Trotz guter Ansätze verliert der VfL Bochum das Gastspiel beim HSV. Robin Dutt findet einen Weg, die Defensive zu stabilisieren. Dafür bleibt die Durchschlagskraft auf der Strecke. Ein Tor durch unseren Ex-Torjäger Lukas Hinterseer reicht dem HSV zum Sieg.
In der Woche wurde viel diskutiert. 8 Gegentore in den letzten drei Spielen waren zu viel. Insbesondere auf der Rechtsverteidigerposition wurde keine stabile Lösung gefunden. Beim Gastspiel bei den Rothosen aus Hamburg präsentierte Robin Dutt nun Simon Lorenz als Rechtsverteidiger. Dominik Baumgartner musste nach einer durchwachsenen Leistung im Pokal (insbesondere beim 1:2) auf der Bank Platz nehmen. Zentral kam Saulo Decarli nach seiner Verletzung zurück und konnte sich wieder als knallharter Zweikämpfer beweisen. Mit Vitaly Janelt auf der Doppelsechs neben Anthony Losilla wurde auch dort wieder auf mehr Stabilität gesetzt. Thomas Eisfeld musste für ihn weichen. Zudem ersetzte Tom Weilandt den angeschlagenen Simon Zoller.
Asymmetrie im Spielaufbau – Aus 4-2-3-1 (4-4-2) wird 3-4-2-1
Auf den ersten Blick befeuert der Einsatz des Innenverteidigers Lorenz auf der Rechtsverteidigerposition die Diskussion um von Dutt auf falschen Positionen eingesetzte Spieler. Wie in unserem Podcast besprochen kommt es jedoch nicht darauf an, ob die Spielerposition zur nominellen Position in der Grundordnung passt, sondern ob das Fähigkeitenprofil des Spielers in seiner Rolle optimal zur Geltung kommt. Letzteres war bei Lorenz der Fall. Dutt setzte nämlich auf zwei unterschiedliche Spielsysteme im Spiel gegen und mit dem Ball. Während die Hamburger Angriffsversuche von einem kompakten 4-4-2 Mittelfeldpressing empfangen wurden, wurde die Formation bei eigenem Ballbesitz zu einem 3-4-2-1 rotiert. Die Aufbaudreierkette bildeten Lorenz, Saulo Decarli und Bella Kotchap. Linksverteidiger Danilo Soares rückte ins Mittelfeld vor, während auf der rechten Seite Chung-Yong Lee die Breite hielt. Tom Weilandt und Sebastian Maier konnten zentral hinter unser Sturmspitze Ganvoula agieren. Jeder der Spieler agierte somit auf einer Position, in der er seine Stärken einbringen konnte.
In der ersten Hälfte ging die Idee auf. Mit Lorenz als zusätzlicher Unterstützung war die Defensive deutlich stabiler, gerade in Umschaltsituationen nach Ballverlusten. Das tiefere Pressing, in dem der HSV erst kurz vor der Mittellinie gepresst wurde, erhöhte die Kompaktheit. Zudem hatte Ganvoula mit der Doppelzehn nach langen Bällen theoretisch zwei nahe Optionen um den Ball abzulegen – auch wenn die Staffelung der drei Offensiven zueinander nicht immer optimal war. Der HSV hatte in der ersten Hälfte nur eine nennenswerte Situation. Dies war jedoch eine Doppelchance, in der Riemann überragend gegen Leibold und Dudziak parierte. Auf der anderen Seite hatte Ganvoula drei aussichtsreiche Situationen, die entweder van Drongelen gut verteidigt (10.) oder von unser Sturmkante durch zu frühe oder schwache Abschlüsse verschenkt wurden (12./13.).
Auch sonst hatten die Umstellungen einen positiven Einfluss auf das Spiel. Lorenz zeigte im Spielaufbau von der Halbverteidigerposition seine Klasse. Mit kleinen Haken öffnete er sich die Passwege für scharfe, flache Pässe ins Mittelfeld. Hier machte insbesondere Janelt auf sich aufmerksam. Er verteidigte in bester Losilla-Manier aggressiv über fast das gesamte Feld. Zudem machte er mit Läufen in die Tiefe Druck. Er sollte sich erst einmal gegen Eisfeld durchgesetzt haben. Neben diesen beiden zeigte auch Lee wieder, dass er als Rechtsaußen einen guten Einfluss auf das Spiel nehmen kann. Gegen den HSV überzeugte er insbesondere defensiv mit einer hohen Arbeitsrate und aggressiver Zweikampführung.
Hinterseer knipst und der VfL bricht ein
Die Enttäuschung der ersten Halbzeit war Tom Weilandt. Er wirkte lustlos und erschöpft. Von ihm kam offensiv und defensiv wenig. Erinnerungen an Robbie Kruse wurden wach. Dementsprechend wurde er auch früh in der zweiten Hälfte (53.) durch Danny Blum ersetzt. Der Wechsel machte zu diesem Zeitpunkt Sinn, da Blum sein Tempo in Kontersituationen einbringen sollte. Leider hieß es nur 7 Minuten später (60.) 1:0 für den HSV. Unser ehemaliger Goalgetter Lukas Hinterseer konnte die Verwirrung in der Bochum Defensive aufgrund eines verletzten HSV-Spielers ausnutzen, und aus dem Hintergrund mit klinischer Präzision abschließen.
Wir Fans hofften jetzt natürlich auf einen weiteren Sturmlauf wie in Bielefeld. Dieser blieb jedoch aus. Der HSV behielt die Kontrolle über das Spiel und konnte sich in Ballbesitz durch kontrolliertes Passspiel immer wieder Ruhepausen verschaffen. Der VfL tat sich schwer, vom tieferen in ein höheres Pressing zu wechseln. Der Zugriff blieb dementsprechend aus. Eigene Ballbesitzphasen wurden zu schnell hergeschenkt, so dass kein konstanter Druck aufgebaut werden konnte. Auch die Einwechslungen von Ulrich Bapoh (67.) für Janelt und Jordi Osei-Tutu für den angeschlagenen Lee (74.) konnten keinen Umschwung bringen. Danny Blum hatte nach seiner Einwechslung keinen Einfluss auf das Spiel. Wie Weilandt blieb er blass, auch weil er in erstaunlich tiefen Positionen, fast wie ein Achter, agierte. Hier wollte Dutt nach der Auflösung der Doppelsechs mit dem Bapoh-Wechsel wohl kein weiteres Risiko eingehen. Blum hätte jedoch als torgefährlicher Spieler öfter in Tornähe gebracht werden sollen.
Fazit
Damit steht nach drei Spielen nur ein Punkt und der Relegationsplatz. Sollten Wehen Wiesbaden oder Dynamo Dresden am Wochenende punkten, kann es sogar ein Abstiegsplatz werden. Das Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden muss nächste Woche unbedingt gewonnen werden. Robin Dutt muss dazu die neue Stabilität aus diesem Spiel beibehalten und mit der Durchschlagskraft der zweiten Halbzeit gegen Bielefeld kombinieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe, für die er hoffentlich eine ähnlich kreative Lösung wie für die Stabilisierung der Defensive findet. Wenn er sich nicht stattdessen an der Neuerung, Trainer mit gelb bestrafen zu können, aufreibt.
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