Die neuerliche Leihe vom Angreifer Janni Serra lies die Kommentarfunktion vielerorts wieder einmal auf Hochtouren arbeiten und wütende oder ironische Kommentare gewannen schnell die Oberhand. Warum Leihen einen schlechten Ruf haben ist schnell beantwortet. Warum jede Aktion von unserem Sport-Vorstand Christian Hochstätter derzeit missbilligend wahrgenommen wird ist ebenfalls schnell beantwortet, wenn auch oftmals unfair. Dieser Artikel soll jedoch den Kern in den Vordergrund stellen: Warum sind Leihen ohne Kaufoption für den VfL Bochum sinnvoll?
Die Leihe ohne Kaufoption – Der schlechte Ruf basiert wohl auf der Vergangenheit
Wie so oft begründet sich die negative Meinung einer Leihe auf der Vergangenheit. Früher bedeutete eine Leihe zu oft eine Ausbildung des Spielers eines anderen Vereins auf Kosten der eigenen Jugend. Große Vereine verliehen ihre Talente zu unterklassigen Vereinen, um ihnen Spielpraxis zu gewähren. Vor einigen Jahren war es jedoch so, dass die Absprache im Fußballgeschäft noch einfacher und juristisch nur mit den nötigsten Klauseln bedacht waren. Mittlerweile hat sich die Fußballwelt zu einem Wirtschaftszweig gemausert und Leihgeschäfte können oftmals so kompliziert sein, dass man als Fan nicht wissen möchte was dort alles beschrieben ist und gegen welche Umstände sich Vereine absichern. Als einfaches Beispiel sei die Kaufverpflichtung genannt ab einer bestimmten Anzahl von Spielen die Ablöse für einen Spieler zahlen zu müssen. Diese Form der Leihe wurde bei Lewis Holtby gewählt, welcher von den Tottenham Hotspur zum Hamburger SV ausgeliehen wurde und eigentlich bereits gekauft war. Nach drei Pflichtspielen für den Hamburger Sport Verein war die Kaufoption in Höhe von 6,5 Mio Euro an die Londoner zu überweisen. Doch warum leiht man den Spieler dann? Ich stelle die Frage zurück. Noch komplizierter wird es, wenn die Rechte am Spieler bei verschiedenen Parteien liegen und die Vereine an Wertsteigerungen nicht verdienen können, aufgrund von diverser Klauseln von verschiedenen Parteien wie Spielerberater, frühere Vereine oder Investment-Unternehmen. Häufig ist dies der Fall bei südamerikanischen Spielern. Der sogenannte Third Party Ownership ist mittlerweile auch in Europa weit verbreitet und von Football Leaks thematisiert.

Wie man sehen kann, wird der Fußball immer komplizierter, da mehr Geld im Umlauf ist. Die Fußballwelt in der sich der VfL Bochum bewegt und indem unsere Vorstände ihre Geschäfte betreiben, ähnelt dann doch eher der alten Welt. Dubiose Transfers von brasilianischen Talenten sind in Bochum nicht zu erwarten. Und hier beginnt das erste Problem: Der VfL Bochum ist ein Verein, der in der zweiten Liga spielt. Sicherlich in einer der besseren zweiten Ligen der Welt, jedoch in der zweiten Liga und damit weniger prestigeträchtig und wirtschaftlich nicht so attraktiv wie andere Ligen. Dass der Verein wirtschaftlich auf jeden Euro schauen muss, das sind wir als Fans gewohnt und wird sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern. Auch dann nicht, wenn wir einen Investor oder Investoren finden, die den VfL Bochum unterstützen wollen. Im Konzert der Großen werden wir auch mit diesem Geld ein kleines Licht bleiben.
Um den Kader zu verstärken und gleichzeitig nachhaltig zu wirtschaften, bedarf es daher zum einen Kreativität und zum anderen gute Beziehungen. Im Falle von unserem Sport-Vorstand Christian Hochstätter ist es offensichtlich, dass gute Beziehungen zur TSG Hoffenheim bestehen. Auch mit dem FC Schalke 04 pflegt man gute Beziehungen. Ein Vorwurf, dem sich Christian Hochstätter auch jetzt wieder gegenüber sieht.
Die Leihe als eine Art Leasing für Fußballvereine
Doch nicht nur beim VfL Bochum sind Leihen ein probates Mittel. Die Branchengrößen nutzen die Möglichkeit mittlerweile ebenso gerne, um Spieler zu verpflichten. Statt Spieler direkt zu kaufen, werden, wie oben beschrieben, komplizierte Konstrukte aufgesetzt um den Spieler erst zu leihen und ihn eigentlich doch zu kaufen. Es macht sich jedoch in der Bilanz besser. Prominentes Beispiel ist der Transfer von Kylian Mbappé zu Paris Saint Germain.
Der Spieler wurde vom AS Monaco ausgeliehen mit einer Kaufoption, um das Financial Fairplay geschickt zu umkurven und die Ablöse bilanziell über die Vertragsdauer abzuschreiben. Auch beim Transfer von Lewis Holtby war die Kaufoption so gewählt, dass der Transfer im damals aktuellen Geschäftsjahr nicht aufgeführt wird, sondern in das folgende Jahr vertagt wird, um die Bilanz aufzubessern. Selbst beim FC Bayern München wurden zuletzt immer wieder Spieler per Leihe verpflichtet oder abgegeben. Die Herren Douglas Costa, Serge Gnabry und James Rodríguez sind noch beim FC Bayern unter Vertrag oder können noch verpflichtet werden. Für James Rodríguez zahlen die Bayern angeblich etwa 10 Mio Euro pro Saison als Leihgebühr und können den Spieler am Ende der kommenden Saison, für ca. 38 Mio Euro zusätzlich, fest verpflichten. Das soll als Exkurs reichen, denn im Mittelpunkt steht in diesem Blog der VfL Bochum.
Diese Spieler sind per Leihe zum VfL Bochum gekommen
Der VfL Bochum verfolgt seit dem Amtsantritt von Christian Hochstätter ein anderes Credo: Wie kann der Verein die Qualität des Kaders steigern? Dies ist jedoch in Einklang zu bringen mit den (begrenzten) finanziellen Mitteln des Vereins. Die Leihe im herkömmlichen Sinne kann diese beiden Anforderungen vereinen. Aus diesem Grund hat Christian Hochstätter seit seiner ersten Transferperiode im Sommer 2013 einige interessante Spieler per Leihe holen können. Die folgende Tabelle zeigt alle Neuzugänge per Leihe auf, die Christian Hochstätter seither zum VfL Bochum geholt hat:
Zugänge | Verein | Saison |
Felix Bastians | Hertha BSC Berlin | 2013/2014 |
Richard Sukuta-Pasu | 1. FC Kaiserslautern | 2013/2014 |
Tobias Weis | TSG Hoffenheim | 2014/2015 |
Malcom Cacutalua | Bayer 04 Leverkusen | 2014/2015 |
Michael Gregoritsch | TSG Hoffenheim | 2014/2015 |
Thomas Eisfeld | FC Fulham | 2014/2015 |
Janik Haberer | TSG Hoffenheim | 2015/2016 |
Pawel Dawidowicz | Benfica Lissabon | 2016/2017 |
Vitaly Janelt | RB Leipzig | 2016/2017 |
Nils Quaschner | RB Leipzig | 2016/2017 |
Russell Canouse | TSG Hoffenheim | 2016/2017 |
Robert Tesche | Birmingham City | 2017/2018 |
Luke Hemmerich | FC Schalke 04 | 2017/2018 |
Philipp Ochs | TSG Hoffenheim | 2017/2018 |
Janni Serra | Borussia Dortmund | 2017/2018 |
Quelle: Transfermarkt

Es stechen sicherlich einige Namen hervor: Felix Bastians war bis zu diesem Winter das Gesicht des VfL Bochums und konnte damals nach zähen Verhandlungen mit Hertha BSC von unserem Sport-Vorstand zum VfL Bochum geholt werden, denn eine Kaufoption hatte man nicht. Dies zeigt, dass Spieler auch über das Leihende hinaus bleiben können. Gleiches galt für Thomas Eisfeld oder Tobias Weis, welche sich beide in Bochum wohl fühlten und bei denen man die Transfers trotz mangelnder Kaufoption realisieren konnte.
Positiv war sicherlich die Kaufoption bei Michael Gregoritsch, welchen man im Sommer 2016 direkt, und mit großem Gewinn, an den Hamburger SV weiterverkaufen konnte. Andere Kaufoptionen, beispielsweise bei Nils Quaschner und Malcom Cacutalua ließ man verstreichen, da die Spieler nicht die gewünschte Leistung brachten. Bei Pawel Dawidowicz war von vornherein klar, dass die aufgerufene Kaufoption von Benfica Lissabon exorbitant hoch war und man so keine Chance hatte den Spieler zu halten.
„Spieler müssen gekauft werden, Leihen bringen uns doch nichts“
Wie oben bereits aufgezeigt konnte unser Sport-Vorstand bereits einige Stützen der Mannschaft auch ohne Kaufoption im Verein halten. Die verliehenen Spieler sind beim eigenen Verein meist ohne Aufsicht auf Einsatzzeiten in der ersten Mannschaft und man erlaubt ihnen anderenorts Spielpraxis zu sammeln oder eine neue Chance wahrzunehmen. Das ist wohl allen bekannt. Weiterhin befinden wir uns derzeit im Wintertransferfenster, in dem es grundsätzlich schwierig ist Qualität zu bekommen ohne über dem Marktpreis zahlen zu müssen. Die Spieler, die uns weiterhelfen würden, sind vermutlich Stammspieler. Nur wenige Spieler, die uns helfen würden, sitzen auf der Bank oder spielen gar nicht. Einige Spieler hatten ich bereits in der Inventur des Kaders (Teil 3) vorgestellt, einige davon sind bereits gewechselt. Marvin Friedrich ist heute zu Union Berlin gewechselt, Marvin Stefaniak entschied sich für eine Leihe zum 1. FC Nürnberg und Jacob Bruun Larsen wurde vom VfB Stuttgart ausgeliehen. Auch in Stuttgart fasst sich ein Großteil der Fans an den Kopf, ob des Leihgeschäfts bis zum Saisonende. Die Leihe an dieser Stelle machte aber Sinn, da Bruun Larsen den ehemaligen Trainer der Stuttgarter, Hannes Wolf, aus gemeinsamen Zeiten in Dortmund kennt und für den VfB kein Risiko entsteht. Nun ist Hannes Wolf seit kurzem nicht mehr Trainer vom VfB Stuttgart und es bleibt abzuwarten wer neuer Trainer wird. Dies ist ein weiterer Pluspunkt für eine Leihe, denn nun kann sowohl der Verein als auch der Spieler ein Engagement schnell beenden, sollte der neue Trainer nicht auf den Spieler setzen wollen. Falls man ihn doch in seinen Reihen halten möchte, hat man weiterhin die Chance mit dem abgebenden Verein zu verhandeln.
„Hochstätter holt Spieler immer von denselben Vereinen“

Aus diesem Grund sind oftmals Leihspieler der TSG Hoffenheim und vom FC Schalke 04 bei uns zu finden. Beide Vereine haben eine exzellente Jugendabteilung und stehen Jahr für Jahr in den Finalspielen der deutschen Meisterschaft. Die Qualität die dort hervor gebracht wird, steht oftmals in der Bundesliga und bei den europäischen Topvereinen auf dem Feld. Es gibt jedoch Spieler, die den Sprung nicht auf Anhieb schaffen, obwohl sie das Talent haben. Die Regionalliga ist für diese Talente jedoch zu niedrig und somit suchen die Vereine nach Partnern, bei denen sich diese Spieler weiterentwickeln können. Hier kommt der VfL Bochum ins Spiel. Auch wir haben mit dem Talentwerk eine der besten Jugendeinrichtungen Deutschlands, jedoch kann nicht jeder Jahrgang gleich viele Spieler auf Topniveau hervorbringen. Problematisch wird es dann, wenn man dann auch noch eine bestimmte Position verstärken muss, bei der man keinen Spieler in der Jugendeinrichtung hat, dem man den Sprung zutraut. Demnach holt man sich diese Qualität von externen Vereinen.
„Ohne Kaufoptionen bringt eine Leihe schon einmal gar nichts“
Kaufoptionen sind für den abgebenden Verein natürlich ein Risiko. Explodiert ein Spieler, kann eine zu niedrig angesetzte Kaufoption einen Verlust bedeuten. Ist die Kaufoption zu hoch angesetzt, macht es für den aufnehmenden Verein vor vornherein keinen Sinn über einen Kauf nachzudenken. Beide Beispiele konnten wir in der jüngsten Vergangenheit beim VfL Bochum beobachten. Die Kaufoption bei Michael Gregoritsch lag bei etwa 500.000 Euro, ein günstigstes Geschäft, bekundete der Hamburger SV doch sein Interesse. Auch ohne das Interesse der Hamburger wäre die Kaufoption aber im finanziellen Bereich des möglichen gewesen. Bei Pawel Dawidowicz hingegen lag die Kaufoption so hoch, dass wir vorn vornherein keine Chance gehabt hätten den Spieler zu verpflichten.
Grundsätzlich möchte der abgebende Verein aber auch Qualität in seinen Reihen wahren und Spieler weiterentwickeln. Das Grundprinzip einer Leihe bleibt also bestehen. Jedoch ändern sich im Fußball die Besetzungen von Kaderpositionen so schnell, dass man nicht sagen kann, ob ein Leihspieler, der grundsätzlich im kommenden Sommer als Kaderspieler eingeplant ist, den angedachten Platz dann auch noch besetzen kann. Ein günstiges Transferangebot auf der Position des Spielers, ein Spieler der in der Notsituation auf dieser Position super aushilft oder ein neuer Jugendspieler, der einen überraschenden Entwicklungssprung macht sind hier als Beispiele immer wieder zu beobachten. In diesen Situationen kann aus einer Leihe ohne Kaufoption durchaus ein Verkauf entstehen – Eine Chance für den aufnehmenden Verein, also beispielsweise für den VfL Bochum in den Fällen Hemmerich, Ochs oder Serra!
Weitere Argumente für eine Leihe
Wie oben bereits geschrieben, ist der Transfermarkt im Winter schwierig und die Vereine klamm. Demnach sind Leihen von gut ausgebildeten Jungspielern eine Möglichkeit die Qualität im Training und im Kader zu erhöhen, ohne das Budget zu sehr zu belasten und ein finanzielles Risiko einzugehen. Mittlerweile sind die Verweilzeiten von Fußballprofis im Durchschnitt so kurz, dass die Vereinsangehörigkeit eines Spielres durchaus mit einer Leihe über 1 oder 2 Jahren abgedeckt werden kann. Bei Robert Tesche hatte man nur so die Möglichkeit ihn zu verpflichten. Länger würde ein Talent wie Vitaly Janelt vermutlich auch nicht in Bochum bleiben, hätten wir die Chance gehabt ihn zu kaufen statt zu leihen. So realistisch müssen wir in Bochum sein. So ist es in der Vergangenheit, unter anderem, auch bei Leon Goretzka gewesen. Michael Gregoritsch wollte unbedingt zum Hamburger SV. Die Schnelllebigkeit des Fußballs lässt Vertragsinhalte unbedeutend erscheinen.
Weiterhin ist eine Leihe eben auch eine Chance Spieler zu testen. Gertjan Verbeek hat in seiner Amtszeit den Verein an vielen Stellen professionalisiert, das Scouting war jedoch ein Punkt, der unserem Ex-Trainer ein Dorn im Auge war. In diesem Bereich ist der VfL Bochum noch nicht so aufgestellt, wie man es sicherlich gerne wäre. Demnach bieten Leihen die Chance sich junge Spieler in der täglichen Arbeit anzusehen und eine Entscheidung auf einer fundierten Basis zu treffen. Aus diesem Grund hat man die Kaufoptionen unter anderem von Nils Quaschner und Malcom Cacutalua auslaufen lassen.
Bei den Spielern Cacutalua, Canouse, Quaschner und Hemmerich konnte man sogar den abgebenden Verein dazu bewegen weiterhin einen Teil des Gehaltes zu bezahlen, wodurch das Gehaltsbudget des VfL Bochum entlastet wurde. Hier griff bzw. greift der klassische Fall, dass ein Spieler ausgebildet werden soll und der abgebende Verein dafür finanzielle Zugeständnisse macht. Im Falle von Nils Quaschner wurde damals das Gehalt zum Teil von Leipzig weitergezahlt und die Kaufoption von 500.000 € auf 800.000 € erhöht. Damit konnte das Risiko nochmals minimiert werden und im Falle einer überragenden Saison von Quaschner wäre die Differenz bei der Ablösesumme wohl kein Problem gewesen.
Die Leihe als Chance für den VfL

Schlussendlich sind Leihen also keine Einbahnstraße mehr, sondern vielseitige Geschäftsmöglichkeiten. So wie der Transfermarkt heute funktioniert, nutzen die Verantwortlichen viele Möglichkeiten oder gar Grauzonen aus, um Zahlen zu schönen, Risiken zu minimieren oder einfach um Spieler zu testen. Es ist in der heutigen Fußballwelt einfach sinnvoll Kosten einzusparen und den Kader günstig zu verstärken. Für den VfL Bochum bedeutet das Modell der Leihe also eine Chance sich bei jungen Spielern als Perspektive im Profifußball zu präsentieren.Weiterhin heißt ein Ende der Leihe nicht, dass man keine Chance hat den Spieler zu verpflichten; jedoch ist ein Transfer an so viele verschiedene Abhängigkeiten gebunden, so dass das Timing stimmen muss, um einen Spieler halten zu können. Man sollte also nicht versuchen Leihen oder Transfers im Vorfeld zu bewerten, sondern abwarten wie die Spieler sich entwickeln und wie sich diese Entwicklung in Einklang mit dem VfL Bochum bringen lässt. Mit einer Leihe kann der VfL Bochum also in den meisten Fällen nur gewinnen, also ist eine generelle Verteufelung von Leihen doch eigentlich nicht notwendig.
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