Kommentar: Die Selbstzerstörung des VfL Bochum

Foto: David Matthäus Photography
Foto: David Matthäus Photografie

Es ist Samstag, gute 17 Stunden nach dem Offenbarungseid in Kiel. Zwischen Sprachlosigkeit und dem Wunsch, wütend bzw. traurig loszubrüllen, versuche ich, meine vielen Gedanken in Worte zu fassen.

Wurde am Ende von den eigenen Fans ausgepfiffen: Torwart Manuel Riemann. Foto: David Matthäus Photgraphy.

Ich habe mit dem VfL schon viel erlebt, nicht ganz durchgängig, aber seit der ersten UEFA-Cup-Saison meistens auch mit Dauerkarte. Es gab in Liga Eins schon viele Tiefschläge, seien es einzelne Spiele oder Spielzeiten wie die ganz schlimme Saison 2000/01. Aber in den letzten Jahren kommt es immer mehr zum schleichenden Verfall des VfL, mit kurzzeitigen Höhen wie anfangs unter Verbeek oder der Rettungsphase unter Neururer bis zum Klassenerhalt – mit der Bitte, danach dann wieder den Mantel des Schweigens darüber zu legen. Es ist klar gewesen, dass man was ändern musste, allerdings wurde sich das schon sehr oft in meiner Fan-Zeit so vorgenommen und meist war es lachhaft, was am Ende wirklich getan wurde.

Aussprache bleibt ohne positiven Effekt

Nach der letzten Saison wollte man eine andere Mentalität in den Kader bringen. Davon ausgehend, dass Charakter eine Rolle spielt und man eine Atmosphäre des gemeinsamen Wachsens erzeugen wollte, war ich doch sehr gespannt, OBWOHL ich bereits so viel erlebt hatte. Was bleibt aber davon, nach einem Drittel der Saison? Von Außen scheint es dem Verein, insbesondere aber der Mannschaft, an Führung und Charakter zu fehlen, die meisten Spieler sind nur mit sich selbst beschäftigt, und bestenfalls Mitläufer. Und wenn man nach einer halbgaren Aussprache unter der Woche das erst dritte Mal in dieser Saison eine geringere Laufleistung als der Gegner vorweisen kann (nach den Niederlagen in Regensburg und beim HSV), dann fasse ich mir doch an den Kopf! Das heißt übrigens im Umkehrschluss, dass wir mit mehr Ballbesitz ausschließlich in Stuttgart verloren haben, mit weniger Ballbesitz aber scheinbar alles verspielen.

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Ich meine, wenn man mal von einzelnen Dingen absieht, wie meiner Meinung nach einem fehlenden weiteren starken DM, quasi einem ZOM zu viel und einem Außen zu wenig, so hätte ich rein vom Kader vermutlich gar nicht so viel anders gemacht. Ich bin aber auch nicht für die Zusammenstellung der Mannschaft sowohl als Fußballteam als auch als soziale Gruppe zuständig, das ist in erster Linie Sebastian Schindzielorz und dieser ist damit offensichtlich gescheitert.

Irgendwie sehe ich momentan wenig, was Hoffnung macht, was man ändern könnte, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Was wäre denn möglich?

  • Den Vorstand wechseln? Das macht auch kein (aktuell) besseres Team, eine generelle Diskussion um diesen Posten sollte man dennoch führen. Ich kann hier keine Handschrift erkennen, die Schindzielorz hervorstechen lässt und sportlich sieht es auch schlecht aus.
  • Ein erneuter Trainerwechsel? Ob es das bringen würde, I tend to doubt it. Allerdings ist Thomas Reis dem Anschein nach in der Mannschaftsführung mit den Spielern auch nicht besonders erfolgreich und auch selbst, wenn es die erste Niederlage unter ihm ist, war diese schon besorgniserregend. Ich glaube, dass er durchaus ein guter Trainer ist, weiß aber nicht, ob er mit dieser Gruppe auf einen grünen Zweig kommt.
  • Jetzt Schnellschüsse mit Spielern? Die meisten Spieler sind vermutlich nicht grundlos vereinslos (mit Lee letzte Saison und Gamboa diese Saison haben wir allerdings schon zwei Positivbeispiele). Und die Gruppe verkleinern, indem man öffentlichkeitswirksam ein paar Spieler aussortiert, davon halte ich auch wenig.

    Sebastian Schindzielorz - Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)
    Sebastian Schindzielorz – Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)
  • Im Winter den Kader umkrempeln? Es wäre schon notwendig, etwas zu tun, aber kann schon zu spät sein. Und man darf sich auch nicht übernehmen,  sonst könnte es bei einem …nein, ich will dieses Wort nicht schreiben… schnell sehr weit runter gehen und ich möchte nicht enden wie der Verein der eingemeindeten Nachbarstadt.

Sehenden Auges in Richtung Abgrund

Am Ende muss man hier auch über die Person Hans-Peter Villis sprechen. Die Entlastung auf der JHV war meiner Meinung nach alternativlos, allerdings hoffe ich, dass man eine Alternative zu seiner Person in Erwägung ziehen wird. Mein Problem mit ihm ist eine Mischung aus Verkennen von Gefahrensituationen und gleichzeitig kommunizierte Ziele wie den „Top 25“ kurz nach einem Umbruch, die eine Mannschaft auch lähmen können und das Umfeld in eine Richtung steuern, bei der es frühzeitig unruhig wird (auch wenn man das den Bochumer Fans in dieser Saison wahrlich nicht vorwerfen kann). Manchmal ist weniger auch mehr und wenn man finanziell im Mittelmaß steckt und zudem noch versuchen muss, erst einmal wieder eine Struktur in die Mannschaft zu bekommen, dann sollte man den Druck eher nehmen, wenn man überhaupt was sagen muss. Auch dieser Punkt ist allerdings keiner, der eine unmittelbare Veränderung schaffen würde, von daher muss man sich da auch keine ganz akuten Gedanken machen.

So, letztlich viel geschrieben, als kurze Zusammenfassung noch einmal: Ich bin ratlos.

Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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