Möglicher Matchplan gegen den Meister

Bayer 04 Leverkusen - VfL Bochum | Grafik: Paddy Schneider

Die letzten Wochen waren für den VfL Bochum mehr als zermürbend. Die Spiel- und Ergebniskrise lässt wenig Grund zur Hoffnung auf einen erneuten Klassenerhalt in der Bundesliga zu. Der ausgerufene Neuanfang mit Neu-Trainer Dieter Hecking erhält am kommenden Samstag die erste Chance: Ausgerechnet gegen Meister Bayer 04 Leverkusen.

Die letzten Ergebnisse lassen befürchten, dass der VfL seinen Negativrekord aus der Hinrunde der Vorsaison noch unterbietet: Ein zerrüttetes Umfeld, eine zerrüttete Mannschaft und zu wenig individuelle Klasse. Kurzum: Es brennt lichterloh anne Castroper. Und das bereits kurz vor Weihnachten.

Mit Dieter Hecking wurde unter der Woche ein erfahrener Mann an die Brücke beordert. In stürmischer See gilt es, die Mannschaft seetauglich zu machen. Nicht, dass die Ruhr besonderen Wettereinflüssen trotzen müsste, doch vom Rhein kommt ein Tornado auf den VfL zu, der die letzte Saison eindrucksvoll ohne Niederlage absolvierte und auch in diesem Jahr zur Spitze der Bundesliga gehört. Zuletzt zeigte der Meister jedoch Schwächen. Wenn gleich diese auf dem hohen Niveau der Champions League eingeplant werden müssen, so hat sich das Powerhouse nahe des Chemieparks in Leverkusen mittlerweile ein Standing erarbeitet, dass solche Ergebnisse sich überraschend anfühlen.

Ein neuer Mann auf der Brücke: Dieter Hecking. Quelle: Wikicommons

Xabi Alonso formte in Leverkusen ein Team, welches variabel und spielerisch hochklassig gegen jeden Gegner bestehen kann. Es liebt vor allem, den Gegner zu sezieren und Lösungen zu finden. Wie tritt man also als Schlusslicht der Liga gegen den amtierenden Meister an?

Mit Struktur und Ordnung gegen die Gegentorflut

Als der VfL diese Woche den neuen Trainer präsentierte, keimte etwas Hoffnung auf: Klar heraus, Probleme ansprechend, präsentierte sich der erfahrene Mann und war offen, als er bekannte, dass einige Kontakte und auch er selbst bei den letzten Ergebnissen ins Grübeln kamen. Was tut sich Dieter Hecking da an? Den einzigen Punktgewinn gegen Holstein Kiel klammerte der Mann aus Castrop-Rauxel direkt aus. Der VfL zur Stunde Null. Gefühlte Null Punkte auf dem Konto, aber einen Pragmatiker gewonnen, der Lust auf den VfL zu haben scheint.

Ein möglicher Matchplan gegen den Meister

Hecking zeigte sich in seiner Grundordnung zumeist klar: Eine Viererkette im Abwehrverbund wird durch mannschaftstaktisch aus Mittelfeld und Angriff unterstützt. Dazu gibt es Anpassungen an den Gegner. Kurzum: Die Defensive hat Priorität. Keine schlechte Vorgabe für eine VfL-Mannschaft, die zuletzt massenhaft Gegentore schluckte und zumeist schon früh in der ersten Halbzeit aus dem Spiel genommen war.

Ein zentrales Merkmal von Heckings taktischem Ansatz ist die defensive Stabilität. Heckings taktische Philosophie ist entsprechend geprägt von einer soliden defensiven Organisation und starker Kompaktheit. Passend für den VfL Bochum setzt er dabei auf eine mannorientierte Zuordnung aus einer zonenorientierten, kompakten Spielweise heraus. Entsprechend verwendet er gerne „Spiegelformationen“, bei denen die gegnerische Aufstellung gespiegelt wird, um direkte Duelle zu schaffen und den Druck auf den Gegner zu erhöhen.“ – Mit Ruhe und Bestimmtheit aus der Krise

Vermutlich wird Hecking daher mit einer Grundformation starten, die jeder Fußballer kennt. Beliebt sind das 4-4-2 oder das 4-2-3-1. Gegen das variable 3-4-2-1 des Meisters keine schlechte Variante, um die defensiven Flügel und die Halbräume vor der Abwehrkette zu stärken. Je länger die Null steht, desto mehr Selbstvertrauen gewinnen unsere Jungs hoffentlich, um vermehrt Nadelstiche zu setzen. Ein aggressives Anlaufen der Abwehrkette, das Atalanta Bergamo oder Bayern München zuletzt gegen Leverkusen zeigten, würde dem VfL wahrscheinlich das Genick brechen, da Leverkusen die sich bietenden Lücken gezielt und mit Tempo ansteuern kann.

Hat eine große Aufgabe vor sich: Die Mannschaft des VfL. Foto: VfL Bochum

Durch den Speed mit und ohne Ball hat unsere Verteidigung schnell das nachsehen und Bayer bewegt sich in seiner Komfortzone: Mit Ball und Geschwindigkeit im Kombinationsspiel. Wie Eingangs erwähnt, formte Alonso ein variables und spielerisch hochklassiges Team, welches uns auch im geordneten Ballvortrag her spielen wird. Dennoch ist die Chance hier größer, dass unsere Zweikampfstärke an einem ‚Sahnetag‘ Torchancen verhindert und die Leverkusener zunehmend ratlos werden lässt.

Jeder gewonnene Zweikampf muss gefeiert werden

Daheim gegen den Meister gilt es, die Zweikämpfe anzunehmen und Räume zu schließen, damit Leverkusen nicht über die Außen in den Rücken kommt. Die notwendige Beweglichkeit in unserem Zentrum hängt mit der Fitness von Matúš Bero zusammen. Sollte er nicht fit werden, ist die ordnende Hand von Anthony Losilla ebenso wichtig wie seine Persönlichkeit als Führungsspieler.

Wir müssen uns darauf zurückbesinnen, was die Werte des VfL Bochum sind. Wofür dieser Verein in der Vergangenheit stand und wie schwierige Situationen gemeistert wurden. Es war immer der Zusammenhalt, innerhalb der Kabine, innerhalb des Vereins und auch das Zusammenspiel mit den Fans. Ich weiß, als gegnerischer Trainer warst du eigentlich immer favorisiert, wenn du hierhergekommen bist. Am Ende des Tages hast du dann eine lange Nase gezeigt bekommen, weil du dich mit der Art Fußball zu spielen nicht arrangieren konntest. Das ist ein Punkt, wo ich hoffe, dass wir dieses Feuer wieder entfachen können.“ – Dieter Hecking über das, was den VfL wieder auszeichnen soll

Einige unserer Spieler müssen vorweg gehen und den Rest mitreißen. Die Jungs müssen sich gegenseitig zur Höchstleistung pushen. Jeder Zweikampf muss es wert sein, geführt zu werden. Jeder gewonnene Zweikampf muss gefeiert werden. Auf dem Rasen. Von den Rängen. So entsteht eine Stimmung anne Castroper, in der sich das Leistungsniveau hoch schaukelt und man den Gegner langsam auf sein Niveau hinunter zieht. Chancengleichheit, wie in der ersten Halbzeit gegen Borussia Dortmund, wäre der Idealfall.

Leidenschaftliche Zweikämpfe und voller Fokus werden am Samstag nötig sein. Foto: VfL Bochum

Die Außen werden unterstützt

Auf der Außenbahn erhält Gerrit Holtmann ein Startelfmandat. Mit seinem Tempo kann er Maximilian Wittek Support geben und uns Raum für Konter öffnen. Zudem kann er die Breite besetzen und Wittek so Raum für diagonale Aktionen öffnen.

Ein zentraler Aspekt seiner Taktik für den Ballbesitz ist das schnelle Umschalten zwischen Defensive und Offensive sowie das Flügelspiel. Also etwas, dass den VfL seit dem Aufstieg in der Bundesliga ausgezeichnet hat.“ – Mit Ruhe und Bestimmtheit aus der Krise

Mit Jeremie Frimpong kommt ein athletischer Ausnahmekönner, sofern dieser nicht geschont wird. Aber auch die Alternative Nathan Tella dürfte uns vor große Probleme stellen, gerade da dieser zuletzt wenig Spielpraxis hatte und sich zeigen möchte. Generell könnte Bayer rotieren, wobei dies vermutlich eher von Nachteil für uns wäre. Die zweite Reihe um Jonas Hofmann, Nathan Tella oder Patrik Schick möchte sich für Spielanteile in der Champions League und im Nationalteam empfehlen.

Mögliche Startaufstellungen und Bewegungsmuster für das Spiel gegen Leverkusen

Schafft es Leverkusen, über die Außen durchzubrechen, brennt es zumeist beim Gegner lichterloh. Auf rechts rückt daher Felix Passlack eine Position nach vorne und doppelt mit Tim Oermann die Seite. Alejandro Grimaldo und Florian Wirtz werden in jedem Fall mit Support durch das zentrale Mittelfeld in Schach gehalten werden müssen. So gut es eben geht.

Ich bin jemand, der es sehr gerne hat, wenn die Spieler auf den Positionen spielen, wo sie sich am wohlsten fühlen und der Mannschaft am meisten geben können.“ – Bei Hecking spielen die Spieler auf den für sie vorgesehenen Positionen

Tempo und Tiefenläufe für die Offensive

Im Sturm wird es kein Spiel für Philipp Hofmann werden. Man wird weniger den Ball sehen und Tiefenläufe könnten die Chance sein, um zu Torchancen im Umschaltspiel zu kommen. Dafür steht, trotz mangelnder Torgefahr, eher Moritz Broschinski. Nach der Länderspielpause dürfte Dieter Hecking mehr Ideen umgesetzt haben, was einem Zielstürmer vermutlich zu Gute kommt, so dass es sich bei dieser Entscheidung um eine taktische handelt. Noch geeigneter wäre Myron Boadu, der jedoch weiterhin ausfällt. Für das auf Konter bedachte Spiel gegen Gegner, die vermehrt den Ball haben, wäre der niederländische Mittelstürmer prädestiniert.

Dani de Wit agiert auf seiner Wohlfühlposition hängend hinter Broschinski und attackiert den Sechserraum der Leverkusener. Kein einfaches Unterfangen. Im Angriff muss er vermehrt Abschlüsse aus allen Lagen suchen. Der VfL geht damit vollends auf Konter und kann im Laufe des Spiels, sofern es der Spielstand her gibt, noch mehr auf Nadelstiche setzen. Ein besonderes Augenmerk gilt es auf Standards zu legen, bei denen auch kurzfristig neue Varianten einstudiert und somit Erfolgserlebnissen forciert werden können.

Vielleicht der Mann, der am Samstag für Nadelstiche sorgt: Gerrit Holtmann. Foto: VfL Bochum

Defensiv gilt es, die Gegenspieler möglichst zu begleiten und nicht an der Mittellinie in offene Zweikämpfe zu gehen, so dass die Außenbahnspieler der Leverkusener uns ins offene Feld führen. Dann ist Leverkusen unhaltbar. Für unsere Jungs gilt es, die Räume möglichst kompakt zu halten und darauf zu hoffen, dass unsere Zweikampfführer Jakov Medic, Ivan Ordets, Ibrahima Sissoko und oder Matúš Bero einen Spitzentag erwischen und sich auf alles werfen, was ins Zentrum tendiert.

Im Tor kann man Patrick Drewes keinen Vorwurf machen. In der aktuellen Lage und bedingt durch die vergangenen, sehr hohen, Niederlagen, wäre ein Torwartwechsel nicht unüblich. Mit Timo Horn sitzt ein ebenso erfahrener Keeper auf der Bank, der am Wochenende durchaus auch im Tor stehen könnte. Um der Mannschaft einen Impuls zu geben, wäre auch dieser Wechsel nachvollziehbar.

Spieltag anne Castroper

Samstag ab 15:30 Uhr anne Castroper sehen wir, ob der Trainereffekt einsetzt oder ob man unserem neuen Mann auf der Brücke einige Seetage mehr Einräumen muss, da der letztjährige Meister einfach zu stark für den VfL ist. Glück Auf!

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Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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