Kölns Ausrichtung
Köln agierte offensiv wie unter Baumgart üblich im 4-Raute-2.
Im Aufbau bildeten die Kölner ein 2-3 in erster Linie, mit breiten Außenverteidigern in etwa auf Höhe des Sechsers. Die Achter, der Zehner und die beiden Stürmer positionierten sich im Zwischenlinienraum, sehr eng, um das Zentrum zu überladen.
So wollte man entweder schnell durch das Zentrum spielen, oder auf den Außenbahnen Räume freiziehen, die mit schnellen Vorstößen der aufrückenden Außenverteidiger ausgenutzt werden sollten.
Auf der rechten Acht war Ljubicic tendenziell tiefer, teilweise neben Skhiri auf die Sechs fallend. Der rechte Stürmer Thielmann driftete teilweise in den sonst von Ljubicic besetzten hohen Halbraum.
Links war Kainz höher, teilweise auf die Außenbahn schiebend. In dem Fall schob Hector von der Außenverteidigerposition hoch in den Halbraum.
Gegen den Ball stellt Köln hoch im 4-1-3-2 zu. Das Zentrum wurde so geschlossen, die Stürmer haben sich an den IV orientiert. Die Achter hatten die Aufgabe aggressiv auf die Außenverteidiger herauszurücken.
Bochum defensiv
Heiko Butscher ließ die Bochumer mit zwei sehr engen Viererketten im 4-4-1-1 Mittelfeldpressing verteidigen.
Davor orientierte sich Stöger am Sechser Skhiri, Hofmann trennte die Innenverteidiger. Beim Pass IV auf den anderen IV rückte oftmals Stöger im Bogen heraus, Hofmann lief den Sechser zu.
Im Zentrum hielten Losilla und Osterhage die Formation zusammen und versperrten zusammen mit den eng stehenden Außenstürmern gut die Passwege in den Zwischenlinienraum. Wenn sich einer der Kölner Mittelfeldspieler aus der Bochumer Formation heraus fallen ließ, wurden sie aggressiv verfolgt.
Durch die sehr engen Viererketten war für Köln das Zentrum weitestgehend verschlossen. So blieb oft nur der Pass auf den Außenverteidiger. In dem Fall schob unser Außenstürmer aggressiv heraus und verhinderte somit auch den Ballvortrag über die Außen. Butschers Plan funktionierte.
Durch das disziplinierte Verteidigen des VfL fand der 1. FC kaum Lösungen für den Spielvortrag.
Die Probleme der Kölner waren dabei vielseitig:
1) Ihre Außenverteidiger standen zu tief, um hinter die vordere Viererkette der Bochumer zu gelangen.
2) Die Innenverteidiger waren zu zögerlich und verpassten die Momente um neben Stöger und Hofmann anzubribblen, um so Lücken in der Bochumer Formation zu erzwingen.
3) Wenn sich vertikale Passwege ins Zentrum etwas öffneten, war Köln zu zaghaft und verpasste oft den Moment das Spiel zu beschleunigen.
Durch den ideenlosen Spielaufbau blieben dem 1. FC manchmal nur lange Bälle, die vor allem von Ordets einfach verteidigt werden konnten.
Die größte Kölner Chance bat sich nach einer Standardsituation. Bei einem Freistoß aus dem Halbfeld wurde die ballferne Seite nicht ausreichend verteidigt. Köln nutze die Überzahl am zweiten Pfosten, doch Skhiri konnte den Ball unbedrängt nicht gut genug platzieren. Das hätte der Ausgleich sein können.
Bochum offensiv
Mit dem Ball war der VfL erneut sehr direkt. Von hinten heraus waren lange Bälle von Riemann erste Wahl, nur 20% seiner Pässe waren Kurzpässe. So sollte auch Oermann in seinem ersten Profiauftritt vor zu viel Druck der gut pressenden Kölner bewahrt werden. Er spielte die wenigsten Pässe aller Starter auf dem Feld (14). Auch Ordets war mit nur 20 Pässen wenig am Spielaufbau beteiligt.
Wie so oft in dieser Saison war es Kevin Stöger, der die gefährlichsten Situationen einleitete. In der 9. Minute suchte Manuel Riemann schnell die Tiefe in Simon Zoller auf der rechten Seite. Dieser legte den Ball ins Zentrum zu Hofmann, von wo aus er zu Stöger weiterleitete. Stöger steckte einen perfekten Pass durch die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger. Der gestartete Gerrit Holtmann konnte diesen Ball erlaufen und mit dem ersten Kontakt scharf in die Mitte vor den Fünfmeterraum flanken. Dort klärte Jonas Hector den Ball zunächst an das Bein von Benno Schmitz, von wo aus er ins Tor ging. Manchmal braucht es eben dieses Glück.
In der 19. Minute ging eine weitere gefährliche Situation von Riemann aus. Ein Abwurf auf Stöger, der den Ball auf Zoller weiterleitete und direkt zurückbekam. Im Zentrum startete Osterhage in eine riesige Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger und wurde dort mustergültig bedient. Eine seitliche Ablage über den Kopf des einrückenden Außenverteidiger hinweg fand Gerrit Holtmann, der den Ball mit Wucht und Geschick an den Pfosten setzte. Etwas weniger Effet nach Außen und wir hätten das 2:0 bejubeln können.
Zweite Halbzeit
Zur zweiten Hälfte musste Holtmann raus, für ihn kam Osei-Tutu.
Baumgart passte in der Halbzeit etwas an. Zum einen ließ sich Skhiri nun regelmäßig zwischen oder neben die Innenverteidiger fallen, um von dort mit Dribblings das Spiel anzutreiben. Ljubicic ging dann in den vakanten Sechserraum.
Desweiteren standen die Außenverteidiger nun teils höher, um leichter mit Pässen auf die Außenbahn die vordere Viererkette der Bochumer zu überspielen.
Doch auch so kam Köln lange zu keinen nennenswerten Chancen. Der VfL verteidigte weiter diszipliniert.
In der 74. Minute wechselte Köln offensiv. Adamyan und Dietz kamen für Kainz und Ljubicic, Skhiri rückte für weitere Präsenz auf die Zehn vor.
Ab hier schaffte es Köln doch noch Druck aufzubauen. Einen Fernschuss von Linton Maina konnte Riemann um den Pfosten lenken. Nach der folgenden Ecke und einer Rücklage auf Adamyan war es der Pfosten selbst, der rettete.
Nach einer Ecke in der 85. Minute vereitelte Riemann eine Kopfballchance von Dietz aus kürzester Distanz.In der 88. Minute war es dann soweit. Köln verlagert nach einem Einwurf auf der rechten Seite über die Innenverteidiger auf den nach links abgekippten Linton Maina. Dieser zog außen halb an Antwi-Adjei vorbei. Janko rückte verfröht halb heraus um zu doppeln, stand dadurch aber im leeren Raum und verursachte dadurch etwas Unordnung bei den nachschiebenden Spielern im Sechzehner.
Der Ball kam über den freien Hector ins Zentrum, wo Ordets den Ball unglücklich mit dem Knie unzureichend klärte. Hier wäre es Janko gewesen, der mit einer besseren Positionierung schlimmeres hätte verhindern können. So konnte Maina den Ball an ihm mit einem guten First Touch vorbeilegen und klug zentral durch Riemanns Beine bei seinem gesetzten Block einschieben.
Zu dem Zeitpunkt ein absoluter Tiefschlag, hatte man doch so lange so gut verteidigt.
In den letzten Minuten drückte Köln weiterhin, und kam zu zwei guten Umschaltsituationen die noch verteidigt werden konnten. Am Ende musste der VfL über einen bitter-süßen und sogar glücklichen Punkt reden, da Soldo in der vierten Minute der Nachspielzeit nach einer Ecke frei aus 5 Metern über das Tor schoß.
Fazit
Heiko Butscher hat es in kürzester Zeit geschafft, eine gemeinschaftlich verteidigende, kompakte Einheit zu formen. Die klare Struktur war über weite Strecken des Spiels sichtbar und dafür verantwortlich, dass Köln lange kaum zu guten Chancen kam.
„Wir haben tiefer gestanden. Wir haben mit der Geschwindigkeit in der Innenverteidigung bisschen was verloren, mussten hinten sicherer stehen.Ich denke man hat heute gemerkt, dass wir uns da alle bisschen wohler fühlen […].“Gerrit Holtmann nach dem Spiel im DAZN-Interview
Mit Ausnahme der Standardsituation Ende der ersten Hälfte lieferte man eine sehr disziplinierte Defensivleistung. Köln konnte erst ab der 75. Minute mit den Offensivwechseln und profitierend von den schwindenden Kräften der Bochumer Chancen kreieren. Der späte Ausgleich war bitter, doch am Ende muss man mit dem Punkt zufrieden sein – Köln hatte die Chance zum Siegtreffer auf dem Fuß.
From @VfL_Stats:#Bochum 1-1 #Koln, #Bundesliga pic.twitter.com/1IkA4fFiWy
— Soccerment (@Soccerment_Blog) September 21, 2022
Ein Pünktchen Hoffnung
Lichtblicke waren Sonntag auch im Personal zu finden. Oermann lieferte ein sehr engagiertes Debüt, das sogar mit einem Platz in der Sportschau Elf des Spieltages belohnt wurde. An seiner Seite zeigte Ordets, dass er mit seiner Präsenz und Zweikampfstärke in einem tieferen Block eine absolute Verstärkung für den VfL sein kann.
Doch die wichtigste Personalie war eine im zentralen Mittelfeld. Osterhage rückte nach einer Verletzung zum ersten Mal in dieser Saison in die Startelf. An diesem Tag war er ein absoluter Schlüsselspieler. Mit seiner enormen Laufbereitschaft – mit 12.5 Kilometern lief er sogar gut einen Kilometer mehr als Anthony Losilla – konnte er entstehende Räume zuverlässig schließen. Das erinnerte stark an die Leistungen eines bis hierhin von den Fans schmerzlich vermissten Defensivspielers. Vielleicht brauchte es keinen Millionentransfer. Der Nachfolger von Elvis Rexhbecaj könnte gefunden sein.
Loading…