Den Aufstieg (fast) in der Tesche

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Nach 11 Jahren in der zweiten Liga hat unser VfL Bochum heute die Möglichkeit, den Aufstieg in das Oberhaus des deutschen Fußballs perfekt zu machen. Mitten in einer der weltweit größten Krisen seit dem zweiten Weltkrieg schafft es unsere Mannschaft, erfolgreichen Fußball zu spielen und dem Bochumer Umfeld ein Stück Hoffnung in harten Tagen zu schenken. 

Der 11.04.2010 – 30. Spieltag der bislang letzten Saison unseres Vereins in der Bundesliga. Der VfL spielt gegen den Hamburger SV. Unser VfL verliert 1:2 – die Führung für die Norddeutschen zum 0:1 besorgt ein ein mittlerweile in Bochum allseits bekannter Spieler – das Genie aus Ostwestfalen – Robert Tesche. Am Ende der Spielzeit 2010/11 steht der wahrscheinlich unnötigste von sechs Abstiegen aus der Bundesliga unseres Vereins fest. 11 Jahre später schließt sich der Kreis.

Bild: VfL Bochum

Nachdem Robert Tesche uns damals mitten ins Herz traf, sorgt er mittlerweile mit großer Regelmäßigkeit für Jubel auf unserer Seite. Der Mann aus Wismar mit den fußballerischen Wurzeln in Ostwestfalen spielt die Saison seines Lebens mit mittlerweile 8 Toren – und das als Part der Doppel-6. Doch er ist nur ein Puzzlestück für den Erfolg, den wir momentan erleben dürfen. Simon Zoller hat seinen bisherigen  persönlichen Torrekord von 13 Buden egalisiert und steht bei 15 Treffern. Robert Zulj – Dreh- und Angelpunkt unseres Teams auf der 10 – kommt laut Transfermarkt-Datenbank auf 28 Scorer in 29 Spielen.

Foto: VfL Bochum

Er ist dazu mit 13 Toren der torgefährlichste Mittelfeldspieler der Liga – gefolgt von Mühling mit 11 Treffern, davon allerdings acht Elfer. Auch Gerrit Holtmann, der in der ersten Saisonphase vor allem durch mangelnde Effektivität vor dem gegnerischen Tor nach tollen Aktionen im Gedächtnis blieb, hat seine größte Schwäche im Saisonendspurt endlich abgelegt. So kommt unsere Tempo-Rakete in den letzten 10 Spielen auf vier Tore und drei Vorlagen. Aber auch der Fleiß stimmt. So ist unser Dauerbrenner Toto Losilla mit 354 km Laufleistung in 31 Spielen an der Spitze der zurückgelegten Meter. Dazu haben wir mit Armel Bella Kotchap den jüngsten Stammspieler der Liga – grandios, wie sich der Junge in dieser Spielzeit entwickelt hat. 

Doch Fußball ist ein Mannschaftssport. Und auch wenn Einzelne vielleicht ganz besonders rausstechen – wir haben in dieser Spielzeit einfach eine grandiose Truppe. Das spiegelt sich auch in den Gesamtzahlen wider. So haben wir mit 58% den durchschnittlich höchsten Ballbesitz der Liga vor dem HSV mit 57%. Wir haben mit 37 Gegentoren die zweitbeste Defensive nach Kiel, die meisten Balleroberungen mit 2186 und mit 1381 langen Pässen an den Mann die höchste Anzahl auch in diesem Punkt. Dazu sind wir mit 30 Treffern das erfolgreichste Rückrundenteam in der Offensive. Insgesamt haben wir mit 20 Siegen ligaweit die meisten Dreier geholt. Es passt. Überall. Eine geile Mannschaft. 

Nach 11 Jahren in der 2. Bundesliga und 10 Jahre nach der verlorenen Relegation gegen Gladbach schaffen es ein Gespann aus ehemaligen Spielern unseres Vereins, Thomas Reis und Sebastian Schindzielorz, flankiert von einem hervorragenden Vorstand für die wirtschaftlichen Themen in Persona von Ilja Kaenzig, die Tür in die Bundesliga aber sowas von weit aufzustoßen. Morgen könnte es so weit sein. Die Sehnsucht der alten Generation nach dem VfL im Oberhaus, aber auch die Vorfreude einer Generation junger Fans, die die Derbys unseres Vereins gegen Borussia Dortmund noch nie erlebt haben. Jungs, macht es! Holt euch den Lohn für eine einfach geile Saison! Der Aufstieg ist fast in der Tesche…eh Tasche! Packt ihn euch! Für Stadt und Verein!

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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