Ein Gastbeitrag von VfL-Fan, Autor und Blogger Tom MacGregor
Ich soll nun also etwas über Robin Dutt schreiben, den aktuellen Trainer des VfL. Coaches im Profifußball werden nach Punkteausbeute, Ruf und sportlichem Erfolg beurteilt. Die tägliche Trainingsarbeit, Noten der Hennes-Weisweiler-Akademie oder Rangnick-Gedächtnis-Klugscheißfaktor zählen wenig. Zudem muss das jeweilige Vereinsumfeld zur Trainerpersönlichkeit passen. Soweit so banal, versuche ich es mal.
Als ich gefragt wurde, ob ich für Einsachtvieracht etwas über Robin Dutt schreiben könnte, habe ich mich sehr gefreut. Die Seite ist eine der besten Onlineadressen für Bochums Fußball. Die Jungs geben sich richtig Mühe und ihre Artikel sind smart wie Robin Dutt selbst. Das Autorenkollektiv hat immer sehr schöne, oft detaillierte und gut recherchierte Beiträge über Spieler, Formationen, Spieldetails und taktische Dinge. Nicht so episch wie bei den Kollegen von Spielverlagerung, sind die Artikel hier viel lesbarer. Daher freut mich diese Artikelherausforderung.
Ich fragte ich mich schnell, wie man objektiv, fair und analytisch über einen Trainer schreiben kann, ohne zu fern (kein persönliches Gespräch bis dato) oder zu nah zu sein (Pohl damals als Neuschweizer Kollerfan). Ein Trainerartikel ist schwerer als ein Vorbericht. VfL4u versorgt einen immer sehr sauber mit Statistiken. Das ist ein guter Ein- oder Ausstieg in einen jeden Vorbericht. Das hilft mir beim Schreiben wie dem Kicker. Danke dafür, ohne Euch müsste ich richtig arbeiten beim Schreiben 😉
Nun also auf in den Trainerartikel. Halte ich mich rein an die Fakten, ist der Job für mich eigentlich leicht: Ein super Typ der Robin – Taktiker, moderater Leisetreter, früher sehr erfolgreich in Freiburg und bei den Stuttgarter Kickers. Bei Bremen, beim DFB, in Stuttgart und Leverkusen waren die Ergebnisse dann nicht mehr so gut. Seit fast einem Jahr ist Robin Dutt nun bereits als Stabilisator an der Castroper Straße 145 tätig – nach turbulenten Zeiten unter Atalan und Rasiejewski sowie andauernden Störfeuern rund um die Herren Hochstätter und Bastians. Das erste Spiel in Heidenheim ging verloren, das bisher letzte in Köln gewann er. Punktetechnisch liegt er im Soll. 27 Punkte aus 18 Spielen bedeuten Platz 8 und damit genau einen Platz hinter dem Ziel der Top 25 in Deutschland.
Fachlich fragte ich mich: Was macht Dutt aus? Offensive weit vorne, wie bei Pep? Gute Ordnung? Viel Ballbesitz durch frühes Stören? 4-2-3-1? Ich persönlich hab viel über Gertjan Verbeek geschrieben – auf meiner eigenen Seite, auf der CB’93-Seite und auch für Westline zusammen mit Philipp Rentsch und Co. Was also kann man über Dutt sagen? Ein Glücksfall für den VfL? Abgehalftert? Sachlich, erdig oder etwas fade?
Unser Commando‘93 Mitglied Robin T. aus China schreibt beispielsweise dazu: „Nach guter Zeit in Freiburg und vielen wilden Wechseln von Vereinen sowie Verbänden (Leverkusen, DFB, Bremen, zwei Mal Stuttgart) und Positionen (Trainer, Sportdirektor, Manager) fand Robin Dutt endlich seinen Traumjob bei einem ambitionierten und sympathischen Underdog. Dieser tut auch dem VfL gut – nach verschiedenen Trainern bzw. Lautsprechern, harten Hunden, Weichspülern und Experimenten.“. Man hofft als VfL’er sofort, dass CB’93-Robin hier recht hat. Aber das ist sicher der optimistische Ansatz, den ich irgendwie hinterfragen möchte und muss. Auch Ben und Frank schreiben mit VfL-Herz. Das ist alles ein starkes Stück Bochum. Das braucht der Club, wie auch Gerrits Pottorginale, etwa Tankwart und Jesus. Auch wenn die sicher speziell sind.
Robin Dutt ist wie Heiko Herrlich bei Bayer Leverkusen gescheitert – gut, das heißt nichts unter dem Hessenvulkan Rudi Völler. Herrlich hat wohl bei Bayer Leverkusen mehr Punkte geholt. Dafür ist er beim VfL 2010 an sich selbst und seiner Unerfahrenheit gescheitert. Dutt ist mittlerweile sehr erfahren und macht oft das Richtige. Hin und wieder wechselt er mal falsch oder muss seinem balldominanten Team noch mehr Torgefahr predigen. Zusätzlich muss sein Rehateam noch die Verletzten Maier, Eisfeld, Bandowski, Pantovic und Leitsch zurückholen. Inwiefern sein Training mit der Zahl der Verletzten zu tun hat, kann ich nicht bewerten. Ebenso kann ich nicht wirklich beurteilen, ob Funkel, Bergmann oder Neitzel ein schlechteres Training machten oder machen als Dutt, dem ja auch Butscher – quasi als „local“ – hilft. Ob Dutt das Training eines Favre macht – keine Ahnung. Was man aber beurteilen kann, ist dass er dem Team einen offensiven Spielstil gab, der mannschaftlich umgesetzt wird. Aus Lukas Hinterseer ist wieder der gesuchte Torjäger geworden. Riemann, Hoogland, Losilla, Gyamerah, Tesche und Co. blühen unter ihm auf, ohne dass er das Rad neu erfinden muss. Dabei kann er nicht wie Peter Bosz aus dem Vollem schöpfen. Er lässt einen Simon Zoller holen. Das ist aber nicht der große Wurf. Im Gegenteil, das Machbare ist seine Arbeitsbasis. Klagen lässt er weg. Damit punktet er seit fast einem Jahr und arbeitet sehr seriös dabei.
Kann also der Schwabe, geboren in Köln, im Ruhrpott eine Trainerlegende werden wie Schafstall, Höher oder Gerland? Leicht wird es nicht – das Trainergeschäft ist heute schnelllebiger geworden als in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Während beispielsweise „Eisenbieger“ Verbeek die Mannschaft sehr fit, spielerisch und taktisch besser machte, aber menschlich sehr oft aneckte, ist Dutt ein smarter Zusammenführer von Menschen – nie zu laut, nicht zu leise, sachlich und gut dosiert auf den Pressekonferenzen. Sein VfL-Team ist genauso heimstark wie vor drei Jahren unter „Ihr seid doch Arschlöcher“-Verbeek – nur eben einst mit Simon Terodde. Das ist die Leistung von Dutt. Wenn er sich vercoacht, korrigiert er es schnell wieder. Die einzige Ähnlichkeit ist, dass beide, der Holländer und der Süddeutsche, absolute Fußballfachleute sind. Sie sind modern und klassisch zugleich, keine medienverliebten Lautsprecher wie Peter Neururer oder der Liverpool-Trainer Jürgen Klopp.
Neururer indes war ein Spielerfänger, der nach einer gewissen Zeit (auch wegen seines wohl überschaubaren Neunzigerjahre-Trainings) seine Wirkung verbrauchte. Er verpuffte und scheiterte an Luthe, Villis und seinem übergroßen Ego. Auch nach seiner x-ten Entlassung begann er wieder das ewige Nachtreten, Polemisieren und sich zu Wort melden. Das ist von Dutt nicht zu erwarten. Er sagt fast nie etwas Dummes, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Er ist auch kein Trainer, dessen große Spielerkarriere wie eine Monstranz hinter ihm steht, oder der ein Ego hat von hier bis nach Sylt. Er passt sehr gut zum Underdog VfL. Es war im Februar 2018 bitter nötig, dass er kam. Er hat wie Neururer den VfL vor dem Fall in Liga Drei gerettet und möchte nun wie Funkel Bochum auf Platz drei führen – zumindest vermute ich das. Wenn ihm das gelänge, ist er einer der besten VfL-Trainer aller Zeiten. Seit Neururers Moonwalk haben die VfL-Fans keinen Trainer mehr laut gefeiert. Das bei Dutt ähnlich, wenn auch beklagenswert. Er hätte bereits jetzt Dutt-Rufe verdient.
Man kann erwarten, dass der VfL mit und unter Dutt einen guten Weg geht, vielleicht irgendwann ja mal wieder in die 1. Liga, dann wird er auch wie Toppi oder Neururer gefeiert werden, was ihm persönlich sicher ziemlich Latte ist.
Robin, sag ich mal als Fan, schön, dass du da bist.
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