Reese rückte neben Lee, während Hauptmann oft breiter spielte. Dadurch entstanden 4-2-2-2, 4-Raute-2 und 5-3-2 Staffelungen, die wie mittlerweile gewohnt darauf ausgelegt waren, den Bochumern das Zentrum zu verriegeln.

Gegenüberstellung der Grundformationen (Punkte) mit Bewegungen in Ballbesitz (Pfeile). Grafik: Einsachtvieracht

ZZ Top elektrisieren gleich mit dem ersten Auftritt

Der VfL zeigte sich aber konstant – konstant gut. Robert Zulj brauchte nur fünf Minuten, um seiner Saison einen weiteren genialen Moment hinzuzufügen. Sein Steilpass auf den in der ersten Halbzeit starken Pantovic dürfte ihm so manchen Kinderwunsch verschiedener Geschlechter eingebracht haben. Weil Pantovic nicht minder stark auf Simon Zoller ablegte und der überlegt einschob, stand es an der Castroper Straße zügig 1:0.

Hätte Zulj kurz darauf – man merkte Kiel die 14-tägige Quarantäne in dieser Phase an – selbst das 2:0 nachgelegt, hätten die Bauarbeiten an seinem Denkmal wohl noch während der 90 Minuten gegen die Gäste aus dem hohen Norden begonnen.

Robert Zulj leitete mit einem herausragend feinen Steilpass das 1:0 ein. Foto: VfL Bochum

Der KSV stabilisierte sich in seinem ersten Spiel seit dem 8. März zwar, mehr als eine Beruhigung der Partie gelang den Störchen allerdings nicht. Einzelne Tempoverschärfungen nach zu riskantem Herausrücken unserer Bochumer im Pressing, oft in Person von Bella Kotchap, konnten nicht erfolgreich ausgespielt werden. Bochum blieb dominant in einem Duell, das nicht so intensiv schien wie die vorherigen Spitzenspiele des VfL gegen Fürth und Hamburg.

Simon Zoller gibt eine Zugabe

Doch auch nach vorne blieben die Hausherren die bessere Mannschaft. Pantovic muss kurz vor der Pause den völlig freistehenden Zoller sehen, anstatt selbst den Abschluss zu suchen. So ging es mit dem Gefühl in die Kabinen, sich ärgern zu müssen, nur 1:0 gegen die beste Defensive der Liga (0,9 Gegentore pro Spiel) zu führen.

Zollers Bizeps erhielt allerdings noch eine zweite Gelegenheit, seinen Umfang an diesem sonnigen Samstag den TV-Kameras zu präsentieren. Der Beginn der zweiten Halbzeit erinnerte noch an die Mitte des ersten Durchgangs – Bochum presste nun auch seltener im gegnerischen Drittel. Als der VfL sich jedoch dazu entschied, einen Freistoß kurz vor der Kieler Grundlinie aggressiv zu attackieren, zeigte Zoller, wie einflussreich auch ein Stürmer im Spiel gegen den Ball sein kann – und spannte kurz darauf den Bizeps an.

Simon Zoller (M.) fehlt dem VfL Bochum im so wichtigen ersten Spiel der entscheidenden Wochen. Wer soll ihn ersetzen? Foto: David Matthäus Fotografie
Simon Zoller (M.) verdiente sich am Samstag gleich zwei Gelegenheiten, seinen Bizeps auf Tauglichkeit zu überprüfen. Foto: David Matthäus Fotografie

Bochums Nummer neun brachte zusammen mit Milos Pantovic seinen ehemaligen Mitspieler Simon Lorenz so gerade noch mit dem Regelwerk vereinbar ins Straucheln und lief mit Ball alleine auf Holstein-Schlussmann Ioannis Gelios zu. Dem blieb allerdings nichts anderes übrig, als dem frechen Außenrist-Abschluss Zollers hinterherzuschauen – 2:0.

Den größten Vorwurf, den man dem VfL am Samstag machen konnte, war es wohl, aus der Überlegenheit nach dem zweiten Treffer nicht konsequenter die endgültige Entscheidung herbeizuführen. Bei Kiel häuften sich nun die einfachen Fehler. Die Unzufriedenheit der Störche war deutlich sichtbar, wirkte sich aber alles andere als positiv auf die eigene Leistung aus.

Die eigene spielerische Stärke der Gäste kam kaum zum Vorschein. Das Fehlen des so wichtigen Soares blieb in der Bochumer Viererkette beinahe unbemerkt, auch die sehr mäßige Leistung Gerrit Holtmanns kompensierte der VfL bis hierhin ohne Probleme.

Elfmeter dämpft Stimmung nur für einige Minuten

So verwunderte es kaum, dass es ein Handelfmeter ohne jede Not war, der Kiel zurück ins Spiel brachte. Alexander Mühling verwandelte sicher, nachdem Schiedsrichter Martin Petersen ein Vergehen von Maxim Leitsch erkannt hatte. Unangenehme Erinnerungen an das Hinspiel, als eine ähnliche Aktion Kiel in Front brachte, kamen plötzlich hoch.

Tatsächlich hat der VfL Bochum in der laufenden Saison knappe Führungen schon souveräner nach Hause gebracht – auch über ähnlich unverhältnismäßige Nachspielzeiten. Stören dürfte das in Blau-Weiß niemanden. Schließlich hatte der VfL nach Schlusspfiff die drei Punkte auf seiner Habenseite und ohne zwei enorm wichtige Stammkräfte einen der drei direkten Konkurrenten um den Bundesliga-Aufstieg besiegt. Dass dafür zwei Einzelaktionen des Offensiv-Duos „ZZ Top“ nötig waren, spricht schließlich für und nicht gegen den VfL Bochum.

Autor: Timo Janisch

Als Sportjournalist- und Fotograf neben dem Studium vor allem für die Ruhr Nachrichten im Einsatz. Interessiert an jedwedem Detail, was den Fußball prägt - von inversen Außenverteidigern bis hin zu emotionalen Diskussionen, warum Fiege das beste Pils des Planeten ist.

Dauerkarte, Block O.

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