Der einsachtvieracht-Scouting-Bericht #14

Die Verantwortlichen des VfL Bochum hatten bereits einen Großteil des Kaders zum Trainingsstart auf dem Grün der Fußballplätze rund um das Ruhrstadion anne Castroper. Der Start der Bundesliga rückt näher, das Transferfenster ist jedoch noch bis Ende August geöffnet. Wo sollte man beim VfL noch nachbessern? Welche Spieler kommen hierfür in Frage? Der traditionelle einsachtvieracht Scoutingbericht gibt Vorschläge zur Verstärkung des Kaders!

Die Inventur des Kaders (Teil 10): Weiterentwicklung des ‚Castroper Straßenfußballs‘ legt die Basis für die 14. Ausgabe des ‚einsachtvieracht-Scouting-Bericht‘. Die gesteigerten Einnahmen lassen von Ablösesummen fabulieren, die noch nicht für den VfL Bochum darstellbar sind. Dennoch befindet sich der Verein auf einen hervorragenden Weg durch den zweiten Nicht-Abstieg und damit einem erneuten Naschen an den gut gefüllten Fernsehgeld-Töpfen der Bundesliga.

Geld ausgeben oder nicht ausgeben? – das ist gar keine Frage?!

Wenn gleich keine großen Ablösesummen investiert werden, kann der VfL nun Spieler locken, die zuvor bei finanziell gleichgestellten Vereinen aus der zweiten Liga hätten bleiben können. Kurzum: Der VfL ist potenter geworden, hat jedoch aus der Vergangenheit gelernt und wird nicht über seinen Verhältnissen leben. In Hinblick auf einen jederzeit möglichen Abstieg gilt es nun so viel Kraft wie möglich in die Weiterentwicklung zu setzen, um wiederum kurzfristig diesen Worst-Case durch einen direkten Wiederaufstieg zu korrigieren.

Arbeiten nun wieder Hand in Hand: Patrick Fabian und Thomas Letsch. Foto: VfL Bochum 1848

Demnach wird man, sofern das Gesamtpaket für einen Wunschspieler machbar ist, einen Deal absegnen. Jedoch kann es genauso gut sein, dass ein Plan B herangezogen wird, sollte man die Ablöse- oder Gehaltsforderungen der Gegenpartei für zu hoch erachten. Eine fantastische Ausgangslage, ist unser Club aus Bochum doch mittlerweile eine beliebte Adresse für Spieler, die sich weiterentwickeln wollen. Vor allem jedoch ein Faustpfand, dass Spieler auf etwas Geld verzichten könnten, um beim VfL den nächsten Schritt zu gehen und nicht andernorts auf der Bank oder Tribüne zu sitzen.

Kaenzig zählte auf, dass der VfL mit einem durchschnittlichen Etat von zwölf Millionen Euro aufgestiegen sei, im ersten Jahr Bundesliga reichten 24 Millionen Euro Etat für die Lizenzspieler für den Klassenerhalt, in dieser Saison seien es 32 Millionen Euro gewesen. Jetzt steigt das Budget für die Lizenzspieler auf über 40 Millionen Euro.“ (Quelle: Reviersport)

Welche Spielertypen werden also noch benötigt?

Die Frage wurde in der Inventur des Kaders gestellt und wird in diesem Scoutingbericht aufgegriffen. Nutzen wir also die Anforderungen an die Spielerprofile und arbeiten uns anhand der vermutlich gesuchten Kaderergänzungen ab. Gesucht werden Spieler für die Innenverteidigung, die defensive Außenbahn (im Speziellen: sogenannte Schienenspieler) sowie einem variabel einsetzbaren Spieler für die Offensive.

Ergänzung im zentralen Bollwerk

„Ein robuster Innenverteidiger mit sicherem Passspiel und Dynamik. Vermutlich kann dieser auch als Leihspieler anne Castroper wechseln, sofern sich eine Chance auf höhere Qualität ergibt. Ansonsten wird man darauf achten, dass der neue Mann bereits Erfahrung auf Bundesliga-Niveau nachgewiesen hat und sich bestenfalls nicht an die Liga gewöhnen muss. Mit Loosli hat man bereits einen entwicklungsfähigen Mann, der auf gutem Niveau agiert hat, diese Leistungsfähigkeit jedoch auf das höhere Niveau transferieren muss.“ – Die Inventur des Kaders (Teil 10): Weiterentwicklung des ‚Castroper Straßenfußballs‘

Eine Ergänzung in der Innenverteidigung wird seit Wochen durch die Gazetten diskutiert. Auch rund um die Castroper Straße geht es vor allem um die Namen Keven Schlotterbeck (SC Freiburg) und Maxim Leitsch (1. FSV Mainz 05). Schlotterbeck hat gegenüber Leitsch den Vorteil, dass er mit Thomas Letsch gearbeitet hat und die Spielidee sowie die Trainingseinheiten kennt. Leitsch kommt aus einer schwierigen Saison, wäre als athletischer Linksfuß für eine Dreierkette jedoch prädestiniert.

Macht es Sinn Maxim Leitsch zurück anne Castroper zu holen? Foto: VfL Bochum 1848

Optimalerweise kommen beide Spieler, doch ist das finanziell darstellbar? Aus Mainz hört man, dass Leitsch einen erneuten Anlauf nehmen soll und er sich mittlerweile wohler fühlt. Ein Transfer von Schlotterbeck könnte an den finanziellen Forderungen scheitern. Hier stellt sich die Frage: Braucht Freiburg Schlotterbeck? Sieht Schlotterbeck seine Perspektive in Bochum besser? Ist ein Wohnort nahe seines Bruders Nico Schlotterbeck erstrebenswert? Einige Argumente könnten für den VfL und eventuell damit für Abstriche beim Gehalt spielen.

Sebastian Hettmann: James Gomez (AC Horsens)

Sofern die offensichtlichen Option Schlotterbeck oder Leitsch nicht greifen oder nur ein Transfer realisierbar ist. Kommt es auf den Auftritt von Tim Oermann im Trainingslager an. Kann unser Youngster sich bereits für einen Platz im Kader empfehlen und eine ernsthafte Alternative für die Abwehr darstellen? Oder ist die Perspektive (noch) verbaut und unser Anwärter auf den ‚Golden Boy‘-Award sollte ein weiteres Jahr andernorts Spielpraxis als Stammspieler erhalten, wie er es in der Saison in Österreich beim Wolfsberger AC erhielt?

Demnach könnten durchaus auch andere Spieler für die Innenverteidigung in den Fokus rücken. James Gomez vom AC Horsens sollte einer davon sein. Der baumlange Innenverteidiger ist mit seinen 1,89 Meter Körpergröße und seiner Schnelligkeit ein athletischer Innenverteidiger, der jedoch geschickt in der Zweikampfführung seinem Gegenüber den Ball klaut. Dabei braucht er seinen Körper selten einsetzen, sondern agiert mit Stellungsspiel und Übersicht. Beim Spielaufbau setzt er auf kurze Pässe ins Mittelfeld oder gerne auf lange Diagonalbälle mit seinem rechten Fuß. Für den Mann aus Gambia ist Horsens die erste Station in Europa, der er durch den Abstieg in die 1. Division jedoch entwachsen ist. Vermutlich legt man Gomez keine Steine in den Weg, sollte sich die Chance auf einen Wechsel in die Bundesliga ergeben. Mit viel Steigerungspotential gesegnet, könnte Gomez bei uns Druck auf die Etablierten ausüben und sich in den ersten Monaten an das höhere Tempo akklimatisieren. Zu erwarten wäre dann jedoch eine Skalierung seines Spiels und eine Chance darauf einen modernen Innenverteidiger aufzubauen, der bei uns den nächsten und übernächsten Schritt gehen kann und derzeit vermutlich vielerorts noch unter dem Radar ‚fliegt‘.

Jens Hartenstein: Mads Bech Sörensen (FC Brentford)

Ein weiterer Kandidat für die Innenverteidigung aus dem Ausland ist Mads Bech Sörensen. Der ehemalige dänische Junioren-Nationalspieler ist schon in jungen Jahren zum FC Brentford auf die Insel gewechselt. In der Saison 2020/21 etablierte sich Sörensen dort zum Leistungsträger in der 2. englischen Liga und konnte am Ende der Saison gemeinsam mit Vitaly Janelt den Aufstieg in die Premier League feiern. Dort angekommen, rüstete der FC Brentford jedoch auf seiner Position, unter anderem mit Kristoffer Ajer für eine Ablösesumme von 16 Millionen Euro, mächtig auf. In Folge dessen, verlor Sörensen seinen Stammplatz und konnte erst in der Schlussphase der Saison wieder als fester Bestandteil zum Erfolg der Mannschaft beitragen.

Als die Aussicht auf Einsatzzeiten in der Saison 2022/23 weiter zurückging, folgte eine erfolglose Leihe zur OGC Nizza, die bereits im Winter frühzeitig beendet wurde. In der Rückrunde wechselte er in die Eredivisie, wo er in einer desolaten Groninger Mannschaft wieder zu mehr Einsatzzeiten kam. Bemerkenswert – obwohl Sörensen nur für die Rückrunde als Leihspieler kam, durfte er das Team in den letzten Partien als Kapitän auf den Platz führen – allerdings ohne den Absturz des Teams in die zweite Liga verhindern zu können. Unterm Strich bleibt eine Saison zum vergessen und Sörensen somit weiterhin auf der Suche nach Kontinuität.

Dieser Umstand gepaart mit der Vertragslaufzeit bis 2024 macht ihn wiederum für den VfL erreichbar. Sörensen steht mit 24 Jahren vor der Blütezeit seiner Karriere und bringt immer noch reichlich Potential mit. Er ist Linksfuß, körperlich sehr robust und war es in der Aufstiegssaison mit Brentford gewohnt, den LIV in einer Dreierkette zu spielen. Mit seinen 1,93 Meter bringt er ähnliche Anlagen wie Keven Schlotterbeck mit und weis eher über Zweikampfstärke und Physis statt mit Tempo zu überzeugen. Da eine Einigung mit Schlotterbeck derzeit nicht in Sicht ist, könnte Sörensen zu einer echten Alternative werden.

Mehr Dampf auf den defensiven Außenbahnen

„Klare Lücken im Kader weisen beide defensive Außenbahnen auf. Bisher sind vor allem körperlich kleine Spieler im Kader, die aggressiv gegen den Ball arbeiten. Mit Soares und Passlack stehen zwei Optionen bereit, die im Spielaufbau Verantwortung übernehmen können. Einzig auf der rechten Seite kann man Gamboa und Passlack zutrauen mit dem Ball auch Richtung Grundlinie zukommen, wenn gleich Gamboa mit seinen 33 Jahren bereits in den vergangenen beiden Spielzeiten offenbart hat, dass sein Leistungsniveau überschritten ist. Demnach wären zwei weitere Optionen für die defensiven Außenbahnen wünschenswert, sollte man nicht Antwi-Adjei als linken Schienenspieler einplanen. Dennoch ist die Position des Schienenspielers in Systemen mit Dreierkette mit die wichtigsten Position, so dass Qualität eingekauft oder geliehen werden sollte.“ – Die Inventur des Kaders (Teil 10): Weiterentwicklung des ‚Castroper Straßenfußballs‘

Claudio Gentile: Liberato Cacace (FC Empoli, Serie A)

Auf die Gefahr hin, die Leute zu nerven, werfe ich erneut den Namen Liberato Cacace in den Ring. Den Spieler habe ich das erste Mal als 18-jährigen im Jahr 2019 in den Ring geworfen, als er gerade seine ersten Spiele in der Profimannschaft von Wellington Phoenix in der australischen A-League absolviert hatte. Schon damals war relativ schnell offensichtlich, dass der Junge mit seinen Fähigkeiten deutlich zu groß für die „kleine“ Liga Down Under werden wird.

„Trotz seiner nur “1,70m” ist er körperlich extrem weit und wahnsinnig schnell. Er hat sehr gutes Gespür für Spieldynamiken und bringt Flanken mit extrem viel Schnitt vor das gegnerische Tor. Er ist kein Spieler, der nur an der Linie klebt, sondern ist oft bei seinen Offensivaktionen sehr diagonal orientiert. Bei der U20-WM in Juni war er im neuseeländischen Team einer der Leistungsträger. Auch wenn argumentiert werden kann, dass wir mit Kokovas und Römling bereits zwei Talente für die linke Seite haben, sehe ich beide in ihrer Entwicklung noch ganz deutlich hinter Cacace und (aktuell) nicht in der Lage, Soares auch nur im Ansatz zu ersetzen. Mit dem Neuseeländer hätte man so die linke Seite abgesichert und dazu noch eine weitere Option für die Offensive, wenn man auf dem Flügel Geschwindigkeit braucht.“ – Claudio Gentile über Liberato Cacace im einsachtvieracht-Scouting-Bericht #7

Cacace ist ein linker Verteidiger, der neben einer hohen Schnelligkeit und einem robusten Körper auch einen ausgeprägten Offensivdrang mitbringt. Er ist beidfüßig und hat in Neuseeland des Öfteren neben der klassischen LV-Position in einer Viererkette auch den linken Schienenspieler in einem 3-5-2 gespielt – meiner Meinung nach sogar die Position, die ihm am besten liegt.

Im Sommer 2020 packte er dann den Sprung nach Europa und wechselte für 1,2 Mio. EUR zum belgischen Erstligisten St.Truiden. Dort spielte er 1,5 Jahre als Stammspieler auf der Linksverteidiger-Position, bevor es ihn im Januar 2022 erst per Leihe und im Sommer 2022 dann fix für 3 Mio. EUR fix in die Serie A zu Empoli nach Italien zog.

Dort hat er allerdings mit Fabiano Parisi das größte Talent im italienischen Fußball auf links hinten vor sich. Dementsprechend war die Spielzeit in der vergangenen Saison für ihn verhältnismäßig begrenzt. Hier kommen wir allerdings auch schon zum größten „Aber“ – Parisi steht vor einem Wechsel zu Juventus Turin. Die Position des linken Verteidigers wäre damit im kommenden Jahr bei Empoli vakant. Unwahrscheinlich, dass sie Cacace abgeben. Eine Anfrage wäre es trotzdem wert – bei dem Preis, den Empoli für ihn bezahlt hat, vermutlich aber nur per Leihe realisierbar.

Für mich wäre er nach dem Abgang von Konstantinos Stafylidis ein toller Ersatz auf hohem Niveau, der flexibel in einer Vierer- als auch Dreierkette einsetzbar ist und qualitativ Danilo Soares in Nichts nachsteht. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nach Bochum wechselt, ist im Gesamtkontext mit dem bevorstehenden Wechsel von Parisi aber verschwindend gering.

Sebastian Hettmann: Jan-Niklas Beste (1. FC Heidenheim)

Der Aufstieg vom 1. FC Heidenheim war verdient, verbaute jedoch dem VfL Bochum die Chance den perfekten Schienenspieler ins Ruhrgebiet zu holen. Jan-Niklas Beste ist ein Herzstück im Spiel des Liga-Neulings und wird daher nur mit einem finanziell unvernünftigen Angebot wechseln. Wie in der Einleitung geschrieben, ist dies nicht zu erwarten. Demnach wird der Linksfuß seine Bundesliga-Premiere in Heidenheim absolvieren und hoffentlich im kommenden Jahr ein Thema werden.

Seine gesunde Aggressivität und Geschwindigkeit lassen Beste die linke Außenbahn vollends unter Kontrolle halten, wenn seine Offensivqualitäten die der Defensive übersteigen. Dabei ist der im westfälischen Hamm geborene Beste jedoch kein reiner Flügelläufer, sondern mit seiner engen Ballführung auch in den zentraleren Spielbereichen eine fantastische Option im Kombinationsspiel. Durch seine Abschlussstärke kann er dabei auch außerhalb des Strafraums Torgefahr erzeugen und avancierte mit 12 Toren und 13 Assists zu einem herausragenden Spieler der 2. Bundesliga.

Sebastian Hettmann: Derrick Köhn (Hannover 96)

Ein ähnliches Spielerprofil wie Jan-Niklas Beste hat Derrick Köhne von Hannover 96. Bei den Niedersachsen agierte Köhn entweder als linker Verteidiger oder als linker Schienenspieler. Mit seinen fünf Toren und sieben Vorlagen war der Hamburger nicht aus der Startelf wegzudenken und damit in 33 Spielen auf dem Feld. Schnelligkeit, Spielwitz und Flankenläufe bringt der Profi ebenso ein wie eine gesunde Einstellung zur Defensive.

Derrick Köhn wurde beim FC Bayern ausgebildet. Foto: Werner100359 (Wikimedia Commons)

Kurzum: Köhn ist bereit für den Schritt in die Bundesliga. Letsch wird Köhn aus den Begegnungen in der Eredivisie kennen, so dass sich unser Trainer durchaus ein vollständiges Bild seiner Fähigkeiten hat machen können. Dazu stellt Köhn ein konträres Spielerprofil zu Soares dar, wodurch sich beide Spieler im Konkurrenzkampf auch ergänzen können. Mit seiner immensen Profierfahrung und seinem jungen Alter von 23 Jahren, wird der 1,80 Meter Große Köhn nicht nur bei unseren Scouts und Verantwortlichen auf dem Zettel stehen.

„Ich persönlich bin dafür, dass er bleibt. Es macht keinen Sinn, einen unserer besten Spieler wieder zu verlieren“, stellte Martin Kind zuletzt in der „Neuen Presse“ klar. Der 96-Geschäftsführer würde Köhn dem Blatt zufolge am liebsten für unverkäuflich erklären, erst ab 10 Millionen Euro sei Hannover gesprächsbereit. Sportdirektor Marcus Mann sagte dazu: „Dann nützt es aber nichts, nur mit Münzen um sich zu werfen – es sollten schon Scheine sein, ansonsten braucht sich keiner die Mühe zu machen und anzurufen.“ – Die Verantwortlichen von Hannover 96 pokern hoch

Mit Brooklyn Ezeh hat sich Hannover daher bereits mit einem Ersatz auf seiner Position gewappnet und kann entspannt in Ablöseverhandlungen gehen. Sicherlich ein Nachteil für interessierte Verein, das Profil von Köhn gibt es jedoch durchaus her das Budget auszureizen.

Sebastian Hettmann: Daley Sinkgraven (Vereinslos)

Ein ähnliches Spielerprofil zu Danilo Soares weißt Daley Sinkgraven auf. Bei Ajax Amsterdam ausgebildet spielte der Niederländer zuletzt bei Bayer Leverkusen. Zumeist saß er jedoch auf der Bank. Sein Vertrag lief aus, so dass Sinkgraven derzeit weiterhin ohne Vertrag ist und lediglich lose mit Lech Posen in Verbindung gebracht wird. Sein technisches Rüstzeug ist durch das niederländische Nachwuchssystem herausragend: Positions- und Passspiel, Gefühl für den Raum und eine exzellente Ballbehandlung lassen Sinkgraven technisch hervorstechen, wobei er athletisch oftmals das nachsehen gegenüber seinen Konkurrenten hatte.

Hat sich bei Ajax Amsterdam damalig für Bayer Leverkusen empfohlen: Daley Sinkgraven. Foto: Илья Хохлов (Wikimedia Commons)

Sein Wechsel aus der Jugend vom SC Heerenveen zu Ajax Amsterdam belegt, dass er im Nachwuchs nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnte. Wirklich durchsetzen konnte sich Sinkgraven jedoch weder bei Ajax, noch bei Bayer Leverkusen. Eine Chance für den VfL einem Spieler eine Plattform zu geben, der normalerweise ein Regal zu hoch wäre. Ein möglicher Stammplatz im System von Thomas Letsch als linker Schienenspieler könnte für den ehemaligen U21-Nationalspieler wiederum ein Argument sein in Nordrhein-Westfalen zu bleiben. Das Spiel des VfL würde durch Sinkgraven und Passlack an Qualität und Variabilität im Spielaufbau gewinnen und unsere Mannschaft könnte im Mittelfeld öfter die Oberhand gewinnen als zuletzt.

Matthias Rauh: Niko Gießelmann (derzeit vereinslos/davor 1. FC Union Berlin)

Spätestens mit dem Abgang von Jannes Horn zu seinem vorherigen Leihverein 1. FC Nürnberg steht für alle VfL-Fans fest: Auf der linken Verteidigerposition muss noch etwas getan werden! War über Jahre Danilo Soares eine Konstante links hinten, sodass man sich nie Gedanken um einen Backup und/oder Nachfolger machen musste, steckte Soares gerade zum Saisonendspurt in einem Formtief. Es ersetzten ihn mit Dominique Heintz ein gelernter Innenverteidiger. So halte ich eine Weiterbeschäftigung von Heintz realistischer als die von Keven Schlotterbeck. Allein schon aus finanziellen Gründen. Heintz könnte es jedoch recht schnell gen Rheinland-Pfalz, zum 1. FC Kaiserslautern ziehen. Daher schlage ich einen Dritten im Bunde vor, der uns möglicherweise weiterhelfen kann: Niko Gießelmann.

Warum sollte man einen 31-jährigen Soares mit einem ebenfalls 31-jährigen Gießelmann ersetzen? Sicher hätten einige, mich ebenfalls eingeschlossen, Gießelmann gerne 2017 schon anne Castroper gesehen, als sein Vertrag bei der SpVgg Greuther Fürth auslief und der VfL einen stärkeren Linksverteidiger als Nico Rieble suchte, um Timo Perthels Verletzung zu überbrücken. Mit nun 122 Bundesliga-Spielen beweist Gießelmann, dass er es drauf hat, dem VfL noch mindestens zwei Jahre zu helfen.

Dabei folgte Gießelmanns Bundesliga-Debüt recht spät in seiner Karriere, genauer gesagt im Juli 2018. Gießelmann war damals 27, man sagt im besten Fußballeralter. Davor hatte er sich lediglich in der zweiten Bundesliga und Regionalliga bewiesen. Mit seinen guten Leistungen ließ er renommiertere Spieler wie den österreichischen Nationalspieler Markus Suttner „alt aussehen“ und war damit mitverantwortlich, dass die Fortuna verdient unter Friedhelm Funkel die Klasse hielt. Im Jahr drauf war Gießelmann sogar Teil der defensiven Dreierkette. Also genau das Anforderungsprofil, das nicht nur durch den Abgang von Horn gesucht wird.

Von 2020 bis zum vergangenen Sommer schnürte Gießelmann seine Schuhe für eben jene Eisernen, mit denen er erst Platz 7, dann Platz 5 und nun die Champions League Qualifikation feierte. Vor allem die Saison 2021/22 ist zu erwähnen, bei denen Gießelmann 10 Scorerpunkte (drei Tore, sieben Assists) sammelte. Er ersetzte Christopher Lenz und wurde erst vergangene Saison in der Rückrunde Step-by-Step von Jéôme Roussillon ersetzt. Da durch die Champions League Qualifikation nun Gerüchte um weitere Schienenspieler wie Robin Gosens auftauchen, ist klar, dass es für Gießelmann nicht mehr an der Alten Försterei weitergeht. Dennoch, so betonten die Verantwortlichen, halten sie sich immer noch die Türe offen, Gießelmann doch mit einer Weiterbeschäftigung zu belohnen. Bevor dies geschieht sollte der VfL sich überlegen, ob Gießelmann nicht als Spielertyp und mit seiner Erfahrung weiterhelfen kann!

Mehr Variantenreichtum im zentralen Mittelfeld

Claudio Gentile: Joe Bell (Bröndby IF)

Ein weiterer Kiwi auf meiner Liste ist – erneut – Joe Bell. Der mittlerweile 24-jährige zentrale Mittelfeldspieler spielt in der ersten dänischen Liga bei Brondby IF. Bell wechselte im Februar 2022 für 1,1 Millionen EUR aus Norwegen zum dänischen Club und dürfte daher nicht ganz billig werden. Er gehört zu den Spielern, bei denen ich nicht gedacht hätte, dass sie sich dermaßen gut entwickeln.

Joe Bell ist für mich vom Profil und seinen Stärken jemand, der ideal die defensivere Rolle in einer Doppel-6 oder auch als alleinige 6 in einem 4-3-3 spielen kann. Seine statistischen Daten lesen sich während seiner beiden Stationen in Skandinavien sehr gut. Er ist der typische Spieler, der ganz unspektakulär auf dem Platz einen hervorragenden Job macht. Ich kann mir nur wiederholen: Er ist von seinen Stärken her der perfekte Erbe für Losilla – laufstark, gutes Stellungsspiel, gute Zweikampfführung, sauberes Passspiel. Er würde mit seinem Skillset andere Komponenten mitbringen als Osterhage, Stöger oder Förster.

Die Frage bei Joe Bell wird sein, ob er in irgendeiner Weise als Gesamtpaket für uns finanzierbar ist. Er hat noch Vertrag bis 2026 in Dänemark. Es besteht daher absolut keinen Druck ihn abzugeben. Sollte es doch eine Möglichkeit geben, ihn mit einer angemessenen Ablöse zu holen, wäre er für mich die Ergänzung im Mittelfeld im besten Alter, die ganz viele Funktionen in sich vereint.

Jens Hartenstein: Carel Eiting (FC Volendam)

Ein weiterer Kanditat fürs zentrale Mittelfeld könnte Carel Eiting sein. Der Niederländer ist sicherlich ein Spieler, bei dem der eine oder andere den Namen schon einmal aufgeschnappt hat. Immerhin galt er vor einigen Jahren noch als vielversprechendes Talent bei Ajax und hatte mit 20 Jahren einen geschätzten Marktwert von 4 Millionen (Quelle: Transfermarkt). Doch danach stockte seine Karriere und nach zwei weniger erfolgreichen Stationen bei Huddersfield Town und dem KRC Genk wechselte Eiting vor dieser Saison zum FC Volendam, die erst in der letzten Saison in die Eredivisie augestiegen sind.

Carel Eiting im Einsatzu für den FC Vonendam. Foto: Carlo Bruil Fotografie (Wikimedia Commons)

Dort konnte er endlich seine Qualitäten unter Beweis stellen. Als Führungspieler wurde er nach nur einem halben Jahr in auch als Kapitän der Mannschaft und dirigierte seine Mannschaft aus dem zentralen Mittelfeld mit insgesamt 13 Torbeteiligungen zum Klassenerhalt. Dabei ist Eiting eigentlich eher im DM zuhause, kann aber auch die Position etwas offensiver begleiten und hat früher auch in der Innenverteidigung gespielt. Die Defensivarbeit ist ihm daher nicht fremd und gleichzeitig hat er seine Stärken in der Ballverteilung und gezielten Pässen in die Spitze. Eiting hat noch Vertrag in Volendam und wird daher vermutlich eine niedrige siebenstellige Ablöse kosten. Eine Ablöse die sich durchaus lohnen könnte, denn mit 25 Jahren hat Eiting durchaus noch das Potenzial sich nach der überzeugenden Saison nochmal zu steigern. Doch hier müsste der VfL schnell sein – gerüchteweise ist auch der FC Twente Enschede auf den Spieler aufmerksam geworden (Quelle: Twente Fans).

Unterstützung in der Offensive

„Zuletzt gilt es Offensiv darum, ob man Broschinski die Backup-Rolle hinter Hofmann zutraut und ob Zoller die weitere Option in vorderster Front ist oder eine Reihe dahinter für Druck auf Asano, Daschner, Förster und Kwarteng sorgen soll. Ein variabler Offensivspieler mit Wucht und Körper wäre als weitere Option wünschenswert. Diese Option könnte jedoch auch erst zum Ende des Transferfensters zum Kader stoßen, gilt es hier nur Qualität hinzunehmen und keine weitere Option für die Breite des Kaders zu holen.“ – Die Inventur des Kaders (Teil 10): Weiterentwicklung des ‚Castroper Straßenfußballs‘

Jens Hartenstein: Jacob Bruun Larsen (TSG Hoffenheim)

Ein Spieler der für den VfL sicherlich ein Griff in ein höheres Regal darstellen würde, wäre Jacob Bruun Larsen. Larsen dürfte vermutlich jedem ein Begriff sein. Larsen galt in Dortmund als riesiges Talent und zeigte dort in der Saison 2018/19 gute Ansätze und konnte durch sein Tempo und Fähigkeiten am Ball auf sich aufmerksam machen. Als er in der Folgesaison nicht mehr zum Einsatz kam, wechselte er für 9 Millionen Euro zur TSG Hoffenheim.

Hatte zuletzt bei der TSG Hoffenheim das Nachsehen wie in diesem Fall beim olympischen Fußballturnier 2016 in Brasilien: Jacob Bruun Larsen. Foto: Agência Brasília (Wikimedia Commons)

Doch nachhaltig konnte er sich dort bisher noch nicht durchsetzen. Immer wenn er nah an der Startelf dran war warfen ihn kleinere Verletzungen oder Krankheiten zurück. In der abgelaufenen Saison brachte er es dadurch nur auf 12 Einsätze und 322 Minuten in der Bundesliga.

Für seine Karriere wäre es durchaus wichtig, sich nachhaltig zu zeigen und mehr als nur ein Ergänzungsspieler zu sein. Viel würde hier allerdings auch von der TSG Hoffenheim und dem Spieler selbst abhängen. Plant die TSG weiterhin mit dem Spieler oder ist das Vertrauen nach dreieinhalb Jahren mittlerweile geschwunden? Falls Bruun Larsen eine Veränderung anstrebt könnte der VfL durch die Chance auf Einsatzzeiten den Spieler gegebenenfalls überzeugen. Durch seine Polyvalenz auf dem Platz, hat er in seiner Karriere schon jede offensive Position ausgefüllt und könnte den VfL mit Sicherheit in verschiedenen Systemen verstärken. Falls der Transfer realisierbar wäre, sollte der VfL hier gerne seine Chance suchen. Die Ablöseforderung der TSG sollte bei nur noch einem Jahr Restlaufzeit nach den letzten Jahren nicht allzu hoch sein – aber wäre Bruun Larsen bereit auf viel Gehalt zu verzichten?

Autor: Sebastian Hettmann

Als ich zum ersten Mal bewusst im Ruhrstadion war, spielte der VfL Bochum in der Saison 2002/2003 gegen den Hamburger Sport Verein und ein direkt verwandelter Eckstoß sowie einige Anekdoten von meinem Großvater lassen mich seither den Rothosen die Daumen drücken. Ich kam allerdings nie wieder vom Ruhrstadion los und bin seitdem regelmäßig ins Ruhrstadion gegangen. Seit der Saison 2006/2007 fiebere ich als Dauerkarteninhaber im Block N2 bei Spielen unseres VfL mit.

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