Ein Punkt ist (k)ein Punkt!

Unentschieden im Heimspiel gegen den 1. FC Köln

Zum „Topspiel“ des 11. Bundesligaspieltags empfing der VfL Bochum den 1. FC Köln an der Castroper Straße. Nach 95 gespielten Minuten wurden die Punkte geteilt. Kein Sieger, kein Verlierer. Wie kann das Ergebnis bewertet werden? Haben wir einen Punkt gewonnen oder zwei Punkte verloren?

Die Voraussetzungen für einen spannenden Fußballabend waren gegeben. Ein Flutlichtspiel bei kühl trockenem Herbstwetter am traditionell geliebten Samstag. Hinzu kamen der Rückenwind des ersten Saisonsiegs vom letzten Spieltag und die Aussicht, gegen den Tabellenletzten anzutreten. Nach dem bitterlich in letzter Sekunde verspielten Dreier gegen den FSV Mainz musste er doch nun endlich mal her – der erste Heimsieg der Saison.

Somit flanierte ich mit gemischten Gefühlen und einer Flasche ‚Helles‘ zum Ruhrstadion. Einerseits war da optimistische Hoffnung. Die Hoffnung darauf, dass die prall gefüllten Zuschauerränge unsere zuletzt erfolgreichen Jungs zu drei Punkten treiben werden. Andererseits war da Druck im Bauch. Dieser entsprang der Befürchtung, dass es unangenehm werden kann, sofern es erneut nur für einen (oder keinen) Punkt gegen einen ‚machbaren Gegner‘ reicht.

Thomas Letsch änderte System und Startelf

Im Gegensatz zur letzten Woche nahm unser Coach zwei personelle Änderungen und eine kleine Systemumstellung vor. Anstelle des erkälteten Kapitäns Anthony Losilla und Moritz Broschinski rückten Lukas Daschner und Moritz-Broni Kwarteng in die erste Elf.

Die erneut gestellte Viererkette in der Verteidigung blieb unverändert. Während das ‚4-3-3‘ in Darmstadt auf Basis von zwei defensiven Mittelfeldspielern bestand, fungierte Patrick Osterhage vorgestern als alleiniger ‚Sechser‘. Kevin Stöger und Lukas Daschner besetzten das zentral offensive Mittelfeld vor ihm. Daschner tendierte dabei eher in den Offensivraum des ‚Zehners‘. Stöger führte die Mannschaft als Interimskapitän aufˋs Feld und schien die Aufgabe zu tragen, die Balance im Mittelfeld zu halten. ‚Momo‘ Kwarteng und Takuma Asano standen auf dem linken und rechten Flügel und Philipp Hofmann als einziger ‚Neuner‘ auf dem Pinn.

Im Fortlauf des Spiels wurde ersichtlich, dass die Formation situationsbedingt variierte. In Angriffssituationen rückte beispielsweise Asano als zweiter Stürmer zu Hofmann auf. Kwarteng ließ sich zentraler zurückfallen und bildete mit Lukas Daschner ein Gespann im offensiven Mittelfeld. Kevin Stöger hielt sich flexibel zentral – mal mit mehr Offensivdrang, mal mit mehr Defensivtendenz in Richtung Osterhage. Zwischenzeitlich stießen Bernardo und Gamboa als Außenverteidiger präsent in offensivere Zonen vor – blieben im Großen und Ganzen jedoch positionsgetreu in der Kette. So pendelte das System zwischen den Formationen ‚4-3-3‘, ‚4-2-2-2‘ und ‚4-1-3-2‘.

Ein schwankender Spielverlauf mit einem Mehr an Chancen für den VfL

Unsere Jungs starteten mit offenem Visier. Nach zwei Minuten schickte Asano Hofmann in den Sechzehner. Dieser konnte aus spitzem Winkel nur eine semigefährliche Granate auspacken und schoss FC-Torwart Marvin Schwäbe flach in die Hände. In den folgenden Minuten wechselten die Spielanteile nach jeweils kurzen Zeiträumen. Vorübergehend spielte der FC präsenter und kam zu Abschlüssen. Nach dem Abklingen der Kölner Drangphase presste der VfL wieder mehr.

Unter anderem scheiterte Kwarteng nach Vorlage Hofmanns aus kurzer Distanz am stark abwehrenden Schwäbe. Respekt an unseren Neuzugang, dass er sich in dieser Situation zum Durchziehen des Abschlusses im Fallen entschied. Das vorhandene Trikotzupfen von Verteidiger Timo Hübers bot durchaus den Anlass zum Versuch, einen Elfmeter herauszuholen.

In der 25. Minute war es endlich soweit. Nach Stögers Flanke vom linken Flügel konnte Hofmann den Ball aufˋs Tor bringen. Schwäbe hielt erneut. Glücklicherweise prallte die Kugel vor Daschners Füße, der sich bedankte und zur Führung einnetzte.

Bochum drückte in der zweiten Halbzeit weiter. Asano scheiterte in Minute 49 nach erneut gutem Pass von Hofmann freistehend aus sechs Metern an Schwäbe. Nur drei Minuten später lief ‚Taku‘ wieder allein auf das Kölner Tor zu. Leider beförderte er seinen Abschluss jedoch in Richtung Seitenaus statt über die Torlinie.

Folgend konterte Köln nach einem Ballverlust des VfL im Mittelfeld. Ein Flachpass von Florian Kainz zu Linton Maina auf den linken Flügel. Eine aggressiv flache Flanke in den Strafraum auf Davie Selke. Eine präzise Direktabnahme durch Riemanns Beine – und schon stand es 1:1.

In diesem Moment hätte ich ausrasten und das Phrasenschwein vor Wut in 60 Sekunden mit einem Hunni füllen können. „So brutal kann Fußball sein“. „Was du vorne nicht machst das kriegste hinten rein“. „Effizienz ist das Stichwort“. „Eine gute Statistik allein bringt dir nix auffe Ergebnistafel“. Und so weiter und so fort. Eine Minute cholerischer Aufregung musste sein. Auch wenn’s einem bekanntermaßen nichts bringt.

Konnte seinen Freistoß am Samstag leider nicht im Kasten versenken: Kevin Stöger. Foto: Tim Kramer (Tremark)

Nachdem beide Teams zunehmend Blut leckten gestaltete sich das Spiel offener. Es kam zu einigen Abschlüssen und Offensivaktionen auf beiden Seiten. In erster Linie jedoch für den VfL. Ein Schuss von Daschner an den Außenpfosten. Ein Freistoß Stögers, den Schwäbe unfassbar unterhalb der Latte herauskratzte. Ein abstaubender Kopfball Asanos, der nicht im leeren Tor unterkam. Ein Kopfball von Keven Schlotterbeck aus fünf Metern, den Schwäbe erneut mit seinen gefühlten acht Tentakelarmen abwehrte. Davie Selke hatte für Köln noch einen Abschluss, den er aus spitzem Winkel nicht an Riemann vorbeibrachte.

Letztendlich blieb es bei den zwei bis dahin gefallenen Toren und der Kick endete mit einem Unentschieden. Daran konnten auch die (meines Erachtens nach späten) Einwechslungen von Christopher Antwi-Adjej, Philipp Förster, Moritz Broschinski und Goncalo Paciencia nichts mehr ändern.

Als Zuschauer schwer auszuhalten und zu akzeptieren

Wie bereits erwähnt hatte ich das Gefühl, dass das Heimspiel gegen den FC hätte gewonnen werden müssen. Sowohl vor dem Anpfiff, als auch nach dem Abpfiff. Insgesamt präsentierten sich die Kölner meiner Meinung nach harmloser, ideenloser und mit weniger Willen als unsere Jungs. Gerne wäre ich zwischen Minute 65 und 75 über die Bande gesprungen und hätte mich aktiv am Spiel beteiligt. Am sinnvollsten wäre es gewesen, Schwäbe abzulenken oder festzuhalten und damit zu verhindern, dass er acht Mal derart stark pariert.

Woran hat et jelegen“? War unsere Offensive im Abschluss zu schwach? War Schwäbe im Tor zu stark? Hatte der VfL Pech und der FC Glück? Oder umgekehrt? Trägt irgendjemand Schuld? Muss Schuld überhaupt gesucht und verteilt werden? Fragen über Fragen. Diese sinnvoll zu beantworten ist vermutlich vergleichbar mit dem Aufwand der Ursprungsfrage bei Huhn und Ei.

Fakt ist: Das Spiel ging 1:1 aus. Bei 52 % Ballbesitz für den VfL. Bei einer Gesamtzahl von 25:11 Schüssen für Bochum. Bei einem Verhältnis von 8:1 Großchancen und 17:9 Schüssen innerhalb des Strafraums für uns. Der VfL bleibt auf Platz 14. Die Chance, sich durch einen Sieg gegen das Ligaschlusslicht von den Abstiegsplätzen zu distanzieren, konnte nicht genutzt werden.

Jede Person kann und soll individuell entscheiden, wie sie das Spiel bewertet. Meine Wenigkeit ist jedoch enttäuscht und der Meinung, dass wir zwei Punkte zu wenig eingefahren haben.

Trotzdem das Positive im Blick behalten

Bei allem Frust wegen des bitteren Spielausgangs vergesse ich nicht, wer wir sind und wo wir herkommen. Noch vor drei Jahren konnte man das Samstagabendspiel der Bundesliga als Bochumer nur passiv unbeteiligt im Fernsehen verfolgen. Um den VfL zu sehen, musste man am nächsten Mittag zu beschissener Zweitliga-Anstoßzeit ins Ruhrstadion schlurfen. Vorgestern Abend – und allgemein im mittlerweile dritten Jahr am Stück – durfte und darf man aktiver Teil des Erstligageschehens sein. Das ist sehr wertvoll und ich versuche bewusst, dankbar dafür zu sein und das Hauptaugenmerk auf diesen Aspekt zu legen.

Sofern unser Tabellenplatz oberhalb des roten Strichs liegt und die Klasse gehalten werden kann, ist alles im Lack – eigentlich.

Wie wird es wohl weitergehen?

Nun ist erstmal Länderspielpause. Schade. In einer Zeit intensiver Spiele fehlt mir an einem Wochenende ohne den VfL immer etwas.

In 13 Tagen treten die Jungs um 15:30 auswärts beim Trupp des 1. FC Heidenheim an. Dieser wiederum steht in der Tabelle einen Platz vor uns, konnte bereits drei Heimspiele gewinnen und ließ es sich vorgestern nicht nehmen, den Bayern in der ‚Allianz Arena‘ zwei Buden einzuschenken. Voraussichtlich wird das Spiel kein leichtes. Auch, wenn der Gegner auf dem Papier im ligaweiten Vergleich als potentiell ‚machbar‘ eingestuft werden darf.

Bot eine stabile Leistung als alleiniger Sechser: Patrick Osterhage. Foto: VfL Bochum 1848

Schön wäre es, wenn Osterhage mit ähnlich viel Tempo, Lauffreude, Überblick und Raumdeckung im zentralen Mittelfeld aufläuft. Gerne darf auch Hofmann erneut den einen oder anderen tödlichen Pass spielen. Sofern Manuel Riemann einen guten Tag erwischt, Bernardo ähnlich stark verteidigt und auch Asano den Ball wieder in die richtige Richtung drischt, bin ich guter Dinge, dass ein Sieg möglich sein sollte.

 

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Autor: Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 32 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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