Ausbildungsentschädigung, Solidaritätsmechanismus und vertragliche Transferbeteiligungen

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)
Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Jüngst titelten Bochumer Medien, dass dem VfL Bochum bei einem vielleicht doch noch anstehenden Wechsel Leon Goretzkas ein warmer Geldsegen bevorstehe. Auch an einem Transfer des ehemaligen Bochumers Michael Gregoritsch wird der VfL Bochum beteiligt – in Höhe eines mittleren sechsstelligen Betrages. Dass Ausbildungsvereine von einem Wechsel ehemaliger Spieler profitieren, liegt an den von der FIFA festgelegten Partizipationsmöglichkeiten. Allerdings werden hier oft die „Ausbildungsentschädigung“, der „Solidaritätsmechanismus“ und eine vertraglich vereinbarte Transferbeteiligung durcheinander geworfen. Ein Grund, die unterschiedlichen Varianten einer Transferbeteiligung näher zu erörtern.

Ausbildungsentschädigung

Die aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten eher nachrangige Ausbildungsentschädigung wird für Spieler fällig, die von einen Verein ausgebildet wurden und den ersten „Profivertrag“ bei einem anderen Verein unterzeichnen. Die Ausbildungsentschädigung wird dabei nur ein einziges Mal fällig und auch nur in den Fällen, in denen der Spieler zum allerersten Mal einen Lizenzvertrag unterzeichnet. Wirtschaftlich dürfte die Ausbildungsentschädigung jedenfalls für deutsche Profimannschaften keine herausragende Rolle spielen: Die Ausbildungsentschädigung ist nicht (prozentual) an die sog. „Ablösesumme“ geknüpft, sondern wird von der FIFA in unterschiedlichen Kategorien festgelegt. Diese Kategorien orientieren sich nach den (fingierten) Kosten, die mit der Ausbildung eines Jugendspieler einhergehen. Der Terminus Ausbildungsentschädigung ist dabei fast wörtlich zu nehmen; Ausbildungsvereine sollen nur für die Ausbildungsausgaben entschädigt werden, die bei der Ausbildung der Fußballer angefallen sind. Gemäß den Festlegungen durch die FIFA werden so fünf- oder niedrigere sechsstellige Summen fällig, die der aufnehmende Verein einmalig an den Ausbildungsverein oder die Ausbildungsvereine zu leisten hat. Mit anderen Worten: Für deutsche Profivereine ist die Ausbildungsentschädigung (fast) zu vernachlässigen.

Solidaritätsmechanismus

Clever verhandelt! Christian Hochstätter. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Von wirtschaftlich ungleich höherem Wert ist der (ebenfalls durch die FIFA) geregelte sog. Solidaritätsmechanismus. Hier steht nicht der Kompensationsgedanke für die fußballerische Ausbildung im Vordergrund, sondern eine Art Gerechtigkeitsgedanke: Wenn ein Spieler von einem Verein ausgebildet wurde und wenn dieser Spieler nunmehr bei anderen Vereinen Karriere macht, so ist es nach den FIFA-Statuten gerechtfertigt, dass auch ausbildende Vereine von diesem „Wertzuwachs“ profitieren.

Der Solidaritätsmechanismus wird bei einem Verbandswechsel fällig, d.h. sofern ein Spieler aus dem Verband des Landes X in den Verband des Landes Y wechselt. Warum das? Hintergrund des Solidaritätsmechanismus‘ ist, dass die FIFA insbesondere südamerikanische Vereine dafür entlohnen wollte, dass ehemalige Jugendspieler in den 90er-Jahren massenhaft zu europäischen Vereinen abgewandert sind.

Der Solidaritätsmechanismus ist jedoch nicht nur auf diese Wechsel beschränkt, sondern fällt bei jedem Verbandswechsel an – anders als die einmalige Ausbildungsentschädigung wird der prozentuale, an die Ablösesumme geknüpfte Beitrag bei jedem Wechsel eines Spielers fällig. Die Höhe des Beitrages ermittelt sich wie folgt: Zu der Ablösesumme werden fünf Prozent hinzu addiert, die der aufnehmende Verein bereitstellen muss. Dieser Betrag wird an den Ausbildungsverein (oder anteilig an die Ausbildungsvereine) ausgezahlt. Bei einer anteiligen Auszahlung richtet sich der jeweils zu zahlende Betrag insbesondere nach der Dauer der Ausbildung: Für den Zeitraum vom 12. bis zum 15. Lebensjahr werden für jedes volle Ausbildungsjahr jeweils 0,25% der Transfersumme fällig; für den Zeitraum vom 16. bis zum 23. Lebensjahr für jedes volle Ausbildungsjahr 0,5%, so dass die Ausbildungsentschädigung insgesamt fünf Prozent der Transfersumme beträgt.

So kann ein Ausbildungsverein für einen Spieler, der im weiteren Verlauf seiner Karriere hohe Transfererlöse generiert, durchaus signifikant an diesen Transfererlösen beteiligt werden. Wird ein Spieler in seinem Jugendverein vom 12. bis zum 17. Lebenjahr ausgebildet und wechselt dieser Spieler im späteren Verlauf für 25 Mio. €, so erhält der Jugendverein bei einem späteren Wechsel immerhin 500.000 € – nur aufgrund des Solidaritätsmechanismus‘.

Vertragliche Transferbeteiligung

Von den FIFA-Regelungen gänzlich zu unterscheiden ist eine vertraglich vereinbarte Transferbeteiligung. Diese kann zwischen Ausbildungsverein und Lizenzspieler im Rahmen einer sog. Ausstiegsklausel vereinbart werden (wie etwa in der Causa Leon Goretzka oder eben bei Michael Gregoritsch) oder aber bei einem Vereinswechsel zwischen abgebenden und aufnehmenden Verein. Im Rahmen der Vertragsfreiheit sind die Vertragsparteien (grundsätzlich) frei das zu vereinbaren, was gesetzlich oder durch andere Normen, etwa Verbandsstatuten, nicht verboten ist. Denkbar sind etwa absolute prozentuale Weiterbeteiligungen; denkbar ist hingegen auch, dass bei der Berechnung der Weiterbeteiligung nur derjenige Differenzbetrag zugrunde gelegt wird, der sich aus bereits gezahlter und späterer Ablösesumme ergibt. Wechselt ein Spieler von Verein A zu Verein B für eine Summe von einer Million Euro, und wechselt der Spieler später für eine Summe von fünf Millionen Euro zu Verein C, dann kann Berechnungsgrundlage dieser „überschießende Betrag“ in Höhe von vier Millionen Euro sein.

Die näheren Modalitäten einer vertraglich vereinbarten Transferbeteiligung unterliegen grundsätzlich dem freien Vertragswillen der Parteien. Was nicht zwingend untersagt ist, kann also von den Vertragsparteien vereinbart werden. Daher sind die unterschiedlichen Konstellationen einer späteren Transferbeteiligung denkbar breit gefächert. Übrigens dürften derartige Vertragsregelungen regelmäßig einer Geheimhaltungspflicht unterliegen – so dass eine trennscharfe Berechnung der Transferbeteiligung im Vorhinein ohne vertragsbrüchigen Parteien kaum möglich ist. Jedenfalls, sofern ein Stillschweigen über die Transfermodalitäten vertraglich vereinbart worden ist.

Der VfL Bochum hat in der Vergangenheit sehr gut an derartigen vertraglich vereinbarten Transferbeteiligungen verdient. Sollte Leon Goretzka doch diesen Sommer noch transferiert werden – oder aber seinen Vertrag verlängern und zu einem späteren Zeitpunkt wechseln – wären (hohe einstellige) Millionenbeträge für den VfL Bochum alles andere als unrealistisch. Wechselt Leon Goretzka erst nächsten Sommer, und dies ablösefrei, so käme jedenfalls bei einem späteren Verbandswechsel eine nachträgliche Summe nach dem Solidaritätsmechanismus grundsätzlich noch in Frage.

Übrigens: Bei Michael Gregoritsch berichtet eine Lokalzeitung, dass der VfL Bochum ungefähr in Höhe von etwas über 400.000 € am Transfer vom HSV zu den Augsburgern beteiligt ist. Man hatte sich 15 Prozent derjenigen Transfersumme vertraglich zusichern lassen, die über die seinerzeit vom HSV gezahlte Ablösesumme (etwa 2,25 Mio. €) liegt. Das wären bei einer vermutlichen Forderung der Hamburger von 5 Mio. € der genannte sechsstellige Betrag für den VfL Bochum. Geld, welches dem Verein gut zu Gesicht stünde, möchte man diese Saison tatsächlich oben angreifen.

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