Das Jahr 2021 – Blau-weiße Fahnen wehn‘

2021 war ein komisches Jahr. Zwischen Freude und ganz vielen sportlichen Highlights haben wir das zweite Jahr durchlebt, was im Wesentlichen durch Corona geprägt war. Der Aufstieg, die ersten 17 Bundesligaspiele – alles in allem können wir uns als Bochumer nicht beschweren, wenn es um den sportlichen Erfolg unseres Vereins geht. Ein Rückblick.

Im Pokal war man im Elfmeterschießen einen Tag vor Weihnachten gegen Mainz weitergekommen. Als Vierter war man in einer aussichtsreichen Position in der Tabelle der zweiten Bundesliga. Es war ein gelungener Jahresabschluss 2020. Aber Träumen, das traute sich noch keiner so richtig.

Ab dem 27. Februar 2021 grüßte der VfL von der Tabellenspitze. Am 23. Spieltag eroberte man diese – um sie dann bis zum Ende der Saison nicht mehr loszulassen. Man traute dem Braten nicht. Zu groß waren die Enttäuschungen der letzten Jahre, die man als Fan dieses Vereins erleben musste. Wann ich persönlich das erste Mal bewusst die Träumerei zuließ und realisierte, dass diese Elf den Aufstieg nach 11 Jahren packen kann – nein wird? Das war am 18.04. nach dem „kranken“ Spiel gegen Hannover – 4:3 mit einer Schlussphase, die ich nur zu gerne im Stadion erlebt hätte  – Robert Tesche Fußballgott.

Bild: VfL Bochum

Die Verabschiedung der Mannschaft vor dem letzten Auswärtsspiel am 33. Spieltag sowie die Aufstiegsfeier rund um das Ruhrstadion waren Ausdruck der Fußball-Begeisterung dieser Stadt. Die Castroper Straße giert nach Emotionen, Bundesliga und Erfolgen der grauen Maus – des dauerhaften Underdogs. Ja, ohne Corona wären die Feierlichkeiten sicher noch auf einem anderen Niveau gewesen, aber selbst so pilgerten rund 7.000 Leute „anne Castroper“.

Die bisherigen 17 Spiele des VfL in der Bundesliga waren vor allem geprägt durch eine Stimmung, wie man sie lange nicht beim VfL erlebt hat. Egal ob heim oder auswärts, die Unterstützung für die Elf in blau und weiß war durchweg grandios. Dabei bekam man immer mehr das Gefühl, dass ein großer Teil der Anhänger sehr gut einschätzen kann, in welchen Gefilden sich unsere Elf bewegt. Das beste Beispiel hierfür ist sicherlich die Niederlage in Leverkusen, bei der einfach selbst nach Spielende 45 Minuten weitergesungen wurde. Selbst im Hbf in Bochum nach Ankunft des Sonderzuges hörte es nicht auf.

Auch die Mannschaft zeigt eine starke Entwicklung. Hatte man in den ersten Minuten in Wolfsburg noch das Gefühl, das Tempo in der Bundesliga sei für die Elf eine Nummer zu groß, kämpfte sich die Truppe im Laufe der Hinrunde immer besser rein und zeigte starke Auftritte. Hätte vor der Saison jemand gesagt, dass man Ende Dezember 20 Punkte auf dem Konto hat und auf Platz 12 steht – die meisten von uns hätten sofort unterschrieben.

Liebe. Foto: Einsachtvieracht

Sicherlich gewinnt eine Mannschaft mit kleinem Budget wie unser VfL vor allem als Team, trotzdem gab es einige Spieler, deren Entwicklung man nochmal besonders hervorheben darf. Ganz besonders fällt hier Erhan Masovic ins Auge. Kam er in der Aufstiegssaison kaum zum Zug und war im Sommer ein Kandidat für einen vorzeitigen Abgang, machte er ab dem 6. Spieltag alle Spiele über die volle Distanz und verteidigte gefühlt durchgehend mit einem Puls von 35. Dass sein Nebenmann in der IV fast immer Lampropolous war, damit hätte man sicher auch nicht gerechnet. Wie unser Kapitän Anthony Losilla mit seinen 36 Lenzen die erste Liga annimmt, ist durchaus auch überraschend. Seinen Spielstil im Spätherbst der Karriere so anzupassen, dass Schwächen wie Geschwindigkeitsdefizite kaum noch ins Gewicht gefallen ist nicht selbstverständlich. In Summe spielen aber viele in der Mannschaft eine tolle Saison – Riemann, Soares, Stafylidis, Holtmann. Chapeau.

Foto: VfL Bochum 1848

Wichtig wird es sein, auch bei kleinen Schwächephasen wie in den letzten beiden Spielen gegen Bielefeld und Union sich nicht vom Weg abbringen zu lassen. Ja, die Spiele waren verglichen mit den davor gezeigten Leisten wenig, wenn man aber in zu Grunde legt, dass mit Zoller, Löwen, Asano und Holtmann vier offensive Stammkräfte gefehlt und in der Defensive durchrotiert werden musste wegen kleinerer Blessuren von Soares und Stafylidis, sieht das Ganze schon anders aus.

Mit 20 Punkten in der Liga und einem Heimspiel im Pokal-Achtelfinale geht der VfL in das Jahr 2022. Ein Jahr, vor dessen Start wir in viele Fragezeichen blicken. Hatten wir uns zumindest an ein Stückchen Normalität in den letzten Wochen und Monaten gewöhnt und war der Stadionbesuch eingeschränkt möglich, sind Stand heute in den kommenden Spielen erstmal wieder keine Zuschauer erlaubt. Über Sinn und Unsinn dieser Maßnahme, vor allem die Willkür, dass in jedem Bundesland andere Regeln gelten, mag man streiten. Hier muss die Politik aufpassen, Maßnahmen nachvollziehbar und klar zu gestalten. Ansonsten läuft man Gefahr, vor allem auch der großen Mehrheit vor den Kopf zu stoßen, die sich bisher an Regeln gehalten und impfen lassen hat. So oder so, die Festspiele auf den Rängen bei den Spielen des VfL werden fehlen.

Auch für uns als Blog war dieses Jahr kein leichtes. Trotz toller Ergebnisse ist es nicht immer leicht, über den Fußball zu schreiben und zu sprechen, wenn man durch die Maßnahmen weiter weg vom Geschehen ist als sonst. Auf dem Sofa rumzuhüpfen und sich zu freuen, ist was anderes als im Stadion umgeben vom Geruch von Fiege und Dönninghaus seinen Nachbarn beim Tor zu umarmen. Wir haben unser Bestes gegeben und den Blog weiterentwickeln können. Unser Anspruch ist es, euch sowohl inhaltlich als auch optisch / akustisch den höchstmöglichen Standard bei unseren Artikeln und Podcasts zu bieten, der uns als Fan-Medium möglich ist. An dieser Stellen wollen wir uns bei euch für die Klick- und Hörzahlen bedanken. Diese Zahlen sind unser positives Feedback, dass wir anscheinend einiges richtig machen. Trotzdem – solltet ihr Verbesserungsvorschläge ans uns haben, fühlt euch frei, uns jeder Zeit eine Nachricht zu hinterlassen.

Dieser Anspruch an Professionalität geht auch mit einigen Kosten einher. Hosting-Kosten, Equipment, Lizenzgebühren. Wenn ihr unsere Arbeit schätzt, freuen wir uns daher über eine kleine Unterstützung eurerseits, um die laufenden Ausgaben zu decken und den Blog auch in Zukunft weiterentwickeln zu können.

Der Blog Einsachtvieracht wünscht euch einen guten Rutsch ins neue Jahr! Auf dass 2022 sportlich mindestens genauso erfolgreich für uns wird wie 2021, das Virus endlich der Vergangenheit angehört und wir uns bald auf Fiege und Dönninghaus im Ruhrstadion wiedersehen!

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

Schreibe einen Kommentar

Laden...

0

Einsachtvieracht Stammtisch #28

Einsachtvieracht- Stammtisch #29