Im Juni 2019 erwirbt Lars Windhorst 37,5% der Anteile an Hertha BSC. Sein Ziel: Er möchte den attraktiven Hauptstadt-Club zu einem bedeutsamen Verein im europäischen Fußball machen. Hertha soll sein Potenzial entfalten und zu den anderen Clubs europäischer Großstädte – Paris, London, Madrid – aufsteigen. Die Umgebung biete mehr Potenzial als Durchschnittlichkeit im deutschen Fußball. Europa sei das Ziel. Und das möglichst bald.
Das war Lars Windhorst zunächst 125 Millionen Euro wert. Im Laufe der nächsten Jahre erhöhte sich sein Investment auf 374 Millionen Euro. Er hält nun 66,6% des ausgegliederten Vereins.
Erfolg sollte erkauft werden
Dieses Geld floss zunächst in die Mannschaft. Vor der Saison 2019/20 zahlte man laut Transfermarkt 110 Millionen Euro Ablösen. Dem standen nur ca. 23 Millionen an Transfereinnahmen gegenüber. Ganz nach dem Motto “klotzen, nicht kleckern”.
Gleichzeitig steigerte man das Gehaltsniveau um rund ein Drittel – 20 Millionen – innerhalb eines Jahres. Der Erfolg sollte schnell eintreten. Nachhaltigkeit, zweitrangig. Die Gehaltskosten machten in der Saison 2019/20 rund 70% des Rohertrags aus. Deutlich mehr als bei den meisten anderen Vereinen.
Coronakrise zum ungünstigsten Zeitpunkt
Im Sommer 2019 folgte eine der schwierigsten Zeiten für den deutschen Fußball. Die Hertha war durch die hohen Investitionen in Transfersummen und Spielergehälter sowie die gleichzeitig einbrechenden Einnahmen stark betroffen.
Das zwang zum Umdenken. Anstatt weiter viel Geld Netto in neue Spieler zu investieren, musste der neue Sportvorstand Fredi Bobic deutlich konservativer planen.
Spielerverkäufe, um die Kosten zu senken
Das Ergebnis: Von den fünf teuersten Transfers in den vorherigen Transferfenstern spielt nur noch einer in der laufenden Saison bei der Hertha – Loucas Tousart. Seit dem 7. Spieltag stand er vor zwei Wochen das erste Mal wieder in der Startelf. Die Transferoffensive aus dem Jahr 19/20 ging nicht auf.
Krysztof Piatek und Dodi Lukebakio wurden Anfang der Saison nach Florenz und Wolfsburg verliehen, Matheus Cunha und Jhon Cordoba nach Atletico Madrid und Krasnodar verkauft – immerhin mit einem Transferplus.
Die Hertha taumelt auch in der laufenden Saison
Wie auch die letzten Trainer vor ihm schaffte es Pal Dardai in seiner erneuten Anstellung nicht, Konstanz in die Leistungen der Hertha zu bringen.
Er ist der vierte Trainer in 2 1/2 Jahren, der frühzeitig gehen musste. Für ihn übernommen hat Tayfun Korkut. Schafft Korkut es bis Saisonende im Amt zu bleiben, würde er damit die zweitlängste Einstellung seiner bisherigen Trainerkarriere einstellen. Ein Feuerwehrmann passt zu der allgemeinen Situation des Clubs. Anstatt mittelfristig etwas aufzubauen, werden kurzfristig Brände gelöscht.
Auch Korkut schafft es bisher nicht, den fortwährenden Absturz in der laufenden Saison zu verhindern. Erstmals ist man auch von den Leistungen her ein klarer Kandidat für die Abstiegsränge.
Laut Wyscout hat die Hertha eine durchschnittliche Expected Goal Differenz von -0.66 Toren pro Spiel. Kaum besser als die Mitkonkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt.
Hertha spielt wie ein Abstiegskandidat
Zuwider der ursprünglich hohen Ansprüche spielt Hertha auch wie ein Abstiegskandidat mit wenig Ballbesitz und ohne aggressives Pressing gegen den Ball. Die Hertha ist ein Konterteam.
Offensiv machen sich die zahlreichen Abgänge der ehemals teuer eingekauften Spieler bemerkbar. Laut Expected Goals zählt man hier zu den klar schwächsten Teams. Defensiv scheint es demnach eigentlich akzeptabel, wäre da nicht die Tatsache, dass man die zweitmeisten Tore zulässt.
Und entgegen dem Anspruch vieler spielerisch unterlegener Teams scheint man in Berlin auch nicht besonders Wert auf die Standards zu legen. Offensiv kommt man selten zu Abschlüssen, ist mit 5 erzielten Standardtoren aber nur leicht unter dem Durchschnitt.
Elf Gegentore bei Standards sind jedoch der schwächste Wert der Liga.
Für beide Mannschaften ist es ein Schlüsselspiel. Der VfL muss dabei ohne Kapitän Toto Losilla auskommen. Thomas Reis hat aber mehrere Möglichkeiten, ihn zu ersetzen.
Bei der Hertha wird es spannend sein, ob von den Winterzugängen bereits jemand den Sprung in die Startelf schafft. Marc Oliver Kempf wäre einer der Kandidaten.
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