Der VfL Bochum empfängt zum DFB-Pokal-Achtelfinale den 1. FSV Mainz 05. Dieses Duell gab es bereits in der letzten DFB-Pokalsaison. Wohl jeder VfL-Fan wird sich an das Spiel noch gerne zurückerinnern, das Hans-Peter Villis sogar als „Wendepunkt“ der Saison sah. Ein Rückblick der etwas anderen Art.
Die Geschichte ist kurz erzählt. Der VfL holte ein 0:2 in der regulären Spielzeit auf und gewann nach Elfmeterschießen, da kein einziger Mainzer einen Elfmeter verwandelte. „Elfermeterschießen ist nicht so Mainz“ titelten wir damals – ein Namenswitz musste da einfach sein. Herzliche Grüße übrigens an den vfl4u-User, dessen Titelidee wir damals so übernommen haben. Muss ja auch mal gesagt werden 😉
Denn zum Zeitpunkt des Mainz-Spiels lag der VfL nicht souverän auf einem Aufstiegsplatz, sondern mit 23 Punkten auf Platz 4 – knapp hinter Greuther Fürth auf dem Relegationsplatz. Entweder hopp oder top, Niederlagen in Kiel und Hannover aber auch Siege gegen Paderborn und Heidenheim standen zu buche. So ging es am 23. Dezember 2020 um 20:45 zu Mainzern, die in der Bundesliga bis dato einen Sieg errungen hatten und mit sechs Punkten auf Rang 17 standen. Lediglich Schalke war noch schlechter.
Trainer der Mainzer war zu der Zeit Jan-Moritz Lichte, jahrelanger Co-Trainer unter u. a. von Schubert, später in Mainz bei Sandro Schwarz und Achim Baierlorzer. Er schickte folgende Elf ins Rennen:
Zentner – St. Juste, Kilian, Hack, Niakhaté – Latza, Barreiro – Burkardt, Boetius, Quaison – Onisiwo
Thomas Reis vertraute seiner Elf, die Tage zuvor einen ungefährdeten 3:0-Erfolg gegen den 1. FC Heidenheim feierte:
Riemann – Gamboa, Bella Kotchap, Leitsch, Soares – Losilla, Tesche – Blum, Zulj, Holtmann – Zoller
Der VfL begann flott, hätte zwei Möglichkeiten gehabt, wären die Flanken von Holtmann an den Mann gekommen. Christian Gamboa sah früh den gelben Karton für ein Ziehen am Trikot durch Schiedsrichter Martin Petersen, der später noch viel mehr im Mittelpunkt stand, als ihm eigentlich lieb war.
Die erste Möglichkeit nutzte dann allerdings Mainz direkt. Nach Ballgewinn des Luxemburgers Barreiro passte Burkardt auf Boetius, der mit einem satten Schuss ins kurze Eck Riemann keine Chance ließ – 1:0 für die Gastgeber.
Das Spiel wurde auf den Kopf gestellt. Der VfL dominierte die Anfangsphase, die Mainzer aber gingen in Führung. Die vier gelernten Innenverteidiger mit ihrer Körperlichkeit machten es der Offensivreihe um Simon Zoller aber ordentlich schwer. So hatte Mainz in der 36. Minute die nächste Möglichkeit durch Latza, wobei dieser den Ball knapp nicht mehr erreichte. Den Schuss von Quaison entschärfte Riemann klasse.
Vor der Pause hatte noch einmal Latza die Möglichkeit, wollte den Ball aber mit der Hacke abschließen, sodass der Torschuss eher wie eine Rückgabe an Riemann wirkte. So ging es mit einer 1:0-Führung in den zweiten Durchgang, der es aus Bochumer Sicht noch in sich haben sollte.
In der 51. Minute kam Bella Kotchap nach Zulj-Ecke frei zum Kopfball, setzte den Ball allerdings nur ans Außennetz. Wenige Zeigerumdrehungen später zappelte der Ball dann im Bochumer Netz. Latza spielte einen Doppelpass mit Quasion und schob ein, 2:0 für die Mainzer.
Die Mainzer brachten Mateta für Burkardt und der VfL brachte Silvere Ganvoula für Zoller, das aber nur als Randnotiz.
Eine Bochumer Ecke wurde von Kilian scharf gemacht und Blum sieht am Strafraumeck Gerrit Holtmann, der angerauscht kommt und das 2:1 erzielt. Ausgerechnet der Ex-Mainzer Holtmann könnte man sagen, denn mit Latza traf ja auch schon ein Ex-Bochumer in diesem Spiel.
Der VfL war jetzt am Drücker, aber die Zeit wurde knapp. In der Nachspielzeit brachte der Mainzer Trainer Lichte noch Stöger für Latza, zuvor kamen mit einem Doppelwechsle Ji und Fernandes – und dann kam es, wie es kommen musste.
Riemann ging ins Dribbling, wurde von Mateta gestoppt. Zulj brachte an der Seitenlinie die Freistoßflanke herein und GOAT Robert Tesche köpfte zum 2:2 ein – in sprichwörtlich letzter Sekunde. Abpfiff, nochmal 30 Minuten Nachschlag.
Brauchten wir noch bisschen Drama? Gerne. Zulj trat in der 95. Minute eine Freistoßflanke herein, der Ball ging an die Hand eines Mainzers und Bella Kotchap wurde umgerissen. Elfmeter? Fehlanzeige. Der Konter lief und Ji wird von Riemann gefoult – Freistoß und die rote Karte für unseren Schnapper.
Jetzt wurde es wild. Petersen wertete das Einsteigen Riemanns, der übrigens zuerst den Ball traf, als Notbremse und schickte ihn vom Feld. Das Handspiel der Mainzer konnte auch nicht vom VAR gewertet werden, da es in der zweiten Pokalrunde den VAR schlicht und ergreifend nicht gab. Patrick Drewes kam nun für Gerrit Holtmann und auch Milos Pantovic betrat für Robert Zulj den Platz.
„Ist nur der Kopf Armel, ist nur der Kopf“ – Danilo Soares zu Armel Bella Kotchap, als er mit einem Krampf liegen blieb
Zu zehnt waren natürlich nur noch wenig Entlastungsangriffe möglich und es ging einzig und allein noch darum, sich irgendwie ins Elfmeterschiessen zu retten. Losilla verletzte sich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte der Verlängerung und Erhan Masovic kam, ebenso später Bockhorn und Gamboa. Mateta und Onisiwo hatten jeweils noch eine Gelegenheit, doch dann pfiff Martin Petersen das Spiel ab und es ging ins Elfmeterschiessen.
Pantovic knallt den Ball in den Winkel und die Torkamera ab – 1:0
Szalai schiesst, und trifft nur den Pfosten
Erhan Masovic schiesst und verwandelt sicher ins linke untere Eck – 2:0
Der Ex-Bochumer Kevin Stöger schiesst – allerdings zu genau und trifft nur die Latte
Ganvoula hat mächtig Glück, dass Zentner am Ball ist, der Ball aber zu scharf ist und so unter Zentner durchrutscht – 3:0
Und Jean-Philipe Mateta trat für Mainz an. Und der Elfmeter glich mehr einer Rückgabe. Drewes parierte den Schuss und Petersen pfiff das Spiel ab. Der VfL zog in die nächste Runde ein und für Mainz ging ein sowieso schon bitteres Fußballjahr 2020 mit einem noch größeren Tiefpunkt zu Ende.
Nach dem Spiel
Für Jan-Moritz Lichte war es das letzte Spiel in Verantwortung als Mainz-Trainer, er wurde durch Bo Svensson ersetzt. Auch in der Vorstandsetage fand ein Stühlerücken statt: Rouven Schröder (mittlerweile bei den Nachbarn) wurde durch Martin Schmidt ersetzt, außerdem kehrte Christian Heidel zurück. Nach sieben Punkten in der Hinrunde schaffte Mainz historisches: Mit sagenhaften 32 Punkten in der Rückrunde schafften die Mainzer etwas, was man ein kleines Fußballwunder nennt. Noch nie schaffte eine Mannschaft mit so wenigen Punkten nach der Hinrunde noch den Klassenerhalt. Am Ende sogar recht ungefährdet auf Tabellenplatz 12.
Die Geschichte des VfL ist wohl jedem bekannt. Am 23. Spieltag übernahm der VfL die Tabellenführung und gab sie nicht mehr her. So stand am Ende die Zweitligameisterschaft und der Aufstieg nach elf Jahren zweiter Liga. Im Pokal war allerdings in der nächsten Runde Schluss: Beim späteren Pokalfinalisten Leipzig reiste der VfL ohne den gesperrten Riemann und den verletzten Tesche an und verlor am Ende mit 4:0.
Der noch einmal in die Pokalnacht eintauchen möchte, dem empfehlen wir auch gerne die Nachbesprechung in unserem Podcast, der Stammtisch Folge Nummer 12. Hoffen wir auf einen erneut tollen Pokalabend, ähnlich wie im Oktober gegen den FC Augsburg.
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