Kellerkrimi in Niedersachsen

Mit hoher Drehzahl Richtung Wolfsburg

Freitagnachmittag. Ich sitze im Sessel, gucke mir das verregnet dreckige und nur wenig später sonnig-blaue Aprilwetter aus dem Fenster an und habe eine Woche Urlaub vor der Brust. Eigentlich ein guter Grund, um entspannt ins Wochenende zu starten. Entspannt bleibt es wohl nur bis morgen früh um 10:33. Da startet der Bagger in Richtung Niedersachsen. Gute fünf Stunden später wird das Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg angepfiffen. Ein existenziell wichtiges Spiel – sowohl für uns, als auch für die Wölfe.

Weiß jemand von euch, was Stanislav Sestak am Dienstag, dem 15.04.2008, gemacht hat? Richtig, er schoss in der 88. Minute das entscheidende Siegtor zum 0:1 Auswärtssieg unseres VfL in Wolfsburg. Seitdem – seit auf die Woche genau 16 Jahren – konnten wir in der Volkswagen Arena nicht mehr punkten. Der morgige Kick ist zwingend geeignet, um diese haarsträubende Statistik in eine bessere Richtung lenken.

Erzielte die Hütte zum letzten Auswärtssieg in Wolfsburg: Stanislav Sestak. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Gemischt emotionales Nervenflattern im Zugabteil

Vor guten sechs Wochen war ich noch in der Hoffnung, die bevorstehende Auswärtsfahrt locker flockig angehen zu können. Dass wir uns langsam aber sicher dem rettenden tabellarischen Ufer zum dritten Klassenerhalt in Folge nähern. Dass ich entspannt mit Kumpel Christian und seinem Vatter Martin, einem Sixer Fiege Helles und einem ranzig belegten Brötchen vom ‚Backwerk‘ auf dem Vierer im ICE sitze und den Blick sorgenfrei über die vorbeiziehende Landschaft streifen lasse. Im Wesentlichen wird das alles so kommen – jedoch wird es mir nicht gelingen, sorgenfrei zu sein.

Einerseits freue ich mich extrem auf die Fahrt. Die optimale Entfernung, die optimale Anstoßzeit, die optimale Fan-Euphorie aufgrund des Aufrufs zum zahlreichen Mitfahren und Unterstützen aus Ober- und Unterrang. Wäre da nicht dieses beschissene Gefühl, Sonntagabend womöglich auf einem Tabellenplatz zu stehen, der nicht zum (unmittelbaren) Verbleib in der ersten Fußballbundesliga berechtigt.

Tabellarisch gefährliche Ausgangssituation

Nach der vertagten Entscheidung der vergangenen Woche steht morgen erneut die Chance vor der Tür, dicke Punkte für den Klassenerhalt einzufahren. Gleichzeitig existiert leider auch die Gefahr, überlebenswichtigen Boden im Kampf gegen den Abstieg zu verlieren. Der bevorstehende Spieltag kann tatsächlich in jegliche Richtung ausschlagen. Sollten wir gewinnen, der FSV Mainz bei Christian Streichs Freiburgern stolpern und der FC Köln gegen Darmstadt Punkte liegen lassen, könnte es ein perfektes Wochenende werden.

Sollten wir jedoch verlieren, die aktuell saustarke Truppe von Bo Henriksen im Breisgau gewinnen und in der Domstadt ein solider Heimsieg gegen die Hessen eingefahren werden, hätten wir es nicht mehr in der eigenen Hand. Innerhalb dieses Szenarios wäre sogar der direkte Abstieg, ohne Relegation, nur noch einen Punkt entfernt. Alles ist möglich. Ob ich das geil oder grausam finden soll? Keine Ahnung, irgendwie beides.

Knifflig, aber nicht unmöglich

Der VfL Wolfsburg, mittlerweile unter der Regie von Ralph Hasenhüttl, konnte bis dato noch keinen positiven Effekt aus dem Trainerwechsel mitnehmen. Drei der vergangenen Spiele wurden verloren. Zwei davon zuhause – jeweils 1:3, gegen den FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach. Eben jene Formschwäche sorgt dafür, dass die Wölfe mit einer Tordifferenz in „Höhe“ von -16 und 28 Punkten auf Platz 14 stehen. Nur um Haaresbreite mit einem Punkt vor uns. Nachdem es den Fuggerstädtern und den Fohlen gelang, zuletzt ‚an den Allerwiesen 1‘ drei Buden zu machen – warum nicht auch uns?

Kevin Stöger hat sicherlich Bock, zauberhaft schlenzend drei Assists zu geben und sich international an der Spitze der Vorlagengeber zu halten. Keven Schlotterbeck wird vermutlich gern nochmal nach einer Ecke einnicken wollen (diesmal aber bitte nur ins richtige Tor) und auch Takuma Asano wird Interesse haben, nach seinen zuletzt oft unglücklichen Abschlussaktionen mal wieder einen im Netz zu versenken.

Sorgt mit seiner Vorlagen-Quote international für Aufsehen – Kevin Stöger. Foto: VfL Bochum 1848.

Bock auf einen Auswärtssieg!

Nach den zuletzt mal wieder mehr als anstrengenden Wochen, teils schwer erträglichen Spielen und nur selten schönen Momenten mit dem VfL wünsche ich mir morgen nichts anderes als einen Auswärtssieg. Zumindest ein Unentschieden. Um 17:15 würde ich liebend gern laut durchˋs Stadion gröhlen, dass in Wolfsburg jetzt gelitten wird, da unser VfL heute sensationell spielt und die Punkte klaut. Dazu ein euphorisch-aggressives „Auswärtssieg!“, eine bierverschmierte Brille vom Torjubel und ein überschwängliches „Zweite Liga – nie mehr, nie mehr!“ – es wäre zu schön.

Neucoach Butscher würde ich es von ganzem Herzen gönnen, nach Abpfiff im Jubelrausch zu „Highko“ zu mutieren.

Ich hoffe sehr darauf, dass die zahlreich angekündigten Bochumer Kehlen für einen lauten Auftritt im Gästeblock sorgen und man nach Abpfiff mit dem einen oder anderen bekannten Gesicht auf wichtige Zähler anstoßen kann! Glück auf!

 

 

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Autor: Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 32 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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