Kommenden Samstag um halb vier werden Bochumer Fußballherzen endlich wieder jahrzehntelang bekannte Emotionen durchleben. Ob dies zum erfüllenden Genuss oder zur zehrenden Qual wird? Das bleibt, wie immer, abzuwarten. Gute drei Monate nach dem fulminanten Saisonausklang geht die Bundesliga wieder an den Start. Unser VfL Bochum muss auswärts bei RB Leipzig ran. Der Auftaktgegner könnte gern von kleinerem Kaliber sein, einen Einzug in die zweite Runde des DFB Pokals hätte ich mir auch gewünscht – aber: So what? Ich habe Bock! Ein Ausblick.
Machen wir uns nichts vor – rosiger als die Chance, einen Sieg im ersten Saisonspiel einzufahren, ist so manches. Unter anderem der Nachname vom Coach unseres Kontrahenten, welcher sicher ebenfalls an einem Punktgewinn interessiert ist. So bediente sich Marco Rose am psychologischen Handwerkzeug des emotionalen Pushs. Diesen versuchte er seinem Team zu ermöglichen, indem er das Training am vergangenen Dienstag öffentlich mit Anwesenheit von Fans stattfinden ließ. Dort war sicherlich die Hölle los.
Die bisherigen Statistiken? Ausbaufähig!
Als das Heimteam aus Ostdeutschland im Mai 2009 gegründet wurde, existierte der Herausforderer aus dem Herzen des Ruhrpotts schon 71 Jahre. In den 15 Folgejahren spielten der VfL Bochum und RB Leipzig 11 Partien gegeneinander aus. Eins der Spiele gewannen unsere Jungs, einmal wurden die Punkte geteilt, neun Siege gingen an Leipzig.
Am erfolgreichsten gestaltete sich für uns das Kalenderjahr 2023. Dort erkämpften wir zuhause einen 1:0 Heimsieg und einen 0:0 ‚Erfolg‘ im Auswärtsspiel. Gerne erinnere ich mich an die Kopfballhütte von Erhan Masovic, die uns den ersten Dreier gegen die Truppe des österreichischen Getränkeunternehmens einbrachte. Nicht weniger wild war das Rückspiel, in dem unser (Ex-) Schnapper Manuel Riemann in einem tierischen Auftritt zwei Elfmeter parierte.
Meiner Meinung nach ist höchste Zeit, die Zahlen aufzubessern. Masovic darf gerne erneut einnicken, Patrick Drewes auf der Linie über sich hinaus wachsen oder Maximilian Wittek seine linke Distanzflöte in den Giebel schmieren – ich nehme alles.
Das Aufeinanderprallen finanziell unterschiedlicher Dimensionen
492,13 (Leipzig) zu 57,28 (Bochum) – dies sind keine Quoten aus dem Immobilien- oder Börsenbereich sondern die Kaderwerte im Vergleich. Gemessen in Höhe von Euro in Millionen. Höherwertiger als die Mannschaft aus Leipzig sind nur die aus München, Leverkusen und Dortmund. Der VfL Bochum belegt Platz 15 von 18. Interessanterweise stellt unser Kader mit einem Wachstum um 16,5% trotz der tiefen Platzierung denjenigen, der ligaweit am meisten Zuwachs erzielte.
Dennoch befinden wir uns weiterhin in anderen Gefilden, als es die ‚wirtschaftlich Großen‘ tun. Spielmacher und Youngstar Xavi Simons kehrte mit seinem auf 80 Millionen Euro taxierten Marktwert nach Leipzig zurück, wo in Person von Antonio Nusa mit einer Ablöse von 21 Millionen Euro bereits ein weiterer Offensivspieler verpflichtet wurde. In Bochum hingegen hielt eine ganze Stadt den Atem an, als der brutal scharf kochende Marc Lettau Dani de Wit und Ibrahima Sissoko (Marktwert jeweils 5,0 und 6,0 Millionen Euro) anne Castroper lotste.
Hier kristallisiert sich deutlich heraus, auf welch unterschiedlichen Finanzebenen innerhalb einer Liga, in der man um den gleichen Titel konkurriert, gearbeitet wird. Das benenne ich unabhängig davon, dass ich die aktuell bezifferten Zahlen und ‚Werte‘ im Profifußball subjektiv als schlichtweg krank beurteile. Aber so ist es heute leider nun mal. „Wer dat nich will kann inne Kreisliga“ sagt Dauerkartenkollege Thomas immer – und da habe ich halt keine Lust drauf.
Dennoch freue ich mich weiterhin, Anhänger eines Vereins zu sein, auf dessen Jahreshauptversammlung tosender Jubel ausbricht, sobald Ilja Kaenzig von einem Jahresgewinn in sechsstelliger Höhe spricht.
Voller Fokus auf den Wettbewerb Bundesliga
Am mittlerweile vierten Tag nach dem 0:1 bei Jahn Regensburg kann ich drüber schmunzeln und habe einen Haken dran gesetzt. Die im Interview mit dem „Millernton“-Podcast benannte Resilienz, die es als Anhänger des VfL braucht, wird schon jetzt benötigt, um nicht mit allzu lang gezogener Fresse in die Saison zu gehen.
Eine sinnvolle Strategie ist für mich dabei die gute alte Ironie. Während sich die Bundesligisten, die in die zweite Pokalrunde eingezogen sind (das ist, mit Ausnahme von uns, tatsächlich bisher jeder einzelne) auf die kommenden Auslosungen freuen, kann an der Castroper Straße mit viel mehr Ruhe souverän für die Bundesliga geplant werden. Da ein Tanz auf zwei Hochzeiten nicht mehr stattfinden muss, kann der Fokus akribisch auf die einzig bleibende gelegt werden. Möglicherweise ein Vorteil gegenüber allen Ligamitstreitern, nicht mehr unter der kaum erträglichen Doppelbelastung des DFB Pokals leiden zu müssen.
Also: Zündung!
Vorfreude auf die Saison – egal, was Samstag passiert
An dieser Stelle möchte ich mich dem Tansfermarkt-User „BOlx161“ anschließen, dessen Einschätzung wir gestern bereits veröffentlichten.
Die Ergebnisse der Vorbereitung, die Neuzugänge, die bisher einschätzbare Arbeit Peter Zeidlers – all das gibt Hoffnung und Zuversicht, dass in Bochum etwas passiert. Auf vielen Ebenen wurden Neuerungen geschaffen und offensichtlich besteht der Mut, finanziell und allgemein etwas in die Waagschale zu werfen. Das finde ich geil. Ich möchte mich bemühen, dem Prozess und seinen Entwicklungen Zeit und Vertrauen zu geben.
Die aktuelle Wettervorhersage für Samstagnachmittag liegt bei halbsonnigen 29 Grad. Mit einigen Jungs werden wir uns gegen Mittag bei einem Kumpel treffen, ein FIFA-Turnier an der Playstation ausfechten, grillen und um 15:30 gebannt vor der Glotze hängen. Endlich wieder Fußball, endlich wieder VfL.
Zur Abrundung des Ganzen wird es gekühlte Getränke aus der Dose geben. Nein, hier redet keiner von Red Bull – es geht selbstverständlich um ein heimisches Fiege Pils.
Unabhängig vom Ergebnis bin ich mir sicher, dass wir einen schönen Saisonstart erleben werden. Selbst im Falle eines bitteren Ergebnisses bleiben 33 weitere Spieltage, um zu zeigen, wer der VfL ist. Glück auf!
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