Emotionaler Bonuspunkt und Schuss vor den Bug

Emotionaler Höhenflug am Samstag mit einem Unentschieden gegen großen Nachbarn aus Dortmund und Schlag auf die Fresse am Dienstag gegen die Arminia aus Bielefeld. Eine Zusammenfassung der letzten Tage.

Was haben wir alle auf diesen Moment gewartet. Endlich wieder ein Derby, (teil-)ausverkauftes Haus und ein stimmgewaltiger Anhang. Am Ende konnte man beim VfL mehr als einverstanden sein mit der gebotenen Leistung. Wieder einmal zeigte der VfL, dass man vor allem im heimischen Ruhrstadion in der Bundesliga mithalten kann – selbst gegen die finanziell schier übermächtige Konkurrenz. Manuel Riemann erwischte einen absoluten Sahnetag.

Lange Zeit war unklar, wie und ob das erste Derby gegen Schwarz-Gelb nach über 11 Jahren überhaupt mit Zuschauern stattfinden kann. Pandemiebedingt musste die Ostkurve geschlossen bleiben. So überraschte es nicht, dass die meisten Tribüne trotzdem eher einem Stehplatzbereich ähnelten. Am Ende meldete der VfL ausverkauft mit 13.599 Zuschauern, davon rund 600 aus der Nachbarstadt.

Auch der Gast ohne ihren gesperrten Trainer Marco Rose, vertreten durch die Co-Trainer Rene Maric und Alexander Zickler, schickten ihre A-Elf auf den Rasen. Ein Haaland, laut transfermarkt.de fast das vierfache des Marktwertes des kompletten Kaders des VfL standen genau so auf dem Platz wie Jude Bellingham, Marco Reus oder Mats Hummels. Auch Julian Brandt und Thorgan Hazard, beide noch fraglich vor dem Spiel fanden sich im Spieltagskader wieder, wenn auch nur auf der Bank. Raphael Guerreiro und Donyell Malen fehlten.

Manuel Riemann – Foto: VfL Bochum

Riemanns Spiel mit dem Feuer und später klasse gegen Bellingham

Komplett die Naturgewalt eines Erling Haaland auszuschalten ist einfach nicht möglich. Trainer Thomas Reis hatte sich allerdings auch seine Gedanken gemacht. Mit Maxim Leitsch statt Lampropoulos brachte Reis mehr Geschwindigkeit in die Innenverteidigung. Pantovic und Antwi-Adjei ersetzten positionsgetreu Löwen und Asano.

Der VfL beschränkte sich überwiegend aufs Kontern und so war es nach drei guten BVB-Chancen erstmals der VfL in Form von Antwi-Adjei, der geschickt von Rexhbecaj mit Geschwindigkeit aufs Tor von Gregor Kobel lief. Dieser traf  beim Reislaufen Jimmy statt dem Ball und der Schiedsrichter entschied sofort auf Elfmeter für den VfL. Dass der Unparteiische Kobel nicht mal eine Karte zeigte überraschte zunächst, ist allerdings aufgrund der Abschaffung der Doppelbestrafung durchaus regelkonform.

Sebastian Polter war es egal, er schnappte sich den Ball und schoss ihn lässig aber platziert ins Dortmunder Gehäuse. Absolute Ektase in Minute 40 und der Außenseiter war in Führung

Mit Torschuss 22 ist es dann passiert

In Halbzeit 2 kam der BVB entschlossener aus der Kabine. In Minute 55 traf Wolf nach Ablage von Reus – da allerdings Bellingham im Abseits stand und Riemann die Sicht versperrte, wurde der Treffer nach Rücksprache mit dem VAR zurückgenommen.

Der BVB brachte in Minute 68 den Belgier Thorgan Hazard und Ex-Nationalspieler Julian Brandt und sorgte so für Dauerdruck auf das VfL-Tor. In Minute 85 war dann der eingewechselte Brandt nach Haaland-Flanke erfolgreich. Doch mit vereinten Kräften wurde ein weiterer Einschlag im VfL-Tor abgewehrt. In der Nachspielzeit hatte der VfL sogar noch zwei gute Kontergelegenheiten, bei denen Schulz gut und gerne die Ampelkarte hätte sehen können. Auch Zagadous taktisches Foul gegen Gamboa hätte man anders bewerten können.

Der VfL kratze, beißte, kämpfte und verteidigte angetrieben durch ein fantastisches Publikum den Punkt bis aufs letzte. Ker, was haben wir diese Derbys mit feuriger Atmosphäre vermisst.

Trainer Thomas Reis – Foto: VfL Bochum

Niederlage in Bielefeld

Gegen Bielefeld erwischte unsere Elf dagegen einen mehr als gebrauchten Tag. Thomas Reis wechselte in der Startelf auf zwei Positionen im Vergleich zum Spiel gegen den BVB. Für Leitsch rutsche Lampropolous in die Startelf, auf der rechten Seite verteidigte Gamboa für Stafylidis. So richtig funktionieren wollte am Dienstag Abend auf der Alm aber gar nichts. Immer wieder schlichen sich Ungenauigkeiten in das Spiel unserer Elf, die Räume wurden schlecht besetzt und ungewohnte Fehler im Spielaufbau führten mehrfach zu gefährlichen Situationen. Dabei spielte die Arminia keineswegs überragend, trotzdem schafften es unsere Mannen nicht, dem Spiel ihren Rhythmus aufzuzwingen. Der VfL zeigt neben der deftigen Niederlage gegen die Münchener seine bis dato wohl schlechteste Leistung der Saison und verliert am Ende 2-0 in Ostwestfalen.

Vor allem im Vergleich zum Spiel am Samstag, in dem gefühlt jeder auf dem Platz eine Spannung bis zum Umfallen hatte, war die Elf kaum wiederzukennen. Es wirkte fast so, als hätte man alle Körner beim Derby gegen den BVB gelassen. So sehr einen der vor allem auch emotionale Punktgewinn gegen den BVB gefreut hat, umso ärgerlicher sind die verlorenen Punkte gegen den direkten Mitkonkurrenten um dem Klassenerhalt.

Blick nach vorn

Zu verkraften ist die Niederlage dank der tollen Leistungen, die man im seit Oktober auf dem Platz gezeigt hat. Mit 20 Punkten hat man bisher eine für unsere Verhältnisse grandiose Hinrunde gespielt. Am Samstag hat man gegen Union Berlin darüber hinaus noch die Möglichkeit, drei weitere Punkte zu holen und so mit insgesamt 23 Punkte in die in diesem Jahr doch recht kurze Winterpause zu gehen. Vielleicht war der Dämpfer gegen die Arminia der Schuss vor den Bug zur rechten Zeit, damit jedem, auch den Fans, die mit einer gewissen Ironie teilweise schon „Eurooppaaapokal“ grölten, klar wird, dass wir noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns haben für das Ziel Klassenerhalt. Um nichts anderes geht es für uns. 

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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Kampfspiel auf der Bielefelder Alm

Auf einen guten Hinrunden-Abschluss