Hauchzart vor dem meteorologischen Herbstanfang ist es mal wieder Zeit für eine VfL-typische Zweitliga-Herbstdepression. Das Wetter war noch nicht auf Herbst eingestellt, trotz zeitweise Regen, doch es ist grau und düster und die Fans haben die Schnauze voll.
Doch alles der Reihe nach. Die Freunde aus Münster (zumindest von Teilen der Fanszene) waren am Samstag um 13 Uhr zu Gast, bei der Anreise sah man schon viele gemischte Gruppen in angeregten Gesprächen. Ein Pulverfass, dieses Hochrisikospiel durfte man nie runter stufen. Ich hatte bei einem Stadionbesuch noch nie so viel Angst, dass mir von den Gästen ein Bier ausgegeben wird.
Beginn mit einigen Lichtblicken
Mit einer ordentlichen Liste an Verletzten, wobei Kevin Vogt und Matus Bero rechtzeitig fit wurden, kam es beim VfL zu einigen Umstellungen. Im Mittelfeld liefen mit Kjell Wätjen, Francis Onyeka und dem schon fast als gesetzt anzusehenden Cajetan Lenz gleich drei Youngster auf. Das System bewegte sich irgendwo hybrid zwischen Dreier- und Viererkette, hier konnten wir uns intern nicht abschließend einigen. Für mich war es angesichts der sehr weit eingerückten Positionierung von Maxi Wittek zumeist eine Dreierkette mit einer Raute im Mittelfeld.
Der VfL begann scheinbar gefällig, zwar mit weniger Ballbesitz, aber guten Ballgewinnen, einem in Ansätzen erkennbaren Umschaltspiel und einer guten Ballverteilung, oft durch Lenz. Onyeka zeigte einige Male seine sehr feine Ballverarbeitung auf engem Raum. Aber wieder einmal kommt man nicht einmal zu einem ordentlichen Torschuss. Und dann sind diese Ansätze auch einfach viel zu wenig. Münster zeigte als Auswärtsteam jetzt auch nicht grad ein Offensivfeuerwerk, aber es sah einfach alles ein Stück weit geplanter aus und so erarbeitete sich der Gast ein Übergewicht.
Es kam wie es kommen musste, Marvin Schulz entzog sich im Mittelfeld der Bewachung von Bero, querte einmal, ohne von einem anderen Bochumer übernommen zu werden, wieder im Rücken von Bero angekommen, bekam er dann den Ball und ließ den extrem aggressiv und weit rausrückenden Vogt alt aussehen. Anschließend machte er noch ein paar Meter und legte präzise für Joshua Mees auf, der Felix Passlack ebenfalls alt aussehen ließ.
Ein Tor, ein Symbolbild für den VfL 2025/26. Die Gegentore fallen einfach viel zu einfach und schnell und nicht selten sind die geplanten Führungsspieler direkt dran beteiligt. Es ist nicht einmal ein Vorwurf an einen Einzelnen, genauso gut kann es sein, dass beispielsweise Lenz Marvin Schulz hätte folgen sollen. Dennoch, wir haben sehr viele Defensivspieler auf dem Platz und trotzdem unfassbare Lücken. Vielleicht hat sich die Polizei auch nur vertan und es wegen der VfL-Defensive zum Hochrisikospiel ernennen wollen.
Münster danach durchaus mit Möglichkeiten, das Spiel höher zu gestalten und dennoch ging es nach einem einzigen Ball von der Seite, der einmal den Mitspieler fand, mit 1:1 in die Pause, Passlack legte auf Philipp Hofmann quer und nach einigem VARten konnten die Bochumer den Ausgleich bejubeln. Verdient nicht, aber man hatte gute Vorzeichen für eine bessere zweite Hälfte und nach dem Erfolgserlebnis den Kopf oben.
Und täglich grüßt…
Es hätte so laufen können, allerdings wäre der VfL ja nicht der VfL, wenn er sich nicht auch regelmäßig Tore direkt nach der Halbzeit fangen würde. Wie bereits in Darmstadt und im Pokal brauchte es keine fünf Minuten, in diesem Fall zur erneuten Führung für Münster. Selbstverständlich durch einen unfassbaren Fehlpass eines weiteren Führungsspielers. Bero und Gerrit Holtmann eroberten den Ball stark, Holtmann zog an und spielte das Leder dann völlig unbedrängt in den erneuten Gegenzug auf Jorrit Hendrix, dieser setzte dann erneut Mees ein, Passlack kam wieder nicht mit, die Übergabe zwischen Vogt und Wittek funktionierte nicht (auch wenn Vogt den Sonntagsschuss vermutlich nicht hätte verhindern können) und der Ball schlug unhaltbar für Timo Horn ein.
Den Rest des Spiels war Bochum zwar feldüberlegen, aber unfassbar unkreativ, trotzdem mit einigen Chancen. Aber es war einfach viel zu wenig. Auch die Einwechselspieler konnten dem Spiel keinen Stempel mehr aufdrücken und so verlor man verdient. Bereits in der Schlussphase wurde es unruhig, als der Ball in der Defensive mehrere Male so lange quer gespielt wurde, bis sich irgendwer fand, der nicht die Hosen voll hatte und mal versuchte, den Ball irgendwie nach vorne zu bringen. Gebracht hat dies selbstverständlich auch nichts, auch da jeder Ansatz durch teils sehr schlechte Entscheidungen und teils durch extreme Ungenauigkeiten im Passspiel oder schon der Ballannahme zunichte gemacht wurde.
Wir haben zu wenig Torgefahr ausgestrahlt, das geht uns aktuell ab. – Dieter Hecking
Es riecht nach einer schweren Saison
Als Absteiger ist man in der Regel immer im Kreis der Kandidaten für den Wiederaufstieg. In Bochum blickt man nach vier Spieltagen von Platz 16 auf die Konkurrenz. Ich will hier nicht den Untergang besingen, aber es ist besorgniserregend, was aktuell im Verein passiert. Und deshalb ist das leider schon ein wenig aussagekräftig, wie auch die Mannschaft auf dem Platz agiert. Allerspätestens seit der Verpflichtung von Peter Zeidler, der dazugehörenden Kaderplanung und den ganzen folgenden Possen befindet sich der ganze VfL in einer massiven Schieflage. Es scheint einfach auf so vielen Ebenen nicht zu passen.
Eine komplette Aufarbeitung der Fehler erfolgt vielleicht einmal an anderer Stelle, am Ende dieser Linie steht eine Mannschaft, die viel zu unausgewogen ist.

Es gibt Spieler, die aus der Bundesliga übrig geblieben sind (oder von dort geholt wurden), dem Anspruch, Führungsspieler zu sein, aber ganz weit hinterher laufen. Daneben gibt es sehr vielversprechende Talente, die es alleine aber auch nicht schaffen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Tatsächliche Führungsspieler sind hingegen aktuell nicht erkennbar.
Es gibt einen Trainer, der nach einem auch medial gelungenen Einstand beim VfL bereits in der Bundesliga ein wenig den Faden zu verlieren schien, was der schwachen Mannschaft angerechnet wurde. Doch seit Saisonbeginn wirkt er zumeist unzufrieden, extrem dünnhäutig und seine immer neuen Ideen scheinen nicht zu fruchten.
Es gibt kein Flügelspiel, auch hier unter anderem dadurch geschuldet, dass die Schienenspieler der gewünschten Formation aus der Bundesliga übrig geblieben und extrem offensivschwach sind. Will man so auflaufen, braucht man grad dort Spieler, die ein Spiel anschieben können, es geht nicht rein durch das Zentrum. Und auch durch das Zentrum kommt kaum mal ein Ball auf den bemitleidenswerten Philipp Hofmann.
Es gibt vielleicht keine drei torgefährlichen Spieler im ganzen Kader. Dafür sind viele Spieler immer für 1-2 Böcke im Spiel gut.
Es wirkt nicht so, als gäbe es eine Idee, wie man vorrangig und vor allem regelmäßig zu Toren kommen will. Ich möchte nicht gemaßregelt werden, aber da könnten auch bis zu sieben Defensivspieler eine Mitschuld für tragen.
Es ist ganz kurz vor Ende der Transferperiode und ich glaube nicht daran, dass wir noch wirklich etwas an diesen Problemen machen werden oder können. Am besten mehrere variable und torgefährliche Offensivspieler müssten eigentlich noch kommen, wobei der Leverkusener Farid Alfa-Ruprecht ja im Anflug zu sein scheint.
Und nun?
Der VfL sollte das „Wir bleiben drin“-Shirt langsam mal neu auflegen. So oft wie ich es trage, leidet der Zustand so wie mein Bochumer Herz. Der Verein ist, in Form verschiedenster handelnder Personen, extrem kurz davor, sich alles wieder einzureißen, was über die letzten Jahre aufgebaut wurde. Die Fans haben den Abstieg beinahe gleichmütig hingenommen, auch weil sie Toto Losilla und Cristian Gamboa gebührend verabschieden wollten. Sie sind in Vorleistung gegangen und sind auch als Dauerkarteninhaber dem Verein treu geblieben. Bereits nach vier Spieltagen knallt es und ein größerer Teil der Fans hat massiv die Schnauze voll. Es tun mir da lediglich die jungen Spieler leid, die sich den Arsch aufreißen und mit in diesen Strudel gezogen werden.
Mehr als eine grundlose Hoffnung, dass wir uns doch im gesamten Verein wieder fangen, habe ich aktuell nicht. Es gibt keinen Optimismus, dass nur hier oder da ein paar Stellschrauben gedreht werden müssen. Ich bin leer und das so früh wie nie.
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