Spielervorstellung Sidney Sam

Foto: Mathias Sichting (Wikimedia Commons)

Am “Deadline Day” machte der VfL die Verpflichtung von Sidney Sam perfekt. Den Reaktionen in den Foren und sozialen Netzwerken zu Folge gilt Sam als der Königstransfer des Sommers. Völlig überraschend kam die Verpflichtung nicht – Sam war bereits drei Wochen Trainingsgast anne Castroper. Wir von einsachtvieracht stellen euch den gebürtigen Kieler etwas näher vor.

Sam wurde am 31. Januar 1988 als Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen an der Kieler Bucht geboren. Bereits im Alter von sechs Jahren begann Sam seine Karriere beim TuS Mettenhof, einem Stadtteilverein im Westen von Kiel. Im Alter von zwölf Jahren wechselte Sam zu Kilia Kiel, dem zweitgrößten Verein der Stadt. Sein jüngerer Bruder Simon steht dort immer noch unter Vertrag. Für Sidney ging es jedoch nach einem Jahr zum größten Verein der Stadt, zu Holstein Kiel. Doch selbst das sollte nicht das Ende der Fahnenstange sein. Die Talentscouts des Hamburger SV wurden auf Sam aufmerksam und holten ihn im Alter von 16 Jahren in die Jugendakademie des HSV. Auch hier konnte sich Sam trotz durchwachsener Platzierungen der U19 (Platz 9 und Platz 7) behaupten. Neben Sam schaffte es auch sein damaliger Mitspieler Rouwen Hennings in den Profifußball (jetzt Fortuna Düsseldorf).

Seine ersten Schritte im Profifußball

Sam rückte in der Saison 2006/07, obwohl noch ein Jahr für die A-Jugend spielberechtigt, in den Regionalligakader des Hamburger SV auf. Während er sich anfangs mit Jokereinsätzen begnügen musste, konnte er zum Ende der Saison zum Stammspieler aufsteigen und verhalf dem HSV zu einem 6. Platz in der damaligen Regionalliga Nord, welche zu diesem Zeitpunkt die dritte Spielklasse war. In der darauffolgenden Saison wurde Sam zum Schlüsselspieler der U23. So durfte er schon in der Vorbereitung unter Trainer Huub Stevens mittrainieren und saß mehrfach, u.a. am ersten Spieltag in Hannover beim 0:1-Auswärtssieg, sogar auf der Bank der Profis. Mit dem ein Jahr jüngeren Eric-Maxim Choupo-Moting spielte ebenfalls ein Offensivtalent beim HSV und kam in Hannover zu seinem Bundesligadebüt, was Sam jedoch als Ansporn nahm, sich in der Regionalligamannschaft weiter zu behaupten. Im ersten Spiel in der Regionalliga wurde der mittlerweile mit einem Profivertrag ausgestattete Sam gleich zum Matchwinner und besorgte beim 2:0 in Verl beide Treffer für die Rothosen. Huub Stevens verlor ihn somit nicht aus den Augen, sondern nahm ihn regelmäßig in den Spieltagskader. Am 20. Oktober 2007 kam Sam beim 4:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart zu seinem lang ersehnten Profidebüt, bei dem er in der 77. Minute für David Jarolim eingewechselt wurde. Es folgten in der Rückrunde noch drei weitere Kurzeinsätze in der Liga sowie beim Achtelfinal-Rückspiel im UEFA-Cup gegen Bayer Leverkusen – als der HSV trotz eines 3:2-Sieges noch ausschied. Die restlichen Partien absolvierte Sam in der Amateurmannschaft des HSV, die als 17. keinen Startplatz für die neu gegründete 3. Liga erhielt.

Die Leihe zum 1. FC Kaiserslautern

Da die reformierte Regionalliga nicht das Niveau der alten Regionalliga hatte – der HSV musste plötzlich gegen Teams wie den VFC Plauen ran – wurde Sam schließlich zum Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern verliehen. Schnell kam Sam auch hier zu Einsätzen. Gab es am zweiten Spieltag nur einen Kurzeinsatz, erkämpfte er sich unter Trainer Milan Sasic sehr schnell einen Stammplatz auf dem rechten Flügel. Sam war am Ende der Saison mit vier Treffern und sieben Vorlagen einer der Topscorer der Mannschaft und mit verantwortlich für den guten siebten Platz der Pfälzer im Unterhaus. Sams Leihe wurde daraufhin aufgrund guter Leistungen um ein Jahr verlängert. Gleichzeitig kam mit Marco Kurz ein neuer Trainer zum 1. FC Kaiserslautern. Dieser setzte Sam auf dem linken Flügel und Ilicevic auf dem rechten Flügel ein und sollte mit dieser Aufstellung Recht behalten. Nach sehr gutem Start konnte der FCK seine Platzierung halten und stieg am Saisonende mit 66 Punkten als Zweitligameister auf. Sam war mit zehn Toren und sieben Vorlagen, nach Erik Jendrisek, bester FCK-Scorer und zog so auch das Interesse anderer Vereine auf sich. Der FCK versuchte Sam vergebens zu halten. Da der Hamburger SV zu diesem Zeitpunkt auf den Flügeln überbesetzt war, wechselte Sam für zwei Millionen Euro zu Bayer Leverkusen. Beim Bundesliga-Dino sah er noch keine Chance, sich zu behaupten.

Seine Zeit am Bayer-Kreuz

Foto: Mathias Sichting (originally uploaded by de:Benutzer:FluestererMD, CC BY-SA 3.0)
Foto: Mathias Sichting (originally uploaded by FluestererMD, CC BY-SA 3.0)

Obwohl Sam bis dato lediglich ein paar Kurzeinsätze in der Bundesliga vorzuweisen hatte, erkämpfte er sich unter Trainer Jupp Heynckes schnell einen Stammplatz. Im 4-2-3-1 war Sam überwiegend der rechte Flügelspieler in der Dreierreihe, zusammen mit Tranquillo Barnetta und Renato Augusto. Sam absolvierte insgesamt 30 Ligaspiele, bei denen er mit sieben Toren und vier Vorlagen seinen persönlichen Torerekord aufstellte. Auch in der Euro League zeigte sich Sam mit drei Toren treffsicher. Sein Team schied allerdings schon im Achtelfinale gegen Villareal aus. Auch in der nächsten Saison behielt Sam trotz Trainerwechsel – Jupp Heynckes ging zum FC Bayern und Bayer 04 holte Robin Dutt als Trainer – seinen Stammplatz auf dem rechten Flügel, bis ihn im Winter erst ein Muskelfaserriss, und anschließend ein Muskelbündelriss, außer Gefecht setzte. Die muskulären Probleme verfolgten Sam auch in der Hinrunde der nächsten Saison, so dass er nur auf fünf Einsätze kam. Nach überstandener Verletzung holte sich Sam unter Trainer Sascha Lewandowski seinen Stammplatz zurück und spielte meist den Part als rechter Halbzehner im Tannenbaumsystem (4-3-2-1) oder als Rechtsaußen im 4-3-3. Trotz dieser „halben Saison“ kam Sam auf respektable zehn Scorerpunkte (jeweils fünf Tore und Vorlagen). Die Saison 2013/14 begann für Sam unter Trainer Sami Hyypiä grandios. Nach zehn Spieltagen hatte Sam bereits sieben Treffer und fünf Vorlagen auf dem Konto, beflügelt vom Länderspieldebüt, welches er Ende Mai bei der USA-Reise der Nationalmannschaft gegen Ecuador feiern durfte. Dort spielte Sam direkt von Beginn an und legte das 2:0 von Bender nach vier Minuten auf. Am 13. Spieltag setzte eine Verletzung am Bein Sam bereits nach vier Minuten gegen Hertha BSC außer Gefecht. Die Verletzungsprobleme begleiteten Sam leider bis zum Ende der Saison, sodass er „nur“ noch auf drei weitere Scorer kam. Auch seine Nationalmannschaftskarriere war aufgrund des Verletzungspechs schließlich vorerst beendet. Sein bisher letztes Länderspiel bestritt er am 19. November 2013 gegen England. Dabei hatte sich Sam bewusst für Deutschland und gegen sein Heimatland Nigeria entschieden. Zum Ende der Saison wechselte er, scheinbar erneut auf seinem Leistungshoch, zum FC Schalke 04. Die kolportierte Ablöse von zwei Millionen überraschte viele. Schließlich hatten die meisten auf einen höheren Erlös für die Werkself spekuliert. Schalke wusste jedoch von der Ausstiegsklausel und konnte so Sam „günstig“ in den Ruhrpott locken.

Seine Zeit beim FC Schalke 04

Foto: Daniel Kraski (Flickr: Dudek1337, CC BY 2.0)
Foto: Daniel Kraski (Flickr: Dudek1337, CC BY 2.0)

Auch vom Schalker Trainer Jens Keller wurde Sam sehr geschätzt. Er traf in der Schalker Mannschaft auf alte Weggefährten wie Tranquillo Barnetta (Bayer Leverkusen) und Maxim Choupo-Moting (Hamburger SV). Letzterer kam ablösefrei aus Mainz zum FC Schalke. Die ersten Spiele für Sidney Sam beim FC Schalke liefen gut, jedoch musste sich Sam des Öfteren wegen muskulärer Probleme zurücknehmen und sogar einige Spiele aussetzen. Aufgrund seiner Verletzung stellte Jens Keller das System um und warf u. a. den jungen Max Meyer ins kalte Wasser der Bundesliga. Als Sam wieder fit wurde, begeisterte auf einmal Leroy Sané die Schalker Anhänger. So blieb das erste Jahr beim FC Schalke eher weniger erfreulich in Erinnerung – nur elf Einsätze ohne Torbeteiligung. Der Neuzugang aus Leverkusen, auf den sich viele Schalker freuten, geriet in Vergessenheit ob der furios aufspielenden Talente. „Neuer Trainer, neues Glück“ sollte es dann unter dem neuen Trainer André Breitenreiter heißen. Doch erst setzte ihn eine Sehnenreizung außer Gefecht, dann spielte auf einmal der neu verpflichtete Alessandro Schöpf auf seiner Position. Und als Sam gerade wieder spielen konnte, bremste ihn eine Adduktorenverletzung aus. Trotz guter Platzierung der Mannschaft installierte Schalke zur nächsten Saison Markus Weinzierl als Trainer, der Sam komplett ignorierte. Sam spielte in der Regionalliga West, um Spielpraxis zu erhalten. Sam, hochgeschätzt unter den jungen Spielern, führte zusammen mit Sascha Dum die junge Schalker Mannschaft. Sam war endlich wieder beschwerdefrei, doch laut Weinzierl passte der Österreicher Schöpf besser in das Spielsystem des Oberbayern. In der Winterpause ließ sich Sam deswegen zum SV Darmstadt 98 ausleihen. Auch unser VfL Bochum versuchte schon damals den Flügelflitzer für eine Saison anne Castroper zu lotsen, Sam entschied sich aber für die erste Liga. Sam kam in der chancenlosen Darmstädter Mannschaft zu zwei Treffern und einer Vorlage und brachte wenigstens etwas Schwung in die sonst eingerostete Offensive der Südhessen. Am 8. August erschien Sam schließlich als Trainingsgast an der Castroper Straße. Während viele Fans und auch die Verantwortlichen eine Verpflichtung Sams für unwahrscheinlich hielten, unterzeichnete Sam am „Deadline-Day“ einen Vertrag bis 2019. Die Bochumer Fans können sich auf einen schnellen und trickreichen Flügelspieler freuen, den lediglich eine Muskelverletzung zur falschen Zeit die ganz große Karriere verbaut hat. Herzlich Willkommen anne Castroper, Sidney!

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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