Schon der zweite Mann mit Champions-League-Erfahrung: Bochum holt Robbie Kruse

Foto: Nasya Bahfen
Foto: Nasya Bahfen

Jetzt also doch! Unser VfL ist auf dem Transfermarkt nochmals aktiv geworden und hat Robbie Kruse verpflichtet. Nachdem man vor einigen Wochen schon Interesse an dem Spieler hatte, das Interesse von Christian Hochstätter wurde sogar öffentlich bestätigt, der Transfer aber dann doch noch platzte, hat es jetzt geklappt. Nach Diamantakos wechselt damit in dieser Transferperiode bereits der zweite Spieler mit Champions League Erfahrung an die Castroper Straße und unterschreibt einen Vertrag bis zum 30.06.2019. Doch wer ist der 50-fache australische Nationalspieler überhaupt und was können wir von ihm erwarten?

Robbie Thomas Kruse wurde am 05.10.1988 in Brisbane, Australien geboren. Auch wenn der Fußball in Australien eher im Schatten des Rugbys und Cricket steht, kam Kruse schon in jungen Jahren in den Genuss der umfangreichen Sportförderung des Landes. So wurde er früh in die Queensland Academy of Sports aufgenommen, der sportlichen Talentförderung des Bundesstaates Queensland. Wenig später schaffte er es in das Australian Institute of Sport – der nationalen Sportförderung Australiens. Dort konnte er erneut auf sich aufmerksam machen und wurde 2006 mit 18 Jahren vom australischen A-League Club Brisbane Roar unter Vertrag genommen. Die A-League ist die höchste australische Spielklasse im Fußball. 11 Clubs aus Australien plus ein neuseeländischer Vertreter treten hier gegeneinander an und Leistungsmäßig ist die Liga zwischen der zweiten und dritten deutschen Liga einzuordnen. Am 05.10.2007, seinem 19. Geburtstag, feierte er dann sein Profi-Debüt gegen Wellington Phoenix. Richtig durchsetzen konnte er sich aber nicht. So wechselte der Junge mit dem Spitznamen „Skippy“ (Name eines Kangaroos aus einer australischen Kinderserie) 2009 zum Liga-Konkurrenten Melbourne Victory. War seine Zeit bei Brisbane noch geprägt von Kurzeinsätzen und schwankenden Leistungen, entwickelte sich Kruse bei Melbourne Victory zu einer wichtigen Stammkraft. In 38 Spielen gelangen ihm hier 16 Tore und 4 Vorlagen.

Foto: Fugiuto, Wikipedia

Nach starken 2 Jahren bei Melbourne Victory folgte dann im Sommer 2011 der große Schritt in den europäischen Fußball. Fortuna Düsseldorf verpflichtete Robbie Kruse für eine überschaubare Ablöse von 50.000 Euro. Hatte Kruse in der Saison 2011/12, nach seiner Verpflichtung, noch einen schweren Stand und kam nur auf 11 Kurzeinsätze in Liga 2, entwickelte er sich in der darauffolgenden Saison 2012/13 in der Bundesliga bei der Fortuna zu einem unangefochtenem Stammspieler. Mit 4 Toren und 9 Vorlagen in 30 Einsätzen hinterließ er, trotz des Abstiegs der Düsseldorfer, bei so manchem Manager der Bundesliga einen bleibenden Eindruck. Leverkusen lotste ihn daraufhin für 1,5 Mio. Euro in die BayArena. An seine erfolgreiche Saison bei der Fortuna konnte er hier allerdings nicht anknüpfen. Immer wieder warfen ihn langwierige Verletzungen zurück, unter anderem ein Kreuzbandriss. Wirklich festspielen konnte er sich in Leverkusen nicht und in der Rückrunde der Saison 2015/2016 wurde er nach Stuttgart ausgeliehen. Bei den Schwaben kam er lediglich auf 3 Kurzeinsätze. Der Abschied aus Deutschland und seinem Stammverein Bayer Leverkusen im Januar 2017, nach nur 46 Einsätzen mit 4 Toren und 3 Vorlagen in die chinesische Superleague zu Liaoning FC, war daher keine Überraschung. Aufgrund von ausstehenden Gehaltszahlungen löste Kruse im Mai 2017 seinen Vertrag bei Liaoning jedoch wieder auf.

Liefen die letzten Jahre im Vereinsfußball eher weniger gut, so ist er in der australischen Nationalmannschaft allerdings eine feste Größe. 50 Mal lief er bereits für die Socceroos auf und gewann 2015 den AFC Asian Cup, das asiatische Pendant zur Europameisterschaft.

Doch was können wir von Robbie Kruse erwarten?  Was ist er für ein Spielertyp? Ein großes Fragezeichen steht sicherlich hinter seiner Gesundheit. Sollte er allerdings fit bleiben, haben wir mit ihm einen sehr spannenden Spielertyp verpflichtet.  Auch wenn Kruse die meisten Spiele seiner Karriere auf dem rechten Flügel gespielt hat, ist er kein Außenbahnspieler, der durch spektakuläre 1-gegen-1 Duelle auf sich aufmerksam macht, wie es so mancher von einem klassischen Flügelspieler erwartet. Kruse zeichnet sich eher durch ein sehr starkes Positionsspiel aus. Er nutz seine Schnelligkeit um Lücken zu reißen, ohne dabei das Spiel durch die besagten 1-gegen-1 Duelle zu verlangsamen. In seiner stärksten Saison 2012/13, bei der Fortuna, hat er oft auch in einer zentraleren Rolle als Halbstürmer agiert. Aber auch bei seinen Einsätzen auf dem Flügel spielte er eher auf einer einrückenden Position. Vergleichbar ist sein Stil wohl am ehesten mit der Rolle von Marco Terrazzino bei uns während der Saison 2015/16, in der die Position des linke Flügels in Verbeeks System asymmetrisch bei Angriffen interpretiert wurde und Terrazzino oftmals in die Mitte einrückte. Darüber hinaus hat Kruse in Düsseldorf, aber auch bei seinen wenigen Einsätzen in Leverkusen, gezeigt, dass er sich sehr gut in das Pressing einbinden lässt – eine Fähigkeit, die in den letzten 2,5 Jahren unter Verbeek sehr wichtig war. Da Atalan einen sehr ähnlichen Fußball spielen lässt und auch in Lotte auf starkes Pressing gesetzt hat, wird er diese Fähigkeit wohl auch beim VfL hervorragend einbringen können. Am ehesten lässt sich Robbie Kruse im Gesamtpaket mit seiner Spielweise wohl als eine Kreuzung aus der Schnelligkeit eines klassischen Flügelspielers, dem Positionsspiel eines Zehners und dem überdurchschnittlichen Abschluss eines Stürmers beschreiben. Egal, ob im 4-2-3-1 / 4-3-3 auf dem Flügel oder im 3-2-3-2 auf einer eher hängenden Stürmerposition – Kruse wird sicherlich seinen Platz in Bochum finden.

In dem Sinne wünschen wir Robbie Kruse alles Gute für seine Zeit in Bochum und drücken alle Daumen, dass die Gesundheit mitspielt.

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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