Blick auf den Gegner – 1. FC Heidenheim 1846

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Beim Blick auf den heutigen Gegner fällt einem der 1. FC Heidenheim meist in einem Atemzug mit dem SV Sandhausen ein. Vereine, die oft wenig Auswärtsfans ins Ruhrstadion bringen und deren Stadion, nicht selten am Waldrand gelegen, häufig einem das Gefühl geben, man spielt mit dem VfL Bochum in der Regionalliga. Nein, das ist mittlerweile Realität in der zweiten Liga. Doch gerade der 1. FC Heidenheim kann auf eine interessante Vereinshistorie zurückblicken, auf die wir im folgenden Artikel beleuchten wollen.

Heidenheim, eine Kreisstadt auf der Ostalb mit knapp 50.000 Einwohnern. Früher auch bekannt als Fechter-Hochburg, ist der Fußballverein seit der Saison 2014/15 nun auch in der 2. Bundesliga vertreten. Den Verein in der jetztigen Form gibt es aber erst seit etwas über zehn Jahren. Am 1. Januar 2007 spaltete sich die Fußball-Abteilung vom Hauptverein, dem Heidenheimer Sportbund, ab. Dem Gründungsjahr zufolge wurde der Heidenheim SB im Jahr 1846 gegründet, was die Fußballabteilung dann auch für ihre ausgegliederte Fußballmannschaft übernahm. Der Fußball in Heidenheim sollte dadurch einen neuen Stellenwert bekommen. Höher, als bislang der Heidenheimer SB, der bislang maximal in der Oberliga in Baden-Württemberg spielte, unterwegs war.

So übernahm rückwirkend während der Saison 2006/07 mit freundlicher Unterstützung der lokalen Sponsoren, die eine größere Unterstützung zusicherten, erst das Fußballkapitel in Heidenheim. Zwar war der HSB in den letzten Jahren unter dem damaligen Trainer Dieter Märkle in der Oberliga Baden-Württemberg stets vorne mit dabei und oft kurz vor dem Aufstieg in die damalige drittklassige Regionalliga Süd, dennoch wären die Lizenzauflagen unter den damaligen Umständen nicht zu erfüllen gewesen. Auch in der Saison 2007/08 spielte der 1. FC Heidenheim vorne mit, wechselte zum 17. September 2007 aber dann den Trainer aus. Coach Märkle wurde von Frank Schmidt ersetzt. Schmidt, in Heidenheim geboren und über die Stationen Ulm über Nürnberg in den Profifußball gekommen, wechselte 2003 zum Heidenheimer SB und beendete im Sommer 2007 seine Karriere. Schmidt führte die Heidenheimer auf einen vierten Platz, der zur teilnahme in der damals neugegründeten Regionalliga Süd verhalf. In der Regionalliga Süd, damals einer von drei Regionalligen, die den Unterbau zur neugegründeten dritten Liga darstellten, waren die Heidenheimer eine Klasse für sich. 72 Punkte erreichte die Mannschaft von Frank Schmidt, lediglich Hessen Kassel konnte mit 71 Punkten Paroli bieten. Damit hatte der 1. FC Heidenheim innerhalb von zweiandhalb Jahren den anvisierten Sprung in den bezahlten Fußball geschafft.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Der damalige Drittliganeuling hatte wenig Anpassungsprobleme in Deutschlands dritthöchster Spielklasse. Die Eingespieltheit war ein großes Plus, dazu die hohe Offensivbereitschaft. Vom Keeper Erol Sabanov, über Abwehrchef Tim Göhlert, Linksaußen Marc Schnatterer und vorne die Stürmer Dieter Jarosch, Andreas Spann und Bastian Heidenfelder, dazu den aus Frankfurt gekommenen Patrick Mayer erzielte Heidenheim mit 66 Toren die zweitmeisten Tore. Lediglich der FC Ingolstadt konnte mit 72 Toren die Ostälber übertrumpfen. Allerdings sprachen auch 56 Gegentore eine Sprache, die nicht gerade meisterreif für die dritte Liga war. In der Premierensaison wurde Heidenheim fünfter.

Während es für viele Drittligisten es in der zweiten Saison steil bergab ging, merkte man beim 1. FC Heidenheim wenig davon. Es wurden junge, hungrige Spieler wie Frank Lehmann von Stuttgart oder Sandro Sirigu von Freiburg geholt, die auch später ein fester Bestandteil der Aufstiegself sein sollten. Dem neunten Jahr in der Saison 2011/11, folgten Platz 4, Platz 5 und letztendlich der Meistertitel in der Saison 2013/14, als man vor den Rasenballern aus Leipzig und den Darmstädtern als erster über die Ziellinie schoss – übrigens „nur“ mit 59 Treffern, dafür lediglich 25 Gegentore.

Und was genau hat das jetzt mit dem VfL zu tun?

In der Saison 2012/13 traf der VfL erstmal in der ersten Runde des DFB-Pokals auf den 1. FC Heidenheim. Sicherlich kein angenehmes Los, so flog Werder Bremen in der Saison zuvor mit 2:1 aus dem Wettbewerb und auch Borussia Mönchengladbach quälte sich erst im Elfmeterschießen auf Naß auf dem Albstadion durch. Unser VfL gab sich aber keine Blöße und gewann mit zwei Toren von Zlatko Dedic in der ersten Halbzeit mit 0:2 in der damals schon für Heidenheim Verhältnisse gut gefüllten Voith-Arena mit 7.500 Zuschauern.

Es wäre doch so schön gewesen, hätte man mit dem 1. FC Heidenheim nur positive Erfahrungen gemacht. Der Verfasser der Zeilen suchte sich ausgerechnet das Auswärtsspiel gegen den Verein aus dem Osten Baden-Württembergs als erstes Auswärtsreiseziel aus. Der VfL hatte auswärts die Gegner überrollt: 1:5 in Aue gewonnen, die starken Braunschweiger besiegt und auch in Frankfurt mit dem 1:5-Auswärtssieg die Tabellenführung geholt. Jedoch lief am 28. September 2014 so gut wie alles gegen den VfL. Bereits mit einer der ersten Aktionen erzielte Heidenheim das 1:0 durch Patrick Mayer, ein Elfmeter von Schnatterer, ein Geschenk an Schnatterer zum 3:0 und erneut ein Eckballtor, welches der jetzige Freiburger Florian Niederlechner erzielte. Der Verfasser der Zeilen dachte kurzzeitig, der VfL hätte klammheimlich Brasilien-Trikots unter den Bochum-Jerseys, so wurde der VfL in Halbzeit 1 überrollt. Auch in Halbzeit zwei kam wenig zusammen, lediglich Leipertz erhöhte auf 5:0 für Heidenheim, die damit einen der höchsten Heimsiege der Vereinsgeschichte feiern konnte. Und ich war natürlich bedient – ein toller Glücksbringer bin ich.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Das Rückspiel fand dann am 13. März 2015 statt. Mittlerweile war Gertjan Verbeek verantwortlich anne Castroper und hatte Offensiv einiges umgekrempelt. Die Mannschaft spielte wieder Fußball, die Ergebnisse blieben leider noch aus. Ich kalkulierte: 450 km von meinem Heimatort Bamberg nach Bochum, es waren etwas über vier Stunden Fahrt die ich auf mich nahm. Ich wollte das 5:0 aus dem Kopf bekommen, ich kann doch der Mannschaft nicht immer nur Unglück bringen. Um zwei am Freitagmittag losgefahren kam ich sogar staufrei um Punkt sechs am Ruhrstadion an. Das Kartenhäuschen dank hilfsbereiter Mitstreiter gefunden, ich kannte die Ostkurve ja nur aus Erzählungen. Trotz nichtmal 15.000 Zuschauern und einem gellenden Pfeifkonzert für die zusätzliche Strophe bei der Bochum-Hymne legten unsere Männer los wie die Feuerwehr. Terodde mit der Führung, Sestak legte einen drauf nach 20 Minuten. Kurz danach muss Terodde frei vor dem Tor das 3:0 einköpfen, stattdessen bekommt Heidenheim einen Elfmeter zugesprochen, den Leipertz verwandelte. Das Spiel nach der Halbzeit wieder offen, Fabian pennt kurz, Schnatterer kurz vor dem Ausgleich, aber Esser hält uns im Spiel. In der 70. Minute dann die Erlösung durch ein Tor von Stani, Gregoritsch legte nach Traumvorlage von Eisfeld das nächste nach. Das Elfmetergeschenk vergab Terodde, trotzdem war ich überglücklich nach dem Spiel. Habe ich doch endlich innere Ruhe nach dem Debakel gefunden und hatte mein „erstes Mal“ – Stadionbesuch natürlich. Dieses Spiel nahm mich so mit, dass ich bereits in meiner zweiten Saison bereits Dauerkarteninhaber beim VfL bin. Allein für „Heimspiele“ habe ich ich schon knapp 25.000 km zurückgelegt – eben alles für den Verein.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Heidenheim etabliert sich als Zweitligist

Während die Aalener Nachbarn, sehr zum Missfallen der Heidenheimer, eine Saison vor dem 1. FC Heidenheim sich den Aufstieg in die zweite Bundesliga sicherten, ist in der beschaulichen Ostalb fast schon ein Kampf um das Einzugsgebiet entstanden. Zwischen den 20km kämpfen sowohl der VfR Aalen, als auch der 1. FC Heidenheim um Anhänger. Der Abstieg des VfR Aalen nach der Saison 2014/15 und die Etablierung Heidenheim als gewöhnlichen Zweitligisten lassen Heidenheim momentan als Punktsieger erscheinen. Ob Heidenheim aber dauerhaft die Nummer 1 auf der Ostalb bleibt, ist noch nicht abschließend geklärt.

Der Erfolg des 1. FC Heidenheim hat zwei Namen. Nein, nicht Voith oder die Hartmann-Gruppe, sondern der Spielgestalter und Kapitän Marc Schnatterer und Trainer Frank Schmidt. Schmidt, der auf den Spieltag genau sein 10-jähriges Dienstjubiläum feiert und damit der am längsten im Amt stehende Profitrainer ist und Schnatterer, der kategorisch Anfragen von höherklassigen Vereinen abblockt, nachdem er 2008 von der zweiten Mannschaft des Karlsruher SC nach Heidenheim wechselte. In bislang sechs Ligaspielen konnte der VfL drei für sich entscheiden, davon zwei Heimsiege (4:1 und 2:1) und der Sieg zum Terodde-Ausstand (2:4). Einmal ein 1:1 daheim und das letztjährige 0:0 in Heidenheim und die ausführlichst beschriebene Klatsche, als Neururer noch der Mannschaftsverantwortliche beim VfL war. Nach dem achten Platz in der Premierensaison in Liga zwei, erzielte der FCH in der zweiten Saison Platz 11 und in der letztjährigen einen überraschenden sechsten Platz. Derzeit steht die Mannschaft von Frank Schmidt auf dem 16. Platz, bei erst einem Sieg (beim Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue, 2:1) und vier Niederlagen.

Welche Spieler beim 1. FC Heidenheim sollte man im Auge behalten?

Allen voran der Nummer 7, Kapitän Marc Schnatterer. Letzte Saison mit 11 Treffern und 14 Vorlagen zweitbester Scorer hinter Simon Terodde, läuft Schnatterer bislang seiner Form hinterher. Bislang gelang ihm in fünf Spielen erst eine Vorlage. Prädestiniert zum Gegen-den-VfL-treffen ist der Niederländer John Verhoek. Bereits fünf mal traf der 28-jährige gegen den VfL, allerdings nur im Trikot des FSV Frankfurt und des FC St. Pauli. Die Nummer 18, Sebastian Griesbeck, der von der Landesliga zu einem Probetraining beim SSV Ulm kam und sich dann Heidenheim anschloss ist außerdem ein gefürchteter Distanzschütze. Vorne werden der Österreicher Nikola Dovedan und Robert Glatzel versuchen, dass bei Dornebusch am Ende nicht die Null steht. U-21-Nationalspieler Tim Skarke auf Rechtsaußen ist außerdem auch nicht zu vernachlässigen. Er durchlief die Jugendabteilung des FCH und ist somit ein waschechtes Eigengewächs.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Blau-weißer VfL Bochum, Perle im Ruhrgebiet…!

Das Tor hüten wird wie auch in Darmstadt Felix Dornebusch, der den verletzten Manuel Riemann vertritt. Während in der Defensive aus dem vollen geschöpft werden kann, fallen im Mittelfeld weiterhin Vitaly Janelt und Thomas Eisfeld aus. Robert Tesche könnte aber erstmals in den Kader oder gar in die Startelf rücken. Und vorne hat man endlich die Qual der Wahl, nachdem Diamantakos einen starken Auftritt gegen Darmstadt hingelegt hat, und auch Gündüz endlich wieder Power als Einwechselspieler reinbringt.

Was bleibt abschließend zu sagen? An alle unentschlossenen: Kommt alle ins Stadion, macht die 15.000 voll und gemeinsam als Ostkurve schreien wir unsere Mannschaft zum dritten Sieg in Serie! Wen lieben wiiiir?

Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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