Willkommen im blau-weißen Olymp

Kommenden Freitag gehtˋs zum Derby nach Dortmund. Foto: einsachtvieracht.

Es war ein Tag, den man sich kaum schöner hätte erträumen können. Bei traumhaften Fußballwetter zog der VfL Bochum entschlossen ins Derby gegen Borussia Dortmund und untermauerte eine fulminante Rückkehr in die Bundesliga mit einem Klassenerhalt, der jedem anne Castroper noch auf Jahre und Jahrzehnte im Gedächtnis bleiben wird.

Wer hätte gedacht, dass der 4:2 Heimerfolg gegen den amtierenden und wiederum neuen deutschen Meister, dem FC Bayern München, nochmals getoppt werden kann? Wer hat vor der Saison von so einem traumhaften Verlauf ausgehen dürfen, in dem unsere Mannschaft eigentlich nie so wirklich in Abstiegsnot geraten ist? Daher scheint es nur logisch erneut Superlative für die Willensleistung in Dortmund zu finden. Unsere Mannschaft lässt ihr Herz auf dem Rasen. Für die Stadt. Für den Verein. Für sich selber. Und für uns, die Fans.

„Es ist unbeschreiblich, der Wahnsinn. Wir wollten mit unseren Fans gemeinsam den Klassenerhalt feiern, das ist uns gelungen. Unsere Fans haben uns die gesamte Saison über unterstützt, standen immer hinter uns, heute konnten wir ihnen etwas zurückzugeben. Wir haben ein fantastisches Spiel gezeigt, eine grandiose Saison abgeliefert. Mir fehlen die Worte. Sowohl gegen Bayern als auch gegen Dortmund haben wir fantastische Ergebnisse eingefahren. Es ist schwer zu realisieren.“Anthony Losilla nach dem Spiel

Bei Sonnenschein und Temperaturen um die 13 Grad wärmten sich unsere Jungs im größten Stadion Deutschlands auf, während ein Pulk von bestimmt 12.000 Bochumern den Weg über die A40 fand und schon früh in Sangeslaune war. Lautstark war die Kurve immer wieder dabei unsere Jungs schon vor dem Spiel einzuheizen. „Und gehst du in ein Stadion, blau-weiße Fahnen weh’n (…)“ Die große blau-blaue Plane wurde kurz vor Spielbeginn über den Gästeblock gezogen und viele Bengalos erhellten den Gästeblock zur Begrüßung der Mannschaften. Es war angerichtet für das 62. Derby zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Bochum.

Fantastisches Wetter, fantastischer Tag in Dortmund. Foto: einsachtvieracht

Auf geht´s!

Unser Cheftrainer Thomas Reis war zurück an der Seitenlinie und hatte mit Herbert Bockhorn für den verletzten Danilo Soares, Erhan Masovic für den kurzfristig nicht berücksichtigten Armel Bella-Kotchap, Milos Pantovic für Patrick Osterhage und Sebastian Polter für Simon Zoller vier Änderungen im Gegensatz zum zahnlosen Heimspiel gegen den FC Augsburg aufgeboten.

Bengalos beim Derby in Dortmund. Foto: einsachtvieracht

 

Und das Spiel nahm direkt Fahrt auf: Nachdem Robert Hartmann angepfiffen hatte, führten wir auch schon fast beim BVB. Manuel Riemann setzte jedoch vorab zur ersten, seiner unzähligen, Glanzparaden an, um den Abschluss von Jamie Bynoe-Gittens in der zweiten Minute zu parieren.

Das war zu einfach, oder?

Fast im Gegenzug segelte ein wunderbarer Flugball auf den rechten Flügel. Im Zweikampf konnte sich Takuma Asano geschickt mit seinem Körper von Raphaël Guerreiro absetzen und mit dem Ball gen Grundlinie rasen, eine präzise Flanke verwertete unser Sturmtank Polter wuchtig zum 1:0 per Kopf. Die Kurve bebte und verdutzte Schreie der Ekstase hallten durch den Signal Iduna Park. Genauso griffig agierte unsere Mannschaft auch beim 2:0 nach knapp acht Minuten. Asano tauchte diesmal an der linken Grundlinie auf und legte den Ball in den Rückraum des kurzen Pfostens, Pantovic überlief den Ball geschickt und Gerrit Holtmann legte den Ball an Marwin Hitz vorbei ins lange Eck. Das reinste Tollhaus in der Auswärtskurve! Asano kommt zum Saisonende hin deutlich in Fahrt, gut so!

Dortmund kommt zurück

Obwohl unsere Jungs kompakt agierten und immer wieder gut in die Zweikämpfe kamen, legte Dortmund nun auf engstem Raum spielerisch zu. Immer wieder kamen die Offensivkräfte um Marco Reus, Julian Brandt, Bynoe-Gittens und Erling Haaland vor das Bochumer Tor. Doch ausgerechnet zwei Flanken eröffneten dem BVB die Tür zum Ausgleich. Denn Schiedsrichter Hartmann zeichnete jeweils ein Rechteck in die Luft, als nach einer Flanke von Bynoe-Gittens Pantovic die Arme (angeblich) unrechtmäßig eingesetzt hat. Haaland nach rechts, Haaland nach links und Riemann lag jeweils in der anderen Ecke. Das Spiel startete bei Minute 30 erneut mit einem Unentschieden. Zuvor hätte Reus nach einem Steckpass bereits das 2:2 machen müssen, als er frei vor dem Tor am glänzend aufgelegten Riemann scheiterte.

Das Spiel drohte zu kippen

Dortmund erkämpfte und erspielte sich ab der 30. Minute bis zur Halbzeit immer mehr Torraumszenen und in dieser Phase hielt uns Riemann im Spiel. Einzig ein Schuss von Holtmann aus der Distanz konnte nochmals Gefahr erzeugen.

Dem blau-weißen Olymp so nah saß man teilweise im ehemaligen Westfalenstadion. Foto: einsachtvieracht

Egal was der Betreuerstab unseren Jungs in der Halbzeit in den Tee gemischt hat, es wirkte erst zeitverzögert, denn bevor der VfL so richtig aufdrehte, durfte Haaland seinen Dreierpack schnüren. Marco Reus legte den Ball von links flach in den Sechzehner und mit einer Mischung aus Hacke und Wade bugsierte der Norweger den Ball an Maxim Leitsch und Riemann vorbei ins Tor. Ein Kandidat für das Kacktor der Woche bei Arnd Zeigler.

Sturm und Drang in blau und weiß

Die persönliche Einschätzung des Realisten in mir zu diese Zeitpunkt: Jetzt kommt Dortmund in Fahrt und schießt sich den Frust von der Seele. Dem Fußballgott sei Dank irrte mich mein Gefühl. Diese Mannschaft wollte nicht absteigen und wollte den Fans und vor allem sich selbst etwas beweisen. Besser hätten die darauffolgenden Spielminuten aus Bochumer-Sicht nicht laufen können. Unser Speedster Christopher Antwi-Adjei ersetzte den angeschlagenen Holtmann. Kurze Zeit später reagierte Reis abermals und brachte mit Zoller und Jürgen Locadia zwei weitere frische Kräfte für die Offensive. Verpufften diese Wechsel gegen tiefstehende Augsburger noch vergangenen Sonntag, konnte man gegen Dortmund den weiten Raum durch Konter vermehrt nutzen.

Immer wieder eroberten Cristian Gamboa, der bockstarke Bockhorn und unser zentrales Mittelfeld die Murmel und es ging im vertikalen Schnelldurchlauf auf die Reise. Unzählige Konter liefen unsere Jungs. Dabei kamen sie stets in die Räume zwischen den zunehmend fußlahmen und behäbigen Abwehrspielern des BVB.

Der Klassenerhalt wird dingfest gemacht

Eine butterweiche Flanke von Pantovic zog sich Jürgen Locadia aus der Luft, drehte sich um Manuel Akanji und schoss den Ball trocken ins Tor der Borussia. 3:3. Der Klassenerhalt ist sicher, wenn der Spielstand so bleibt. Dieses Tor bleibt für mich im Gedächtnis, fantastische Technik von unserem Niederländer, der uns im Sommer wohl leider wieder verlassen wird.

„Mein Kommentar erübrigt sich heute. Was die Mannschaft heute geleistet hat, war á la bonne heure. Wir haben alles in die Waagschale geworfen und eine unfassbare Energieleistung abgerufen. Hier 2:0 zu führen, am Ende so zurückzukommen und vier Tore zu schießen, ist Wahnsinn. Wir haben das Wunder aus eigener Kraft geschafft, darauf bin ich sehr stolz. Ich empfinde puren Stolz. Ich denke, dass die Mannschaft ganz Bochum stolz gemacht hat. Was das Feiern angeht, kann die Mannschaft machen, was sie möchte. Das haben sie sich verdient.“ – Thomas Reis spricht das aus, was wir alle denken

Wer glaubte, dass es das schon war, der kennt unsere Mannschaft schlecht. Die Jungs hatten Laune am Spiel gefunden und Herbert Bockhorn marschierte gegen seinen ehemaligen Verein die linke Seite herunter. Diesmal brauchte Hartmann keine Verbindung zum Kölner Keller, um auf den Punkt zu zeigen. Axel Witsel wollte anscheinend den Weg ins Tor zeigen und wehrte mit seinem gestreckten Arm die Flanke ab. Pantovic war es egal, denn Pantovic kennt das Gefühl schuldig zu sein. Vor allem für Handelfmeter gegen den BVB. Pantovic machte dann, was Pantovic immer macht, wenn er schuld ist: Ein Tor. 3:4 in Dortmund, im Gästeblock gab es kein Halten mehr und die Spieler rannten nach dem Schlusspfiff wie von Sinnen gen Auswärtsblock.

Nach dem Spiel begann eine lange Nacht für unsere Mannschaft und alle VfL-Anhänger: Klassenerhalt! Foto: einsachtvieracht

Die letzten Minuten im Ticker des VfL Bochum zum Genießen:

„81´ TOOOR für den VfL!! Locadia trifft zum 3:3! Und was für ein schöner Treffer, mal wieder! Sein erster Kontakt war technisch unglaublich fein, Locadia dreht sich um seinen Gegenspieler und bleibt eiskalt. Wahnsinn! (…)

85´ Handelfmeter für den VfL. Witsels Arm war deutlich zu weit vom Körper weg.

86´ TOOOR für den VfL!! Pantović verwandelt eiskalt! Der VfL führt mit 4:3! Unsere Jungs rennen zu den vielen mitgereisten Fans und lassen sich feiern, völlig zurecht! Der Klassenerhalt ist zum Greifen nah, aus eigener Kraft!

90´ Unfassbar. Die Fans in der Gästekurve rasten aus. Das ganz große Ziel ist vor Augen!

90´ Vier Minuten Nachspielzeit. Junge, pfeif einfach ab!

90´+2 Ball bei Riemann! Geil! Rein in die letzten Sekunden!

90´+4 Nur noch wenige Momente, dann können hier alle Blau-Weißen steil gehen!“

Thomas Reis für Olympia

Schneller als die Mannschaft war wohl lediglich unser Cheftrainer, der vermutlich eine neue Bestzeit im 50 Metersprint absolvierte. Es war an der Zeit den Gefühlen freien Lauf zu lassen! Auf der Tribüne musste man mit verwässertem Brinkhoffs anstoßen, während Gamboa das gute Fiege durch die Luft schäumen ließ. Egal, es sei ihm verziehen!

Mit diesem Spiel sind einige unserer Spieler nun endgültig im blau-weißen Olymp des VfL Bochum angekommen. Es ist fantastisch zu spüren wie sich die Jungs Woche für Woche für unsere Farben zerreißen. Danke.

„Wann hat der Trainer das Training angesetzt? Dienstag? Ich weiß nicht, ob wir das schaffen.“ – Milos Pantovic nach dem Klassenerhalt

Auswärtssieg. Derbysieg. Klassenerhalt. Blau und weißes Herz was willst du mehr?

Ein Bild sagt mehr als ein ganzer Spielbericht: 3:4 Derbysieg in Dortmund! Foto: einsachtvieracht

 

 

Written by Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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