Warum das Glas halbvoll ist

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Im Grunde ist es wirklich verrückt, in der Formtabelle ist der VfL seit dem Amtsantritt von Thomas Reis lediglich einen Punkt von einem Aufstiegsplatz entfernt und liefert obendrein ein phänomenales Spiel gegen die Bayern. Zudem werden sukzessive immer mehr Punkte eingefahren und die Anzahl der Gegentore pro Spiel sind rückläufig. Dennoch geht der Grundtenor im Umfeld des VfL in die Richtung, dass unter Reis kein spielerischer Fortschritt zu erkennen sei. Das ist für mich so unglaublich absurd, dass es mir ehrlich gesagt die Sprache verschlägt und gleichzeitig mich so arg aufregt, dass ich mich zu diesen Kommentar durchgerungen habe.

Was ich mich dabei nicht erst nach dem Sieg gegen Aue frage – erinnert sich denn keiner mehr daran, wie wir beispielsweise gegen Wehen Wiesbaden in Halbzeit 1 aufgetreten sind? Haben alle vergessen, dass wir im gesamten Kalenderjahr 2019 unter Dutt die schlechteste Mannschaft der Liga gestellt haben?

In dieser, in meinen Augen überkritischen Phase, stelle ich mir die Frage, was sich der Großteil der Fans von Reis erwartet? Soll er mit dem gleichen Kader, welchen einige gar nur einen Abstieg zutrauen, alle Gegner aus dem Stadion ballern oder um den Aufstieg mitspielen? Letzteres würden wir Stand jetzt sogar machen, berücksichtigt man nur die Spiele unter seiner Leitung.

Kritischer Blick an der Seitenlinie – Thomas Reis – Foto: David Matthäus Photography

Für den tatsächlichen Stand kann er reichlich wenig, denn man wird wohl kaum erwarten können, dass er die ersten 5 Ergebnisse unter Dutt wegzaubern kann. Das stimmt so natürlich nicht gänzlich, denn er kann sehr wohl etwas dafür, dass wir anstelle von einem Abstiegsplatz wieder halbwegs solide dastehen. Scheinbar ist das allerdings dennoch nicht gut genug, weshalb sich mir die Frage stellt, wie gut sehen die Kritiker den Kader wirklich und was muss ein guter Trainer aus diesem herausholen?

Grundsätzlich gilt auch zu bedenken – das Team war am Boden und so kamen zusätzlich zu qualitativen Mängeln im Kader noch mentale Probleme hinzu. Es wird wohl kaum die Marschroute eines Trainers sein, dass die Mannschaft sich bislang in dieser Saison nach Führungen in einen einzigen Hühnerhaufen verwandelte. Die einfachsten Pässe kommen dann nicht mehr an, die Zweikämpfe werden verloren und man bettelt förmlich um Gegentore. In diesem einen Punkt kann ich den Unmut selbstverständlich voll und ganz verstehen. Wir sind in dieser Hinsicht weiterhin zu instabil, doch kann man das dem Trainer ankreiden? Hat Reis schuld daran, dass die Mannschaft bei seiner Ankunft bis aufs Mark verunsichert war und braucht sowas nicht immer Zeit, um aus den Köpfen der Spieler zu kommen? Sind wir nicht sogar letzlich aktuell auf dem besten Weg unser Spiel immer weiter zu stabilisieren?

Es geht aufwärts – Foto: David Matthäus Photographie

Betrachtet man die letzten vier Spiele, sind wir in der Formtabelle die zweitbeste Mannschaft der Liga. Obendrein gewinnt man gegen Aue das erste Spiel souverän zu Null und es wird tatsächlich noch teilweise über die Spielweise gemeckert. Mal ehrlich, der ein oder andere sollte sich mal hinterfragen von welchem Verein er Fan ist und was für Erwartungen man hat. Aus meiner Sicht ist diese anhaltende Unmut gegenüber Thomas Reis jedenfalls an Absurdität kaum mehr zu überbieten.

Autor: Jens Hartenstein

In Bayern geboren, führte mein Weg zum Fußball über den FC Bayern München erst über Umwege zum geliebten VfL. Hierbei hat mich insbesondere die Phase Mitte der 90 geprägt, als man unter anderm in den UEFA Cup einzog. Nach einer jugendlichen Trotzphase, in der ich mich fast gänzlich dem Fußball, aber vor allem der Kommerzialisierung von selbigem abgewandt hatte, fand ich dann Anfang des neuen Jahrtausends wieder zurück zum Fußball. Ein echter Fußballfan kann eben doch nicht ohne seine Leidenschaft. Spätestens als ich dann beim Abschiedsspiel von Darius Wosz dessen letztes Bundesligator, den Abstieg Gladbachs und unseren beinahe Einzug in den UI-Cup live im Gladbacher Stadion feiern durfte, wars um mich dann komplett geschehen. Seitdem sind mäßige Spiele, Niederlagen, Abstiege und sämtliches Leid aller VfL Fans mein ständiger Wegbegleiter.

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