Am 23. Spieltag steht für den VfL Bochum das immens wichtige Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart an. Während der VfL laut Reis einen „Meilenstein“ in Richtung Klassenerhalt setzen kann, stehen die Gastgeber unter dem Druck den Anschluss zu verlieren.
Nach dem grandiosen 4:2 gegen den Rekordmeister am vergangenen Wochenende kann der VfL auf einen fast vollständigen Kader, eine starke Trainingswoche und eine breite Brust setzen. Doch die letzten acht Bayern-Bezwinger fielen dieser Euphorie zum Opfer und konnten das Folgespiel nicht gewinnen.
Der Kantersieg wird vermutlich das Highlight der Saison und noch in den kommenden Jahren eine fantastische Erinnerung sein, doch das Spiel gegen Stuttgart bedeutet nach dem schönen Ausflug die Rückkehr in den Abstiegskampf. Den Abstand zum direkten Abstiegsplatz auf 13 Punkte zu erhöhen ist eine große Chance auf zukünftig weitere Spiele wie das gegen die Bayern und ist deshalb von noch größerer Bedeutung. Jemand, der sich dessen bewusst ist, ist VfL-Trainer Thomas Reis:
„Natürlich haben wir gegen Bayern ein tolles Spiel abgeliefert. Darauf wird man auch medial häufig hingewiesen. Es nützt aber nichts, diese Euphorie ewig im Kopf zu behalten. Am Samstag erwartet uns kein einfaches Spiel. Wir müssen dieselbe Aggressivität und Intensität auf den Platz bringen, dann sind wir schwer zu schlagen. Wir wollten punkten und damit einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zum Wunder „Klassenerhalt“ setzen.“ – Thomas Reis
Rexhbecaj fehlt gelbgesperrt
Die Erfolgself vom vergangenen Wochenende steht vor Veränderungen. Thomas Reis kann auf 23 Feldspieler zurückgreifen, nur Simon Zoller und der gelbgesperrte Elvis Rexhbecaj stehen für die Partie gegen Stuttgart nicht zur Verfügung.
Torhüter Manuel Riemann ist nach überstandener Corona-Infektion wieder dabei und übernimmt wieder den Platz zwischen die Pfosten. Reis dazu: „Manuel Riemann ist zurück, er ist unser Stammtorhüter. Im Normalfall wird er also am Samstag auflaufen. Wir sind sehr froh, dass wir mit Bruno Esser einen weiteren tollen Keeper haben. Das konnte man gegen die Bayern wieder sehen.“
Der Platz von Rexhbecaj im zentralen Mittelfeld ist hingegen heiß umkämpft. Erhan Masovic jedoch, der in der 2. Liga noch hauptsächlich im Mittelfeld spielte, stellt laut Reis keine wirkliche Option dar: „Ich traue ihm die Rolle als Sechser vor der Abwehr zu. Aktuell würde ich mein System aber eher nicht ändern. Wenn ich die Grundordnung also beibehalten will, muss ich Anthony Losilla auf die Acht ziehen. Da würde mir dann aber der offensive Tiefgang fehlen, den dann eher Osterhage und Elvis liefern.“
Reis bekräftigte sogar ein weiteres Mal den Eindruck, dass der nächste Startelfeinsatz auf Osterhage wartet und ließ zudem erstmals einen Einblick in die Belastungssteuerung des Talents zu: „Es ist eine Option, dass Patrick Osterhage weiterspielt. Bei aller Euphorie bin ich bei ihm aber auch immer vorsichtig. Zwei Spiele innerhalb einer Woche liegen aber im Bereich des Möglichen.“ Der 22-Jährige machten in der Vergangenheit immer wieder Knieprobleme zu schaffen, weshalb er weiterhin langsam an die Belastung herangeführt wird.
Dennoch sieht es danach aus, als würde eher der dritte Mittelfeldakteur neben Losilla und Osterhage gesucht. Dafür kommt Eduard Löwen infrage, der nach seiner erneuten Corona-Infektion ebenfalls zurückkehrt als auch Milos Pantovic. Ob als Ablenkungsmanöver oder als erster Hinweis gedacht, fügte Reis zur Kandidatenliste noch einen weiteren Spieler hinzu: „Konstantinos Stafylidis kann das auch.“
Voraussichtliche Aufstellung: Riemann – Gamboa, Leitsch, Bella-Kotchap, Danilo Soares – Losilla, Pantovic, Osterhage – Antwi-Adjei, Locadia, Holtmann
Frage nach Kalajdzic & fehlender Charakterstärke
Der VfB wird in der wichtigen Partie einige Ausfälle verkraften müssen. Neben Nikolas Nartey und Mohamed Sankoh fallen auch Daniel Didavi, Tanguy Coulibaly und Enzo Millot nach einem positiven Corona-Befund unter der Woche aus. Waldemar Anton und Omar Marmoush sind dafür aus der Isolation entlassen. Während der Abwehrchef sicher in die Startelf zurückkehren wird, ist die Situation des Stürmers jedoch eine andere.
Die Erkrankung hat laut VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo dem 23-Jährigen zugesetzt, weshalb es noch nicht klar ist, wie fit Marmoush sein wird. „Da müssen wir sehen, wie fit er sich fühlt. Es hat ihn schon mitgenommen. Wir werden sehen, ob er leistungsfähig ist über 30 Minuten oder nicht“, so Matarazzos Einschätzung auf der Pressekonferenz.
Ein weiteres Fragezeichen steht hinter dem Stürmerstar Sasa Kalajdzic. Zuletzt fehlte Suttgarts wertvollster Spieler aufgrund von Wadenproblemen. Matarazzo hofft, „dass er ein gutes Abschlusstraining absolvieren kann und damit eine Option für den Kader ist. Alternativ, wenn Saša nicht von Anfang an spielen kann, hat Tiago [Tomás] im letzten Spiel natürlich ein Ausrufezeichen gesetzt“, verriet der Trainer.
Mit dem Rücken an der Wand stehend ist der „Charakter am Spieltag“ laut Matarazzo jetzt „hoch anzurechnen“, wer „den Fight annimmt“, der soll auch in Stuttgarts Startelf stehen. Der Trainer gab zu, dass es Spieler im Suttgarter Kader gibt, deren Charakterstärke „nicht ganz so positiv ist“. So soll sowohl Rechtsverteidiger Pascal Stenzel seine Chance bekommen als auch Atakan Karazor.
Letzterer war in der Rückrunde häufig nur noch Zuschauer, bis er am vergangenen Wochenende gegen Leverkusen wieder in der Startelf stand und beim Trainer für Eindruck sorgte: „Ata hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Man hat auch in der Vorrunde gesehen, wie wirkungsvoll er sein kann vor der Kette.“ Karazor biete seinen Mittelfeldkollegen Orel Mangala sowie Wataru Endo Halt und dieser „Trichter“ verleihe darüber hinaus der ganzen Mannschaft eine „gewisse Stabilität“.
Voraussichtliche Aufstellung: Müller – Stenzel, Mavropanos, Anton, Sosa – Karazor – Silas, Mangala, Endo, Führich – Tomas
VfB gewinnt an Stabilität
Lange hielt Stuttgarts Trainer Matarazzo an seiner Philosophie fest: Eine flache Spieleröffnung, Angriffe sollten über das Kurzpassspiel aus der eigenen Hälfte eingeleitet werden und defensiv rückte seine Mannschaft beim Pressing im 3-4-2-1 weit vor.
In den letzten Partien folgte angesichts der Lage teilweise jedoch eine Abkehr seiner Ansichten. Der VfB tritt nun in einem 4-5-1-System auf und verteidigt weitaus passiver. So ziehen sich die Hausherren um mehr Stabilität zu erzeugen in die eigene Hälfte zurück. Die Cannstatter stellen nämlich die drittschlechteste Abwehr der Liga (42 Gegentore) und lassen sogar die meisten Torschüsse zu.
Durch die neue Formation und der dazugehörigen Raumdeckung schafften sie es den Gegner nun weitestgehend aus dem eigenen Strafraum zu halten. Sollte es dem VfL jedoch gelingen in diesen vorzudringen, fehlte dem VfB weiterhin der Druck auf den Gegenspieler. Ein guter Blick für den Raum und die technischen Fertigkeiten könnten der ausschlaggebende Punkt für Pantovic sein und eine Gefahr für Stuttgart bedeuten, mit der sie sich bisher schwertaten.
Probleme mit Standards und dem Offensivspiel
Ein weiterer Schwachpunkt des VfB ist die Verteidigung von Standards. Allein in den letzten beiden Spielen versuchten sie unterschiedliche Deckungsvarianten. Gegen Frankfurt versuchten sie es in einer reinen Raumdeckung und gegen Leverkusen in einer Mischung aus Raum- und Manndeckung. Es blieb allerdings beim Versuch. Das 1:2 gegen die Werkself war der zehnte Gegentreffer in der Saison nach einem Standard.
Offensiv bleibt Stuttgart seiner Linie mit der flachen Spieleröffnung treu. Aus dem eigenen Spielaufbau heraus enden die Passstaffetten dennoch zumeist im Mittelfeld, da dem Stuttgarter Spiel die Schnelligkeit abgeht. So wurden auch hier zuletzt merklich mehr lange Bälle eingestreut. Kalajdzic oder Winter-Neuzugang Tomas fungieren vorne dabei als Zielspieler für Mavropanos und Co. Darauffolgend wird in der Offensive häufig der Weg über die linke Seite gesucht, wo Führich als Kreativposten die Hauptaufmerksamkeit der Bochumer Verteidigung bekommen sollte.
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