Kevin Stöger – Fußball-König von Bochum

Es gibt so Fußballspiele, die erlebt man als Fan vielleicht ein oder zweimal in seinem ganzen Leben. Das Spiel gestern gehörte dazu. Man sollte das Wort Fußballwunder nicht inflationär benutzen, aber was gestern in Düsseldorf passiert ist, war nicht weniger als die Auferstehung von den Toten. Ein persönlicher Rückblick.

Hatte ich noch Hoffnung, dass der Klassenerhalt möglich ist? Nein. Ganz und gar nicht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich auf dem Weg nach Hause aus dem Stadion am Donnerstagabend nach Zügen für Freitag und Samstag nach Hamburg geschaut. Das Rückspiel wollte ich mir schenken. Zu groß war die Enttäuschung über das, was sich da im Ruhrstadion abgespielt hatte. Du reißt dir den Arsch auf, versuchst Anreise durch die halbe Republik, Arbeit und alles drum herum so zu legen, damit du dir das Spiel deines Vereins live anschauen kannst, nur um dann bitter aufs Maul zu kriegen. Wütend war ich nicht mal, ich weiß, wo wir herkommen, aber enttäuscht.

Die Kommentare der Spieler wie „Wir lassen sie feiern und schlagen dann am Montag zurück“ von Schlotterbeck oder „Die können hier drei Tore schießen, also können wir das dort auch“ von Stöger klangen wie blanker Hohn. Sind wir ehrlich – emotional haben wir uns am Wochenende alle auf die zweite Bundesliga vorbereitet und einen chaotischen Start in die neue Vorbereitung der neuen Saison ohne Trainer, mit Rumpfkader und angeschlagener, sportlicher Führung.

Und weil man sich irgendwie doch an das kleine bisschen Resthoffnung klammert, dass wir einen Sahnetag erwischen, Fortuna über die eigenen Schnürsenkel stolpert und man irgendwie doch das unmögliche möglich macht, bin ich dann doch geblieben und nicht zurück nach Hamburg gefahren. Ohne große Vorfreude, ohne groß in Stimmung zu sein, selbst ohne Nervosität ging es dann nach Düsseldorf.

Und was dort auf dem Platz passiert ist, dürfte eines der Spiele sein, von denen man seinen Enkeln noch erzählen wird. Wirklich Hoffnung hatte niemand, erst als Hofmann zum 1-0 einköpfte ging ein erster Ruck, wenn auch zarter Ruck durch den Block. Selbst zur Halbzeit wollte so niemand wirklich daran glaube – leicht gelähmt von der Erwartung, dass Fortuna einen Konter sauber ausspielt jeglichem Hoffen ein Ende bereitet.

Doch die Mannschaft kämpfte, ging jeden notwendigen Meter, und ließ Fortuna überhaupt keinen Platz, ihr Spiel zu entfalten. In einer grandiosen Gemeinschaftsleistung wurde auch Fortunas Tzolis größtenteils komplett aus dem Spiel genommen. Generell war es eine tolle Mannschaftsleistung. Aber – Kevin Stöger riss auf unserer Seite das Spiel völlig an sich. Gab es für den Mann im April noch harte Kritik, weil Wechselgerüchte um seine Person aufkamen, krönte er sich gestern mit einer grandiosen Leistung zum spielerischen König von Bochum. Selten habe ich von einem Mann unseres Vereins eine so prägende, überragende Leistung auf der spielerischen Ebene gesehen. Jeder Angriff ging über ihn, offensiv forderte er die Bälle, bot sich dauerhaft, am Ende unter Krämpfen, als Anspielstation an. 168(!) Ballkontakte standen am Ende in den Statistiken. Ein Tor, zwei Assists, einen Elfer rausgeholt, im 11er-Schießen einen verwandelt. Einfach nur Wow. Fußballerisch einer der besten, die wir je in Bochum sehen durften. Egal, ob er bleibt oder nicht, man kann sich einfach nur die Leistungen in den letzten Wochen bedanken. Ohne den Österreicher wäre der Klassenerhalt nicht möglich gewesen.

Und der Kreis der Relegation schließt sich bei Andreas Luthe. Kam er im Winter zurück zu uns als Back-Up und Absicherung, lancierte er nun im Elfmeterschießen zur zentralen Figur. 2011 verlor er die Relegation gegen Gladbach. 2024 gewinnt er die Relegation gegen Düsseldorf und verkündete im Anschluss sein Karriereende. Das sind die Geschichten, die der Fußball schreibt, wegen denen wir diesen Sport so lieben. Danke Andi, dass du in der aktuellen Situation da warst!

Fan des VfL Bochum zu sein kostet Nerven, Kraft und vermutlich auch eine ganze Menge Lebensjahre. Aber die Freude, die man an Abenden wie gestern dafür zurückbekommt, ist es wert. Denn der VfL aus Bochum wird niemals untergehen!

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Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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