Der VfL Bochum kann doch noch gewinnen – dazu noch auswärts. Im Schicksalsspiel in Wiesbaden holen unsere Blau-Weißen die dringend benötigten Punkte. Dazu war jedoch einiges an Glück, Schweiß und Tränen nötig.
Tim Jessa (Spielbericht): Drei Spiele, drei Niederlagen und einen direkten Konkurrenten vor der Brust. Gegen Wehen Wiesbaden standen nicht nur drei wichtige Punkte für den Klassenerhalt auf dem Spiel – es war sicherlich auch ein richtungsweisendes Spiel für Cheftrainer Thomas Reis.
Im Vergleich zur letzten Woche rückte Manuel Riemann nach seiner Gelbsperre wieder zwischen die Pfosten und Robert Zulj sollte in seinem Startelfdebüt für mehr Kreativität und Zug zum Tor im Mittelfeld sorgen. Die Mannschaft fing gut an und hatte bereits nach wenigen Minuten eine Großchance durch Ganvoula, der frei vor dem gegnerischen Tor auftauchte, aber deutlich verzog.
Die Wiesbadener sahen diese Gelegenheit als Weckruf, fanden selbst besser in die Partie und erspielten sich – meistens nach Eckbällen – selbst mehrere hochkarätige Chancen, die aber entweder durch Riemann oder einen hereinspringenden Bochumer vereitelt wurden. Dieses Übergewicht an Chancen der Wiesbadener nahm man auch bei den Verantwortlichen wahr und reagierte mit einem frühen Wechsel (Robert Tesche für Vitaly Janelt) nach knapp einer halben Stunde, um im Mittelfeld für etwas mehr Ordnung und Sicherheit zu sorgen.
Dies gelang den Bochumern auch und man übernahm immer mehr die Kontrolle und kam durch Ganvoula mehrmals zu guten Chancen. In der 39. Minute konnten die Bochumer dann eine dieser Chancen auch verwerten – ein kräftiger Schuss von Ganvoula wird vom gegnerischen Torwart nur nach vorne abgewehrt und Simon Zoller steht erneut goldrichtig und kann zum Führungstreffer einschieben.
Das viel zitierte Glück, was man im Abstiegskampf benötigt wird, wurde dann kurz vor dem Pausenpfiff eingelöst. Nach einer Ecke schraubte sich Chato in die Luft und köpfte den Ball in die lange Ecke nur an die Latte.
Die zweite Hälfte versuchten sich die Bochumer wieder als Maurermeister und setzten alles auf die eigenen Fähigkeiten, eine Führung zu verteidigen. Mit dem Wissen, dass diese Taktik in bereits mehreren Spielen nicht wirklich aufgegangen ist und man immer wieder Punkte nach eigener Führung verspielt hat, zogen die Wiesbadener das Tempo nach Wiederanpfiff an und kamen direkt zu mehreren Großchancen, die aber der gut aufgelegte Riemann hielt oder welche in letzter Sekunde geklärt werden konnten.
Nach etwa 20 Minuten befreite sich der VfL etwas und verlagerte das Spiel immer mehr in die neutrale Zone im Mittelfeld, ohne selbst mal einen Konter zu setzen oder für Gefahr zu sorgen. In der Schlussphase ging den Wiesbadenern dann nach dem Anlaufen etwas die Luft aus und Ganvoula und Losilla kamen jeweils noch einmal zu einer guten Chance das Spiel vorzeitig zu entscheiden, scheiterten aber beide am gegnerischen Torwart – der erlösende Schlusspfiff ertönte dann aber trotzdem einige Momente später.
Damit haben sich die Bochumer den zweiten Auswärtssieg und den zweiten Sieg zu Null gesichert. Die drei wichtigen Punkte dürfen jedoch nicht über viele, viele Schwächen und Fehler hinwegtäuschen, die auch wieder in diesem Spiel für jeden sichtbar waren.
Die Mannschaft hat jetzt die Möglichkeit mit etwas weniger Druck die Fehler des Spiels aufzuarbeiten und am kommenden Montag gegen Stuttgart mit etwas breiterer Brust und vor den eigenen Fans nachzulegen.
Verliert man dort wieder, steht gegen Dresden das nächste Endspiel für Mannschaft, Trainer und Vorstand an.
Tobias Wagner (Taktikanalyse): Die passive Taktik der Hausherren drängte den VfL in den Spielaufbau. Die Mannschaft von Thomas Reis nahm diese Herausforderung an, konnte jedoch grad in den ersten Minuten in der aktiven Rolle nicht wirklich überzeugen. Zu häufig ging es in der Abwehrreihe von links nach rechts, da die Mannschaft von Rüdiger Rehm das Zentrum mit einem 1-3-1-Block vor der Fünferkette zu- und umstellte.
Gab es mal Pässe ins Zentrum, so standen Losilla und Janelt direkt unter Druck, was die beiden sichtlich verunsicherte. Oft wurde hektisch versucht, den Ball weiterzuleiten, was meist im direkten Ballverlust endete. Die Wiesbadener hatten nur auf diese Situationen gewartet und schalteten blitzschnell um. Nur mit der Verzweifelung des letzten Tacklings und einem souveränen Torhüter konnte diese Phase schadlos überstanden werden.
Nach 28. Minuten erkannte Thomas Reis das Dilemma und reagierte. Mit Robert Tesche kam mehr Ruhe und Struktur ins Zentrum. Der Ostwestfale fand immer wieder kleine Lücken, aus denen er mit scharfen, flachen Diagonalbällen aufbauen oder mit Flugbällen verlagern konnte. So kam die offensive Dreierreihe öfter ins Spiel. Zulj und Weilandt konnten sich hier oft gut behaupten. Der Spielaufbau wurde sicherer und der VfL konnte sich in der Hälfte der Wiesbadener festsetzen. Das 0:1 durch Zoller war der verdiente Lohn.
Mit der Führung im Rücken begann beim VfL wieder das übliche Schwimmen. Man wurde passiver und ließ sich von den uninspirierten langen Bällen der Hausherren hinten reindrängen. Dabei kam erneut eine hohe Unsicherheit bei zweiten Bällen zum Vorschein. Die Rückraumsicherung und das Herausrücken funktionieren aktuell kaum. Zu häufig ist der Rückraum offen und die Anlaufbewegungen stimmen weder vom Timing noch von Winkel und Abstand. So konnte viele Situationen erst in der letzten Sekunde vereitelt werden.
Gegen Ende waren die Wiesbadener dann platt und der VfL konnte die Kontrolle zurückgewinnen. Ganvoula hatte noch ein paar Abschlüsse, dann war der Auswärtssieg gesichert. Nicht schön, nicht 100 % souverän, aber wichtig!
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