Viel gesät – nichts geerntet

Leere Taschen nach dem Heimspiel gegen den SC Freiburg

Foto: Tim Jessa

Der VfL Bochum unterliegt dem Sportclub aus Freiburg mit 1:2. Trotz überlegener Spielstatistiken, einem an seinem Geburtstag motivierten Kapitän und einer optisch und lautstark präsenten Ostkurve verlieren unsere Jungs das dritte Spiel in Folge. Die Chance, den Vorsprung auf die Abstiegszone zu erweitern, wurde nicht ergriffen. Ein kleiner Rückblick.

Als am gestrigen Sonntag um 15:30 blau-weißer Rauch zwischen den choreografierten Flutlichtern des Ruhrstadions hervorquoll, bestand an der Castroper Straße Zuversicht. Nach neun Gegentoren in den letzten beiden Spielen waren sich alle einig – gegen mehrfachbelastete und weit gereiste Freiburger sollten Punkte her. Gute zwei Stunden später sorgte der Schlusspfiff von Schiedsrichter Marco Fritz für Ernüchterung. Mit hängenden Köpfen verließen Spieler und Fans das Stadion. Der heutige Dauerregen aus dem permanent trist grauen Himmel verkörpert irgendwie das, was ich mit den Erinnerungen an das Spiel verbinde.

Personelle und taktische Änderungen

Coach Thomas Letsch änderte das Personal auf vier Positionen. Manuel Riemann, Tim Oermann, Erhan Masovic und Philipp Förster rutschten in die Startelf. Andreas Luthe, Noah Loosli, Matus Bero und Maximilian Wittek rotierten raus. Auch die taktische  Grundformation wurde in ein ‚4-2-2-2‘ geändert.

Youngster Oermann übernahm als Rechtsverteidiger in der üblichen Viererkette vor Schnapper Riemann. Masovic ergänzte Geburtstagskind Anthony Losilla als zweiter Abräumer auf der Doppel-Sechs. Während Förster sich als zweiter zentraler Spielmacher neben Kevin Stöger positionierte, rutschte ‚Taku‘ Asano als zweiter Stürmer neben Broschinski auf den Pinn. Demnach schien die Idee des Trainers offensichtlich darin zu bestehen, das Spiel zentriert durch die Mitte aufzubauen.

Zäher Kick mit vereinzelten Spitzen

In der Anfangsphase der Partie wurde die Kugel überwiegend im Bereich der Mittellinie hin- und her geschoben. Hier und da stach mal jemand hervor – insgesamt war jedoch nichts für Auge und Ergebnistafel dabei. Nachdem die ersten gelben Karten um die 30. herum verteilt wurden, gewann das Spiel an Dampf. Maximilian Eggestein war derjenige, der den SC Freiburg mit feinem Schlappen nach präziser Kopfballablage von Michael Gregoritsch in Führung brachte. Kevin Stöger konnte eine Flanke Tim Oermanns, die ihm blitzblank stehend auf den Scheitel fiel, kurz vor dem Halbzeitpfiff leider nicht verwerten.

Halbzeit zwei begann ähnlich fahrig und semi-attraktiv. Ritsu Doan erhielt bedauerlicherweise die Möglichkeit, sich in Minute 53 frei dribbelnd an der Sechzehnerkante zu entfalten. Seine anschließend stark gechippte Bogenlampe erreichte wieder den Kopf von Michael Gregoritsch, der diesmal selbst derjenige war, der die Kugel im Netz versenkte.

Nachdem unser Abwehrschrank Ivan Ordets nach fein geschliffener Ecke Kevin Stögers ins linke obere Toreck einköpfte, passierte in puncto Großchancen lange nichts. Bis zur 90. Minute, in der Keven Schlotterbeck nach Ecke von Stöger knapp drüber köpfte. Auch Manuel Riemanns Idee, sich selbst ab der 88. Minute ins Angriffsspiel einzubauen, änderte nichts daran, dass letztendlich ein Tor für einen Punktgewinn fehlte.

Traf als einziger für den VfL: Ivan Ordets. Foto: VfL Bochum 1848

Stabile Zahlen – kein Ertrag

Schlussendlich bringt`s auch aus der Fansicht leider nichts. Dennoch finde ich es erwähnenswert, auf die Abschlussstatistik zu schauen. Dort stehen 24:9 Torschüsse, 12:5 Ecken, und 59:41 % Ballbesitz – für uns. Genauso wie 1:2 Tore – für Freiburg. Solche Zahlen sind der Grabstein für so manchen Playstation-Controller und die Spaltaxt für den Ikea-Wohnzimmertisch.

Wie kommt es, dass eine solch starke Statistik in der tatkräftigen Umsetzung nichts einbringt? Da hat sicher jeder eine eigene Meinung zu. Aus meiner Sicht wurde gestern zu sehr daran festgehalten, das Spiel durch die Mitte laufen zu lassen. Tiefstehenden Freiburgern wurde durch das kontinuierlich zentral aufkeimende Offensivspiel die Möglichkeit gegeben, uns kompakt, tief und eng stehend weg zu verteidigen. Daran änderten auch die wieder und wieder erfolgenden hohen Anspiele und teils aggressiven Anlaufversuche der eingewechselten Spieler Philipp Hofmann und Lukas Daschner nichts. Ebenso konnte der später auf links gezogene Kevin Stöger durch seine brasilianisch veranlagten Dribblingversuche das Tempo, was ihm zum Flügelspieler schlichtweg fehlt, nicht kompensieren.

Eventuell hätte das Umstellen auf eine flügelorientierte Formation im Verlauf des Spiels dazu geführt, mehr Knoten in die von Donnerstag noch beanspruchten Freiburger Abwehrbeine zu spielen. Und dadurch auch etwas Zählbares aus den reichlich gestreuten Aktionen ernten zu können.

Aber, wie schon gesagt, bleiben meine Überlegungen letztendlich auf der amateurhaften ‚Wäre-wäre-Fahrradkette-Ebene‘ eines einfachen Zuschauers. Was der Coach entscheidet, wird umgesetzt – oder zumindest versucht.

Schiedsrichter Marco Fritz – gestern nicht unumstritten

Keinesfalls möchte ich den Schiedsrichter als Person benennen, die maßgeblichen Einfluss auf das Spielergebnis ausgeübt hat. Dennoch empfand ich einige seiner Entscheidungen als fragwürdig. Da sind nicht gegebene gelbe Karten gegen Freiburger Spieler, die den Ball in unterbrochenen Situationen wegschlagen (bspw. Manuel Gulde, der daraufhin aufgrund der Ampelkarte unter die Dusche gemusst hätte). Außerdem ein Roland Sallai, der frustriert nach Erhan Masovic tritt. Auch ein Matthias Ginter, der Moritz Broschinski im Strafraum mit einer Kombination aus gegengestelltem Fuß und um den Oberkörper gelegten Arm im Fallen begünstigt.

Ehrlich gesagt habe ich keine der Situationen einzeln nochmal angeschaut und die Verantwortung für ein Ergebnis tragen die Spielenden, nicht die Unparteiischen. Im Stadion wirkte es für mich dennoch manchmal erstaunlich, was Fritz und sein Gespann, inklusive des Big Brothers im Kölner Keller, in diesen Situationen entschieden – oder halt auch nicht.

Den Reaktionen der meisten Zuschauer zufolge bin ich nicht der einzige, dem es so ging. Nach all den Pfiffen und lauten Schreien hätten wir uns nach Abpfiff vermutlich irgendwo am Nordseestrand wiedergefunden, so weit wie Fritz das Spiel geschoben haben soll.

Fehlende Säulenspieler – Gestern vermisst, gegen Mainz hoffentlich zurück

Gestern fehlte uns (mal wieder) essentielles Personal. Matus Bero und Patrick Osterhage hätten sicherlich – sowohl offensiv, als auch defensiv – für aggressives Gegenpressing, höheres Tempo und gewinnbringendere Pässe im zentral orientierten Spielstil gesorgt. Christopher Antwi-Adjei wäre womöglich die Parallele zu Asano auf der gegenüber liegenden Flügelseite gewesen und hätte mit Dribbling und Vorstößen dafür gesorgt, die badische Abwehrkette auseinander zu ziehen.

Den Aussagen des Coachs zufolge sollen zumindest Osterhage und ‚Jimmy‘ in der laufenden Woche wieder ins Teamtraining einsteigen. Es wäre immens wichtig, beide im Kader des Teams, was nächsten Samstag zum wichtigen Auswärtsspiel beim FSV Mainz 05 reist, vorzufinden.

Ob Tim Oermann in diesem stehen wird, bleibt abzuwarten. Leider musste das zuletzt wichtige Eigengewächs gestern zur Halbzeit verletzungsbedingt draußen bleiben.

(Druckvolle) Schlüsselspiele in den kommenden Wochen

Die nächsten Spiele sind wichtig – sauwichtig! Ohne Wenn und Aber. Genug geredet, nun müssen Taten her. Mit Mainz, Darmstadt, Köln und Heidenheim bespielt der VfL vier Gegner, die sich in ähnlichen tabellarischen Regionen aufhalten. Und sicherlich nicht weniger als wir daran interessiert sind, sich zu steigern oder in die obere Richtung festzuspielen.

Nachdem ich den gigantischen Heimsieg gegen den FC Bayern München vor drei Wochen noch als Bonuskirsche auf der Torte bewertet habe, sehe ich ihn aktuell eher als rechnerische Notwendigkeit, die uns vor ‚schlimmerem‘ bewahrt.

Im Anschluss an die letzten drei Spiele wünsche ich mir, dass die Jungs auf mentaler und leistungsbasierter Ebene wieder an eben jenen geilen Sonntagnachmittag anknüpfen können. Die Ergebnisse der kommenden vier Spiele werden garantiert großen Einfluss darauf haben, ob wir in Bochum mit druckbesetzt enger Kehle oder souverän breiter Brust in den Monat Mai starten können.

An der Unterstützung der Fans soll und wird es nicht scheitern. Gestern war zum Anpfiff (und allgemein) klar sicht- und hörbar, dass die Mannschaft sich eines bockstarken blau-weißen Rückhalts sicher sein kann.

 

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Autor: Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 32 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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