Das verkannte Genie aus Ostwestfalen

Anders als das Titelbild vielleicht vermutet lässt, handelt es sich beim verkannten Genie aus Ostwestfalen nicht um einen talentierten Schachspieler. Christian Hochstätter hat im Zusammenspiel mit seinem Team einen überraschenden Transfer getätigt und mit Robert Tesche einen weiteren Mann für das zentrale Mittelfeld zum VfL Bochum geholt. Tesche kommt per Leihe von Birmingham City und wird mit der Rückennummer 23 auflaufen.

Wer ist Robert Tesche?

Im Grunde ist Robert Tesche Norddeutscher, das merkt man auch an seiner Gelassenheit und seinem ruhigen Charakter. Aufgewachsen ist Tesche jedoch im ostwestfälischen Löhne, wo er beim Stadtteilclub VfL Menninghüffen seine ersten Schritte auf dem Fußballplatz machte. Im Jahr 2001 konnte sein Talent nicht mehr übersehen werden und die Arminia holte Tesche nach Bielefeld in ihre Jugendabteilung. Bei der U16 begann Tesche, durchlief die U17, bevor er in der U19 als torgefährlicher Mittelfeldmotor in Erscheinung trat. Nach seiner Zeit in der Jugend spielte Tesche die Saison 2006/2007 bei der zweiten Mannschaft der Arminia, bevor er in den Profikader der Arminen übernommen wurde und dort 52 Mal auflief.

Foto: Wikimedia Commons

Nach einer für ihn persönlich starken Saison 2008/2009, wechselte Tesche zum Hamburger Sport Verein, bei dem er zwar nie unumstrittener Stammspieler war, jedoch immer wieder in der ersten Elf auftauchte oder eingewechselt wurde. Beim HSV half Tesche mit, die letzte wirklich erfolgreiche Saison der Rothosen mitzugestalten, als man in der Saison 2009/2010 bis in die Halbfinals von DFB-Pokal und Europa-League vorstieß. Die kommenden beiden Spielzeiten spielte der HSV in tieferen Regionen und Tesche war nicht mehr oft gefragt. So war er in der Rückserie der Saison 2012/2013 an die Fortuna aus Düsseldorf ausgeliehen, konnte deren Abstieg jedoch nicht verhindern.

Sein Wechsel nach England kam überraschend, doch Tesche hat sich auch auf der Insel durchgesetzt und konnte zuerst bei Nottingham Forest und zuletzt bei Birmingham City sein Können zeigen. In den vergangenen drei Spielzeiten war Tesche nicht immer Stammspieler, stand jedoch regelmäßig auf dem Platz.

Auffällig ist, dass sich Tesche immer wieder an die Mannschaften herangekämpft hat und sich von Rückschlägen nicht hat unterkriegen lassen. Einige Trainer haben ihn zeitweise übergangen oder in der zweiten Mannschaft agieren lassen, Tesche jedoch hat sich stets vorbildlich verhalten und die Herausforderungen angenommen und war im Anschluss auch immer wieder im Kader oder in der Stammelf zu finden. Das zeugt von Charakter und Willenskraft!

Was kann Robert Tesche dem Team geben?

Genau diesen Charakter und seine Erfahrung kann Tesche unserem Team vermitteln. Zuletzt hat sich die Grundordnung des 4-3-3 etabliert, in der zwei Achter vor Anthony Losilla agieren. Robert Tesche hat in seiner Karriere immer wieder im zentralen Mittelfeld als einer von zwei Sechsern, als Achter oder als Zehner vor zwei Sechsern agiert. Auch die Positionen im rechten Mittelfeld oder als hängende Spitze sind ihm nicht fremd. Seine Stärken liegen im Torabschluss, seinem Kopfballspiel, der Beidfüßigkeit und in seiner Ballfertigkeit, wobei ich hier von ganz sauberer Technik in den Grundlagen, wie der Ballan- und mitnahme und dem Passspiel, spreche. Tesche mag nicht für Spektakel stehen, er macht die kleinen Dinge jedoch richtig. Und das kann auf dem langen Weg, auf dem sich die Mannschaft befindet – grad wenn man aufsteigen möchte – immens wichtig sein! Zudem läuft Tesche immer wieder gut an. Er war schon zu seiner Zeit in Hamburg körperlich robust und wurde daher im Abstiegskampf als Zehner favorisiert, da er hier im Pressing immer wieder Ballgewinne forciert hat. Hinzu kommt die Variabilität, welche Tesche für die Mannschaft enorm wertvoll macht und die ihm schon zu Beginn seiner Karriere geholfen hat. Dies sind alles Attribute, welche ihn als Achter für die aktuelle Grundordnung prädestinieren und uns weitere Optionen geben, sogar wenn Ismail Atalan die Grundordnung anpasst.

Wie sinnvoll ist die Verpflichtung von Robert Tesche?

Auf den ersten Blick mag unser zentrales Mittelfeld mit Görkem Saglam, Kevin Stöger, Thomas Eisfeld, Anthony Losilla, Vitaly Janelt, Alexander Merkel und Robert Tesche quantitativ überbesetzt sein. Jedoch möchten die Verantwortlichen jegliche Abhängigkeit vom Zufall bestmöglich ausschließen, um auch im Endspurt der Saison, im Gegensatz zur vergangenen Saison, keine „Körner“ zu verlieren aufgrund von Verletzungen oder Formtiefs. In diesem Jahr ist die Leistungsdichte der zweiten Liga sehr, sehr eng beisammen und die Möglichkeit des Aufstiegs ist für viele Teams verlockend. Daher wird es vermutlich ein Aufstiegsrennen bis zum Schluss geben, weshalb jedes kleine Detail entscheiden kann. Mit der Verpflichtung von Robert Tesche hat man daher richtig gehandelt und einen weiteren technisch starken, jedoch robusten, Spieler geholt, welcher exzellent in den angedachten Spielstil passt und uns viel Freude bringen wird und unserem Kader spielerisch und charakterlich weiterhilft.

Tesche wurde während seiner Karriere von einigen Fans immer wieder belächelt, er wurde von Trainern auf das Abstellgleis befördert und schlussendlich doch wieder gebraucht. Doch darauf hat Tesche stets mit Leistung geantwortet und sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. Genau das sind die Charakterzüge, die wir in Bochum schätzen! Herzlich Willkommen, Robert Tesche!

Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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