Wer wohnt schon in Düsseldorf? Im Gespräch mit Fortuna-Fan Thomas

Foto: Tim Kramer (Tremark)

Bei Herbert Grönemeyers „Wer wohnt schon in Düsseldorf“ sagt er ganz selbstbewusst „ich“. Thomas hält seit 47Jahren der Fortuna aus Düsseldorf die Treue. Als Fortuna-Fan ist er Kummer gewohnt, schließlich spielte die Fortuna von 2002 bis 2004 gar viertklassig. So schlimm ist es für die Fortuna-Fans diese Saison dann doch nicht. Zwar hat der Absteiger nur sechs Punkte Rückstand auf den Aufstiegsrelegationsplatz, doch ihr Lieblingsverein lässt sie oft genug wissen, dass Leidenschaft auch manchmal einfach nur „Leiden“ bedeutet.

Hi Thomas – wie ist derzeit die Stimmung bei Fortuna Düsseldorf?
Das rheinische Gefühl rauf und runter. Auch wenn Trainer und Verantwortliche das Ziel Aufstieg noch im Blick haben, so sehen es die meisten Anhänger doch realistischer. Dat wird nix. Die Leistungen und Ergebnisse bisher, bieten auch keine Hoffnung dazu noch die Vereine vor uns zu überholen. In der Jahrestabelle 2021 sind wir 9., alle vor uns liegenden Mannschaften performen besser. Ein Sieg würde am Montag wieder Hoffnung aufkeimen lassen, realistisch betrachtet werden wir es dann später vergeigen. Ein Kampf der Gefühle und der Realität. Nein, wir werden nicht aufsteigen.

Uwe Rösler ist seit Januar 2020 Cheftrainer der Fortuna. Foto: Kjetil Ree (Wikimedia Commons)

Was macht Uwe Rösler gut, was weniger gut? Die Wahl war ja doch eher überraschend, er war ja vorher noch nie in Deutschland Trainer.
Uwe Rösler ist ein ordentlicher Trainer, nicht weniger aber auch nicht mehr. Er nimmt die Mannschaft oft in Schutz, redet sie stark und lobt sie, selbst wenn das Spiel schlecht war. Auf Dauer reicht das aber nicht, zudem hat er taktische Schwächen. Auf Umstellungen im Spiel des Gegners reagiert er spät oder falsch. Ein großes Manko in der letzten Saison, und leider auch in dieser. Das die Wahl auf ihn fiel war noch nachvollziehbar, die Freistellung von Friedhelm Funkel jedoch einer der größten Fehler der jüngeren Vereinsgeschichte. Mit Funkel wären wir nicht abgestiegen. Nicht belegbar, aber in vielen Köpfen fest verankert. In meinem übrigens auch. Uwe Rösler hat nicht annähernd Friedhelms Klasse.

Die Qualität ist einfach da -Thomas über den Düsseldorfer Kader

Nach dem 5:0 gegen uns dachte ich schon, dass es das für Uwe Rösler war. Es folgte eine Serie von fünf Siegen in Folge, auf einmal wart ihr nur noch zwei Punkte hinter dem VfL. Wie hat Rösler den Turnaround geschafft?
Das anschließende 3:2 gegen Darmstadt hat ihm wohl den Job gerettet. Zwar lagen wir bis zur 77. Minute 1:2 zurück, aber der Siegtreffer in vorletzter Minute war seine Rettung. Schön zu sehen auch wie er die Faust Richtung Tribüne reckte nach den Siegtreffer, er wusste wohl: Das war knapp. Das Heimspiel gegen Hannover vor vier Wochen war nicht so dramatisch, aber bei einer Niederlage hätte man wohl auch „einen neuen Impuls gesetzt“. Auch wenn die offizielle Sprachregelung natürlich eine andere ist, hat Rösler zwei mal „kurz vor knapp“ die Wende geschafft. Den Turnaround meines Erachtens überwiegend hat die Kaderstärke geschafft. Mit dem stärksten oder zweitstärksten Kader der Liga, muss man auch mal Ergebnisse bringen können.

Was hat dazu geführt, dass ihr aus diesem Negativ-Lauf wieder rausgekommen seid? Gibt es dafür bestimmte Gründe?
Der Kader ist mit ein/zwei Schwächen im Mittelfeld für die zweite Bundesliga sehr gut. Torwart, Abwehr und Sturm sogar sehr stark besetzt. Nur das Zusammenspiel der Mannschaftsteile funktioniert leider deutlich weniger gut. Da machen viele dem Trainer den Vorwurf nicht das Optimum aus der Truppe herauszuholen, einen Vorwurf den ich teile. Für die zweite Bundesliga ist man mit Hennings, Karaman, Kownacki und Klaus, jedoch extrem gut besetzt. Nur das diese viel zu oft keine verwertbare Zuspiele bekommen ist der große Haken. Auch hier ist der Kader der Grund warum wir uns auch positiv zeigen können. Die Qualität ist einfach da.

Mit Felix Klaus hat man sich von Wolfburg einen Leihspieler geholt und auch schon die Kaufoption gezogen. Wie war es möglich, den zu holen? Er hat ja in Wolfburg ordentlich verdient.
Felix Klaus war in seinen Zweiandhalb Jahren Wolfsburg dort nur Gelegenheits- und Einwechselspieler. Das wurmt natürlich mit der Zeit, und Chancen auf Besserung gab es nicht. Die Leihe mit schneller Kaufoption (nach drei Einsätzen) war somit folgerichtig, wenn Felix Klaus noch einige Jahre Fußball spielen will. Dass er finanziell stärkere Einbußen machen musste, ist natürlich logisch. Schlecht wird er auch bei uns nicht verdienen, Wolfsburg war wohl froh ihn nicht mehr auf der Gehaltsliste stehen zu haben. Nur so war der Deal möglich. Ein guter Spieler, ob er die (Gehalts-) Investition für Fortuna-Verhältnisse wert ist, sollte man noch abwarten. Die guten Kontakte zur Arena11 Sports Group (Agentur+Berater) dürften den Deal ebenfalls deutlich erleichtert haben. Nicht alle sind von ihm überzeugt, aber was nicht ist kann noch werden.

Anfang 2017 wechselte mit einigen Nebengeräuschen Gökhan Gül zur Fortuna. Nach einer zweijährigen Leihe zu Wehen-Wiesbaden ist er zurück bei der Fortuna. Was hälst du von ihm? Traust du ihm noch den Durchbruch zu?
Leider nein. Auch ich war damals begeistert von dem jungen talentierten Bochumer. Da er sich nicht sicher war es wirklich zu packen, war die Abmeldung der U23 in Bochum natürlich auch ein Argument. Schließlich muss ein junger Spieler spielen um Fortschritte zu machen, sollte er es im Profiteam nicht packen bleibt die Regionalliga für die Spielpraxis bei Fortuna. Nach Verletzung (Ermüdungsbruch) ging es dann per Leihe zum SV Wehen-Wiesbaden, die sogar aufstiegen. In der zweiten Bundesliga hatte er dort jedoch auch überraschend wenige Einsätze und nach seiner Rückkehr im Sommer hatte er kurze Zeit später wieder einen Mittelfußbruch. Sein Vertrag läuft in drei Monaten aus, eine Verlängerung wird es kaum geben. Schade, ich war damals hoffnungsfroh. Für das Pech der Verletzungen kann er nichts, aber die vergangene Saison in Wiesbaden war alles andere als überzeugend. Ich schätze er wird in Liga drei im Sommer irgendwo unterkommen.

Hätte man auch gerne weiterhin in Düsseldorf gesehen: Kevin Stöger. Foto: Tim Kramer (Tremark)

Kevin Stöger wechselte nach einer überragenden Saison in Bochum nach Düsseldorf, sein Vertrag wurde jedoch nicht verlängert? Was ist Dein Eindruck von Ihm?
Kevin Stöger standen bei Fortuna alle Tore sehr weit offen. Nicht nur einmal hat man ihm trotz langfristigem Ausfall gute Angebote gemacht. Nach früheren Erfahrungen mit Leihen unterschreibt er nur noch 2-Jahresverträge und wechselt dann, sicher wird auch das Signing Fee (Unterschriftsprämie) für ihn nicht uninteressant sein. Auch sein Verdienstanspruch dürfte ihm im Sommer auf die Füße gefallen sein. Er hat sich verzockt, daher auch seine kurze Beschäftigungslosigkeit. Der FSV Mainz kam dann sehr spät. Bleibt Mainz in der Liga, hat er für sich alles richtig gemacht. Fortuna hat sich nochmal um ihn bemüht, erfolglos. Damit ist das Kapitel auch erledigt. Schade, er war ein wirklich guter Spieler der uns heute fehlt. Wer aber nicht will…

Thomas Reis hält das Ganze zusammen, und passt 1A mit * zum VfL Bochum. -Thomas über „unseren“ Thomas

Was hältst du von der bisherigen Saison des VfL?
Großartig. Der VfL steckt immer in finanziellen Zwängen, macht jedoch viel daraus. Das Ihr in zehn Jahren praktisch kein Geld auf dem Transfermarkt ausgegeben habt, sondern Leistungsträger verkaufen musstet, macht die Sache noch respektabler. Auch das direkte Hochziehen von U19-Spielern hat sich mindestens bei Bella-Kotchap schon bewährt. Nur bei Pavlidis habt Ihr Euch zu wenig entlohnen lassen, aber Mino Raiola (sein Berater) ist auch ein Fuchs.
Ein Aufstieg des VfL würde mich sehr freuen, auch wenn ich dann auf die beliebte Currywurst bei Euch nächste Saison verzichten muss. Wir bleiben leider unten. Die geringeren Veränderungen im Sommer machen Euren Vorteil aus, der Kader ist eingespielt. Ein Faustpfand im Aufstiegskampf. Ich wünsche viel Erfolg (außer Montag 😉 ).

Was macht den VfL in dieser Saison für Dich aus? Wo siehst Du die größten Stärken und Schwächen?
Der eingespielte Kader, die Bodenhaftung, die recht geringen Ausfallzeiten (Verletzungen), einen unaufgeregten, dafür fachlich aber sehr guten Trainer, eine gute Mischung aus jung und alt, sowie ein glänzender Robert Zulj im offensiven Mittelfeld.
Thomas Reis hält das Ganze zusammen, und passt 1A mit * zum VfL Bochum. So mein Eindruck von Außen.
Echte Schwächen sehe ich nicht, höchstens das man noch selbstbewusster auftreten könnte. Ihr spielt (im Normalfall) auf Sieg, vielleicht tuen es zum Schluss der Saison auch noch 2-3 Unentschieden um den sicher benötigten Punkt einzufahren. Auch wenn der restliche Spielplan gut aussieht, sollte man nichts unterschätzen.

Die Fortuna ist gewarnt: Ein 5:0 wie im Hinspiel wollen sie auf jeden Fall nicht mehr bekommen. Foto: Stöhrfall (Wikimedia Commons)

Die Fortuna schafft es in dieser Saison sehr kuriose Platzverweise zu sammeln. Wie erlebt man das als Fan? Beispielsweise die Gelb-Rote von Danso oder die von Kastenmeier?
Man greift sich an den Kopf und ist fassungslos. Kastenmeiers Gelb-Rote nennt man wohl heutzutage korrekt. Ich habe jedes Verständnis für den Keeper, bin jedoch auch eher die ältere Generation. Ein Torhüter kann einen Spieler im Herauslaufen erwischen, heute gibt das Elfmeter und Gelb. Dann ärgert er sich und schießt den Ball zur Seite, und wird vom Platz gestellt. Wahnsinn, aber (leider) der heutige Fußball. Doof war es trotzdem.
Danso hatte wohl einen völligen Blackout, sowas habe ich auch noch nicht gesehen. Gelb ist klar, die hatte er schon, also Gelb-Rot. Leider völlig richtig. Dann gabs da noch Ampomah, Zimmermann, Peterson und zuletzt Hartherz. Irgendwie scheint es manchmal ein Disziplin-Problem zu geben. Vor dem TV ist man da gebügelt.

Mit Klaus Allofs ist eine Vereinslegende in die Chefetage heimgekehrt. Welche Erwartungen sind mit seiner Person verknüpft, welche Wirkung hat er bisher und gibt es bestimmte “Projekte” die er noch anstoßen möchte?
Großer Name, große Erwartungen. Aber Klaus Allofs ist ein absoluter Fachmann, vielleicht sogar der einzige im Vorstand. Er weiß jedoch das er nur einer im 4er-Vorstand ist, und der Aufsichtsrat hat auch immer die Finger mit drin. Da mahlen die Mühlen manchmal nur langsam, zumal einige der Führungsetage die Fehlentscheidung mit Funkel partout nicht einsehen wollen. So hat er es leider schwieriger als gedacht. Auf Dauer dürfte er sich jedoch durchsetzen. Das wichtigste Projekt dürfte die Rückkehr in Liga eins sein. Mal sehen was da im Sommer passieren wird. Selbst für „gut unterrichtete Kreise“ wird es da spannend werden.

Zuletzt führte Euch der auch bei uns bestens bekannte Friedhelm Funkel in die erste Liga. Im Vergleich zur Aufstiegssaison mit Funkel: Was unterscheidet die aktuelle von der damaligen? Ist es der Spirit, das Spielglück?
Darüber könnte ich jetzt ein Buch schreiben. Kurz beschrieben, fast alles. Funkel hatte damals den im Vergleich zu heute schwächeren Kader, aber das bessere Einfühlungsvermögen in Mannschaft, Trainer- und Betreuerteam und auch zu den Fans. Dazu ein Taktikfuchs, nicht immer aber oft. Auch seine Erfahrung und seine Ehrlichkeit hat bei vielen Eindruck gemacht. Er war ein toller Trainer und passte wie die Faust aufs Auge zur Fortuna. Dadurch auch sein Erfolg.
Uwe Rösler ist bequem für seine Vorgesetzten, erzielt aber nicht die Erfolge die man von ihm erwartet. Das war in Norwegen, in Englands zweiter und dritter Liga so, und in Schweden bei Malmö ebenso. Oft haben erst die Nachfolger die Ziele erreicht. Selbst wenn sein Vertrag im Sommer verlängert werden sollte, was hoffentlich nicht passiert, werden wir auch nächste Saison unser Ziel nicht erreichen. Dazu redet er sich die Spiele schön, was bei vielen Pressekonferenzen zu beobachten ist. Manchmal kann man nur noch den Kopf schütteln. Vielen Anhängern geht es so. Damals unter Funkel waren wir energischer, wollten mehr und das war auch zu spüren. Daher kam der Erfolg damals. Heute sind wir mit dem Erreichten zufrieden, das reicht nicht.

Hat in der Landeshauptstadt nachhaltig Eindruck hinterlassen: Friedhelm Funkel. Foto: Fuguito (Wikimedia Commons)

Wie erleben die Fortuna- Anhänger die Saison ohne Stadionbesuch? Gibt es Aktionen zur Unterstützung der Mannschaft? Wie nehmt ihr den Fußball am Wochenende wahr/mit?
Es ist frustrierend vor dem TV oder Computer zu sitzen, oft allein oder in Familie, ohne die üblichen Stadionbesuche, das Bierchen vorher und/oder nachher, und das fachsimpeln mit den ganzen anderen Fans. Traurige Zeiten. Selbst das Rudelgucken in der Stammkneipe ist unmöglich, es fehlt so ziemlich alles an Ventil. Vielleicht auch ein Grund warum es in verschiedenen Foren öfters Reibereien über unterschiedliche Standpunkte gab.
Fortuna versucht mit den Fans/Mitgliedern in Verbindung zu bleiben, das ist schon in Ordnung. Aber sämtliche größere Aktionen sind verstummt, selbst die 125-Jahr Feier musste letztes Jahr abgesagt werden. Dazu der Abstieg, das alles trägt nicht zur guten Laune bei. Wo man etwas hätte reißen können war im Pokal, da war zweimal letztes Jahr unter Rösler gegen einen Viertligisten (Saarbrücken und Essen) Schluss. Auch ein trauriger Rekord.
Es wird Zeit, dass sich was ändert und man wieder positiv in die Zukunft schauen kann.

Vielen Dank für das Interview!

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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