Alles außer Bochum ist scheiße

Bei schwarz und gelb, da seh’n wir rot…

T-Shirt Zeit für neue Helden
Alt bekannt beim VfL: Spieler kommen, neue Helden entstehen. Foto: Tim Kramer (VfL Bochum)

Nachdem man sich die letzten Jahre aus dem Weg ging, gibt es nun nach langer Zeit mal wieder ein Duell bei den Ückendorfer Nachbarn. Bevor es für den VfL Bochum hoffentlich endlich die ersten Punkte der Saison zu bejubeln gibt, hier meine Begründung, warum mich dieses Spiel nicht so heiß macht wie man meinen könnte und ich es mir wünschen würde.

Derbyzeit

Seit meiner Kindheit, meinem ersten Stadionbesuch 1990, waren die Spiele, auf die ich am meisten hin gefiebert habe, nicht die Spiele gegen die großen Klubs. Es waren zu Beginn die Spiele gegen den MSV aus Duisburg und später gegen Bielefeld, als Duisburg schleichend immer weniger zur Konkurrenz wurde. Dennoch, selbst wenn die beiden Bundesliga-Konkurrenten im Ruhrgebiet ihr Spiel gegeneinander als einziges Revierderby bezeichnen, ist das Spiel natürlich ein klassisches Derby mit großen Emotionen. Und wir leben hier nun mal im Land der tausend Derbys.

Kann ich kann die Einstellung der beiden Klubs verstehen? Ja. Einerseits gehört es zum frotzeln dazu und zudem waren wir für beide Klubs immer nur der „kleine VfL“, der dritte im Bunde. Hier grenzt es sich vielleicht auch generell etwas ab, eine Rivalität muss auch ein Stück weit auf Augenhöhe sein. Auch wenn das im Fall des „großen“ Derbys mehr in der Vergangenheit begründet ist als in den Platzierungen der letzten Jahre. Es bringt aber auch keine Spannung mehr, wenn ein Team dauerhaft diese Spiele gewinnt.

Wäre ich zehn Jahre früher geboren, hätte ich vermutlich eine andere Einstellung zu dem Thema. Zu der Zeit war Schalke mehrfach Zweitligist, der VfL zwar kleiner Erstligist, aber unabsteigbar. Doch ab Mitte der 90er Jahre war Bochum für lange Zeit klar abgeschlagen zu den anderen beiden Teams, mit wenigen Ausnahmen. Und so fand man letztlich auch die anderen Teams, die mit dem VfL um die Plätze in der Tabelle oder gar der Liga kämpften und an denen man sich herrlich abarbeiten konnte.

Und mal viel kleiner gedacht, Wattenscheid war für den VfL auch nie ein wirkliches Derby, obwohl sie eine verschwindend kurze Zeit mal relevant waren.

T-Shirt gewaschen und gebügelt, den Geist der Vergangenheit beschwören – Foto: einsachtvieracht

Und dennoch

Das soll absolut nicht heißen, dass ich mich nicht darauf freue, in der Bundesliga oder im Pokal gegen Dortmund oder Schalke vor ausverkauftem Haus zu spielen, aber das ist dann eher das Gefühl wie ein Spiel gegen die Bayern. Es ist viel geiler, den großen Nachbarn ein Beinchen zu stellen, als gegen den Dauerkonkurrenten zu gewinnen, aber Feiertage sind auch schöner als „normale“ Wochenenden. Doch wenn ich im Alltag über unsere direkte Konkurrenz nachdenke, dann schaue ich eben eher nach Ostwestfalen. Man kann natürlich immer träumen, dass in ferner Zukunft einer der beiden Nachbarn direkte Konkurrenz sein könnte, nicht nur vielleicht mal in einer Saison. Aber das wäre doch eher ferne Zukunft und es müsste vieles in unterschiedliche Richtungen laufen.

Hinzu kommt, dass ich auch bei den großen Nachbarn für mich noch große Unterschiede sehe, die Gelb-Schwarzen mag ich noch deutlich weniger und um so größer war der Jubel, als wir sie zuletzt in ihrem eigenen Park-Stadion (oder so) besiegen konnten. Dort wirkt alles immer ein Stück großkotziger und abgehobener, man sieht sich deutlich näher an den Bayern als man ist und ist weit weg von der Malocher-Mentalität des Ruhrgebiets. Natürlich muss man zugeben, diese Mentalität und das sich auf die kämpferischen Wurzeln im Ruhrgebiet berufen ist auch nur noch ein gut gehütetes Label, um sich zu verkaufen. Selbst der VfL ist ein Arbeitgeber, bei dem man gut verdienen kann und keiner muss mehr neben der Arbeit „anne Schüppe“. Dennoch, da ich auch ein großer Fan der Industriekultur im Ruhrgebiet bin, mag ich diese Label irgendwie schon und sie lassen sich auch aus der Historie der Vereine begründen. Und grad in der letzten Saison wurde auf dem Platz auch eher „gearbeitet“, trotz einiger spielerischer Highlights für die Jahresrückblicke.

Nur der VfL

Um mal den Bogen zum Spiel am Samstag zu schlagen. Eigentlich ist alles relativierende völlig egal, spätestens wenn ich in die 302 Richtung Buer steige. Nach langer Zeit mal wieder um Punkte in Gelsenkirchen, das sind die Spiele, für die man sich in die Bundesliga zurück sehnte. Die reizvollen Spiele gegen Nachbarn. Spiele mit einer langen Tradition gegen Teams mit eben solcher. Diese Spiele sind einfach so viel geiler als Spiele gegen Mainz, Heidenheim oder Sandhausen. Das soll kein Angriff auf die genannten Teams sein, die sich den Platz im Fußball vermutlich genau so verdient haben wie unser VfL, es sind nur in unserer Geschichte austauschbare Mannschaften. Und von der anderen Kategorie „Mannschaften“ rede ich da gar nicht erst.

Trotz bisher enttäuschender Ergebnisse, trotz Unruhe im Umfeld und anscheinend in der Mannschaft, beim Spiel am Samstag wird der Bochumer Block glühen. Auch wenn der Aufsteiger trotzdem klarer Favorit ist, es wäre „Zeit für neue Helden“, wie es einmal auf einem VfL-Shirt stand. Neue Helden nach Delron Buckley und Momo Diabang bei den beiden Auswärtssiegen 2003. Es ist einfach viel zu lange her. Und vielleicht macht mich das Spiel doch heißer als zuerst gedacht und nur die bisherigen Enttäuschungen in der Saison waren Grund für meine begrenzte Euphorie.

Autor: Stefan Zils

Wenn man Fan eines im Zweifel erfolglosen Vereins ist, stellt man sich vielleicht irgendwann die Frage, wann man es hätte merken müssen. Bei mir war das sehr früh. Es war der 27.05.1990 und somit das Relegations-Rückspiel gegen Saarbrücken, mein erstes bewusstes Spiel vom VfL (allerdings im Fernsehen). Ich war 9 und somit eigentlich alt genug, um es zu merken. Gut, alle haben wir gejubelt, als uns Uwe Leifeld erlöste (den ich da grad einmal vom Namen kannte) und spätestens da packte mich dann das VfL-Fieber und das logische Denken setzte aus, Fußball wurde Emotion. Anschließend gleich am 2. Spieltag zu meinem ersten Heimspiel ins Stadion (ein 1:0 gegen den 1.FC Köln) und ab da zu vielen schönen und weniger schönen Spielen (anfangs meist) mit einem Mitspieler vom LFC Laer 06 und unseren Vätern. Im Sommer häufiger mal zu Fuß zum Tempel aus Querenburg, ohne dass ich noch weiß, wie es zurück ging. Nur gegen Schalke, Dortmund und Bayern gingen wir länger nicht hin... weil es zu voll wurde (meine Entscheidung war das natürlich nicht). Ich wurde also quasi gleich zum Anti-Rosinen-Picker erzogen... ;-)

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