Formkurve zeigt stark nach unten

Der VfL Bochum verliert auswärts beim SV Werder Bremen sang und klanglos mit 0:3. Dabei zeigt die Formkurve unserer Elf mittlerweile stark nach unten – und das vor dem ganz wichtigen Spiel gegen Schalke. Ein Kommentar. Von Tobias Hütter und Claudio Gentile.

Selbst nach der guten Serie rund um das Ende der Hinrunde war jedem klar, dass es purer Kampf um den Klassenerhalt bis zur letzten Minute der Spielzeit wird. Die Stimmung im Block, auch in Bremen, war weit davon entfernt zu kippen. Die meisten wissen die Situation des VfL gut einzuordnen. Fragezeichen treibt einem die Leistung an der Weser allerdings schon ins Gesicht. Ohne Zugriff, null Gefahr, absolut chancenlos. Der Inbegriff von Spiel, in dem der VfL auch noch bei zwei Stunden mehr Spielzeit kein Tor geschossen hätte.

Doch von vorne. Neben dem gesperrten Losilla fielen kurzfristig auch noch Ordets und Soares aus. Beide elementare Bestandteile der Hintermannschaft und Garanten dafür, dass sich defensiv eine gewisse Stabilität gefunden hatte. Kunde, Schlotterbeck und Lampropoulos ersetzten die drei, dazu rückte Osei-Tutu für Janko in die Startelf.

Wie in unserem Sonderpodcast diskutiert und von uns auf der Pressekonferenz angefragt, durfte Erhan Masovic unseren Capitano als Sechser vertreten. Er interpretierte die Position jedoch als Zentralverteidiger, so dass eine Dreierkette mit Schlotterbeck und Lampropoulos entstand. Dies hat den Vorteil, dass dauerhaft eine Überzahl gegen den Doppelsturm der Hanseaten besteht, führt jedoch zu einer Unterzahl im Mittelfeld, wenn dort nicht personell aufgestockt wird. Diese „Aufstockung“ erfolgte durch ein Einrücken von Rechtsaußen Takuma Asano gegen den Ball. Dieser orientierte sich an Groß oder Stage, so dass Stöger und Kunde Niklas Schmidt und den jeweils andere Sechser aufnehmen konnten. Hofmann und Antwi-Adjei mussten Bremens Dreierkette allein beschäftigen. Auf den Außen waren Stafylidis und Osei-Tutu ihren Counterparts Bittencourt und Jung direkt zugeordnet.

Grundformationen in der ersten Hälfte

Mit diesen Anpassungen konnte unser VfL die Ausfälle bis zu einem gewissen Grad kompensieren. Zumindest defensiv stand man bis zum 1-0 für Werder stabil, ließ verhältnismäßig wenig zu, auch wenn man durch die Beschneidung der Offensive nach vorne hin völligst ungefährlich war. Einzig das Päarchen aus Bittencourt und Schmidt konnte Stafylidis etwas ärgern und ein paar Flanken Richtung Strafraum schlagen. Durch das nach links verschobene 3-4-1-2 war hinter Antwi-Adjei etwas Raum (siehe Grafik der Grundformationen), den die beiden Kreativspieler gut ausnutzen konnten. Ole Werner hat anscheinend ebenfalls unseren Podcast gehört und seinen kreativsten Spieler in die offene Stelle der Bochumer Formation gestellt. Weisers Ausfall war so zu für sein Team zu verschmerzen.

Beim 1:0 bespielte Bremen dann alle Schwächen, die durch die Anpassungen von Letsch entstanden. Durch die Reduktion der vorderen Anlaufreihe bauten Hofmann und Antwi-Adjei keinen Druck auf Veljkovic auf, der so seinen Diagonalball in Ruhe schlagen konnte. Zentral standen Schlotterbeck, Masovic und Lampropoulos um Füllkrug herum, der ein kurzes überzahlbedingtes Abstimmungsproblem zwischen Masovic und Schlotterbeck, wer das Zurückfallen von Ducksch den nun verfolgt, ausnutzt um sich im Rücken ins vermeintliche Abseits zu schleichen. Osei-Tutu steht kompakt in der Fünferkette, verpasst jedoch das Herausrücken seiner Kollegen kurz vor Veljkovic Pass, so dass er das Abseits aufhebt. Jung kann mit viel Schwung von Außen nach innen locker den Kopfball gewinnen und Lampropoulos kann den abseitsbedingten Vorsprung von Füllkrug nicht mehr aufholen.

Das 2:0 geht auf einen individuellen Totalausfall von Stadylidis zurück, der einen eigentlich schon gewonnenen Ball perfekt in den Fuss von Jung spielt, der locker den Ball in die durch Stögers Umschalten entstandene Lücke zum freien Schmidt spielt.

Der Formationswechsel zur Pause (Zehner Förster kam für Lampropoulos) war eher Augenwischerei. Stafylidis spielte tiefer und schob meist als tiefer Linksverteidiger in eine Dreierkette, während Osei-Tutu weiterhin weit aufrückte. Antwi-Adjei ging auf die linke Bahn. Förster übernahm die zentrale Offensivposition von Asano, der nun neben Hofmann spielte. Es blieb also beim 3-4-1-2, nur mit etwas offensiverem Personal.

Da naive Mauerstellen beim 3-0 setzte den Deckel drauf. Wäre der Ball nicht unter der Mauer durchgegangen, dann wäre noch ein großes Loch in der Mitte der Mauer gewesen. Am Ende muss Werder nicht viel machen, nicht mal eine eigene starke Leistung abrufen, sondern einfach nur ihren Schuh runterspielen. Das reicht, um unsere ersatzgeschwächte Elf am Ende so chancenlos nach Hause zu schicken. Man fragt sich: Kann das so reichen für das Ziel Klassenerhalt?

Vom Schwung der ersten Wochen unter Letsch ist nach 5 Niederlagen aus den letzten 7 Liga-Spielen seit dem Jahreswechsel nicht viel geblieben. Zu Hause gibt es immer wieder Lichtblicke. Man gewinnt gegen die vermeintlich individuell besser aufgestellte direkte Konkurrenz aus Berlin und Hoffenheim und schafft es, sich auch im Pokal teuer gegen Dortmund zu verkaufen. Und dann gibt es da solche Totalausfälle wie gegen Mainz, Freiburg oder jetzt auch Bremen. Die Formkurve vor allem in den letzten beiden Spielen zeigt ganz stark nach unten. Freiburg war auch schon Grütze.

Dieses Abknicken der Formkurve kommt zur absoluten Unzeit. In der kommenden Woche steht das wichtige Spiel gegen den direkten Konkurrenten aus Schalke an. Derby schön und gut, aber wenn ein Spiel den 6-Punkte-Charakter hat, dann dieses. Gewinnt Schalke, geben sie die rote Laterne an uns ab. Und das, nachdem man zum Ende der Hinrunde komplett abgeschlagen war. Dann bekommt der Verein, der immerhin 6 Punkte aus den letzten 4 Spielen geholt hat, nochmal richtig Oberwasser.

Derby, Reis, Abstiegskampf. Mehr Brisanz kann so ein Spiel eigentlich nicht haben. Ich hoffe, dass Letsch es schafft, die Mannschaft bis zum kommenden Wochenende zu stabilisieren und sie wieder das Gesicht zeigt, dass wir gegen die Hertha oder Hoffenheim gesehen haben. Denn sind wir ganz ehrlich: Sollte das Spiel verloren gehen, besiegelt das zwar nicht den Abstieg, macht ihn aber wesentlich wahrscheinlicher. Mein rein subjektives Erinnerungsvermögen der letzten Jahre bei „großen“ Spielen sagt mir eigentlich, dass wir das Spiel so richtig schön „verkacken“ werden. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Ich bin heiß auf Samstag.

Vielen Dank an die Blau-Weiße Taktikecke für die Absätze zur Taktik!

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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