Das Beste was passieren konnte

Setzte den Schlusspunkt in einer wohl denkwürdigen Partie: Silvere Ganvoula Foto: VfL Bochum 1848

Nach dem 5:1 gegen den SSV Jahn Regensburg steht der VfL Bochum mit einem Bein in der Bundesliga. Sofern die Kieler die Nachholspiele alle gewinnen, kann man mit einem Sieg gegen den 1. FC Nürnberg die langersehnte Rückkehr in die erste Fußball-Bundesliga klar  machen. Auch das Spiel gegen die Oberpfälzer untermauerte eine fast schon unheimliche Serie. Nach jeder Niederlage, neun an der Zahl, antwortete der VfL mit einem Sieg.

Die Anspannung war da. Nicht nur bei mir, sondern wohl bei jedem VfL-Fan. Nachdem man sich nach Tesches Tor in Darmstadt fast schon sicher in der Bundesliga wähnte, schlugen die Lilien eiskalt, unter anderem in Form von Serdar Dursun, zurück. Ausgerechnet dann kam die „Pokal-Pause“. Für mich war das ein unglaubliches warten bzw. bangen. Schaffen sie es wieder mit einem Sieg zu antworten oder vergeigt man es am Ende tatsächlich wie der allseits bekannte HSV?

Feierte sein Startelf-Debüt: Tarsis Bonga. Foto: VfL Bochum 1848

Nun, auch wenn ich mich in anderen Fanlagern umhörte, kam nur ein „Ihr seid locker durch“. Teilweise hat man ja schon Glückwünsche bekommen. Aber als VfL-Bochum-Fan ist man doch so vieles gewohnt. Das 5:6 gegen Bayern aus den 70ern hat ja schon so einen Bart. Gefühlt waren es immer WIR die kurz vor knapp Nerven gezeigt hatten. Außerdem fällt für den Saisonendspurt noch unser Rückhalt Manuel Riemann aus und Drewes hatte in Darmstadt am Ende nicht die allerglücklichste Figur gemacht hatte (wobei ihn aus meiner Sicht keine Schuld traf). Dass, Zitat Bild, „Bum Bum“ Blum, der auch häufiger mal für einen Dosenöffner bekannt war, sich gegen Darmstadt verletzte war ja dann noch die Krönung eines extrem bitteren Abends.

So ging es jetzt also in das Spiel gegen den Jahn, gegen den wir in vier Spielen noch nie zuhause gewonnen hatten. Kiel hatte mit einem 4:0 am Freitag schon ordentlich „Druck“ gemacht, stand aber trotzdem noch vier Punkte hinter uns. Anders die Fürther, die mit einem Sieg an uns vorbeigezogen wären. Aber gegen Karlsruhe reichte es für die Kleeblätter zuhause nur zu einem 2:2. Auch die Aufstellung hatte ein paar Überraschungen parat. Tarsis Bonga feierte sein Startelfdebüt und Bockhorn verteidigte auf Gamboas Position. Gamboas Pause, laut Reis wohl nur eine Vorsichtsmaßnahme, hatte sich nämlich gar nicht angekündigt. Das Kadercomeback von Lampropoulos freute mich dafür um so mehr.

Die Anfangsphase sparen wir uns, Regensburg geht durch Albers in Führung. Aber zwei Minuten später knallte Tesche den Ball humorlos in das Regensburger Gehäuse. Der achte Treffer von „Teschinho“ unserem Ostwestfälischen Genie. Sein fünfter Treffer aus den letzten vier Spielen. Er kann jetzt also getrost als Goalgetter bezeichnet werden. Tesche stand zehn Minuten erneut im Mittelpunkt als er eine Flanke in den 16er schlug und Jan-Niklas Beste ihn, Zeigler mit seinen Kacktoren wäre stolz, mit dem linken Fuß ins Regensburger Tor bugsierte. Hätte er seinen Fuß weggezogen, wäre der Ball nie scharf geworden. Aus VfL Sicht, Achtung Wortwitz, war die Pausenführung das Beste was passieren konnte.

In der zweiten Halbzeit springen wir gleich in die 60. Minute. Was war passiert? Der für mich gute Leiter Sascha Stegemann pfiff ein Foulspiel von Saller gegen Holtmann am Mittelkreis. Doch der Kölner Keller schaltete sich ein. Stegemann hatte lediglich den Freistoß gepfiffen, jedoch keine Karte gezogen. Christian Dietz im Keller schickte Stegemann in die Video-Area und der entschied sich nach Betrachtung der Bewegtbilder auf Platzverweis für den Regensburger Kapitän. Für die in der Abwehr eh schon ersatzgeschwächten Regensburger (Nachreiner und Elvedi verletzt, Gimber 5. Gelbe Karte), die mit Linksverteidiger, ursprünglich Stürmer, Wekesser in der Innenverteidigung aufboten, natürlich ein herber Schlag. Wenn auch, regeltechnich korrekt. Kaum war die Regensburger Abwehr neu positioniert, schlug der VfL auch eiskalt zu. In einem schön ausgespielten Angriff legte „Assist-König“ Zulj auf Holtmann, der cool gegen Meyer einschob. Erst danach brachten die Oberpfälzer mit Heister einen gelernten Verteidiger.

Auch Robert Zulj durfte seinen ersten Treffer seit dem Fürth-Spiel Anfang März feiern. Der Torschussversuch von Losilla, vorausgegangen eine Freistoßflanke von dem mittlerweile eingewechselten Eisfeld, verwertete Zulj als Abpraller zum 4:1. Auch wenn er zunächst zurückgepfiffen wurde, war uns diesmal das VAR-Glück hold und der Treffer zählte. Durch die Sky-Mikrofone hörte man schon den Autocorso von der Castroper Straße. Und der durfte noch den letzten Treffer des Tages bejubeln. Der nimmermüde Herbert Bockhorn wurde im Strafraum von Beste gelegt und Silvere Ganvoula, für den die Saison alles andere als gut läuft, durfte den Elfmeter zum 5:1 schießen. Danach war sofort Schluss.

Starke Partie auf hinten rechts: Herbert Bockhorn. Foto: VfL Bochum 1848

Die Radkappe ist zum Greifen nah

Diese Woche kann es also passieren. Der VfL kann nach elf Jahren Zweitligazugehörigkeit, man ist der „Zweitliga-Dino“ die Liga nach oben verlassen. Vorausgesetzt die Kieler verlieren die Nachholspiele gegen Hannover 96 und Jahn Regensburg. Von den Top 3 sind wir auch nicht mehr zu verdrängen. Sollte Fürth gegen Paderborn und Düsseldorf auch nur ein Mal Punkte lassen, sind wir ebenfalls oben. Oder ganz klassisch: Ein Auswärtsdreier gegen den 1. FC Nürnberg, gegen den wir traditionell gut aussehen und wir sind durch. Das Bonbon wäre für mich natürlich die Zweitligameisterschale, die seit 2008 auch der Gewinner der 2. Bundesliga ausgehändigt bekommt. Mit dem Gewinn derer würden wir uns zum vierten Mal dort eintragen und mit den Rekordsiegern 1. FC Köln, 1. FC Nürnberg, SC Freiburg und Arminia gleichziehen. Doch das wichtigste ist doch, dass man die Schweineliga verlässt.

Und wer hätte gedacht, dass wir in einer Saison, in der man „oben mitspielen“ als Ziel ausgegeben hat, am 33. Spieltag vorzeitig den Aufstieg klarmachen kann? Ein dickes Dankeschön an Thomas Reis und seinem Trainerteam und der Mannschaft für alle, die in dieser Saison ihren Anteil hatten. Der am Anfang noch stark kritisierte Reis stellt sich als Glücksgriff heraus. Das Beste, was dem Verein in diesem Jahrzehnt passiert ist.

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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Einsachtvieracht-Stammtisch #18

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